81. Wenn auf beschwerlichen Reisen ein Jüngling zur Liebsten sich windet, Hab' er dies Büchlein; es ist reizend und tröstlich zugleich. 365 Und erwartet dereinst ein Mädchen den Liebsten, sie halte Dieses Büchlein, und nur, kommt er, so werfe fie's weg. 370 82. Gleich den Winken des Mädchens, des eilenden, welche verstohlen 83. Wenn, in Wolken und Dünste verhüllt, die Sonne nur trübe Stunden sendet, wie still wandeln die Pfade wir fort! Dränget Regen den Wandrer, wie ist uns des ländlichen Daches Schirm willkommen! Wie sanft ruht sich's in stürmischer Nacht! 375 Aber die Göttin kehret zurück! Schnell scheuche die Nebel Von der Stirne hinweg! Gleiche der Mutter Natur! 380 84. Willst du mit reinem Gefühl der Liebe Freuden genießen, 85. Göttlicher Morpheus, umsonst bewegst du die lieblichen Mohne; 86. Liebe flößest du ein und Begier; ich fühl es und brenne. 87. 385 Ha! ich kenne dich, Amor, so gut als einer! Da bringst du Deine Fackel, und sie leuchtet im Dunkel uns vor. Aber du führest uns bald verworrene Pfade; wir brauchten 88. 390 Eine einzige Nacht an deinem Herzen! Das andre Giebt sich. Es trennet uns noch Amor in Nebel und Nacht. 89. Ist es dir Ernst, so zaudre nun länger nicht, mache mich glücklich! 90. 395 Daß ich schweige, verdrießt dich? Was soll ich reden? Du merkest Auf der Seufzer, des Blicks leife Beredsamkeit nicht. 400 Eine Göttin vermag der Lippe Siegel zu lösen: Nur Aurora, sie weckt einst dir am Busen mich auf. 91. Welch ein lustiges Spiel! Es windet am Faden die Scheibe, 92. 405, wie achtet' ich sonst auf alle Zeiten des Jahres, 410 Grüßte den kommenden Lenz, sehnte dem Herbste mich nach! Aber nun ist nicht Sommer noch Winter, seit mich Beglückten Amors Fittich bedeckt, ewiger Frühling umschwebt. 93. ,,Sage, wie lebst du?" Jch lebe! Und wären hundert und hundert Jahre dem Menschen geschenkt, wünscht' ich mir morgen wie heut. 94. Götter, wie soll ich euch danken! Ihr habt mir alles gegeben, 95. In der Dämmrung des Morgens den höchsten Gipfel erklimmen, Frühe den Boten des Tags grüßen, dich, freundlichen Stern! 415 Ungeduldig die Blicke der Himmelsfürstin erwarten, 420 Wonne des Jünglings, wie oft locktest du Nachts mich heraus! Nun erscheint ihr mir, Boten des Tags, ihr himmlischen Augen Meiner Geliebten, und stets kommt mir die Sonne zu früh. 96. Du erstaunest und zeigst mir das Meer; es scheinet zu brennen. Und entsprang nicht aus ihr uns eine Flamme, der Sohn? 97. Glänzen sah ich das Meer und blinken die liebliche Welle; 425 Keine Sehnsucht fühlte mein Herz; es wendete rückwärts 430 Nach dem Schnee des Gebirgs bald sich der schmachtende Blick. Südwärts liegen der Schäße wie viel! Doch einer im Norden Zieht, ein großer Magnet, unwiderstehlich zurück. 98. Ach, mein Mädchen verreist! Sie steigt zu Schiffe! - Mein Äolus, mächtiger Fürst! Halte die Stürme zurück! 99. Arm und kleiderlos war, als ich sie geworben, das Mädchen; 100. 435 Oftmals hab' ich geirrt und habe mich wieder gefunden, 101. 440 Traurig, Midas, war dein Geschick: in bebenden Händen 102. kehrt. 445 Ach, mein Hals ist ein wenig geschwollen!" So sagte die Beste Ängstlich. Stille, mein Kind! Still, und vernehme das Wort: 450 Dich hat die Hand der Venus berührt; sie deutet dir leise, 103. Wonniglich ist's, die Geliebte verlangend im Arme zu halten, Wenn ihr klopfendes Herz Liebe zuerst dir gesteht. 455 Wonniglicher, das Pochen des Neulebendigen fühlen, 460 Das in dem lieblichen Schooß immer sich nährend bewegt. 104. Und so tändelt' ich mir, von allen Freunden geschieden, In der neptunischen Stadt Tage wie Stunden hinweg. 465 Alles, was ich erfuhr, ich würzt es mit süßer Erinnrung, Würzt es mit Hoffnung, sie sind lieblichste Würzen der Welt. |