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Ein ewiges Meer,
Ein wechselnd Weben,
Ein glühend Leben,

So schaff' ich am fausenden Webstuhl der Zeit
Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.

Fauft. Der Du die weite Welt umschweisst,
Geschäft'ger Geist, wie nah' fühl' ich mich Dir!
Geist. Du gleichst dem Geist, den Du begreifft,
Nicht mir! (Verschwindet.)

Faust (zusammenstürzend). Nicht Dir?

Wem denn?

Jch, Ebenbild der Gottheit!

Und nicht einmal Dir!

Tod! Ich kenn's

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das ist mein Famulus —*)

Es wird mein schönstes Glück zunichte!

Daß diese Fülle der Gesichte

Der trockne Schleicher stören muß!

Wagner, im Schlafrocke und der Nachtmüße, eine Lampe in der Hand. Faust wendet sich unwillig.

Wagner. Verzeiht! Ich hör Euch deklamiren;
Ihr last gewiß ein griechisch Trauerspiel ?

In dieser Kunst möcht' ich was profitiren;
Denn heut zu Tage wirkt das viel.

Ich hab' es öfters rühmen hören,

Ein Komödiant könnt' einen Pfarrer lehren.

Fauft. Ja, wenn der Pfarrer ein Komödiant ist;

Wie das denn wol zu Zeiten kommen mag.

Wagner. Ach, wenn man so in sein Museum **) gebannt ist Und sieht die Welt kaum einen Feiertag,

Kaum durch ein Fernglas, nur von weiten,
Wie soll man sie durch Ueberredung leiten?

Faust. Wenn Ihr's nicht fühlt, Ihr werdet's nicht erjagen,

*) Der Famulus, welcher auf einigen Universitäten noch jezt vorkommt, war ein dem Professor zur Aushilfe in gelehrten und Universitäts-Angelegenheiten beigegebner Student, zugleich sein Schüler und sein Sekretär und die Mittelsperson zwischen ihm und den übrigen Studenten. Der Famulus wohnte auch meist im Hause des Professors, wie dies bei Wagner vorausgesetzt wird.

**) Museum bedeutet bei den latinisirenden Gelehrten des 16. und 17. Jahrhunderts: das Studirzimmer, die Arbeitsstube. Beispielsweise schließt ein Gelehrter dieser Zeit, Schadaeus (Summum Argentoratensium Templum) feine Vorrede: Datum in Musaeo meo 3. Aug. 1617.

Wenn es nicht aus der Seele dringt
Und mit urkräftigem Behagen
Die Herzen aller Hörer zwingt.

Sigt Ihr nur immer! Leimt zusammen,
Braut ein Ragout von Andrer Schmaus
Und blast die kümmerlichen Flammen
Aus Eurem Aschenhäufchen 'raus!
Bewundrung von Kindern und Affen,
Wenn Euch darnach der Gaumen steht;
Doch werdet Ihr nie Herz zu Herzen schaffen,
Wenn es Euch nicht von Herzen geht. *)

Wagner. Allein der Vortrag macht des Redners Glück;
Ich fühl' es wol, noch bin ich weit zurück.

Faust. Such' Er den redlichen Gewinn!

Sei Er fein schellenlauter**) Thor!

Es trägt Verstand und rechter Sinn
Mit wenig Kunst sich selber vor;

Und wenn's Euch Ernst ist, was zu sagen,
Jit's nöthig, Worten nachzujagen?

Ja, Eure Reden, die so blinkend sind,

In denen Ihr der Menschheit Schnißel kräuselt,
Sind unerquicklich wie der Nebelwind,

Der herbstlich durch die dürren Blätter fäuselt.
Wagner. Ach, Gott! Die Kunst ist lang,
Und kurz ist unser Leben. ***)

Mir wird bei meinem kritischen Bestreben
Doch oft um Kopf und Busen bang.

Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben,
Durch die man zu den Quellen steigt!

Und eh man nur den halben Weg erreicht,

Muß wol ein armer Teufel sterben.

