ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

Daß es Reiche gab unter den Mitgliedern der korinthischen Gemeinde, geht aus der Art und Weise hervor, wie sich Paulus in Bezug auf die Collecte ausspricht, die er dort zu sammeln ge= denkt 168). Daß nun bei den Versammlungen der Gemeindeglieder zum Begehen gemeinschaftlicher Mahlzeiten allerlei Unordnungen vorkamen, indem ein Jeder sein eignes Mahl vorweg einnahm beim Essen, sodaß der Eine Hunger litt, der Andere trunken ward und diejenigen beschämt wurden, die Nichts hatten 169), ist natürlich. Darum, so ermahnt der Apostel die Korinther, wenn ihr zusammenkommt zu essen, so warte Einer auf den Andern, und wenn Jemanden hungert, der esse daheim, auf daß ihr nicht zum Gericht 170) zusammenkommt 171).

Der Verfasser des Jakobusbriefes kämpft gegen Wollüste und Ehebrecher innerhalb der Gemeinde seiner Leser und fordert Keuschheit und Reinheit; auch Paulus spricht denselben Tadel gegen die Korinther aus, in deren Mitte Hurerei und Ehebruch sich finde, und fordert sie auf, sich von aller Befleckung des Geistes und Fleisches zu reinigen und fortzufahren in der Heiligung, da ihr Leib ein Tempel Gottes sei 172).

Der Verfasser des Jakobusbriefes ermahnt seine Leser, nicht wider einander zu reden, daß nicht ein Bruder den andern richte, wider das Gesez rede und das Gesez richte, da sie Thäter und nicht Richter des Geseßes sein sollten; ganz ähnliche Erörterungen finden sich im ersten Korintherbriefe: wenn wir uns selber richten, so wer den wir nicht gerichtet; wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtigt, auf daß wir nicht mit der Welt verurtheilt werden 17). Daß Zank und Streit und Unordnungen und im Gefolge derfelben alles mögliche Uebel in die Gemeinde gekommen sei, hebt der Verfasser des Jakobusbriefes hervor; von Spaltungen, Eifer, Zank und Zwietracht unter den Korinthern 174) spricht auch Paulus. Der Verfasser

168) 2 Korinther 8, 14.

169) 1 Korinther 11, 18-22. 30.

170) Jakobus 2, 4: indem ihr die Person ansehet und bei euern Zusammenkünften dem Reichen vor dem Armen einen Vorzug gebt, werdet ihr Richter schlimmer Unterscheidungen.

171) 1 Korinther 11, 33 f.

172) Jakobus 4, 1 ff. 3, 17. 1, 21. 3, 6. Verglichen mit 1 Korinther 5, 1. 10. 6, 9 u. 13. 18 ff. 2 Korinther 7, 1.

173) Jakobus 4, 11 f. 1 Korinther 11, 37 f. ·

174) Jakobus 3, 16 f. 4, 1 ff. 1 Korinther 1, 10 ff. 3, 3 ff.

2r Band.

23

des Jakobusbriefes und nicht minder der Apostel Paulus tadeln es an ihrer Gemeinde, daß Jedermann Lehrer sein wolle 175); jener ermahnt seine Leser wiederholt, die Zunge im Zaum zu halten, auf daß sie kein Uebel anrichte, und Paulus kämpft gegen den Mißbrauch und das Uebermaß des Zungenredens 176). Auch von Versuchungen oder Anfechtungen, welche die Gemeinde zu erdulden habe, reden beide, ohne daß man freilich erfährt, worin diese Versuchungen be standen haben 177). Und wenn endlich unter den Geistesgaben, deren Wirksamkeit er in der korinthischen Gemeinde zu ordnen und zu regeln sucht, auch die Gabe, gesund zu machen, sich findet, die nicht Jedem gegeben sei; so scheint auch der Verfasser des Jakobusbriefes etwas Aehnliches, ein verkehrtes Sichdrängen einzelner Gemeindeglieder zur Ausübung der Heilgabe, im Auge zu haben, wenn er dazu ermahnt, wenn Jemand krank sei, so solle er die Aeltesten der Gemeinde zu sich rufen und sie über sich beten lassen, da des Gerechten ernstliches Gebet viel vermöge 178).

Stimmen nun die vom Verfasser des Jakobusbriefes im Gemeindekreis seiner Leser angedeuteten und vorausgeseßten Verhältnisse in überraschender Weise mit den von Paulus geschilderten Verhält nissen der korinthischen Gemeinde überein; so weist uns auf der andern Seite die Opposition des Briefes gegen die paulinische Recht fertigungslehre ebenfalls auf eine Gemeinde, in welcher die paulinische Auffassung des Christenthums Eingang gefunden hatte, einer Gemeinde jedoch, mit deren Verhältnissen der Verfasser nicht etwa aus der bloßen Lectüre der paulinischen Korintherbriefe, sondern nur aus eigner Anschauung und Erfahrung bekannt geworden sein konnte; denn jene überraschende Uebereinstimmung der Gemeindeverhältnisse bei den Lesern des Jakobusbriefes mit der paulinischen Schilderung in den Korintherbriefen ist doch wieder bei jedem von beiden unterscheidend individuell bestimmt. Der Verfasser des Jakobusbriefes hat unver kennbar die Absicht, bei seinen Lesern die paulinische Lehre von der

175) Jakobus 3, 1 f. 1 Korinther 3, 3 f. 12, 28 ff.

176) Jakobus 1, 26. 3, 5 f. 1 Korinther 14, 4 ff. 20 ff. 39 f.

177) Jakobus 1, 2. 12. 1 Korinther 10, 12 f. 2 Korinther 1, 4. 6. In beiden Briefen liegt es nahe, an das Treiben des Magiers Simon zu denken, worauf namentlich die Schlußermahnung des Jakobusbriefes (5, 19 f.) vortrefflich paßt.

178) 1 Korinther 12, 9. 28. 30. 5, 14 ff.

Rechtfertigung aus dem Glauben allein durch eine andere Rechtferti= gungslehre zu ersehen. Was nüßt es, sagt er, wenn Jemand sagt, er habe den Glauben und hat doch die Werke nicht? kann ihn auch der Glaube selig machen? Hat der Glaube nicht Werke, so ist er todt an sich selbst. Aber es wird Einer sagen: „Du hast Glauben, ich habe Werke; zeige mir deinen Glauben ohne die Werke, und ich will dir aus meinen Werken den Glauben zeigen!" Du glaubst, daß Einer Gott ist? Du thust recht; auch die Dämonen glauben und zittern. Willst du aber wissen, du leerer 179) (eitler) Mensch, daß der Glaube ohne Werke todt ist. Bei Abraham, unserm Vater, hat der Glaube mitgewirkt an seinen Werken und durch seine Werke ist sein Glaube vollendet worden. So sehet ihr nun, daß der Mensch durch die Werke gerecht wird und nicht durch den Glauben allein. Und wie der Leib ohne Geist todt ist, also ist auch der Glaube ohne die Werke todt 180).

Diese Erörterung ist unverkennbar mit Bewußtsein und Ueberlegung gegen Paulus geschrieben, wie sich auch überdies der Brief noch an andern Stellen auf den Römerbrief des Paulus bezieht, der ja in Korinth im Jahr 57 oder 58 geschrieben wurde, also vor seiner Absendung von den Mitgliedern der korinthischen Gemeinde, in deren Mitte sich auch Apollos damals befunden haben konnte, gelesen und abgeschrieben worden sein konnte 181).

Daß nun aber diese Opposition gegen die paulinische Rechtfertigungslehre, welcher unser Verfasser eine andere entgegenseßt, nicht von einem palästinensischen Judenchristen ausgegangen sein kann, wird durch den übrigen Inhalt und Geist des Briefes zur Gewißheit erhoben, welcher schon durch das vergleichungsweise gute Griechisch, wie es z. B. der palästinensische Verfasser der Apokalypse nicht

179) Wenn Paulus im ersten Korintherbrief 1, 19 in seiner Polemik gegen die apollische Weisheit sich ein etymologisches Wortspiel auf den Namen des Apollos erlaubte; so liegt es hier nahe, die Anrede des Gegners, unter dem Niemand anders als Paulus selbst verstanden ist, als eines leeren oder eiteln Menschen auf den Sinn zu beziehen, den der frühere Name des Paulus als griechisches Wort: oavlos hat, welches nämlich einen eiteln oder affectirten Menschen bezeichnet.

180) Jakobus 2, 14-26.

181) Die Stellen sind: Jakobus 2, 24 (Römer 3, 28) u. 2, 21-23 (Römer 4, 2-5).

schrieb und überhaupt ein Mitglied der jerusalemitischen Gemeinde schwerlich schrieb, auf einen außerpalästinensischen, hellenistischen Verfasser hinweist. Noch entschiedener aber weist auf einen solchen, und zwar auf einen alexandrinisch-juden christlichen Verfasser der ganze Anschauungs- und Ideenkreis des Briefes 182).

Die Unterscheidung des Gottes, d. h. des höchsten Gottes oder des Höchsten schlechthin, von den Dämonen, als den Göttern der Heiden, die sich in unserm Briefe findet, ist wesentlich alexandrinische Anschauung 183). Die Anschauung, daß Gott nicht zum Bösen versuche, worin zugleich eine polemische Beziehung auf eine andere Anschauung des Paulus 184) zu liegen scheint, ist ebenfalls wesentlich alexandrinisch, näherhin therapeutisch und findet sich auch im Buche der Weisheit ausgesprochen 185). Die Verwerfung des Reichthums theilt der Verfasser des Jakobusbriefes ebenfalls mit den Therapeuten und mit Philon überhaupt 186), welcher von den Therapeuten sagt, daß sie, ohne Silber und Gold zu Schäßen zurückzulegen, doch in Wahrheit die Reichsten seien. Die Bezeichnung Gottes als Vaters des Lichtes ist ebenfalls alexandrinisch, und bei Philon wird Gott als Quelle des reinsten Lichtes bezeichnet, als des Lichtes Natur und Lichtbringer, der keines Lichtes bedürfe, da er sich selbst Licht sei 187). Wird nun weiter vom Verfasser des Jakobusbriefes gesagt, der Vater des Lichtes sei es, der uns nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit gezeugt habe, damit wir Erstlinge seiner Schöpfungen seien 188), so ist dies durch und durch alexandrinische Anschauungsweise; denn

182) Schon von Credner, Einleitung in das N. T. I, S. 602 f. wird darauf hingewiesen.

183) Jakobus 2, 19. Vgl. Dähne, die alexandrinische Religionsphilosophie I, S. 260 f. II, 68 f. 141 f. 152. 236.

184) 1 Korinther 10, 12 f. (Gott läßt euch nicht versuchen über Vermögen).

185) Jakobus I, 13 ff. verglichen mit V8. 17 f. Philon, über das beschauliche Leben, S. 877 (Frankf. Ausgabe) sagt von den Therapeuten: sie führen auf Gott als Urheber alles Gute, dagegen nichts Böses zurück. Buch der Weisheit 1, 12 f. 2, 23 f.

186) Dähne a. a. D. I, S. 413 ff. Philon's Werke, Fragmente (Mangey's Ausgabe) II, S. 633. Jakobus 2, 5 f. 5, 1 ff.

187) Jakobus 1, 16. Dähne a. a. D. I, S. 272 u. 274. Vgl. B. d. Weisheit 17, 20 ff. 18, 1 ff.

188) Jakobus 1, 18.

auch Philon sagt von den Therapeuten, daß sie Gott bitten, er möge ihren Geist mit himmlischem Licht erfüllen; denn der himmlische Vater befruchte die gottgeliebte Seele mit geistigem Lichte, durch welches sie die Lehren der Weisheit zu erschauen vermöge, und im Buche der Weisheit wird, was im Jakobusbriefe vom Logos der Wahrheit als dem Princip der Wiedergeburt gesagt wird, von der göttlichen Weisheit gelehrt, daß sie als Abglanz des ewigen Lichtes Alles erneut, in heilige Seelen eingeht und sie zu Freunden Gottes schafft 189). In der besprochenen Stelle des Jakobusbriefes scheint übrigens überdies eine polemische Beziehung auf das enthalten zu sein, daß Paulus zu den Korinthern sagte, sie seien sein Werk im Herrn, er habe sie in Christus durch das Evangelium gezeugt; wogegen nun sein alexandrinisch gebildeter Gegner darauf hinweist, daß Gott selbst sie durch den Logos der Wahrheit gezeugt habe zu Erstlingen seiner Schöpfung 190). Wie Paulus den Tod Jesu Christi als die erlösende Macht und den Herrn selbst als erlösende Persönlichkeit bezeichnete und in den Mittelpunkt seiner Predigt stellte, so erklärte dagegen der Verfasser des Jakobusbriefes den eingepflanzten Logos der Wahrheit für denjenigen, der die Seelen seiner Leser retten könne 191). Wahrheit und Weisheit, und zwar die Weisheit von obenher, werden überhaupt von ihm besonders hervorgekehrt 192), und als höchster sittlicher Begriff ganz in der Weise Philon's und der Therapeuten die Vollkommenheit, das vollkommene Werk, das vollkommene Gesez, der vollkommene Glaube bezeichnet 193). Die Ermahnung, sich von der Welt unbefleckt zu erhalten, wie sie für eine unter Heiden lebende Gemeinde sich sehr leicht erklärt, weist überdies auch auf Seiten dessen, von dem sie ausgeht, auf einen schon mit dem Bewußtsein verwachsenen Gegensaß der Heiligen zur Welt, und auf ihr Zusammenleben mit Heiden, wie solcher unter den hellenistischen und namentlich alexandrinischen Juden gegeben war.

189) Philon, vom beschaulichen Leben (Frankf. Ausgabe) S. 899. 903. B. d. Weisheit 7, 26 f.

190) Jakobus 1, 18. 1 Korinther 4, 15, 3, 6. 9, 1. Auch das im Jakobusbrief gebrauchte Wort anɛxúŋoɛv (zeugte) ist ein philonisches. Dähne a. a. D. I, S. 252.

191) Jakobus 1, 21.

192) Jakobus 1, 5. 18. 3, 14 ff. 5, 19.

193) Jakobus 1, 4. 25. 3, 2.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »