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Lebensjahr falle; so dürfen wir die Zeit der Taufe Jesu durch Johannes und sein Auftreten als galiläischer Wanderarzt und Bußprediger zum Himmelreich um so weniger allzunah an einander rücken, als Jesus selbst auf eine längere Zwischenzeit unzweifelhaft in den Worten hindeutet: Von den Tagen des Täufers Johannes bis hierher! 30)

Legt nun überdies die evangelische Ueberlieferung in diese Zwischenzeit, den vierzigtägigen Aufenthalt und die Versuchung Jesu in der Wüste 31), so kann man sich schwer des Gedankens erwehren, daß die vorbildliche Zahl 40 nicht ohne absichtliche Beziehung auf die 40 Jahre des Aufenthaltes der Israeliten in der Wüste gewählt sei, um überhaupt einen längern Zwischenraum zwischen der Taufe Jesu und seinem Auftreten, der für die Ueberlieferung leer war, durch jene das messianische Auftreten Jesu vorbereitende Erzählung auszufüllen und in mythischer Weise die Frage zu beantworten, auf welche Weise das Bewußtsein seines messianischen Berufs in Jesu ausgereift sei.

Was lag aber für einen Mann, der sich eine messianische Laufbahn durch die Erfolge eines Leibes- und Seelenarztes zu begründen die Absicht hatte, näher, als sich die für diesen Zweck nothwendigen ärztlichen Kenntnisse und Erfahrungen in dem Lande zu holen, wo seit Alters her die Natur- und Heilkunde zu Hause war 32), und wo eine zahlreiche jüdische Sekte, in die Einsamkeit zurückgezogen, neben ihren religiösen Uebungen sich viel 33) mit Heilkunde beschäftigte, einem Lande endlich, welches für das jüdische Volk durch die älteste

30) Matth. 11, 12.

31) Matth. 4, 1—11.

32) Egypten ist allerdings seit ältester Zeit die Mutter der Naturkunde und Arzneiwissenschaft gewesen, und in den heiligen Büchern (den hermetischen Schriften) der alten Egypter bilden die sechs Bücher des Arztes den Schluß. Herodot versichert, daß bei den Egyptern jede Krankheit ihren besondern Arzt gehabt habe. Vgl. Duncker, Geschichte des Alterthums, I, S. 71.

33) Josephus sagt (vom jüdischen Krieg 2, 8, 6) von den Essenern, sie hätten eifrg solche Schriften studirt, die das Heil der Seele und des Körpers betreffen, und seien im Besige von heilenden Wurzeln gewesen. Ebenso meldet Philo (vom beschaulichen Leben, S. 889 f. in der Frankfurter Ausgabe) von den am See Mareotis bei Alexandria lebenden Therapeuten, daß sie sich sämmtlich mit Heilkunde, namentlich mit Seelenheilkunde, beschäf= tigten.

Geschichte bereits eine so hohe Bedeutung hatte, daß der Auszug aus Egypten für das spätere Bewußtsein des Volkes als Vorbild des messianischen Heils galt? Und wenn nun dieser sich von sich selbst aufdrängenden Wahrscheinlichkeit eine so bestimmte geschichtliche Notiz, wie das oben erwähnte jüdische Doppelzeugniß entgegenkommt, welches des Aufenthaltes Jesu in Egypten mit specieller Beziehung auf seine ärztliche Wirksamkeit ausdrücklich Erwähnung thut; so gehört unsers Bedünkens ein hoher Grad von Befangenheit in dogmatischem Vorurtheil dazu, um solchem Zeugniß den Glauben zu versagen 34).

Bei andern weltgeschichtlichen Persönlichkeiten, die auf ihre Zeit mächtig eingewirkt und der Zukunft Geseße des Lebens vorgeschrieben haben, sind alle Spuren willkommen, aus denen sich die Art und Weise erklärt, wie sie mit ihrer Zeit zusammenhängen und ihre Bildung empfingen, die sie, mit der geistigen Errungenschaft ihrer eignen urkräftigen Geistesarbeit bereichert, ihrem Zeitalter wiedergaben. Der Mann aus Nazareth allein so groß ist die Macht des durch den falschen Spiegel einer gemachten Geschichte genährten Vorurtheils von Jahrhunderten soll hiervon eine Ausnahme

machen.

Die Aufgabe der Wissenschaft und ihrer Kritik ist vor Allem, der Geschichte gerecht zu werden und eine geschichtliche Persönlichkeit nicht mit einer ihrem Zeitalter durchaus fremden Bildung zu überkleiden, sie nicht mit den Wurzeln ihres Daseins aus dem allgemeinen Lebensboden ihrer Zeit herauszuheben, sondern sie mitsammt ihrer Lebensthat aus der Zeit zu erklären, der sie angehört. Wir haben uns bei der Betrachtung der evangelischen Geschichte stets der Thatsache bewußt zu bleiben, daß das schöpferisch Neue in der Wirksamkeit Jesu sich lediglich auf die unmittelbar praktische des religiösen Verhältnisses erstreckte, während nach allen uns vorliegenden Zeugnissen der apostolischen Ueberlieferung der eigentlich theoretische

34) Auch in den Sibyllinen, gegen den Schluß des ersten Buches, in einer ausführlich von Jesus handelnden Stelle, finden sich Worte, die auf einen Aufenthalt Jesu in Egypten unmittelbar vor seinem messianischen Auftreten hindeuten. Es heißt nämlich: wenn in der Wüste der Ruf des Täufers erklingen und dann Herodes ihn vertilgen werde, dann würden die Menschen, plöglich ein Zeichen sehen, wenn der wohlbehütete Edelstein von Egypten kommen wird.

Kreis der religiösen Vorstellung von der reformatorischen Wirksamkeit Jesu unberührt geblieben ist. Er stand im Wesentlichen ganz auf dem Boden der religiösen Bildung seiner Zeit, deren Sohn er war; der religiöse Vorstellungskreis seiner Zeitgenossen war auch der seinige, und es gibt kein größeres Unrecht, daß man Jesu anthun könnte, als wenn man meint, ihn aus dem lebendigen Zusammenhang des allgemeinen Bewußtseins seiner Zeit herausreißen und auf die einsame Höhe einer Bildung stellen zu müssen, die dem gebornen Juden, gehörte er auch der freiesten und vergeistigtsten Richtung des Judenthums an, ganz und gar fremd sein mußte. Es gibt auch keine größere Willkür, als dies, daß man Jesum den herrschenden Vorstellungen seiner Zeit, als ob er mit seinem eignen Bewußtsein über dieselben hinausgewesen wäre, sich nur äußerlich im Lehrvortrag anbequemen läßt, während man es bei Männern wie der Apostel Paulus, der alexandrinische Weisheitslehrer und der Geschichtschreiber Josephus, welche die höchste wissenschaftliche Bildung ihrer Zeitgenossen hatten, nicht im Mindesten auffällig findet, daß sie mit den Grundanschauungen ihres Bewußtseins in ihrer Zeit festgewurzelt waren.

Es gilt dies namentlich von dem Vorstellungskreis, welchen sich das spätere Judenthum aus der Berührung mit dem Parsismus angeeignet hatte, dem Glauben an die jenseitige Geisterwelt, an gute und böse Engel und den Obersten der lezten, den Satan, sowie an die Besißnahme böser Geister von den Leibern lebender Menschen, der s. g. Besessenen, von dem Glauben an den Gegensaß von Himmel und Hölle als Aufenthaltsorte der frommen und der verdammten Seelen, und an Auferstehung zum ewigen Leben oder zu ewiger Verdammniß. Es hatten sich diese Vorstellungen des Parsismus durch einen Jahrhunderte lang währenden Verschmelzungsproceß zu so wesentlichen Elementen des spätern jüdischen Bewußtseins verfestigt, daß die apokryphischen Schriftdenkmäler allesammt auf dieser Grundlage ruhen und mit alleiniger Ausnahme der Sadducäerfekte alle palästinensischen Juden dieselbe zur Vorausseßung ihres Bewußtseins hatten. Ja sogar das vergeistigte und mit griechischer Philosophie bekannt gewordene alexandrinische Zudenthum hielt an der Vorstellung von Engeln als göttlichen Mittelwesen fest, und wenn auch Philo keine böse Engel als solche kennt, so glaubt er doch an Geister der Luft, welche herabsteigen und Menschen werden können. Und indem die Dämonen als Götter der Heiden

gelten, streifen sie bei den LXX und in den jüdischen Sibyllinen an den Begriff böser Engel hinüber; die Sibyllinen namentlich, obgleich alexandrinischen Ursprungs, theilen die palästinensischen Vorstellungen von bösen Engeln und Teufeln, und selbst dem Buch der Weisheit ist die Vorstellung vom Satan und von ewigen Strafen der Verdammten nicht fremd.