Fauft. Das Pergament, ist das der heil'ge Bronnen,

Woraus ein Trunk den Durst auf ewig stillt?

Erquidung hast Du nicht gewonnen,

Wenn sie Dir nicht aus eigner Seele quillt.

*) Simrod (die deutschen Sprichwörter, S. 247) führt den alten Spruch an: Was nicht von Herzen kommt, das geht nicht zu Herzen.

**) d. h. der flingenden Worten und Phrasen nachjagt. Das Wort dürfte sonst nicht vorkommen. Es kann auch „schellenlauter Thor“ nur gemeint sein für: Narr, Hansnarr.

***) Das Leben ist kurz, und die Kunst ist lang" sagt schon Hippokrates.

Wagner. Verzeiht! Es ist ein groß Ergeßen,
Sich in den Geist der Zeiten zu versehen,

Zu schauen, wie vor uns ein weiser Mann gedacht,
Und wie wir's dann zuleßt so herrlich weit gebracht.
Fauft. O ja, bis an die Sterne weit!
Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit
Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln. *)
Was Ihr den Geist der Zeiten heißt,
Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln.

Da ist's denn wahrlich oft ein Jammer!
Man läuft Euch bei dem ersten Blick davon.
Ein Kehrichtfaß und eine Rumpelkammer
Und höchstens eine Haupt- und Staatsaktion **)
Mit trefflichen pragmatischen Marimen,

Wie sie den Puppen wol im Munde ziemen!

Wagner. Allein die Welt! Des Menschen Herz und Geist!

Möcht' Jeglicher doch was davon erkennen!

Faust. Ja, was man so erkennen heißt!

Wer darf das Kind beim rechten Namen nennen?

Die Wenigen, die was davon erkannt,

Die thöricht gnug ihr volles Herz nicht wahrten,
Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten,
Hat man von je gekreuzigt und verbrannt.
Ich bitt' Euch, Freund, es ist tief in der Nacht;
Wir müssen's diesmal unterbrechen.

Wagner. Ich hätte gern nur immer fortgewacht,
Um so gelehrt mit Euch mich zu besprechen.
Doch morgen, als am ersten Ostertage,

Erlaubt mir ein' und andre Frage!

Mit Eifer hab' ich mich der Studien beflissen;

Zwar weiß ich viel, doch möcht' ich Alles wissen. (AG.)

*) Offenb. Joh. 5, 1. „Und ich sah in der rechten Hand des, der auf dem Stuhl saß, ein Buch, geschrieben inwendig und auswendig, versiegelt mit sieben Siegeln."

**) Haupt- und Staats-Aktionen" wurden die später von Holberg und Tied perfiflirten heroischen und historischen Dramen genannt, welche zuerst Velthen in Dresden zu Anfang des vorigen Jahrhunderts einführte. Sie bildeten, wie früher die Moralitäten, einen Gegensatz zu den volksthümlichen Burlesken und Hanswurstiaden. Auf dem Titel stand nur: Hauptaction, zur Unterscheidung von dem darauf folgenden, mehr lustigen Nachspiele (Sagen, Geschichte des Theaters in Preußen, S. 105). Faust weist felbstverständlich nicht auf diese Theaterstücke, sondern auf die ältere, nach Inhalt und Stil jenen Stücken verwandte pragmatische Geschichtsschreibung hin.

Faust (allein). Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet,
Der immerfort an schalem Zeuge tlebt,
Mit gier'ger Hand nach Schäßen gräbt
Und froh ist, wenn er Regenwürmer findet!

Darf eine solche Menschenstimme hier,
Wo Geisterfülle mich umgab, ertönen?
Doch, ach, für diesmal dank' ich Dir,
Dem ärmlichsten von allen Erdensöhnen.
Du rissest mich von der Verzweiflung los,
Die mir die Sinne schon zerstören wollte.
Ach, die Erscheinung war so riesengroß,
Daß ich mich recht als Zwerg empfinden sollte.
Jch Ebenbild der Gottheit, das sich schon
Ganz nah gedünkt dem Spiegel ew'ger Wahrheit,
Sein selbst genoß, in Himmelsglanz und Klarheit,
Und abgestreift den Erdensohn;

Jch, mehr als Cherub, dessen freie Kraft
Schon durch die Adern der Natur zu fließen
Und, schaffend, Götterleben zu genießen,
Sich ahnungsvoll vermaß, wie muß ich's büßen!
Ein Donnerwort hat mich hinweggerafft.

Nicht darf ich Dir zu gleichen mich vermessen.
Hab' ich die Kraft Dich anzuziehn besessen,
So hatt' ich Dich zu halten keine Kraft.
In jenem fel'gen Augenblicke,

Ich fühlte mich so klein, so groß;
Du stießest grausam mich zurücke

Jns ungewisse Menschenloos.

Wer lehret mich? Was soll ich meiden ?
Soll ich gehorchen jenem Drang?

Ach, unsre Thaten selbst, so gut als unsre Leiden,
Sie hemmen unsres Lebens Gang.

Dem Herrlichsten, was auch der Geist empfangen,
Drängt immer fremd und fremder Stoff*) sich an;

*) Die Adverbialform: fremd und fremder, d. H. fremder und frember (zwei Komparative) ist hier adjektivisch gebraucht; streng genommen müßte der Bers lauten: drängt immer fremderer und fremderer Stoff sich an. Dünger (1, 184) faßt bagegen die Komparative als Adverbien, ihrer Form entsprechend, auf; der Zusammenhang verlangt aber, daß der Stoff selbst, nicht das sich Zudrängen des Stoffs als immer fremder und frember werbend gedacht werde.

Wenn wir zum Guten dieser Welt_gelangen,
Dann heißt das Beßre Trug und Wahn.
Die uns das Leben gaben, herrliche Gefühle,
Erstarren in dem irdischen Gewühle.

Wenn Phantasie sich sonst mit kühnem Flug
Und hoffnungsvoll zum Ewigen erweitert,
So ist ein kleiner Raum ihr nun_genug,
Wenn Glück auf Glück im Zeitenstrudel scheitert.
Die Sorge nistet gleich im tiefen Herzen,
Dort wirket sie geheime Schmerzen,

Unruhig wiegt sie sich und störet Lust und Ruh;
Sie deckt sich stets mit neuen Masken zu,

Sie mag als Haus und Hof, als Weib und Kind erscheinen,

Als Feuer, Wasser, Dolch und Gift;

Du bebst vor Allem, was nicht trifft,

Und was Du nie verlierst, das mußt Du stets beweinen.

Den Göttern gleich' ich nicht! Zu tief ist es gefühlt;
Dem Wurme gleich' ich, der den Staub durchwühlt,
Den, wie er sich im Staube nährend lebt,
Des Wandrers Tritt vernichtet und begräbt.

Ist es nicht Staub, was diese hohe Wand,

Aus hundert Fächern, mir verenget,
Der Trödel, der mit tausendfachem Tand
In dieser Mottenwelt mich dränget?
Hier soll ich finden, was mir fehlt?
Soll ich vielleicht in tausend Büchern lesen,
Daß überall die Menschen sich gequält,
Daß hie und da ein Glücklicher gewesen?
Was grinsest Du mir, hohler Schädel, her,

Als daß Dein Hirn, wie meines, einst verwirret,

Den leichten Tag gesucht und in der Dämmrung schwer,
Mit Lust nach Wahrheit, jämmerlich geirret?

Ihr Instrumente freilich spottet mein

Mit Rad und Kämmen, Walz' und Bügel.

Ich stand am Thor, Jhr solltet Schlüssel sein;

Zwar Euer Bart ist kraus, doch hebt Ihr nicht die Riegel.

Geheimnisvoll am lichten Tag,

Läßt sich Natur des Schleiers nicht berauben,

Und was sie Deinem Geist nicht offenbaren mag,

Das zwingst Du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben. Du alt Geräthe, das ich nicht gebraucht,

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