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brechen machen. Aus allerlei Anzüglichkeiten und Stichelreden hätte man schließen sollen, sie habe sich während der Plünderung und Niederlage um die Gunst des Anführers der Bande bemüht und habe ihn, wer weiß durch welche Künste und Gefälligkeiten, vermocht, ihren Koffer frei zu geben. Man wollte sie eine ganze Weile vermißt haben. Sie antwortete nichts und klapperte nur mit den großen Schlössern ihres Koffers, um ihre Neider recht von seiner Gegenwart zu überzeugen und die Verzweiflung des Haufens durch ihr eignes Glück zu vermehren.

Achtes Kapitel.

Wilhelm, ob er gleich durch den starken Verlust des Blutes schwach und nach der Erscheinung jenes hilfreichen Engels mild und sanft geworden war, konnte sich doch zuletzt des Verdrusses über die harten und ungerechten Reden nicht enthalten, welche bei seinem Stillschweigen von der unzufriednen Gesellschaft immer erneuert wurden. Endlich fühlte er sich gestärkt genug, um sich aufzurichten und ihnen die Unart vorzustellen, mit der sie ihren Freund und Führer beunruhigten. Er hob sein verbundenes Haupt in die Höhe und fing, indem er sich mit einiger Mühe stützte und gegen die Wand lehnte, folgendergestalt zu reden an:

Ich vergebe dem Schmerze, den jeder über seinen Verlust empfindet, daß ihr mich in einem Augenblicke beleidigt, wo ihr mich beklagen solltet, daß ihr mir widersteht und mich von euch stoßt, das erste Mal, da ich Hilfe von euch erwarten könnte. Für die Dienste, die ich euch erzeigte, für die Gefälligkeiten, die ich euch erwies, habe ich mich durch euren Dank, durch euer freundschaftliches Betragen bisher genugsam belohnt gefunden; verleitet mich nicht, zwingt mein Gemüt

nicht, zurückzugehen und zu überdenken, was ich für euch gethan habe; diese Berechnung würde mir nur peinlich werden. Der Zufall hat mich zu euch geführt, Umstände und eine heimliche Neigung haben mich bei euch gehalten. Ich nahm an euren Arbeiten, an euren Vergnügungen teil; meine wenigen Kenntnisse waren zu eurem Dienste. Gebt ihr mir jezt auf eine bittere Weise den Unfall schuld, der uns betroffen hat, so erinnert ihr euch nicht, daß der erste Vorschlag, diesen Weg zu nehmen, von fremden Leuten kam, von euch allen geprüft und so gut von jedem als von mir gebilligt worden ist. Wäre unsere Reise glücklich vollbracht, so würde sich jeder wegen des guten Einfalls loben, daß er diesen Weg angeraten, daß er ihn vorgezogen; er würde sich unsrer Ueberlegungen und seines ausgeübten Stimmrechts mit Freuden. erinnern; jego macht ihr mich allein verantwortlich, ihr zwingt mir eine Schuld auf, die ich willig übernehmen wollte, wenn mich das reinste Bewußtsein nicht frei spräche, ja, wenn ich mich nicht auf euch selbst berufen könnte. Habt ihr gegen mich etwas zu sagen, so bringt es ordentlich vor, und ich werde mich zu verteidigen wissen; habt ihr nichts Gegründetes anzugeben, so schweigt und quält mich nicht, jezt, da ich der Ruhe so äußerst bedürftig bin.

Statt aller Antwort fingen die Mädchen an, abermals zu weinen und ihren Verlust umständlich zu erzählen. Melina war ganz außer Fassung; denn er hatte freilich am meisten und mehr, als wir denken können, eingebüßt. Wie ein Rasender stolperte er in dem engen Raume hin und her, stieß den Kopf wider die Wand, fluchte und schalt auf das unziemlichste; und da nun gar zu gleicher Zeit die Wirtin aus der Kammer trat mit der Nachricht, daß seine Frau mit einem toten Kinde niedergekommen, erlaubte er sich die heftigsten Ausbrüche, und einstimmig mit ihm heulte, schrie, brummte und lärmte alles durch einander.

Wilhelm, der zugleich von mitleidiger Teilnehmung an

ihrem Zustande und von Verdruß über ihre niedrige Gesinnung bis in fein Innerstes bewegt war, fühlte ohnerachtet der Schwäche seines Körpers die ganze Kraft seiner Seele lebendig. Fast, rief er aus, muß ich euch verachten, so beklagenswert ihr auch sein mögt. Kein Unglück berechtigt uns, einen Unschuldigen mit Vorwürfen zu beladen; habe ich teil an diesem falschen Schritte, so büße ich auch mein Teil. Ich liege verwundet hier, und wenn die Gesellschaft verloren hat, so verliere ich das meiste. Was an Garderobe geraubt worden, was an. Dekorationen zu Grunde gegangen, war mein; denn Sie, Herr Melina, haben mich noch nicht bezahlt, und ich spreche Sie von dieser Forderung hiermit völlig frei.