Daß aber die wechselseitige Berührung zwischen Judenthum und Parsismus auch im ersten christlichen Jahrhundert noch fortdauerte, davon gibt der Hetde Plutarch am Ende dieses Jahrhunderts Zeugniß, indem er erzählt, daß nach der Lehre Zarathustra's eine Zeit kommen werde, wo Ahriman an den Uebeln, die er selber herbeigeführt habe, an Hunger und Pest erliegen, der Tod (Hades) verschwinden werde, worauf die Erde gleich und eben würde und die Menschen in Einem Reiche Eine Sprache redend und Ein gemeinsames Leben führend selig sein würden 35). Wie lebhaft diese Vorstellung an die jüdisch-messianischen Erwartungen erinnert, sodaß bei der Schilderung der Erscheinung des Messias im Matthäusevangelium 6) sogar Pest und Hunger unter den Vorzeichen der mesfianischen Zeit ebenfalls vorkommen, dies liegt am Tage.

Die Wahrscheinlichkeit einer fortwährenden Berührung des Ju denthums mit dem Parsismus auch in der Zeit der Römerherrschaft erklärt sich vollständig aus der Lebhaftigkeit des damaligen Völkerverkehrs und der Nähe des parthischen Reiches. Im Westen der Länder des alten Persiens war freilich unter der griechisch-seleucidischen und nachher der parthischen Herrschaft der Feuerdienst und die Magierreligion, wenn auch nicht völlig untergegangen, doch zurückgedrängt worden; in den östlichen Ländern dagegen, die weniger in den geschichtlichen Verkehr hineingezogen waren, hatte sich der Glaube der alten Parsen in der Stille erhalten können, d. h. in der lebendigen Erinnerung und religiösen Ueberlieferung der Priester 37); denn daß die Magier auch unter den parthischen Königen ihre einflußreiche Stellung behalten haben, geht aus dem Zeugniß des ältern

35) Plutarch, über Isis und Osiris, Cp. 47. (Ausgabe von Wytten= bach, S. 369 ff.) Vgl. Baur, Symbolik und Mythologie, II, 2. S. 398. 36) Matth. 24, 7.

37) Stuhr, die Religionssysteme des Orients, S. 341 f. Dunder, Geschichte des Alterthums, II, S. 330 f.

Plinius hervor 38). Und so konnte bei der Gründung des neupersischen Reiches der Passaniden im dritten Jahrhundert mit dem Priesterthum der Magier auch die altpersische Religion vollständig wiederhergestellt werden.

Wir haben mit Absicht auf die Berührung des Parsismus mit dem Judenthum hingewiesen, aus welcher sich persischerseits der jüdisch und christlich umgebildete Vorstellungskreis im Bundehesch, der im fiebenten Jahrhundert aufgezeichneten jüngsten persischen Religionsurkunde, erklärt; aus persischem Einfluß auf den jüdischen Vorstellungskreis erklären sich andrerseits auf einfache Weise manche Elemente im Bewußtsein Jesu, die er ohne Zweifel aus dem Volksglauben seiner Zeit aufgenommen hatte. Wenn Jesus von den Kindern sagt, daß ihre Engel im Himmel allezeit das Angesicht Gottes schauen 39), und wenn in der Apostelgeschichte die Leute im Hause des Marcus statt des aus dem Gefängniß befreiten Petrus den Engel desselben zu sehen glauben 40), so liegt beidemal eine dem ursprünglichen Judenthum so ganz und gar fremde Vorstellung zu Grunde, daß wir bei derselben mit gleichem Rechte, wie bei der spätern jüdischen Engellehre überhaupt, auf die Vorstellung der Zendbücher von den Ferwer's oder den geistigen Doppelgängern aller reinen Wesen geführt werden, die im Himmel eine starke und mächtige Heerschaar bilden 41).

Daß die zur Zeit Jesu geläufige Vorstellung vom Gegensag des Paradieses und der Hölle aus dem Parsismus ihren Ursprung genommen hat, bedarf keines Beweises. Das Zendavesta lehrt ein Paradies in der nächsten Welt, und Zarathustra verkündigte, daß die Seelen der Gerechten, nach ihrer Trennung vom Leibe, nach der dritten Nacht, in welcher sie noch in dieser Welt sind, sobald die

38) Plinius, Naturgeschichte 30, 1. Im zweiten Jahrhundert sah der Reisende Pausanias (5, 27) liturgische Bücher der Parsen im Besig der Feuerdiener in Lydien.

39) Matth. 18, 10.

40) A. G. 12, 15. Eine Anspielung auf diese Vorstellung findet sich auch im Buche Tobit 5, 16 und im Targum Jeruschalem zu 1 Mose 33, 10. 48, 16.

41) Duncker a. a. D. II, S. 375 f. Man müßte denn vorziehen, dabei an die griechisch-römische Vorstellung vom Genius als Schuggeist des Menschen zu denken. Creuzer, Symbolik und Mythologie, III, S. 795 f.

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