Gönnet mir, o Quiriten, das Glück, und jedem gewähre 390 19. Schwer erhalten wir uns den guten Namen, denn Fama Steht mit Amorn, ich weiß, meinem Gebieter, in Streit. Wißt auch ihr, woher es entsprang, daß beide sich hassen? Alte Geschichten find das, und ich erzähle sie wohl. Immer die mächtige Göttin, doch war sie für die Gesellschaft Unerträglich, denn gern führt sie das herrschende Wort. 395 Und so war sie von je bei allen Göttergelagen 400 Mit der Stimme von Erz Großen und Kleinen verhaßt. Jovis herrlichen Sohn ganz sich zum Sklaven gemacht. Seine Verehrung für mich macht ihn auf Erden zum Gott. Schaut er nach dem Olymp, so glaubst du, er schaue nach deinen Mächtigen Knieen: vergieb! Nur in den Äther nach mir 405 Blickt der würdigste Mann; nur mich zu verdienen, durchschreitet 410 Werd' auch meiner, und ihn nenn' ich mit Freuden Gemahl!" Bracht' er mit weniger Kunst unter der Schönsten Gewalt. 415 Nun vermummt er sein Paar; ihr hängt er die Bürde des Löwen 420 Über die Schultern und lehnt mühsam die Keule dazu. Ruft durch den ganzen Olymp: „Herrliche Thaten geschehn! Nie hat Erd' und Himmel, die unermüdete Sonne Hat auf der ewigen Bahn keines der Wunder erblickt." Alles eilte; fie glaubten dem losen Knaben, denn ernstlich Hatt' er gesprochen; und auch Fama, sie blieb nicht zurück. 425 Wer sich freute, den Mann so tief erniedrigt zu sehen, 430 Denkt ihr! Juno. Es galt Amorn ein freundlich Gesicht. Rasch die Verschlungnen umschlang, fest die Genießenden hielt. 435 Wie sich die Jünglinge freuten, Merkur und Bacchus! Sie beide Mußten gestehn, es sei, über dem Busen zu ruhn 440 Dieses herrlichen Weibes, ein schöner Gedanke. Sie baten: Aber Fama, fie floh rasch und voll Grimmes davon. Und den Sittlichsten greift er am gefährlichsten an. 445 Will ihm einer entgehn, den bringt er vom Schlimmen ins Schlimmste. 450 Mädchen bietet er an; wer sie ihm thöricht verschmäht, Mann erhigt er auf Mann, treibt die Begierden aufs Thier. Doch es ist ein altes Gesetz: ich schweig' und verehre; 20. 460 Zieret Stärke den Mann und freies, muthiges Wesen, , so ziemet ihm fast tiefes Geheimniß noch mehr. Städtebezwingerin du, Verschwiegenheit! Fürstin der Völker! Theure Göttin, die mich sicher durchs Leben geführt, Welches Schicksal erfahr' ich! Es löset scherzend die Muse, Amor löset, der Schalk, mir den verschlossenen Mund. 465 Ach, schon wird es so schwer, der Könige Schande verbergen! Weder die Krone bedeckt, weder ein phrygischer Bund Midas' verlängertes Ohr; der nächste Diener entdeckt es, Und ihm ängstet und drückt gleich das Geheimniß die Brust. In die Erde vergrüb' er es gern, um sich zu erleichtern: Doch die Erde verwahrt solche Geheimnisse nicht; Rohre sprießen hervor und rauschen und lispeln im Winde: Midas! Midas, der Fürst, trägt ein verlängertes Ohr! Schwerer wird es nun mir, ein schönes Geheimniß zu wahren Ach, den Lippen entquillt Fülle des Herzens so leicht! 475 Keiner Freundin darf ich's vertraun: fie möchte mich schelten; Keinem Freunde: vielleicht brächte der Freund mir Gefahr. Mein Entzücken dem Hain, dem schallenden Felsen zu sagen, Bin ich endlich nicht jung, bin ich nicht einsam genug. Dir, Hexameter, dir, Pentameter, sei es vertrauet, 470 480 Wie sie des Tags mich erfreut, wie sie des Nachts mich beglückt. Sie, von vielen Männern gesucht, vermeidet die Schlingen, Die ihr der Kühnere frech, heimlich der Listige legt; Klug und zierlich schlüpft sie vorbei und fennet die Wege, Wo sie der Liebste gewiß lauschend begierig empfängt. 485 Zaudre, Luna, sie kommt! damit sie der Nachbar nicht sehe; Rausche, Lüftchen, im Laub! Niemand vernehme den Tritt. Und ihr, wachset und blüht, geliebte Lieder, und wieget Euch im leisesten Hauch lauer und liebender Luft, Und entdeckt den Quiriten, wie jene Rohre geschwätzig, Eines glücklichen Paars schönes Geheimniß zuleßt. 490 |