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Einleitung.

Es gab eine Zeit, in der man alles Ernstes der Meinung war, die Lehre von der Person Christi gehöre nicht in die christliche Glaubenslehre, da die christliche Frömmigkeit kein Interesse daran habe, Christum zum besonderen Gegenstand ihrer Verehrung zu machen, und demgemäß auch die Glaubenslehre keines, Lehrsäge über ihn aufzustellen. Das Christenthum, so sagte man, sei zwar die Lehre Jesu, aber nicht die Lehre über ihn. Seine Person trete hier ganz zurück, ja es sei im Gründe gleichgültig, wer die herrlichen Wahrheiten, wie sie das Christenthum biete, in die Welt gebracht habe. Wie in den Systemen Kant's, Fichte's, Schelling's kein Lehrsaß sich finde, der von der Person dieser Philosophen handle, so gehöre auch in die christliche Glaubenslehre kein Lehrsat über die Person Christi. Von den Personen jener Philosophen erfahre man etwa aus einer Geschichte der Philosophie das Nöthige, und so werde denn auch wohl mit der Person Christi die Religionsgeschichte sich zu befassen haben, nicht aber die Dogmatik. Höchstens könne, da das Leben Christi allerdings eine vorbildliche Bedeutung für die Menschen habe, die sogenannte Lehre von der Person Christi als Unterabtheilung der Lehre vom Menschen innerhalb der Dogmatik geduldet werden, 1 Mit Recht bemerkt Strauß hiezu: Hiemit tritt der Rationalismus in offenen Widerstreit mit dem christlichen Glauben, indem er dasjenige, was diesem der Mittelpunkt und Eckstein ist, die Lehre von Christus, in den Hintergrund zu rücken, ja aus der Dogmatik zu verbannen sucht." 2 Die Zeiten, da solches möglich war, sind nun freilich vorüber. Es ist das unleugbare Verdienst Schleiermachers, der theologischen Wissenschaft, ja der Christenheit seiner Zeit die ganz einzigartige Bedeutung der Person Christi im Christenthum wieder zum Bewußtsein gebracht zu haben. Wenn nun Schleiermacher dennoch den Sat aufstellt und zu beweisen sucht: „Die Thatsachen der Auferstehung und der Himmelfahrt, sowie die Vorhersagung seiner Wiederkunft

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zum Gericht, können nicht als eigentliche Bestandtheile der Lehre von seiner Person aufgestellt werden," 3 Jesus also könne der Christus gewesen sein, auch wenn er nicht auferstanden und gen Himmel gefahren sei, so ist Strauß auch hier wieder im Rechte, wenn er sagt: „der Glaube an die Auferstehung Christi sei der Grundstein, ohne welchen die christliche Gemeinde sich nicht hätte aufbauen können; ja auch jetzt noch könnte der christliche Festchclus, die äußere Darstellung des christlichen Bewußtseins keine tödtlichere Verstümmelung erleiden, als wenn aus demselben das Osterfest ausgebrochen würde, überhaupt könnte im Glauben der Gemeinde der gestorbene Christus nicht sein, was er ist, wenn er nicht zugleich der Wiedererstandene wäre."4 Es ist freilich eine ganz eigenthümliche Erscheinung, daß gerade Strauß, der doch die Realität der Auferstehung Christi leugnet, dem christlichen Bewußtsein die Wichtigkeit dieser Thatsache für das Ganze des chriftlichen Glaubens vorhält, während Schleiermacher, dem Christi Auferstehung von den Todten eine wohlverbürgte historische Thatsache ist, 5 ihre fundamentale Bedeutung für die Person und das Werk Christi so auffallend verkennt. Allein auch sonst macht man die Erfahrung, daß Gegner des Evangeliums nicht selten ein feineres Gefühl und eine richtigere Erkenntniß davon haben, was wesentlich und was unwesentlich ist am Christenthum, als manche Freunde und Vertheidiger desselben. Was soll man z. B. dazu sagen, wenn auf der pastoralen Generalversammlung zu Paris (im Mai 1865) 45 Geistliche und 9 Aelteste eine Erklärung abgaben, die mit den Worten schließt: Einige von uns glauben nicht an die Auferstehung Jesu Christi, und diejenigen, welche sie zulassen, sehen in ihr eine Thatsache von untergeordneter Bedeutung"! Daß diese Anschauung auch in Deutschland viele Freunde hat, ist eine bekannte Sache. Ja man hört wohl hin und wieder von dieser Seite die Behauptung, daß bei der Annahme einer sogenannten geistigen Auferstehung Christi das Wesen des christlichen Glaubens weit weniger gefährdet werde, als durch das Festhalten an der realen Auferstehung Christi aus dem Grabe, da diese lettere mit dem ge= fammten Zeitbewußtsein, mit der ganzen Weltanschauung und Kulturentwicklung der Gegenwart im entschiedensten Widerspruch stehe. Nun könnte ihnen freilich schon die einfache Erwägung der Thatsache, daß die Gegner des Christenthums als einer geoffenbarten