Sie haben gut schenken, rief Melina, was niemand wiedersehen wird. Ihr Geld lag in meiner Frauen Koffer, und es ist Ihre Schuld, daß es Ihnen verloren geht. Aber, oh! wenn das alles wäre! Er fing aufs neue zu stampfen, zu schimpfen und zu schreien an. Jedermann erinnerte sich der schönen Kleider aus der Garderobe des Grafen; der Schnallen, Uhren, Dosen, Hüte, welche Melina von dem Kammerdiener so glücklich gehandelt hatte. Jedem fielen seine eigenen, obgleich viel geringern Schäße dabei wieder ins Gedächtnis; man blickte mit Verdruß auf Philinens Koffer; man gab Wilhelmen zu verstehen, er habe wahrlich nicht übel gethan, sich mit dieser Schönen zu associieren und durch ihr Glück auch seine Habseligkeiten zu retten.

Glaubt ihr denn, rief er endlich aus, daß ich etwas Eignes haben werde, so lange ihr darbt, und ist es wohl das erste Mal, daß ich in der Not mit euch redlich teile? Man öffne den Koffer, und was mein ist, will ich zum öffentlichen Bedürfnis niederlegen.

Es ist mein Koffer, sagte Philine, und ich werde ihn nicht eher aufmachen, bis es mir beliebt. Ihre paar Fittiche, die ich Ihnen aufgehoben, können wenig betragen, und wenn sie an die redlichsten Juden verkauft werden. Denken Sie

an sich, was Ihre Heilung kosten, was Ihnen in einem fremden Lande begegnen kann.

Sie werden mir, Philine, versezte Wilhelm, nichts vorenthalten, was mein ist, und das wenige wird uns aus der ersten Verlegenheit retten. Allein der Mensch besigt noch manches, womit er seinen Freunden beistehen kann, das eben nicht klingende Münze zu sein braucht. Alles, was in mir ist, soll diesen Unglücklichen gewidmet sein, die gewiß, wenn sie wieder zu sich selbst kommen, ihr gegenwärtiges Betragen bereuen werden. Ja, fuhr er fort, ich fühle, daß ihr bedürft, und was ich vermag, will ich euch leisten, schenkt mir euer Vertrauen aufs neue, beruhigt euch für diesen Augenblick, nehmet an, was ich euch verspreche! Wer will die Zusage im Namen aller von mir empfangen?

Hier streckte er seine Hand aus und rief: Ich verspreche, daß ich nicht eher von euch weichen, euch nicht eher verlassen will, als bis ein jeder seinen Verlust doppelt und dreifach erseht sieht, bis ihr den Zustand, in dem ihr euch, durch wessen Schuld es wolle, befindet, völlig vergessen und mit einem glücklichern vertauscht habt.

Er hielt seine Hand noch immer ausgestreckt, und niemand wollte sie fassen. Ich versprech' es noch einmal, rief er aus, indem er auf sein Kissen zurückfank. Alle blieben stille; sie waren beschämt, aber nicht getröstet, und Philine, auf ihrem Koffer sigend, knackte Nüsse auf. die sie in ihrer Tasche gefunden hatte.

Neuntes Kapitel.

Der Jäger kam mit einigen Leuten zurück und machte Anstalt, den Verwundeten wegzuschaffen. Er hatte den Pfarrer des Orts beredet, das Ehepaar aufzunehmen; Philinens Koffer

ward fortgetragen, und sie folgte mit natürlichem Anstand. Mignon lief voraus, und da der Kranke im Pfarrhaus ankam, ward ihm ein weites Ehebette, das schon lange Zeit als Gast- und Ehrenbette bereit stand, eingegeben. Hier bemerkte man erst, daß die Wunde aufgegangen war und stark geblutet hatte. Man mußte für einen neuen Verband sorgen. Der Kranke verfiel in ein Fieber; Philine wartete ihn treulich, und als die Müdigkeit sie übermeisterte, löste sie der Harfenspieler ab; Mignon war, mit dem festen Vorsak, zu wachen, in einer Ecke eingeschlafen.

Des Morgens, als Wilhelm sich ein wenig erholt hatte, erfuhr er von dem Jäger, daß die Herrschaft, die ihnen gestern zu Hilfe gekommen sei, vor kurzem ihre Güter verlassen habe, um den Kriegsbewegungen auszuweichen und sich bis zum Frieden in einer ruhigern Gegend aufzuhalten. Er nannte den ältlichen Herrn und seine Nichte, zeigte den Ort an, wohin sie sich zuerst begeben, erklärte Wilhelmen, wie das Fräulein ihm eingebunden, für die Verlaßnen Sorge zu tragen.

Der hereintretende Wundarzt unterbrach die lebhaften Danksagungen, in welche sich Wilhelm gegen den Jäger ergoß, machte eine umständliche Beschreibung der Wunden, versicherte, daß sie leicht heilen würden, wenn der Patient sich ruhig hielte und sich abwartete.

Nachdem der Jäger weggeritten war, erzählte Philine, daß er ihr einen Beutel mit zwanzig Louisdoren zurückgelassen, daß er dem Geistlichen ein Douceur für die Wohnung gegeben und die Kurkosten für den Chirurgus bei ihm niedergelegt habe. Sie gelte durchaus für Wilhelms Frau, introduziere sich ein für allemal bei ihm in dieser Qualität und werde nicht zugeben, daß er sich nach einer andern Wartung umsehe.

Philine, sagte Wilhelm, ich bin Ihnen bei dem Unfall, der uns begegnet ist, schon manchen Dank schuldig worden, und ich wünschte nicht, meine Verbindlichkeiten gegen Sie ver

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