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des Volks leidet (Jesaias Cap. 53) auf sich bezogen und daran fest= gehalten hätte, daß auch diese durch ihn erfüllt werden müsse. Doch wir werden später nochmals hierauf zurückkommen müssen. Vorerst haben wir bei der Frage, wie Jesus zu seiner Ausrüstung für den Beruf eines Messias seines Volkes gelangt war, noch eines lezten Punktes Erwähnung zu thun, der vielleicht geeignet ist, auf dies geschichtliche Dunkel dieser Verhältnisse ein neues Licht zu verbreiten.

Die höhere Form des Bewußtseins, zu welcher im Geiste Jesu sich das Judenthum läuterte, steht zu der eigenthümlichen vergeistigten Form, in welcher das Judenthum sich längst in Alexandrien ausgebildet hatte, in so engen Zusammenhang, daß auch ohne ausdrückliche Zeugnisse die Bekanntschaft Jesu mit alexandrinisch-jüdischer Bildung um so weniger unwahrscheinlich ist 23), als in seinem Zeitalter die jüdische Bildung Alexandriens sich bereits über Palästina verbreitet hatte. In der evangelischen Ueberlieferung selbst findet sich zwar, außer der Sage über die Reise seiner Eltern dorthin mit dem Kinde, keine Andeutung darüber, daß Jesus nach Egypten selbst ge= kommen wäre und dort in ähnlicher Weise, wie der Enkel des Siraciden, mit der alexandrinisch-jüdischen Geistesbildung nähere Bekanntschaft gemacht hätte. Die evangelische Ueberlieferung gibt vielmehr über den Aufenthalt Jesu zwischen seiner Taufe durch Johannes und seinem Auftreten als galiläischer Wanderarzt und Bußprediger zum Himmelreich nur die flüchtige Notiz 24), daß er nach der Versuchung in der Wüste, bei der Nachricht von der Gefangenschung des Johannes, nach Galiläa gegangen und von Nazareth nach Kapernaum übergesiedelt sei. Diese Unbestimmtheit über die Zeit, wie lange nach seiner Taufe durch Johannes Jesus aufgetreten sei, wird durch zwei außerhalb der evangelischen Ueberlieferung sich findende Spuren, welche eines Aufenthaltes Jesu in Egypten gedenken, aufgeklärt.

Bei Origenes 25) läßt der Epikuräer Celsus seinen Juden gegen Jesus vorbringen, daß derselbe aus Dürftigkeit sich in Egypten um Lohn verdungen und sich dort in gewissen Kräften versucht habe, womit sich die Egyptier rühmten, und nach seiner Rückkehr in den Kräften.

23) Vgl. Strauß, chriftliche Glaubenslehre I, S. 33.

24) Matth. 4, 12 f. Vgl. Marc. 1, 9.

26) Origenes, gegen Celsus 1, 28.

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sich groß dünkend, um ihretwillen sich für einen Gott ausgegeben habe. Und der Talmud läßt ihn mit dem Rabbi Josua, dem Sohne des Perachja, nach Alexandrien reisen und seit dieser Zeit die Magie üben.

Der Umstand, daß die jüdischen Gegner den Zweck oder den Erfolg der Reise Jesu nach Egypten in den Erwerb magischer Kenntnisse sezen, kann für die kritische Geschichtsforschung keinen Grund abgeben, mit der Einsicht in die Nichtigkeit eines solchen Zweckes auch die Notiz der Reise selbst als ungeschichtlich zu verwerfen. Im Gegentheil ist es aus der evangelischen Ueberlieferung bekannt 26), daß das, was Jesu Gegner als Magie verdächtigten, Jesu Erfolge als Arzt waren, durch welche er sich seine Popularität im Volke erwarb. Die Virtuosität als Arzt aber, die auch in den Augen des schriftgelehrten (Pharisäers) Jesus Sirach so hoch steht, daß derselbe die Erfolge der ärztlichen Kunst geradezu als Wunderthaten bezeichnet, um deren willen Gott als Geber gepriesen werde 27), diese Kunst kommt Niemanden vom Himmel, sondern will durch Studium und Sammeln von Erfahrungen erworben sein. Wir erfahren also aus jenem doppelten jüdischen Zeugniß, daß Jesus seine ärztlichen Kenntnisse und Erfahrungen, um deren willen ihn seine pharisäischen Gegner als Zauberer bezeichneten, in Egypten sich erworben habe; und wir haben in jener Notiz ein geschichtliches Zeugniß, das aus dem Munde der Gegner Jesu stammend mindestens ebensoviel Glaubwürdigkeit für sich hat, als irgend ein Zeugniß der für Jesu Partei nehmenden evangelischen Ueberlieferung selbst.