Religion, wie früher schon, so auch ganz besonders gegenwärtig wieder ihre Hauptangriffe auf die geschichtliche Realität der Auferstehung Christi richten, über den Stand der Sache die Augen öffnen. Denn offenbar kann eine Wahrheit, die mit einem so ungemeinen Aufwand von Scharfsinn, Gelehrsamkeit nnd Ueberredungskunst bekämpft wird, nicht bedeutungslos sein. Ein tieferes Eindringen in das eigentliche Wesen jener Heilsthatsache müßte ihnen aber vollends die fundamentale Bedeutung derselben für das ganze Christenthum zur Evidenz darthun, und zeigen, wie viel klarer z. B. Edmund von Pressensé auf jener Pariser Versammlung sah, als seine Gegner, wenn er diesen entgegenhielt: „Wenn die Auferstehung Christi nichts ist, so lohnt es sich nicht der Mühe, über den Rest zu reden." 7.

Es ist mit die Aufgabe dieser Abhandlung, die fundamentale Bedeutung der Auferstehung Christi für das Ganze des christlichen Glaubens darzuthun. Dieser dogmatische Beweis für die geschichtliche Realität jener Thatsache ist aber der einzige nicht, der zu liefern ist, und kann auch nicht der erste sein. Da es sich hier um eine historische Thatsache handelt, so muß vor allem auf die Quellen, auf die Urkunden, die uns jene Thatsache berichten, auf die Schrift neuen Testamentes zurückgegangen und gefragt werden, was diese Urkunden über jene Thatsache berichten. An die Erörterung dieser exegetischen Frage schließt sich dann naturgemäß eine kirchenhistorische an über den Zusammenhang jener Thatsache mit der Stiftung der christlichen Kirche. Dieser hat dann endlich jene dogmatische Beweisführung zu folgen. Mit andern Worten: der Beweis für die geschichtliche Realität der Auferstehung des Herru von den Todten muß aus der Schrift, aus der Geschichte und aus dem religiösen Bewußtsein des Christen geliefert, es muß gezeigt werden, daß die Leugnung jener Thatsache der Schrift Gewalt anthut, unfähig ist, die Gründung und das fortwährende Wachsthum der christlichen Kirche befriedigend zu erklären und überdies das christlich fromme Bewußtsein in seinen innersten Tiefen verlegt.

Bevor wir jedoch zu diesem dreifachen Nachweise übergehen, müssen wir zunächst alles das uns vergegenwärtigen, was von gegnerischer Seite gegen die Thatsächlichkeit der Auferstehung Christi vorgebracht worden ist. Eine solche Zusammenstellung wird am besten zeigen, welche Anforderungen an eine Beweisführung ge

Hestials

macht werden müssen, die sich die Aufgabe gestellt hat, die geschichtliche Realität der Auferstehung Christi aus dem Grabe darzuthun.

Erster Abschnitt.

Die Gegner.

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Die Angriffe auf den Glauben an die wahrhaftige Auferste= hung des Herrn sind sehr alt. Schon der Evangelist Matthäus erzählt uns, daß der hohe Rath zn Jerusalem den Hütern an dem Grabe Jesu, als diese ihm die Kunde von den wunderbaren Begebenheiten des Auferstehungsmorgens überbrachten, Geld genug 1. The San gegeben habe mit den Worten: Saget, feine Jünger kamen des Nachts, und stahlen ihn, dieweil wir schliefen."1 Nach dem Zeugnisse Justin's des Märtyrers trug derselbe hohe Rath für lating möglichst weite Verbreitung dieser plump ersonnenen Lüge eifrig Sorge. Er soll den auswärtigen Juden über Jesum, seinen Tod und seine Auferstehung berichtet haben: es sei eine atheistische und gesetzwidrige Sekte, deren Stifter ein gewisser galiläischer Betrüger, Jesus, sei, aufgekommen. Diesen, nachdem man ihn kreuzigen lassen, hätten seine Jünger bei Nacht aus dem Grabe, wohin er nach der Herabnahme vom Kreuz gelegt worden, weggestohlen, und jezt suchten sie Jedermann mit dem Vorgeben zu hintergehen, als ob er von den Todten auferstanden und gen Himmel gefahren sei.": Die geflissentliche Verbreitung solcher Schmähungen erklärt sich vollkommen aus dem tödtlichen Haß der Juden gegen das Christenthum, einem Haß, der laut der Geschichte in gleichem Grade sich steigerte, je ohnmächtiger er wurde. In ihren Gelehrtenschulen, besonders zu Tiberias, kursirten die abscheulichsten Lügen und Verläumdungen über Christum und die Christen, wie davon Eisenmenger in seinem entdeckten Judenthum" zahlreiche Beispiele anführt. Hierher gehört wohl auch der Talmudische Traktat „Toledoth Feschu", wo erzählt wird: „Jesus sei an demselben Orte, da man ihn steinigte, von den Juden begraben worden. Da nun aber Judas bemerkt habe, daß die Jünger Jesu in derselben Nacht kamen, sich auf das Grab sezten und heftig weinten, habe er den Leichnam genommen und ihn in seinem Garten unter einem Wasserfluß be

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