ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

verwandte Gestalt des "Hamlet" aus Faust's Wittenberg hervorgehen ließ, Faust und Mephostophiles aber nur gelegentlich in den Lustigen Weibern von Windsor" erwähnt.*) Erst später zu Ende des 17. Jahrhunderts ist Faust auch in Deutschland in volksthümlichen Schauspielen dramatisirt worden. Beispielsweise führen wir die Tragödie von ,,Doktor Faust" an, welche der Theaterunternehmer di Scio 1703 auf dem Berliner Rathhause, und die Stücke,,Doktor Faust“ und „Doktor Faust's Zaubergürtel", welche die berühmte Ackermann'sche Truppe in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts spielte. **) Weiter verbreiteten die Sage seit etwa 1660 die Marionettentheater. Das auf ihnen dargestellte, früher nur handschriftlich vorhandne, skurrilgrausenhafte, heroisch-komische Puppenspiel,,Doktor Faust," mit der luftigen Figur des Kaspar oder Kasperl, in neuerer Zeit in verschiedener Gestalt als literarische Kuriosität gedruckt, ***) hat neben den Faustbüchern die unmittelbarste Anregung für unsre Tragödie gegeben, da Goethe den Stoff wahrscheinlich zuerst in dieser volksthümlichen Bearbeitung auf den Frankfurter oder Leipziger Messen kennen gelernt hat.

Im Laufe dieser Zeit, vom Ende des funfzehnten Jahrhunderts, in welchem der historische Faust zwischen 1480 und 1490 geboren sein wird, bis zur Mitte des vorigen, nahm die in den angedeuteten Formen fortlebende, wie in

*) II. 1, IV. 5, und I. 1. Bardolph: „Fort wie drei deutsche Teufel, drei Doktor Faustusse." Pistol: „Was willst Du, Mephistophilus!" So in der Tiec’schen Nebertragung, die den Namen unhistorisch dem neuern Gebrauch akkomodirte, während im Originale steht: How now, Mephostophilus!

**) Hagen, Geschichte des Theaters in Preußen, S. 219, Note. Sommer, in der Encyklopädie von Ersch und Gruber, I. 42, S. 93 ff.

***) Leipzig, 1850. Schon vorher von v. Below (1832) und von Simrock (1816).

Deutschland aber auch in den Niederlanden (Joft Faust, nach Faust's Sohne Justus), in Frankreich, in England, in Dänemark, in Polen verbreitete Faustsage, als ein Mittelpunkt des Wunder- und Teufelglaubens und der magischen, alchymistischen und vor Allem der auf die Entdeckung des Steins der Weisen gerichteten Studien, die noch sonst lebendigen Zaubersagen der Vorzeit in sich auf. In ihrem Kern beruht sie auf der Theophilussage der anatolischen Kirche, welche schon Hroswitha von Gandersheim dramatisch bearbeitet hatte, indem diese Sage zuerst auf christlichem Boden (Theophilus war um 538 Geistlicher in Cilicien) die Verjchreibung der Seele an den Teufel einführte, den Theophilus Letterem nach altpersischem Ritual huldigen, ihn aber schließlich durch die Panhagia Maria gerettet werden läßt, wie dies dem Goethe'schen Faust am Ende des zweiten Theils ähnlich zu Theil wird. In den Bearbeitungen der Sage im dreizehnten Jahrhundert kam die Verschreibung mit Blut hinzu, welche der Faustsage unentbehrlich ist.*) Calderon's El magico prodigioso, die spanische Tragödie, welche vielfach mit Faust verglichen wird, und die auf der Legende des jeiner Zeit als Magier berühmten Antiochischen Heiligen Cyprian beruht, kennt gleichfalls die Verschreibung an den Teufel mit Blut.

Im Allgemeinen liegen die Wurzeln der Zaubersagen des Faust jedoch viel tiefer, und keinem Werke mehr als Grimm's

*) Sowol in dem Gedichte des Brun von Schönbecke 1276, als bei dem gleichzeitigen Rutebeuf, le miracle de Théophile, wo die Stelle lautet: de son sanc les escrit. S. Ettmüller, Theophilus, der Faust des MittelAlters. Schauspiel aus dem 14. Jahrh. 1849 (aber auch schon 1798 bei Nicolai erschienen), und Goedeke, Grundr., I. 106 und 107.

