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Erste Abtheilung.

Der Mensch.

Der Mensch ist dem Menschen das höchste Wesen, sagt Feuerbach. Der Mensch ist nun erst gefunden, sagt Bruno Bauer.

Sehen wir uns denn dieses höchste Wesen und diesen neuen Fund genauer an.

I.

Ein Menschenleben.

Von dem Augenblicke an, wo er das Licht der Welt erblickt, sucht ein Mensch aus ihrem Wirrwarr, in welchem auch er mit allem Andern bunt durcheinander herumgewürfelt wird, sich herauszufinden und sich zu gewinnen.

Doch wehrt sich wiederum Alles, was mit dem Kinde in Berührung kommt, gegen dessen Eingriffe und behauptet sein eigenes Bestehen.

Mithin ist, weil Jegliches auf sich hält, und zugleich mit Anderem in stete Collision geräth, der Kampf der Selbstbehauptung unvermeidlich.

zwischen beiden Wechsel

Siegen oder Unterliegen, fällen schwankt das Kampfgeschick. Der Sieger wird der Herr, der Unterliegende der Unterthan: jener übt die Hoheit und „Hoheitsrechte“, dieser erfüllt in Ehrfurcht und Respect die „Unterthanenpflichten".

Aber Feinde bleiben beide und liegen immer auf der Lauer: sie lauern einer auf die Schwäche des andern, Kinder auf die der Aeltern, und Aeltern auf die der Kinder (z. B. ihre Furcht), der Stock überwindet entweder den Menschen oder der Mensch überwindet den Stock.

Im Kindheitsalter nimmt die Befreiung den Verlauf, daß Wir auf den Grund der Dinge oder „hinter die Dinge" zu kommen suchen: daher lauschen Wir Allen ihre Schwächen ab, wofür bekanntlich Kinder einen sichern Instinct haben, daher zerbrechen Wir

gerne, durchstöbern gern verborgene Winkel, spähen nach dem Verhüllten und Entzogenen, und versuchen Uns an Allem. Sind Wir erst dahinter gekommen, so wissen Wir Uns sicher; sind Wir z. B. dahinter gekommen, daß die Ruthe zu schwach ist gegen Unsern Troy, so fürchten Wir sie nicht mehr, „sind ihr entwachsen“.

Hinter der Ruthe steht, mächtiger als sie, unser Troß, unser trogiger Muth. Wir kommen gemach hinter Alles, was Uns unheimlich und nicht geheuer war, hinter die unheimlich gefürchtete Macht der Ruthe, der strengen Miene des Vaters u. s. w., und hinter Allem finden Wir Unsere Ataraxie, d. h. Unerschütterlichkeit, Unerschrockenheit, unsere Gegengewalt, Uebermacht, Unbezwingbarkeit. Was uns erst Furcht und Respect einflößte, davor ziehen Wir uns nicht mehr scheu zurück, sondern fassen Muth. Hinter Allem finden Wir Unsern Muth, Unsere Ueberlegenheit; hinter dem barschen Befehl der Vorgesezten und Aeltern steht doch Unser muthiges Belieben oder Unsere überlistende Klugheit. Und je mehr Wir Uns fühlen, desto kleiner erscheint, was zuvor unüberwindlich dünkte. Und was ist Unsere List, Klugheit, Muth, Trok? Was sonst als Geist!

Eine geraume Zeit hindurch bleiben Wir mit einem Kampfe, der später Uns so sehr in Athem sezt, verschont, mit dem Kampfe gegen die Vernunft. Die schönste Kindheit geht vorüber, ohne daß Wir nöthig hätten, Uns mit der Vernunft herumzuschlagen. Wir kümmern uns gar nicht um sie, lassen Uns mit ihr nicht ein, nehmen keine Vernunft an. Durch Ueberzeugung bringt man Uns zu nichts, und gegen die guten Gründe, Grundsäße u. s. w. sind wir taub; Liebkosungen, Züchtigungen und Aehnlichem widerstehen Wir dagegen schwer.

Dieser saure Lebenskampf mit der Vernunft tritt erst später auf, und beginnt eine neue Phase: in der Kindheit tummeln Wir Uns, ohne viel zu grübeln.

Geist heißt die erste Selbstfindung, die erste Entgötterung des Göttlichen, d. h. des Unheimlichen, des Spuks, der „oberen Mächte“. Unserem frischen Jugendgefühl, diesem Selbstgefühl, imponirt nun nichts mehr: die Welt ist in Verruf erklärt, denn Wir sind über ihr, sind Geist.

Jezt erst sehen Wir, daß Wir die Welt bisher gar nicht mit Geist angeschaut haben, sondern nur angestiert.

An Naturgewalten üben Wir Unsere ersten Kräfte. Aeltern imponiren Uns als Naturgewalt; später heißt es: Vater und Mutter sei zu verlassen, alle Naturgewalt für gesprengt zu erachten. Sie sind überwunden. Für den Vernünftigen, d. h. „geistigen Mensch“, giebt es keine Familie als Naturgewalt: es zeigt sich eine Absagung von Aeltern, Geschwistern u. s. w. Werden diese als geistige, vernünftige Gewalten wiedergeboren“, so sind sie durchaus nicht mehr das, was sie vorher waren.

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Und nicht bloß die Aeltern, sondern die Menschen überhaupt werden von dem jungen Menschen besiegt: sie sind ihm kein Hinderniß, und werden nicht mehr berücksichtigt: denn, heißt es nun: Man muß Gott mehr gehorchen, als den Menschen.

Alles Irdische" weicht unter diesem hohen Standpunkte in verächtliche Ferne zurück: denn der Standpunkt ist der himmlische.

Die Haltung hat sich nun durchaus umgekehrt, der Jüngling nimmt ein geistiges Verhalten an, während der Knabe, der sich noch nicht als Geist fühlte, in einem geistlosen Lernen aufwuchs. Jener sucht nicht der Dinge habhaft zu werden, z. B. nicht die Geschichts data in seinen Kopf zu bringen, sondern der Gedanken, die in den Dingen verborgen liegen, also z. B. des Geistes der Geschichte; der Knabe hingegen versteht wohl Zusammenhänge, aber nicht Ideen, den Geist; daher reiht er Lernbares an Lernbares, ohne apriorisch und theoretisch zu verfahren, d. h. ohne nach Ideen zu suchen.

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Hatte man in der Kindheit den Widerstand der Weltgeseße zu bewältigen, so stößt man nun bei Allem, was man vorhat, auf eine Einrede des Geistes, der Vernunft, des eigenen Gewissens. Das ist unvernünftig, unchristlich, unpatriotisch“ und dergl., ruft Uns das Gewissen zu, und schreckt Uns davon ab. - Nicht die Macht der rächenden Eumeniden, nicht den Zorn des Poseidon, nicht den Gott, so fern er auch das Verborgene sieht, nicht die Strafruthe des Vaters fürchten Wir, sondern das Gewissen.

Wir „hängen nun Unsern Gedanken nach“ und folgen ebenso ihren Geboten, wie Wir vorher den älterlichen, menschlichen folgten.

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