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Der alttestamentliche Ausdruck

nèphesch mēt.

Von

Emil Kautzsch.

Die wörtliche Übersetzung von nephesch met (wofür häufig

kurzweg nèphesch) mit „Seele eines Toten, Totenseele" enthält auf den ersten Blick eine contradictio in adjecto. Nach der ehedem alleinherrschenden, noch heute stark vertretenen Auffassung der psychologischen Voraussetzungen des Alten Testaments endet die Seele mit der Trennung des göttlichen Lebensodems (ruach chajjim oder nischmat chajjim) vom Leibe (basar), denn sie ist eben nichts anderes, als der im Leibe besonderte und wirksam gewordene göttliche Lebensodem; daher die zahllosen Beispiele einer Korrespondenz von ruach und nephesch im dichterischen Parallelismus. Finden sich nun vollends Stellen, in denen ganz ausdrücklich von einem Sterben der Seele die Rede ist, so scheint jedem Widerspruch gegen die These: „Die Seele endet mit dem Tode des Leibes" von vornherein hinfällig.

Wenn nun trotzdem heute namhafte Forscher nephesch met buchstäblich von einer „Totenseele", d. h. einer im Toten oder doch in unmittelbarer Nähe des Toten befindlichen Seele verstehen, so kann die Lösung des Problems nicht so einfach sein, wie es angesichts des einstigen consensus interpretum scheinen könnte.

Vergegenwärtigen wir uns zuerst das Material, das dem Streit zugrunde liegt, so dürfen wir als allseitig anerkannt voraussetzen, daß zwischen dem vollständigen Ausdruck nephesch met und dem einfachen nephesch in den betreffenden Stellen kein Unterschied der Bedeutung stattfindet. Die Häufigkeit der Abkürzung beweist nur, daß der Ausdruck natürlich in diesem bestimmten Zusammenhang jedermann ganz geläufig, ein Mißverstehen also ausgeschlossen war.

Der vollständige Ausdruck nephesch met findet sich nur

an zwei Stellen; Lev. 21, 11: er (der Hohepriester) darf zu gar keiner nephesch met (so ist mit den LXX für naphschot met zu lesen) hineingehen; (selbst) an seinem Vater und an seiner Mutter darf er sich nicht verunreinigen! Num. 6, 6: während der ganzen Zeit, die er (der Nasiräer) sich Jahwe geweiht hat, darf er zu keiner nephesch mēt hineingehen. Auch an seinem Vater und seiner Mutter, seinem Bruder und seiner Schwester, wenn sie [zu dieser Zeit] sterben, darf er sich nicht verunreinigen 9 Falls aber jemand ganz plötzlich in seiner Gegenwart stirbt, und er so sein geweihtes Haupt verunreinigt, so muß er sein Haupt scheeren usw.

...

Statt des Genetiv met steht Num. 9, 6 und 7 (vgl. über diese Sellen unten), sowie 19, 11 ādām: wer einen Toten, irgend welche nephesch adam berührt, wird für sieben Tage unrein; auch V. 13 (jeder, der einen Toten, die nephesch des Menschen, der [etwa] stirbt, berührt und sich nicht entsündigt, der verunreinigt die Wohnung Jahwes) ist für ha'adam mit Sam. und LXX wie V. 6 adam zu lesen. Das einfache nephesch finden wir Lev. 19, 28 (ihr dürft euch nicht wegen einer nephesch einen Einschnitt an eurem Leibe machen), 21, 1 (an einer nephesch darf er [der Priester] sich nicht verunreinigen unter seinen Volksgenossen!) und Num. 6, 11: und (der Priester) schaffe ihm (dem Nasiräer) Sühne dafür, daß er sich [durch die Verunreinigung an der nephesch versündigt hat. Dazu kommen noch drei Stellen mit dem Ausdruck temē nephesch, ein von einer nephesch her Unreiner (Lev. 22, 4: wer irgend einen t. n. berührt, darf nicht von den heiligen Gaben essen. Hagg. 2, 13: wenn ein t. n. alles dieses berührt usw.) oder tāmē lānèphesch (Num. 5, 2. 9, 10), im Plural temē'im lenèphesch ādām (Num. 9, 6. 7). Welche Schlüsse aus dem Wortlaut dieser Belege zu ziehen sind, wird sich uns später ergeben.

Werfen wir nun einen Blick auf die Geschichte der Deutung dieses seltsamen Sprachgebrauchs, so finden wir bis gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts nirgends ein Schwanken oder einen Zweifel, daß nephesch in den genannten Stellen einfach den Leichnam oder (so überall bei Luther) einen Toten bedeute. Das gilt als so anerkannt und selbstverständlich, daß kaum ein Versuch gemacht wird, den doch befremdlichen Übergang der Bedeutung,,Seele oder Lebewesen" in die Bedeutung „Leichnam“ zu erklären. Seit Gesenius Thesaurus II, 902 wird wohl über

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all vorausgesetzt, daß der Übergang durch die sicher zu belegende, gänzlich abgeblaßte Bedeutung von nephesch = aliquis, „jemand" (vgl. Lev. 2, 1. 4, 2. 5, 1. 2 usw.) vermittelt ist. Daher Gesenius a. a. O.: nephesch met mortuus quis, cadaver. temē n., pollutus mortuo, qui tactu cadaveris se contaminavit. Die Verunreinigung wird also ausdrücklich auf die Berührung des Leichnams zurückgeführt. Das „,mortuus quis" aus Gesenius Thesaurus klingt noch in der letzten (14.) Auflage von GeseniusBuhl in der Übersetzung „Jemand Totes" wieder und nicht minder in Brown, Driver und Briggs Hebr. and Engl. Lexicon, Oxf. 1906, in deceased person. Bemerkenswert ist der Versuch einer etwas ausführlicheren Erklärung, den Oehler (Theol. des A. Test. I, 227 der Ausgabe von 1873) macht: „In einigen Stellen heißt der tote Leib, aus dem doch nach Gen. 35, 18 die Seele gegangen ist, ehe er in Staub zerfällt, nephesch met. Es ist wohl dieser Ausdruck als euphemistischer metonymischer Sprachgebrauch zu fassen, wie wir von einer toten Person reden, ohne damit den Leib zum Träger der Persönlichkeit machen zu wollen."

In ein ganz anderes Licht wurde die nephesch met durch Friedrich Schwally 1) gerückt in den Untersuchungen über „das Leben nach dem Tode nach den Vorstellungen des Alten Israel und des Judentums" etc. (Gießen 1892), S. 7f: „Wie nach dem Schöpfungsmythus der Mensch durch die ruach zur nephesch chajja wird, so tritt umgekehrt der Tod dadurch ein, daß die ruach wieder den Leib verläßt, Ps. 146, 4. Qoh. 12, 7. Zurückbleiben dann nicht nur der basar, sondern auch die nephesch. Dagegen nach Gen. 35, 18. 1. Kön. 17, 21. 2. Sam. 1, 9. Jon. 4, 3 verläßt im Tode die nephesch den Leib. Dasselbe findet auch bei der gewaltsamen, mit Blutverlust verbundenen Tötung statt. Wenn aber auch die nephesch den Menschen nicht gleich beim Eintritt des Todes verläßt, so muß dies doch einmal geschehen, nämlich sobald der Leib in Moder und Staub zerfällt. Wenn bezüglich des Toten von einer Seele (nephesch, aber nicht neschama oder ruach . . .) oder Num. 6, 6 geradezu

1) Nach Fertigstellung meines Aufsatzes erhielt ich von Herrn Prof. Schwally die Mitteilung, daß er seine frühere Deutung der nephesch met nicht mehr aufrecht erhalte. Dasselbe erklärte mir auf meine Anfrage auch Herr Prof. Stärk. Meine Polemik gilt somit nicht mehr ihnen, sondern nur dem früher von ihnen vorgetragenen Beweismaterial und denen, die an letzterem noch festhalten.

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