deutscher Mythologie ist die Einsicht zu verdanken, daß die alte nordische Religion, Mythe und Dichtung (Edda) sich, wenn auch in verkümmerter oder verwandelter Gestalt, in die Faustsage gerettet hat. Bei der Deutung des Faust ist es daher nothwendig, diese mythologische Grundlage stets im Auge zu behalten, und die Dichtung selbst kann erst zu ihrem vollständigen Rechte gelangen, seitdem die modernen Disciplinen der vergleichenden Mythologie und der vergleichenden Religionswissenschaft mehr und mehr angebaut werden. Denn die ganze Faustsage und Faustdichtung ist aus dem ungeschlichteten Widerstreit heidnischen und christlichen Glaubens, aus dem Konflikte verschiedner Götterordnungen und damit verschiedner menschlicher Weltanschauungen hervorgegangen. Goethe liebte es, grade derartige Wendepunkte historischer Entwicklung dichterisch zu behandeln, wie in den Balladen „Die Braut von Korinth“, die,,Erste Walpurgisnacht“ und der „Paria." Angeregt durch die Creuzer'sche Symbolik und Mythologie, kontrastirte und parallelisirte Goethe auch im zweiten Theil des Faust, was im ersten mehr unbewußt geschehen war, antike, nordische und chriftliche Mythen mit klarstem Bewußtsein und mit voller Intention. Die Peripherie der ganzen Faustsage ist dadurch ins Unendliche hinausgerückt, ebenso nach der Seite der Ideen als der mythischen und historischen Grundlagen. Wenn Wodan in seinem Mantel die Helden durch die Luft trägt, wenn in den vier Haimonskindern das dem Bucephalus der Alexandersage verwandte Zauberpferd Bayart das Luftreich durchsprengt, und Karl der Große auf einem in ein Roß verwandelten Teufel in einer Nacht aus dem Orient in das Frankenreich zurückreitet, so erscheinen Mephi

stopheles' Zaubermantel und Zauberpferde schon sehr alt, auch wenn man den Ursprung ins indische Alterthum nicht weiter verfolgt. Mephistopheles selbst ist lahm, weil Vulfan, weil der Gott Loki, der Volant der Eddasage, hinkte; andrerseits kommt in ihm die Figur des alten deutschen Hausgeistes als eine Abschwächung seiner diabolischen Natur zur Geltung. Die ganze Szene in Auerbach's Keller bewegt sich in Wiederholungen alter Ruprechtscherze und der Künste des deutschen Kobolds. Diesem wird die Luft beigelegt, die Menschen durch Vorspiegelungen und Sinnestäuschungen auf einander zu hetzen, doch ohne daß sie dabei Schaden nehmen. Ganz ebenso verfährt Mephistopheles in jener Szene; er sagt zwar den Gesellen: „Und merkt Euch, wie der Teufel spaße", es ist aber mehr ein Spaß der Heinzelmänner als des Satans; denn ein Spaß des Lestern könnte nicht so harmlos enden, und so gewinnen in ihm die semitischen Teufelselemente durch die des Kobolds eine mildere Legirung, einen humoristischen Zusaß, der die menschliche Personificirung des Teufels sehr erleichtert.*) Die alten Götter drängten aus der christlichen Hölle, wohin die Kirche sie sammt und sonders verbannt hatte, immer wieder auf die Oberwelt zurück, zwar nicht mehr in alter. Herrlichkeit, sondern verwandelt und verdorben, als Zaubergestalten und nächtlicher Herenspuk, und die Herenprozesse und Herenverbrennungen find Symptome des fortdauernden Kampfes der christlichen Kirche gegen das unausrottbare Heidenthum. Nicht in dem Gegensaß gegen das ethisch

*) Vergl. Altteutsche Blätter, I. S. 289. Teutsche Sagen, 1. S. 109 ff. Bon andrer Seite wird der Geist des Humors in Mephistopheles geleugnet. Jul. Schmidt, Lit.-Gesch., I. 94.

Gute bestand das Böse, sondern in dem Abfall von dem christlichen Kultus, in der Aufkündigung der christlichen Religion und in dem Versprechen, dem Teufel dienen zu wollen.*) Das Zeitalter der Reformation fand im Norden Europas, besonders in Deutschland, die auf altheidnischen Erinnerungen beruhenden Wahnvorstellungen, welche in Italien nie den gleichen Einfluß gewonnen hatten und mit dem wiedererwachten antiken Geiste längst geschwunden waren **), noch lebendig vor. Die Faustsage, welche gleich der Karlssage und der dem Faustischen Geiste des Mittelalters ganz entsprechenden Alexanderfage diese Erinnerun= gen in sich aufnahm, gewann jezt eine dergestalt erhöhte nationale Bedeutung, daß sie, wie schon oft bemerkt worden ist, die folgenden Jahrhunderte in Sage und Dichtung mit einer Ausschließlichkeit beherrschte, wie die früheren Jahrhunderte nur je die Siegfriedsage.***) Sonst ist es mißlich, in Faust den modernen Siegfried, Sigurd den Schlangentödter, wiederfinden zu wollen; es fehlen hier alle Bindeglieder, und ist auch das Uebergreifen in die göttliche Sphäre, das Uebermenschliche, Beiden gemeinsam, so ist doch der Titanismus des lichten Siegfried, des nordischen Achilles, und der vorwiegend innerliche des mönchischen, grübelnden Fauft so verschieden, daß uns jede Vergleichung unstatthaft dünkt. Die Faustlegende ist fast die einzige der Reformationszeit. Die Idee des Teufelsbündnisses gewann in dem erneuten

*) S. Bodinus, Dämonomania, S. 281.

**) S. Burkhard, die Kultur der Renaissance in Italien. 1860. S. 547–550. ***) „Faust ist im Wesentlichen nichts als eine höhere Potenz des Siegfried." F. B. im Arch. f. d. Stud. d. n. Sprachen, XII. 473 ff.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »