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Auf das Banner dieser phantastischen Vorstellung von der Wiederkunft des Messias Jesus zur Gründung seiner messianischen Weltherrschaft hat der Geist der Messiasreligion höchst folgenwichtige weltumwälzende Gedanken und Hoffnungen gestickt, welche eine so tiefe innere Gluth der Freiheitsahnung für die Zukunft des Menschengeschlechts athmen, daß uns die Verfolgungen nicht überraschen können, welche von Seiten der römischen Weltmacht gegen die verhaßte Sekte der Christen ausgingen, sobald der eigentliche Kern dieser Zukunftshoffnungen offenkundig zu werden anfing. Dazu hatte die judenchristliche Apokalypse den Anfang gemacht, und die zum größten Theil von Christen verfaßten sibyllinischen Orkel, auf die sich schon in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts lebende Justin der Märtyrer beruft und welche im ersten und zweiten chriftlichen Jahrhundert zur römischen Weltherrschaft in offen ausgesprochene Oppo-sition traten und deren nahen Fall verkündigten, schlossen sich diesen glühenden Freiheitshoffnungen an, die von vornherein an dem Namen des Messiasthums hafteten. Dies eben war in den Augen der Heiden die Schwärmerei, die an dem Namen der Christen haften sollte. Sprachen sich doch auch noch spätere Apologeten, im Siegesbewußtsein ihrer Zukunftshoffnungen, über die Römerherrschaft als eine nur durch Gewalt und Verbrechen gegründete aus, und wer mochte es ihnen im Uebrigen verargen, wenn sie Klugheit genug besaßen, wenn sie die Bedeutung ihres in nächster Nähe erwarteten messianischen Weltreiches möglichst verhüllten? Wir erwarten kein menschliches Reich und seßen unsre Hoffnungen nicht auf gegenwärtige Dinge, sagt der Apologet Justin, und wie diplomatisch-schlau drückt sich noch Tertullian in seinem Apologetikus aus, wenn er sagt: Die Christen beten zu dem wahren Gott für das Wohl des Kaisers und Reiches, wohl wissend, daß das Ende der Welt nur durch die Fortdauer der römischen Herrschaft aufgehalten werde. Was diese Apologeten der römischen Weltmacht gegenüber wohlweislich für sich behielten, war eben der wichtige Hintergedanke, daß die erwartete Erscheinung des Herrn dieser verhaßten römischen Weltherrschaft ein Ende machen werde, und die neue, an die Stelle der bisherigen tretende Weltherrschaft war freilich keine menschliche, der Messias war der von Gott gesandte König selbst und sein Reich hatte darum mit dieser gegenwärtigen Welt nichts zu schaffen.

Es wäre indessen höchst verwunderlich gewesen, wenn die An

hänger der bestehenden Weltherrschaft, je mehr die christlich-sibyllinischen Weissagungen den politischen Kern der messianischen Zukunftshoffnungen in den Eintritt des auf den Fall Roms gebauten messianischen Weltreiches unverhüllt aussprachen, nicht gegen die Urheber solcher „schwärmerischer Hoffnungen“ immer argwöhnischer geworden wären; und es gingen die mit der Verbreitung dieser „unseligen Schwärmerei", wie man sie heidnischerseits nannte, auch immer entschiedener hervortretenden Verfolgungen der Christen aus dem ganz richtigen politischen Instinkt der Machthaber hervor, daß das Reich Christi mit dieser bestehenden Welt aus dem Grunde Nichts wollte zu schaffen haben, weil der Erwartete mit Gottes Hülfe derselben den Todesstoß zu geben bestimmt sei. Die Farbe dieser Anschauung, die sich im nachapostolischen Zeitalter mehr und mehr in der römischen Welt Eingang verschaffte, je mehr der Christenglaube und die Christenhoffnung sich verbreitete, trägt auch der Vorwurf, welchen der Verfasser der Apostelgeschichte den Juden zu Thessalonich mit der Anschuldigung in den Mund legt: Paulus und seine Begleiter seien die Männer, welche den Erdkreis aufwiegelten, wider des Kaisers Beschlüsse handelten und sagten, ein Anderer sei König, nämlich Je= sus 286). Ebenso läßt Lucas in seinem Evangelium Jesus mit der Anklage vor Pilatus geführt werden, er wende das Volk ab, verbiete dem Kaiser Steuer zu geben und sage, er sei der König Messias 206).

Die Anhänger Jesu waren sich recht wohl der Bedeutung be-wußt, welche die erwartete Wiederkunft des gekreuzigten und wieder lebendig gewordenen, im Himmel weilenden Herrn haben sollte. In diesen Zukunftshoffnungen liegt der eigentliche Schwerpunkt des Urchristenthums, und wenn dieser Schwerpunkt allmählich mehr auf die Seite fiel, so war dies die Schuld der fatalen Thatsache, daß der Erwartete nicht kam. Der mit Jerusalems Zerstörung endigende jüdische Krieg war, wie wir im ersten Buche bei der Betrachtung des jüdisch-apokalyptischen Buches Esra sahen, in der zuversichtlichen Hoffnung unternommen worden, daß der Messias überhaupt jezt erscheinen werde; daß in ebenderselben Zeit das ganze Urchristenthum

285) A. G. 17, 6 f. Auch die Juden in Jerusalem läßt der Verfasser vor dem Procurator Felix ihrer Anschuldigung eine politische Wendung geben. 286) Luc. 23, 2.

ebenfalls den Eintritt des messianischen Reiches, nur freilich im Unterschied von den Juden, an die Wiederkunft ihres Messias Jesus geknüpft, erwartet haben, bezeugen die judenchristlich-apokalyptischen Abschnitte der Sibyllen, die in diese Zeit gehören, und vor Allem die Offenbarung des Johannes. Der Empörungskampf der Juden gegen die Römermacht, der die Frage, ob Rom oder Jerusalem herrschen solle, zum Mittelpunkt gehabt hatte, war mit der Zerstörung Jerusalems geendigt, aber der Messias für die Juden kam nicht; den Christen galt der Fall Jerusalems als ein göttliches Strafgericht für die Verstocktheit der Juden, welche den Gesalbten des Herrn nicht erkannt, sondern verschmäht hatten; siehe, ich komme bald, verheißt der Herr dem judenchriftlichen Seher, versiegle nicht die Worte der Verheißung in diesem Buch, denn die Zeit ist nahe. Und der Geist und die Braut sprechen: komm! Und wer es hört, der spreche: komm! Und wen dürstet, der komme, und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst 287)!

Aber er kam nicht, die Hoffnung auf seine Wiederkunft zur endlichen Herrichtung seines Reiches erfüllte sich nicht. Die verhängnißvolle römische Weltherrschaft wollte kein Ende nehmen. Soll denn dieses Rom, das Weib, das vom Blute der Heiligen trieft, ewig währen? Aber, was war zu thun? Man konnte sich nur von Neuem mit Geduld in das Ausbleiben des Herrn finden und nichts Besseres thun, als diesen provisorischen Zustand des Harrens auf den Herrn einstweilen zu organisiren, um auf diesem Wege den Sauerteig des Evangeliums vom kommenden Messias Jesus erst gründlich die Welt durchdringen zu lassen.

Aus diesem provisorischen Zustande wurde, je länger die Wiederkunft des Herrn sich verzögerte und je weiter sich der Glaube an den wiederkehrenden König des Gottesreiches auf Erden über den Länderkreis des römischen Reichs ausbreitete, allmählich stillschweigend ein definitiver Zustand; die Gemeinden erhielten ein organisirtes Gemeindeleben, Vorsteher und Bischöfe, und es entstand die Anschauung der alle Gemeinden umfassenden Kirche, die alle auf Jesum Harrende umfaßte. Man schied diejenigen aus, welche von überlieferter apostolischer Lehre und Grundanschauung sich trennten; der Bruch zwischen Juden und Christen vollzog sich vollständig; den sich

287) Offenb. Joh. 22, 7. 10. 12. 17.

ausbreitenden Irrlehren gegenüber erhob sich die bischöfliche Autorität, und mit dem Zug der Geister nach Rom wurde leßtere Stadt nach Jerusalems Fall allmählich der Mittelpunkt des christlich-kirchlichen Lebens. Mit dieser allgemeinen Kirche war endlich ein eigenthümliches Etwas entstanden, welches freilich nur den geringsten Theil dessen enthielt, was Jesus bei seiner messianischen Verkündigung im Auge gehabt hatte, nämlich die Vollendung des diesseiti= tigen Lebens auf dem Boden eines Staates. Es fehlte der König des Reiches, der immer noch nicht kam und das Harren seiner Getreuen befriedigte. So rollte ein Jahrtausend in den Schooß der Zeiten hinab, und während längst vereinzelte Kirchenlehrer, seit dem Vorgang der alexandrinischen Schule, das Christenthum als ein überirdisches Reich und die Wiederkunft des Herrn als eine geistige und immerwährend gegenwärtige gefaßt hatten, waren in der Weltstadt Rom Bischöfe aufgetreten, die da zu der Christenheit sprachen: Was suchet ihr den Lebendigen bei den Todten? Sehet doch, wir sind die Stellvertreter dessen auf Erden, der im Himmel den Thron zur Rechten des Vaters einnimmt! Und was der Nazarener mit seiner Verkündigung vom messianischen Weltreiche gewollt und nicht erreicht hatte, das hatten seine Stellvertreter in Rom verwirklicht, welches zum zweiten Mal Weltherrscherin geworden war, während Jerusalem in Ruinen lag. /

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