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Uebrigens sieht man sich alle Augenblicke genöthigt, an den Eigennut, den allezeit gelästerten, als an eine Alles bewältigende Macht zu glauben. In der Sizung vom 10. Febr. 1844 begründet Welcker eine Motion auf die Abhängigkeit der Richter und thut in einer ausführlichen Rede dar, daß entseßbare, entlaßbare, verseßbare und pensionirbare Richter, kurz solche Mitglieder eines Gerichtshofes, welche auf dem bloßen Administrationswege verkürzt und gefährdet werden können, aller Zuverlässigkeit entbehren, ja aller Achtung und alles Vertrauens im Volke verlustig gehen. Der ganze Rechterstand, ruft Welcker aus, ist durch diese Abhängigkeit demoralisirt! Mit dürren Worten heißt dies nichts anders, als daß die Richter besser ihre Rechnung dabei finden, wenn sie im ministeriellen Sinne Urtel fällen, als wenn sie dies nach geseßlichem Sinne thun. Wie soll dem abgeholfen werden? Etwa dadurch, daß man den Richtern die Schmach ihrer Verkäuflichkeit zu Gemüthe führt und dann das Vertrauen hegt, sie werden in sich gehen und hinfort die Gerechtigkeit höher schäßen als ihren Eigennut? Nein, zu diesem romantischen Vertrauen versteigt sich das Volk nicht, denn es fühlt, daß der Eigennut gewaltiger sei als jedes andere Motiv. Darum mögen dieselben Personen Richter bleiben, die dies seither gewesen sind, so sehr man sich auch davon überzeugt hat, daß sie als Egoisten verfuhren; nur müssen sie ihren Eigennuß nicht länger durch die Verkäuflichkeit des Rechtes gefördert finden, sondern so unabhängig von der Regierung dastehen, daß sie durch ein sachgemäßes Urtheil ihre eigene Sache, ihr „wohlverstandenes Interesse“, nicht in Schatten stellen, vielmehr ein gutes Gehalt und Achtung bei den Bürgern gemächlich mit einander verbinden.

Also Welcker und die badischen Bürger halten sich erst für gesichert, wenn sie auf den Eigennug rechnen können. Was soll man sich folglich von den unzähligen Uneigennüßigkeitsphrasen denken, von denen ihr Mund sonst überströmt ?

Zu einer Sache, die Ich eigennüßig betreibe, habe Ich ein anderes Verhältniß, als zu einer, welcher Ich uneigennüßig diene. Man könnte folgendes Erkennungszeichen dafür anführen: gegen jene kann Ich Mich versündigen oder eine Sünde begehen, die andere nur verscherzen, von Mir stoßen, Mich darum bringen,

d. H. eine Unklugheit begehen. Beiderlei Betrachtungsweisen erfährt die Handelsfreiheit, indem sie theils für eine Freiheit angesehen wird, welche unter Umständen gewährt oder entzogen werden könne, theils für eine solche, die unter allen Umständen heilig zu halten sei.

Ist Mir an einer Sache nicht an und für sich gelegen und begehre Ich sie nicht um ihrer selbst willen, so verlange Ich sie lediglich wegen ihrer Zweck dienlichkeit, Nüßlichkeit, um eines andern Zweckes willen, z. B. Austern zum Wohlgeschmack. Wird nun nicht dem Egoisten jede Sache als Mittel dienen, dessen lezter Zweck er selber ist, und soll er eine Sache beschüßen, die ihm zu nichts dient, z. B. der Proletarier den Staat?

Die Eigenheit schließt jedes Eigene in sich und bringt wieder zu Ehren, was die christliche Sprache verunehrte. Die Eigenheit hat aber auch keinen fremden Maßstab, wie sie denn überhaupt keine Idee ist, gleich der Freiheit, Sittlichkeit, Menschlichkeit u. dgl.: sie ist nur eine Beschreibung des

Eigners.

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Wen sieht der Liberale für Seinesgleichen an? Den Menschen! Sei Du nur Mensch und das bist Du ja so nennt der Liberale Dich seinen Bruder. Er fragt nach deinen Privatmeinungen und Privatnarrheiten sehr wenig, wenn er nur den „Menschen“ in Dir erblicken fann.

Da er aber dessen wenig achtet, was Du privatim bist, ja bei strenger Befolgung seines Princips gar keinen Werth darauf legt, so sieht er in Dir nur das, was Du generatim bist. Mit anderen Worten: er sieht in Dir nicht Dich, sondern die Gattung, nicht Hans oder Kunz, sondern den Menschen, nicht den Wirklichen oder Einzigen, sondern dein Wesen oder deinen Begriff, nicht den Leibhaftigen, sondern den Ge ist.

Als Hans wärest Du nicht Seinesgleichen, weil er Kunz, also nicht Hans, ist; als Mensch bist Du dasselbe, was er ist. Und da Du als Hans für ihn, soweit er nämlich ein Liberaler und nicht unbewußter Weise Egoist ist, so gut als gar nicht existirst, so hat er sich die „Bruderliebe“ wahrlich sehr leicht gemacht: er liebt in Dir nicht den Hans, von welchem er nichts weiß und wissen will, sondern den Menschen.

In Dir und Mir nichts weiter zu sehen, als „Menschen“, das heißt die christliche Anschauungsweise, wonach einer für den andern nichts als ein Begriff (z. B. ein zur Seligkeit Berufener u. s. w.) ist, auf die Spize treiben.

Das eigentliche Christenthum sammelt Uns noch unter einem minder allgemeinen Begriffe: Wir sind da „Kinder Gottes" und ,,der Geist Gottes treibet Uns" *). Nicht Alle jedoch können sich rühmen Gottes Kinder zu sein, sondern „derselbige Geist, welcher Zeugniß giebt unserem Geiste, daß Wir Gottes Kinder sind, der offenbart auch, welche die Kinder des Teufels sind“ **). Mithin müßte ein Mensch, um Gottes Kind zu sein, nicht ein Kind des Teufels sein; die Kindschaft Gottes excludirte gewisse Menschen. Dagegen brauchen Wir, um Menschenkinder, d. h. Menschen zu sein, nichts als zu der Menschen gattung zu gehören, brauchen nur Exemplare derselben Gattung zu sein. Was Ich als dieses Ich bin, das geht Dich als guten Liberalen nichts an, sondern ist állein meine Privatsache; genug, daß Wir beide Kinder ein und derselben Mutter, nämlich der Menschengattung, sind: als „Menschenkind" bin Ich Deinesgleichen.

Was bin Ich Dir nun? Etwa dieses leibhaftige Ich, wie Ich gehe und stehe? Nichts weniger als das. Dieses leibhaftige Ich mit seinen Gedanken, Entschlüssen und Leidenschaften ist in deinen Augen eine „Privatsache", welche Dich nichts angeht, ist eine „Sache für sich“. Als eine „Sache für Dich“ existirt nur mein Begriff, mein Gattungsbegriff, nur der Mensch, der, wie er Hans heißt, eben so gut Peter oder Michel sein könnte. Du siehst in Mir nicht Mich, den Leibhaftigen, sondern ein Unwirkliches, den Spuk, d. h. einen Menschen.

Zu „Unsersgleichen“ erklärten Wir im Laufe der christlichen Jahrhunderte die Verschiedensten, aber jedesmal nach Maß desjenigen Geistes, den Wir von ihnen erwarteten, z. B. Jeden, bei dem der Geist der Erlösungsbedürftigkeit sich vorausseßen läßt, dann später Jeden, der den Geist der Rechtschaffenheit hat, endlich Jeden, der menschlichen Geist und ein menschlich Antlig zeigt. So variirte der Grundsaß der „Gleichheit“.

Indem man nun die Gleichheit als Gleichheit des menschlichen Geistes auffaßt, hat man allerdings eine alle Menschen

*) Röm. 8, 14.

**) Vergl. mit Röm. 8, 16 1. Joh. 3, 10.

Stirner, der Einzige.

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einschließende Gleichheit entdeckt; denn wer könnte leugnen, daß Wir Menschen einen menschlichen, d. h. keinen andern Geist als einen menschlichen haben!

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Aber sind Wir darum nun weiter als im Anfange des Christenthums? Damals sollten Wir einen göttlichen Geist haben, jezt einen menschlichen; erschöpfte Uns aber der göttliche nicht, wie sollte der menschliche ganz das ausdrücken, was Wir sind? Feuerbach z. B. meint, wenn er das Göttliche vermenschliche, so habe er die Wahrheit gefunden. Nein, hat Uns der Gott gequält, so ist der Mensch" im Stande, Uns noch marternder zu pressen. Daß Wir's kurz sagen: daß Wir Menschen sind, das ist das Geringste an Uns und hat nur Bedeutung, in so fern es eine unserer Eigenschaften, d. h. unser Eigenthum ist. Ich bin zwar unter anderm auch ein Mensch, wie Ich z. B. ein lebendiges Wesen, also animal oder Thier, oder ein Europäer, ein Berliner u. dergl. bin; aber wer Mich nur als Menschen oder als Berliner achten wollte, der zollte Mir eine Mir sehr gleichgültige Achtung. Und weshalb? Weil er nur eine meiner Eigenschaften achtete, nicht Mich.

Gerade so verhält sich's mit dem Geiste auch. Ein christlicher, ein rechtschaffener und ähnlicher Geist kann wohl meine erwor= bene Eigenschaft, d. h. mein Eigenthum, sein, Ich aber bin nicht dieser Geist: er ist mein, Ich nicht sein.

Wir haben daher im Liberalismus nur die Fortseßung der alten christlichen Geringachtung des Ich's, des leibhaftigen Hansen. Statt Mich zu nehmen, wie Ich bin, sieht man lediglich auf mein Eigenthum, meine Eigenschaften und schließt mit Mir einen ehelichen Bund, nur um meines - Besigthums willen; man heirathet gleichsam, was Ich habe, nicht was Ich bin. Der Christ hält sich an meinen Geist, der Liberale an meine Menschlichkeit.

Aber ist der Geist, den man nicht als das Eigenthum des leibhaftigen Ich's, sondern als das eigentliche Ich selbst betrachtet, ein Gespenst, so ist auch der Mensch, der nicht als meine Eigenschaft, sondern als das eigentliche Ich anerkannt wird, nichts als ein Spuk, ein Gedanke, ein Begriff.

Darum dreht sich auch der Liberale in demselben Kreise wie der Christ herum. Weil der Geist des Menschenthums, d. h. der Mensch,

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