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Göthe's politische Grundfahlosigkeit.

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der Hypsistarier, welche, zwischen Heiden, Juden und Christen geklemmt, sich erklärten, das Beste, Vollkommenste, was zu ihrer Kenntniß käme, zu schäßen, zu bewundern, zu verehren, und in sofern es also mit der Gottheit in nahem Verhältnisse stehen müsse, anzubeten. Da ward mir auf einmal aus einem dunkeln Zeitalter her ein frohes Licht, denn ich fühlte, daß ich Zeitlebens getrachtet hatte, mich zum Hypsistarier zu qualificiren.“

Die Philosophie verachtete er im Alter ebenso wie in der Jugend.

„Von der Hegel'schen Philosophie mag ich gar nichts wissen, wiewohl Hegel selbst mir ziemlich zusagt. So viel Philosophie, als ich bis zu meinem seligen Ende brauche, habe ich noch allenfalls, eigentlich brauche ich gar keine."

Die politische Weisheit Göthe's stand nicht viel höher, als seine religiöse. Der Verehrung Napoleons blieb er treu; er mochte keine Caricatur auf ihn sehen. Ebenso wenig war die französische Revolution im Stande, ihn von seiner Verehrung Diderots und der Encyklopädisten zu heilen. Alles rührige VolksLeben, alle kräftige Volksbewegung verachtete und haßte er:

„Die Menge, die Majorität ist nothwendig immer absurd und verkehrt: denn sie ist bequem und das Falsche ist stets viel bequemer, als die Wahrheit." 2- Das Volk will zum Besten gehalten sein, und so hat man Unrecht, wenn man es nicht zum Besten hält.“ „Ach, die Menschen sind gar zu albern, niederträchtig und methodisch absurd; man muß so lange leben als ich, um sie gründlich verachten zu lernen." * Die Constitutionen sind wie die Kuhpocken, sie führen über einmal grassirende Krankheiten leichter hinweg, wenn man sie zeitig einimpft." 5 Die Weltgeschichte erklärte er für ein bloßes aus ihr könne Niemand etwas lernen; eine Masse von Thorheiten und Schlechtigkeiten." 6

1 Burkhardt a. a. D. S. 114.

"

Gewebe von Unsinn“, denn sie enthält ja nur

„Ich bin

2 Ebds. S. 126.

3 Ebds. S. 143.

4 Ebds. S. 48.

5 Ebds. S. 48.

6 Ebdf. S. 92. 96.

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Literarische Stellung in Deutschland.

nicht so alt geworden, um mich um die Weltgeschichte zu bekümmern, die das Absurdeste ist, was es gibt; ob dieser oder jener stirbt, dieses oder jenes Volk untergeht, ist mir einerlei, ich wäre ein Thor, mich darum zu bekümmern."1 Genau wie dreißig und vierzig Jahre früher glaubte er im politischen Leben die seichte Aufklärung der Encyklopädisten mit dem straffsten politischen Monarchismus verbinden zu können und verabscheute alle demokratischen Regungen ebenso, wie alle religiöse Autorität und allen positiven Glauben. Wie die zeitgenössischen Monarchisten, wollte er die Revolution für künftig unmöglich machen, aber eben durch die Ideen Voltaire's, aus denen sie hervorgegangen:

"Im Princip, das Bestehende zu erhalten, Revolutionärem vorzubeugen, stimme ich ganz mit ihnen überein, nur nicht in den Mitteln dazu. Sie nämlich rufen die Dummheit und die Finsterniß zu Hülfe, ich den Verstand und das Licht." 2

Ohne Religion, ohne Philosophie, ohne Theilnahme für Politik und Geschichte zog sich der egoistische Menschenverächter auf die Gebiete zurück, an welchen er zeitlebens noch am meisten Interesse gehabt hatte: Literatur, Kunst, Naturwissenschaft und Poesie.

