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Weiter lehrt der Verfasser, was wider die Liebe streite, sei Sünde; der Geist aber im Menschen gelüftet wider den Neid 218) und gibt größere Gnade 219). Wer einen Sünder bekehrt von der Täuschung seines Weges, der hat eine Seele vom Tode errettet und wird die Menge der Sünden bedecken 220).

Eine Opposition anderer Art, als wie sie uns im Jakobusbriefe vorliegt, fand durch das ganze apostolische Zeitalter hindurch von Seiten der das palästinensische Judenchristenthum vertretenden Urapostel gegen Paulus statt, und dies ist die dritte unterscheidende Geistesrichtung, die uns auf dem Boden des apostolischen Zeitalters begegnet.

Als Paulus mit dem Anspruch hervorgetreten war, von Christus berufen zu sein, unter den Heiden das Evangelium zu verkündigen, hatten ihm die Urapostel nur mit Widerstreben seine Heidenmission zugestanden; sie wollten von einer Aufnahme der Heiden unter die Gläubigen, ohne vorausgegangene Beschneidung und Verpflichtung zur Beobachtung des mosaischen Geseßes Nichts wissen. Bei seinem zweiten Aufenthalt in Jerusalem, bevor er seine zweite größere Bekehrungsreise antrat, hatte Paulus von den Uraposteln nur das Zugeständniß erlangt, daß ihm die Heidenpredigt, ihnen das Evangelium der Beschneidung anvertraut sei. In Antiochien hatte er mit Petrus darüber einen Auftritt, daß dieser zuerst mit Heidenchristen zusammenaß, nachher aber aus Rücksicht auf den Anhang des Jakobus die bisherige Tischgemeinschaft mit den Heiden christen wieder aufhob. Den dadurch zerrissenen Zusammenhang zwischen ihm und den ältern Aposteln, wovon der Galaterbrief ein denkwürdiges Zeugniß gibt, durch versöhnliche Schritte und Kundgebungen wiederherzustellen, scheint nach den mancherlei trüben Erfahrungen, die Paulus während seiner zweiten großen Bekehrungsreise gemacht hatte, seine Hauptabsicht bei der Ueberbringung der unter den Heiden christen gesammelten Collecte nach Jerusalem gewesen zu sein 221). Daß bei den tumultuarischen Auftritten, welche nach der Erzählung der

218) Durch des Teufels Neid ist der Tod in die Welt gekommen. B. d. Weisheit 2, 24.

219) Jakobus 2, 9. 4, 5 f. Vgl. Luc. 7, 47 (ihr ist viel vergeben, denn fie hat viel geliebt).

220) Jakobus 5, 20.

221) Theologische Jahrbücher 1850. S. 176 ff.

Apostelgeschichte 222) bei dieser Anwesenheit des Apostels in Jerusalem stattfanden, nicht blos die Juden selbst, sondern auch die Judenchristen betheiligt waren, läßt sich in dem die Thatsachen möglichst verhüllenden Bericht der Apostelgeschichte zwischen den Zeilen lesen.

Ueber den Kampf, welchen der Paulinismus auch noch nach dem Tode des Apostels mit den Anhängern der ältern Apostel zu bestehen hatte, liegt uns in der Apokalypse des Johannes ein bedeutsames Zeugniß vor. Einer der drei Säulenapostel, Johannes, scheint wahrscheinlich beim Beginne des jüdischen Krieges nach Ephesus übergesiedelt zu sein, als an den Ort, wo gerade Paulus durch jahrelange Wirksamkeit seine Auffassung des Christenthums am festesten begründet zu haben 'hoffen konnte 223). Hier, in Ephesus, oder in der Nähe, ist die Apokalypse nach ihrer eignen Aeußerung 224) geschrieben, und in der Umgebung von Ephesus sind die sieben Gemeinden, an welche der Apokalyptiker seine Offenbarungen richtet, welche den Zweck hatten, unter den Drangsalen des jüdischen Krieges die Wiederkunft Christi zur Stiftung seines Reiches, den Gläubigen zum Trost und als Ermunterung zur standhaften Treue gegen den Herrn, zu verkündigen.

Das Buch beginnt mit einer Zuschrift an sieben kleinasiatische Gemeinden, als deren Mutterstadt Ephesus bezeichnet wird 225), worin der Verfasser deren kirchliche Zustände unter Beziehung auf daselbst herrschende Gegensäße schildert 226).

Gnade und Friede (so redet er die Gemeinde an) sei mit euch von dem der da ist und war und kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Throne sind, und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge und Erstgeborne von den Todten und Herrscher der Könige der Erde. Ihm, der uns geliebt und von Sünden gewaschen hat in seinem Blute und uns zum Reich gemacht hat, Gott und seinem Vater zu Priestern, ihm sei Herrlichkeit und Macht in die Aeonen! 227) Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen und die ihn gestochen haben, und es werden

222) A. G. Cp. 21 ff.
223)1 Korinther 16, 9.
224) Offenb. Joh. 1, 9.

226) Offenb. Joh. 1, 20. 2, 1.
226) Offenb. Joh. 1, 4 bis 3, 22.
227) Offenb. Joh. 1, 4—6.

sich stoßen an ihm alle Stämme der Erde. Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse in der Drangsal und am Reich und an dem Harren auf Jesus Christus, war in Patmos um des Logos Gottes und des Zeugnisses Jesu willen und war im Geist am Tag des Herrn und hörte hinter mir eine große Stimme als einer Posaune, die mich dies an die sieben Gemeinden schreiben hieß. Und ich sah sieben Leuchter fieben Gemeinden und mitten unter ihnen Einen, der eines Menschen Sohne glich und der sieben Sterne

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die Engel der sieben Gemeinden in seiner Rechten hatte und der da sprach: ich bin der Erste und der Lezte und der Lebendige, und ich war todt und siehe ich bin lebendig in den Aeonen der Aeonen und halte die Schlüssel des Todes und des Hades 228).

Dem Engel der Gemeinde in Ephesus soll nun Johannes Folgendes schreiben: Ich weiß deine Werke und deine Mühe und dein Harren und daß du Böse nicht tragen kannst und versucht hast die sich Apostel nennen und es nicht sind und hast sie als Lügner erfunden. Aber ich habe wider dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast; gedenke, wovon du gefallen bist; thue Buße und thue die ersten Werke, sonst werde ich deinen Leuchter wegstoßen von seinem Orte. Aber dies hast du, daß du die Werke der Nicolaiten hassest, die auch ich hasse 229).

Der Schreiber des Briefes lobt, daß die Ephesier die falschen, lügnerischen Apostel als solche erkannt haben, die Werke der Nicolaiten hassen, aber er hat gegen sie dies, daß sie die erste Liebe aufgegeben haben und nicht die ersten Werke thun. Erklären wir uns diese Züge. Für einen palästinensischen Juden christen, als welchen sich der Verfasser kundgibt, der sich an die Ephesier wendet, in deren Mitte ein Jahrzehent vorher der Heidenapostel gewirkt hatte, nachdem dort auch an Jesus gläubige Johannesjünger sich fanden 23o), kann unter dem Verlassen der ersten Liebe und der ersten Werke nichts anders verstanden sein, als der Abfall von der judenchristlichen Praxis zu den Grundsäßen des Heidenapostels, der die Gültigkeit des mosaischen Gesezes und des frühern göttlichen Bundes für die Christen aufhob. Dafür, verlangt der Verfasser, sollten die paulinisch gesinnten Ephe

228) Offenb. Joh. 1, 9-20.
229) Offenb. Joh, 2, 1–8.
230) A. G. 19, 1 ff.

fier Buße thun und ihren Sinn ändern, wenn sie an der Herrlichkeit des Kommenden Antheil haben wollten. Dagegen erkennt er aber an ihnen an, daß sie den Verführungen der Lügenapostel kein Gehör geschenkt hätten, die Werke der Nicolaiten hassen, die er auch hasse. Der erste Tadel, die frühern Werke und die frühere Liebe verlassen zu haben, wird aufgewogen durch das gute Verhalten der Ephesier einem schlimmern Feinde gegenüber. Wen meint damit der Verfasser? Er erklärt sich genauer über diese Nicolaiten, die auch in der dritten Gemeinde, der zu Pergamus, ihren Anhang hatten. Hören wir, wie er sich darüber ausspricht, um dann darzuthun, worauf sich die Opposition allein beziehen kann.