Verhält es sich richtig, was Lucas 28) berichtet, daß Jesus bei seiner Taufe durch Johannes, wobei ihm allen Anzeichen nach der Gedanke des messianischen Berufs zuerst aufging, um 30 Jahre alt gewesen sei, und ist ferner die Nachricht begründet, welche der Kirchenvater Irenäus als bestimmte Aussage der mit dem Apostel Johannes befreundet gewesenen kleinasiatischen Presbyter mittheilt 29), daß die Zeit der berühmtesten Thaten Jesu zwischen sein 40. und 50.

26) Matth. 9, 34. 12, 24.

27) Sirach 38, 6 f.

28) Lucas 3, 23.

29) Irenäus, gegen die Häresteen 2, 22.

Lebensjahr falle; so dürfen wir die Zeit der Taufe Jesu durch Johannes und sein Auftreten als galiläischer Wanderarzt und Bußprediger zum Himmelreich um so weniger allzunah an einander rücken, als Jesus selbst auf eine längere Zwischenzeit unzweifelhaft in den Worten hindeutet: Von den Tagen des Täufers Johannes bis hierher! 30)

Legt nun überdies die evangelische Ueberlieferung in diese Zwischenzeit, den vierzigtägigen Aufenthalt und die Versuchung Jesu in der Wüste 31), so kann man sich schwer des Gedankens erwehren, daß die vorbildliche Zahl 40 nicht ohne absichtliche Beziehung auf die 40 Jahre des Aufenthaltes der Israeliten in der Wüste gewählt sei, um überhaupt einen längern Zwischenraum zwischen der Taufe Jesu und seinem Auftreten, der für die Ueberlieferung leer war, durch jene das messianische Auftreten Jesu vorbereitende Erzählung auszufüllen und in mythischer Weise die Frage zu beantworten, auf welche Weise das Bewußtsein seines messianischen Berufs in Jesu ausgereift sei.

Was lag aber für einen Mann, der sich eine messianische Laufbahn durch die Erfolge eines Leibes- und Seelenarztes zu begründen die Absicht hatte, näher, als sich die für diesen Zweck nothwendigen ärztlichen Kenntnisse und Erfahrungen in dem Lande zu holen, wo seit Alters her die Natur- und Heilkunde zu Hause war32), und wo eine zahlreiche jüdische Sekte, in die Einsamkeit zurückgezogen, neben ihren religiösen Uebungen sich viel 33) mit Heilkunde beschäftigte, einem Lande endlich, welches für das jüdische Volk durch die älteste

30) Matth. 11, 12.

31) Matth. 4, 1—11.

32) Egypten ist allerdings seit ältester Zeit die Mutter der Naturkunde und Arzneiwissenschaft gewesen, und in den heiligen Büchern (den hermetischen Schriften) der alten Egypter bilden die sechs Bücher des Arztes den Schluß. Herodot versichert, daß bei den Egyptern jede Krankheit ihren besondern Arzt gehabt habe. Vgl. Duncker, Geschichte des Alterthums, I, S. 71.

33) Josephus sagt (vom jüdischen Krieg 2, 8, 6) von den Essenern, sie hätten eifrg solche Schriften studirt, die das Heil der Seele und des Körpers betreffen, und seien im Besige von heilenden Wurzeln gewesen. Ebenso meldet Philo (vom beschaulichen Leben, S. 889 f. in der Frankfurter Ausgabe) von den am See Mareotis bei Alexandria lebenden Therapeuten, daß fie fich sämmtlich mit Heilkunde, namentlich mit Seelenheilkunde, beschäftigten.

Geschichte bereits eine so hohe Bedeutung hatte, daß der Auszug aus Egypten für das spätere Bewußtsein des Volkes als Vorbild des messianischen Heils galt? Und wenn nun dieser sich von sich selbst aufdrängenden Wahrscheinlichkeit eine so bestimmte geschichtliche Notiz, wie das oben erwähnte jüdische Doppelzeugniß entgegenkommt, welches des Aufenthaltes Jesu in Egypten mit specieller Beziehung auf seine ärztliche Wirksamkeit ausdrücklich Erwähnung thut; so gehört unsers Bedünkens ein hoher Grad von Befangenheit in dogmatischem Vorurtheil dazu, um solchem Zeugniß den Glauben zu versagen 34).

Bei andern weltgeschichtlichen Persönlichkeiten, die auf ihre Zeit mächtig eingewirkt und der Zukunft Geseze des Lebens vorgeschrieben haben, sind alle Spuren willkommen, aus denen sich die Art und Weise erklärt, wie sie mit ihrer Zeit zusammenhängen und ihre Bildung empfingen, die sie, mit der geistigen Errungenschaft ihrer eignen urkräftigen Geistesarbeit bereichert, ihrem Zeitalter wiedergaben. Der Mann aus Nazareth allein so groß ist die Macht des durch den falschen Spiegel einer gemachten Geschichte genährten Vorurtheils von Jahrhunderten soll hiervon eine Ausnahme

machen.

Die Aufgabe der Wissenschaft und ihrer Kritik ist vor Allem, der Geschichte gerecht zu werden und eine geschichtliche Persönlichkeit nicht mit einer ihrem Zeitalter durchaus fremden Bildung zu überkleiden, sie nicht mit den Wurzeln ihres Daseins aus dem allgemeinen Lebensboden ihrer Zeit herauszuheben, sondern sie mitsammt ihrer Lebensthat aus der Zeit zu erklären, der sie angehört. Wir haben uns bei der Betrachtung der evangelischen Geschichte stets der Thatsache bewußt zu bleiben, daß das schöpferisch Neue in der Wirksamkeit Jesu sich lediglich auf die unmittelbar praktische des religiösen Verhältnisses erstreckte, während nach allen uns vorliegenden Zeugnissen der apostolischen Ueberlieferung der eigentlich theoretische

34) Auch in den Sibyllinen, gegen den Schluß des ersten Buches, in einer ausführlich von Jesus handelnden Stelle, finden sich Worte, die auf einen Aufenthalt Jesu in Egypten unmittelbar vor seinem messianischen Auftreten hindeuten. Es heißt nämlich: wenn in der Wüste der Ruf des Täufers erflingen und dann Herodes ihn vertilgen werde, dann würden die Menschen plöglich ein Zeichen sehen, wenn der wohlbehütete Edelstein von Egypten kommen wird.

Kreis der religiösen Vorstellung von der reformatorischen Wirksamkeit Jesu unberührt geblieben ist. Er stand im Wesentlichen ganz auf dem Boden der religiösen Bildung seiner Zeit, deren Sohn er war; der religiöse Vorstellungskreis seiner Zeitgenossen war auch der seinige, und es gibt kein größeres Unrecht, daß man Jesu anthun könnte, als wenn man meint, ihn aus dem lebendigen Zusammenhang des allgemeinen Bewußtseins seiner Zeit herausreißen und auf die einsame Höhe einer Bildung stellen zu müssen, die dem gebornen Juden, gehörte er auch der freiesten und vergeistigtsten Richtung des Judenthums an, ganz und gar fremd sein mußte. Es gibt auch keine größere Willkür, als dies, daß man Jesum den herrschenden Vorstellungen seiner Zeit, als ob er mit seinem eignen Bewußtsein über dieselben hinausgewesen wäre, sich nur äußerlich im Lehrvortrag anbequemen läßt, während ́man es bei Männern wie der Apostel Paulus, der alexandrinische Weisheitslehrer und der Geschichtschreiber Josephus, welche die höchste wissenschaftliche Bildung ihrer Zeitgenossen hatten, nicht im Mindesten auffällig findet, daß sie mit den Grundanschauungen ihres Bewußtseins in ihrer Zeit festgewurzelt waren.

Es gilt dies namentlich von dem Vorstellungskreis, welchen sich das spätere Judenthum aus der Berührung mit dem Parsismus angeeignet hatte, dem Glauben an die jenseitige Geisterwelt, an gute und böse Engel und den Obersten der lezten, den Satan, sowie an die Besignahme böser Geister von den Leibern lebender Menschen, der s. g. Besessenen, von dem Glauben an den Gegensaß von Himmel und Hölle als Aufenthaltsorte der frommen und der verdammten Seelen, und an Auferstehung zum ewigen Leben oder zu ewiger Verdammniß. Es hatten sich diese Vorstellungen des Parsismus durch einen Jahrhunderte lang währenden Verschmelzungsproceß zu so wesentlichen Elementen des spätern jüdischen Bewußtseins verfestigt, daß die apokryphischen Schriftdenkmäler allesammt auf dieser Grundlage ruhen und mit alleiniger Ausnahme der Sadducäersekte alle palästinensischen Juden dieselbe zur Vorausseßung ihres Bewußtseins hatten. Ja sogar das vergeistigte und mit griechischer Philosophie bekannt gewordene alexandrinische Judenthum hielt an der Vorstellung von Engeln als göttlichen Mittelwesen fest, und wenn auch Philo keine böse Engel als solche kennt, so glaubt er doch an Geister der Luft, welche herabsteigen und Menschen werden können. Und indem die Dämonen als Götter der Heiden

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