In der deutschen Literatur konnte er eigentlich von seinen Renten leben. Nachdem die Zeit des Freiheitskampfes vorüber war, verstummte allgemach die patriotische Leier, die Begeisterung für die Romantik legte sich. Göthe wurde allgemein als Dichterfürst anerkannt und von Vielen fast angebetet. Anders war es dagegen im Ausland. Hier erhielt Göthe's Ruhm starke Concurrenz. In Walter Scott trat ein Romanschriftsteller auf, der ihn nicht nur im britischen Weltreich, sondern im ganzen civiliz sirten Europa verdunkelte. Die meisten seiner Romane übertrafen diejenigen Göthe's sowohl in der Kunst spannender Erzählung, treffender Charakteristik, kunstvoller Anlage, geistigem Gehalt, als auch in Bedeutung und Mannigfaltigkeit der poeti schen Motive. Manzoni, weniger fruchtbar, aber aus dem reichen Born katholischer Poesie schöpfend, erregte mit seinem einen 2 Ebds. S. 56.

1 Ebds. S. 123. 124.

Walter Scott. Manzoni. Byron.

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Roman die Bewunderung der ganzen gebildeten Welt. Die Poesie beider ruhte auf wesentlich christlicher Grundlage, gesundem Volksthum, historisch-idealer Richtung. Im schroffsten Gegensaß zu diesen liebenswürdigen, edeln und gemüthreichen Dichtern griff der jugendliche Lord Byron, ein Freigeist und Sinnenmensch wie Göthe, die poetischen Motive der Revolution auf, aber nicht mit jener Butterbrodgemüthlichkeit und Thränenseligkeit, wie sie im „Werther" entwickelt sind, nicht mit jener hampelmännischen Philisterhaftigkeit und Komödiantenästhetik, die den „Wilhelm Meister" durchweht, nicht mit der verschämten Zweideutigkeit und Halbheit, an der die „Wahlverwandtschaften“ kränkeln: mit glühender Jugendleidenschaft stürmt er zum Genuß, kostet die Woḥlust rücksichtslos in vollen Zügen, jubelt berauscht in der Sünde auf, und da sie den Stachel der Qual in sein Herz senkt, da düftelt er keinen künstlichen Mittelweg aus; trohig ballt er die Faust gegen Himmel und Erde, gegen Gesetz und Sitte, trinkt den bittern Kelch der Schuld und Rache auch bis zur Hefe aus und geht an dem namenlosen innern Zwiespalt und Unglück zu Grunde. Es ist etwas Dämonisches, aber zugleich Tragisches in ihm. Seine Poesie trägt den Abfall von Gott frech an die Stirn geschrieben; er pappt nicht christliche Sprüche drüber, wie Göthe, hält sich nicht für einen Hypsistarier. Offen bekennt er die zwei Grundgebote seiner Ethik: Hasse deinen Nächsten und liebe deines Nächsten Weib! Alles seichte Volk erschrak, als er mit seiner glühenden Leidenschaft in Poesie und Leben das wirkliche Bild eines von Gott abgekommenen, titanischen Genies entfaltete.

Göthe hatte weder die unerschöpfliche poesievolle Geschichtskenntniß Walter Scotts, noch den tiefreligiösen Geist Manzoni's, noch die stürmische, ungebändigte, sich selbst verzehrende Leidenschaft Byrons. Er war schon weit über die Sechzig hinaus, als die

1 Macaulay, Critical and Historical Essays. Collection. Vol. 185. I. 347.

Tauchnitz

Vgl. M. Carrière, Die Kunst im Zusammenhang der Culturentwicklung und die Ideale der Mensch

heit. Leipzig 1874. V. 529 ff.

Baumgartner, Göthe. III. 2. Aufl

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drei so verschieden gearteten Dichter Europa mit ihrem Ruhm. zu erfüllen begannen. Sie standen in der Fülle ihrer Kraft; er war einem Wettstreit nicht mehr gewachsen. Nicht als ob sein poetischer Geist erloschen wäre; aber sein buntes Studium aller möglichen Fächer, seine prosaischen optischen Forschungen, sein gelehrtes Stubenleben hemmten ihn, störten ihn, drückten ihn nieder.