Ich weiß (so schreibt er der Gemeinde zu Pergamos) wo du wohnst, wo der Thron des Satans ist, und du bewahrst meinen Namen und verleugnetest nicht meinen Glauben in den Tagen, da mein treuer Zeuge Antipas bei euch getödtet wurde; aber ich habe Weniges gegen dich, daß du dort Solche hast, welche die Lehre Bileam's festhalten, der den Balak 231) lehrte, Aergerniß aufzurichten vor den Söhnen Israel und Gögenopfer essen und Hurerei treiben. So hast auch du Solche, welche die Lehre der Nicolaiten in ähnlicher Weise festhalten. Thue Buße, sonst werde ich mit ihnen kämpfen durch das Schwert meines Mundes 232).

Auch der Apostel Paulus kündigt den Thessalonichern an, daß der Geseglose, welcher die Ankunft des Herrn noch aufhalte, von diesem durch den Geist seines Mundes umgebracht werden solle 233). Dort war, wie wir oben sahen, kein anderer als der Magier und falsche Messias Simon gemeint. Denselben hat auch der Apokalyp tiker im Auge, oder vielmehr nicht ihn selbst, sondern seine Anhänger, die an seiner Lehre Haltenden, da er selbst damals, als die Apokalypse verfaßt wurde, nicht mehr lebte. Wie begründet sich diese Auffassung?

Daß die Bezeichnung Nicolaiten nur die griechische Ueberseßung von Bileamiten ist, zeigt die Etymologie: das hebräische Bileam bedeutet Volksverführer, das griechische Nikolaus Volksbesieger. Der in den mosaischen Büchern vorkommende Bileam war ein falscher Pro

231) Einen Moabiterkönig. 4 Mose 22 ff. Josua 24, 9 ff.
232) Offenb. Joh. 2, 12–17.

233) 2 Thessal. 2, 8.

phet, welcher aus Pethor in Syrien nach Mesopotamien gekommen war. Der Moabiterkönig Balak verlangte von ihm, daß er das Volk Israel verfluchen solle; aber der Engel des Herrn trat ihm wiederholt in den Weg, ihm zu widerstehen, und Bileam selbst sah ihn auch im Wege stehen mit bloßem Schwert in der Hand und versichert ihn, daß er von diesem Widerstand nichts geahnt habe. Zulegt segnet Bileam das Volk Israel, anstatt den von ihm verlangten Fluch auszusprechen, und weissagt den aus Jakob aufgehenden Stern und das aus Israel kommende Scepter 234). Zulegt erwürgten aber die Kinder Israel den Weissager Bileam mit dem Schwert 235).

In der Gestalt dieses Bileam nun schildern Josephus und Philon die Ruchlosigkeiten aller falschen Propheten 236); leßterer aber läßt ihn, obgleich er nur vorgegeben habe, Jehovah zu sehen, gleichwohl vom göttlichen Geist ergriffen werden. Die spätere jüdische Sage, wie sie im jerusalemitischen Targum zu jenen Stellen des vierten Buches Mose's niedergelegt ist, macht diesen Bileam zur Seele aller gegen Moses angezettelten Ränke, obgleich sie ihn zugleich als großen Propheten anerkennt, der die ganze Geschichte Israels sammt den Schicksalen des Messias vorausverkündigt hätte 237).

Kein anderer als dieser Bileam eignete sich besser für unsern Apokalyptiker, um das teuflische Treiben des falschen Messias und Magiers zu bezeichnen, welcher von Ort zu Ort zog, um sein Messiasthum der apostolischen Messiaspredigt entgegenzusehen und die an Jesus Gläubigen zu verwirren. Auch in seiner spätern apokalypti`schen Schilderung erhielt darum eine Schilderung des falschen Propheten ihren Plaz, in welcher uns alle Züge begegnen, welche von der Person und dem Auftreten des Magier-Messias Simon uns sonst überliefert sind.

Zwei Thiere sieht der Apokalyptiker sich erheben, das eine aus dem Meere, das andere aus dem Lande 238). In dem ersten Thier ist die römische Weltmacht in ihrer Vertretung durch Nero, dessen

234) 4 Mose 22, 1 ff. 22 ff. 31 ff. 23, 7 ff. 24, 17 ff.

235) Josua 13, 22.

236) Josephus, Alterthümer 4, 6, 3 u. 6. Philon's Werke (Mangey's Ausgabe) II, S. 123. I, 204.

237) Vgl. Gfrörer, das Jahrhundert des Heils II, S. 402 ff.

238) Offenb. Joh. 13, 1 ff. 13, 11 ff.

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