O, wie bildet' ich mich an deinen Augen und suchte Dich im tiefen Gedräng staunender Hörer heraus! Doch dort wirst du nun sein und stehn, und nimmer bewegt sich 105 Du vernimmst sie nicht mehr, die Töne des wachsenden Zöglings, 110 Sich im verworrnen Geschäft heiter entgegen bewegt, Und am Plaße sich nur, den du bestimmtest, gefällt, 120 Vieles sagt ich noch gern; doch ach! die Scheidende weilt nicht, Reiche massenweis Schatten vom Namen getrennt; 130 Mild empfängt sie mich dann und nennt mich; es winken die hohen Göttlichen Frauen mich an, immer die nächsten am Thron. Auch Euadne, gelehnt auf den geliebten Gemahl. 140 Bildete doch ein Dichter auch mich, und seine Gesänge, Ja, sie vollenden an mir, was mir das Leben versagt." 145 Mild erhob er den Stab und deutete; wallend verschlangen Thränen Fließen, und über dem Wald kündet der Morgen sich an. Das Wiedersehn. Er. Süße Freundin, noch einen, nur Einen Kuß noch gewähre Diesen Lippen! Warum bist du mir heute so karg? Gestern blühte wie heute der Baum; wir wechselten Küsse Tausendfältig; dem Schwarm Bienen verglichst du sie ja, 5 Wie sie den Blüthen sich nahn und saugen, schweben und wieder Saugen, und lieblicher Ton süßen Genusses erschallt. Alle noch üben das holde Geschäft. Und wäre der Frühling Uns vorübergeflohn, eh' sich die Blüthe zerstreut? 10 Sie. Träume, lieblicher Freund, nur immer! Rede von gestern! Gestern, sagst du? Es war, ich weiß, ein köstliches Gestern; Worte verklangen im Wort, Küsse verdrängten den Kuß. Schmerzlich war's, zu scheiden am Abende, traurig die lange Nacht von gestern auf heut, die den getrennten gebot. 15 Doch der Morgen kehret zurück. Ach! daß mir indessen Zehnmal, leider! der Baum Blüthen und Früchte gebracht! Amyntas. Nikias, trefflicher Mann, du Arzt des Leibs und der Seele! Krank, ich bin es fürwahr, aber dein Mittel ist hart. Ach! mir schwanden die Kräfte dahin, dem Rathe zu folgen; Ja, und es scheinet der Freund schon mir ein Gegner zu sein. 5 Widerlegen kann ich dich nicht; ich sage mir alles, 10 Sage das härtere Wort, das du verschweigest, mir auch. Aber ach! das Wasser entstürzt der Steile des Felsens Rasch, und die Welle des Bachs halten Gefänge nicht auf. Ras't nicht unaufhaltsam der Sturm? Und wälzet die Sonne Sich von dem Gipfel des Tags nicht in die Wellen hinab? Und so spricht mir rings die Natur: auch du bist, Amyntas, Unter das strenge Gesetz ehrner Gewalten gebeugt. Runzle die Stirne nicht tiefer, mein Freund, und höre gefällig, Was mich gestern ein Baum dort an dem Bache gelehrt. 15 Wenig Äpfel trägt er mir nur, der sonst so beladne; 20 Sieh, der Epheu ist schuld, der ihn gewaltig umgiebt. Dem du als Knabe so früh manche Genüsse verdankt! Das du gewaltig zerstörst, grausam das Leben mir aus. 25 Hab' ich nicht selbst sie genährt und sanft sie herauf mir erzogen? Ist wie mein eigenes Laub nicht mir das ihre verwandt? Soll ich nicht lieben die Pflanze, die, meiner einzig bedürftig, Still mit begieriger Kraft mir um die Seite sich schlingt? Tausend Ranken wurzelten an, mit tausend und tausend Fasern senket sie fest mir in das Leben sich ein. 30 Nahrung nimmt sie von mir; was ich bedürfte, genießt sie, 40 Dorren, es dorret der Ast über dem Bache schon hin. Ja, die Verrätherin ist's! Sie schmeichelt mir Leben und Güter, Schmeichelt die strebende Kraft, schmeichelt die Hoffnung mir ab. Sie nur fühl ich, nur sie, die umschlingende, freue der Fesseln, Frene des födtenden Schmucks fremder Umlaubung mich nur. Halte das Messer zurück, o Nikias! Schone den Armen, Der sich in liebender Lust, willig gezwungen, verzehrt! 45 Süß ist jede Verschwendung; o, lass mich der schönsten genießen! Wer sich der Liebe vertraut, hält er sein Leben zu Rath? Hermann und Dorothea. Also das wäre Verbrechen, daß einst Properz mich begeistert, Daß Martial sich zu mir auch, der verwegne, gesellt? Daß ich die Alten nicht hinter mir ließ, die Schule zu hüten, Daß sie nach Latium gern mir in das Leben gefolgt? 5 Daß ich Natur und Kunst zu schaun mich treulich bestrebe, 10 Daß kein Name mich täuscht, daß mich kein Dogma beschränkt? Daß nicht des Lebens bedingender Drang mich, den Menschen, verändert, Daß ich der Heuchelei dürftige Maske verschmäht? Solcher Fehler, die du, o Muse, so emsig gepfleget, Zeihet der Pöbel mich; Pöbel nur sieht er in mir. Will mich anders; doch du, Muse, befiehlst mir allein; 20 Ach! die Scheitel umwallt reichlich die Locke nicht mehr: Da bedarf man der Kränze, sich selbst und andre zu täuschen; Kränzte doch Cäsar selbst nur aus Bedürfniß das Haupt. Hast du ein Lorbeerreis mir bestimmt, so lass es am Zweige Weiter grünen und gieb einst es dem Würdigern hin; Aber Rosen winde genug zum häuslichen Kranze; Bald als Lilie schlingt silberne Locke sich durch. Schüre die Gattin das Feuer, auf reinlichem Herde zu kochen! Werfe der Knabe das Reis, spielend, geschäftig dazu! 25 Lass im Becher nicht fehlen den Wein! Gesprächige Freunde, 30 Doch Homeride zu sein, auch nur als letter, ist schön. Darum höret das neuste Gedicht! Noch einmal getrunken! Euch besteche der Wein, Freundschaft und Liebe das Ohr. Deutschen selber führ' ich euch zu in die stillere Wohnung, Wo sich, nah der Natur, menschlich der Mensch noch erzieht; 35 Uns begleite des Dichters Geist, der seine Luise 40 Rasch dem würdigen Freund, uns zu entzücken, verband. Auch die traurigen Bilder der Zeit, sie führ' ich vorüber; Aber es siege der Muth in dem gesunden Geschlecht. Hab' ich euch Thränen ins Auge gelockt und Lust in die Seele Singend geflößt, so kommt, drücket mich herzlich ans Herz! Weise denn sei das Gespräch! Uns lehret Weisheit am Ende Das Jahrhundert; wen hat das Geschick nicht geprüft? Blicket heiterer nun auf jene Schmerzen zurücke, Wenn euch ein fröhlicher Sinn manches entbehrlich erklärt. 45 Menschen lernten wir fennen und Nationen; so lass't uns, Unser eigenes Herz kennend, uns dessen erfreun. |