In seinem naturwissenschaftlichen Briefwechsel steht ein Professor vor uns, welcher, mit steter pedantischer Rücksicht auf einige Lieblingsideen, der ganzen Entwicklung der Naturwissenschaften mühsam zu folgen sucht; in seinem Briefwechsel mit Reinhard ein Politiker und Literaturkritiker, der sich aus Zeitungen, Zeitschriften, Briefen und Büchern über die gesammte zeitgenössische Literatur auf dem Laufenden zu halten bemüht; in seinem Briefwechsel mit Zelter ein Theater- und Musikfreund, der sich um alle Dramen und Opern, Sänger und Sängerinnen, Schauspieler und Schauspielerinnen auf's Angelegentlichste kümmert; in seinem Briefwechsel mit Heinrich Meyer und Sulpiz Boisserée ein ganz unermüdlicher Kunsttheoretiker, Sammler, Kunstarchäologe, der sich für alle Museen und Gallerien Europa's, wie für den kleinsten neuesten Fund interessirt; in seinem Briefwechsel mit Karl August ein gelehrter Geschäftsmann, der all jene Kenntnisse und Connexionen für die wissenschaftlichen und Kunstsammlungen von Sachsen-Weimar verwerthet; in seinem Briefwechsel mit Wilhelm von Humboldt ein Aesthetiker, der mit Interesse sogar dem Linguisten in seine schwierigsten Untersuchungen hinein folgt; in zahlreichen Briefen an berühmte Männer, schöne Damen und vornehme Herrschaften ein galanter, vornehmer Hofherr, der alle seine Verbindungen und Bekanntschaften mit Würde und Höflichkeit aufrecht erhält; in den Gesprächen mit Eckermann ein Universalgelehrter, der neben seinen einzelnen und gesammelten Werken die ganze Welt vor sein Forum zieht; in den Unterhaltungen mit Müller endlich der von Wissenschaft, Kunst, Ansehen und Rühm unbefriedigte Greis, der unendlich gern wieder jung sein möchte, um das Leben wie ehedem genießen zu können.

Sammlungen aller Art.

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Der Gelehrte, der Sammler, der Geschäftsmann, der Correspondent hatte indeß den Dichter nahezu verdrängt. Abgesehen von den öffentlichen Instituten, deren Aufsicht er führte, hatte Göthe noch seine eigene Sammlung von Radirungen, Kupferstichen, Holzschnitten, Schwarzkunstblättern, Lithographien, geschnittenen Steinen, Bronze-Figuren, Medaillen und Münzen, Arbeiten in Marmor, Elfenbein, Holz und Wachs, antiken Vasen und Terracotten, Abgüssen und Abdrücken der verschiedensten plastischen Werke, Majolica-Gefäßen; ein sehr ausgedehntes Naturaliencabinet, und eine Autographensammlung, für deren Bereicherung er in der ganzen Welt herumschrieb 2. Den halben Tag kramte er in seinen Sammlungen und alten Papieren. herum. In seinen lezten Lebensjahren las er dazu jeden Tag durchschnittlich einen Octavband - die neuen und neuesten, wie die alten und ältesten Werke -, und selten las er etwas, ohne gleich irgend eine Kritik, ein Resumé oder wenigstens Gedanken und Notizen darüber zu dictiren, sich bei Riemer, Eckermann oder Kanzler Müller darüber auszusprechen oder sich daran zu Versen, Sprüchen oder einem kleinern Aufsatz zu inspiriren. Er ward überaus fleißig, geizte mit der Zeit und klagte, daß er damit früher nicht haushälterischer umgegangen; da es ihm indeß bei seiner an's Unmögliche grenzenden Universalität an philosophischer

1 Chr. Schuchardt, Göthe's Kunstsammlungen. Jena 1848. 3 Bde. Dieser summarische Katalog füllt drei Bände von 351, 369, 297 Seiten kl. 8o.

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2 Ueber Göthe's Bestreben, sich in den Besit einer reichen Autographensammlung zu sehen, bemerkt der Oberarchivar Dr. C. A. H. Burkhardt: „Mitunter freilich widerstreben uns die Wege, die Göthe dabei einschlug. Wir erinnern nur an das unbekannte Factum, daß zur Befriedigung dieser Wünsche selbst das Geh. Staatsarchiv in Weimar sich ergiebig zeigen mußte, dessen Beamte auf Befehl des Herzogs Karl August etwa vierhundert Original-Unterschriften von Briefen abschnitten und damit die Göthe'schen Samm= lungen bereicherten. Man sieht, was damals möglich war." Grenz= boten 1875. I. 481 ff.

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