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einen Sinn hat diese Überlieferung, wenn sie einer Tatsache entspricht? Die altprotestantische Dogmatik antwortet: in der Tatsache conceptus de Spiritu sancto, natus ex Maria virgine liegt der Grund zu Jesu Sündlosigkeit. Aber ob dies auch die Anschauung des Neuen Testaments ist? Kaum. Denn erstens trifft die Berufung auf Lk. 1, 35 vorbei. Nicht öotov ist tò pervóμevov durch πνεῦμα ἅγιον, sondern ἅγιον. Zweitens entnimmt, wie bereits oft bemerkt ist, die Tatsache natus ex Maria virgine noch nicht dem Zusammenhang des sündigen Menschengeschlechts. In dieser Erkenntnis hat denn auch schon die Dogmatik der altprotestantischen Zeit dem heiligen Geist noch eine besondere actio sanctificativa beigelegt. Was aber dann? Die Lösung liegt in Jesu Selbstbewußtsein. Jesus hat sich von allen andern Boten Gottes scharf unterschieden. Man denke nur beispielsweise an die Parabel Mt. 21, 33-46, an das Wort Mt. 11, 27 und an die Gewißheit, mit der sich Jesus als Richter im letzten Gericht weiß Mt. 25, 31 ff. Die in solchem Bewußtsein sich wiederspiegelnde Stellung Jesu drückt Johannes treffend mit ὁ υἱὸς ὁ μονογενής oder auch Joh. 1, 18 mit vielen Zeugen uoroyers deós aus. Jesus ist Gottes absolute Offenbarung an die Menschheit. Nach der andern Seite hin: sofern Jesus in die Reihen der Menschheit gehört, ist er ὁ ἔσχατος Αδάμ, ὁ δεύτερος άνθρωπος, als solcher der Anbruch einer neuen Welt. Beiden Gedankenreihen kommt die Überlieferung von der übernatürlichen Entstehung des Menschen Jesus in ihrem innersten Nerv auf das genaueste entgegen. Nicht von einer Notwendigkeit vermögen wir Menschen zu reden; denn wir wagen Gott nicht vorzuschreiben, wie Er handeln mußte, sondern wir glauben an den Gott, dessen Weisheit und Wundermacht unser menschliches Erkennen weit übersteigt. Aber es erscheint als ein Conveniens für Gott, daß Er bei diesem einen Menschen Jesus dafür sorgte, daß seine unvergleichliche Stellung in der Menschheit bereits in der außerordentlichen Art seines Eintritts in die Welt deutlich zum Ausdruck kam. Ist dem aber so, dann gliedert sich diese Tatsache der evangelischen Erzählung vollkommen harmonisch in das Heilandsbild Jesu ein. Wir blicken zurück. In der altorientalischen Lehre zwar ein tiefreligiöser Grund: in allen Erscheinungen des Lebens, zumal in den größten und entscheidenden, göttliches Walten. Aber auf diesem verborgenen Grunde eine üppig wuchernde Phantasie, die in echt heidnischem Geiste zu einem

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unmotivierten, bizarren Mirakel greift. Im Evangelium die unvergleichliche und doch unerfindbare Gestalt des einen Menschen Jesus, der im Zentrum des göttlichen Heilsratschlusses steht, sein Wesen und der Charakter seiner Geschichte für den Glauben volle Harmonie. Auf Grund solcher Erkenntnis muß bezweifelt werden, ob wirklich die Ansicht zutrifft, daß im Punkte der Jungfrauengeburt in Jesus einmal Realität geworden sei, was der ganze Orient hin und her geahnt habe. Jedenfalls liegt die gemeinsame Quelle der Ahnung und der Realität in den entferntesten Tiefen, und steht die Differenz des Geistes, der in beiden waltet, kräftig im Vordergrund.

Grundlinien für das Verständnis der

Psalmenüberschriften.

Von

Hans Keßler (Berlin).

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