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reicher fürstlicher Gewalt, trat 1814 ins Leben. Aber, sagte Napoleon nach den Memoiren der Frau von Rémusat von den Bourbonen: „Haben Fürsten, welche nie ein Schlachtfeld gesehn, irgend welche Erfahrung gewonnen?" Verwandt ist der Stoff der Balladen Wandrer und Pächterin" und vom vertriebenen und zurückkehrenden Grafen. Anders Viehoff: die kalte Schwelle liegt im Vaterlande, der Geier die Noth, die Hunde die Demagogen; uns näher Dünger: Ceres als Göttin staatlicher Bildung, aber die Hunde auch politische Gegner, der Geier die Reue des Volks; noch näher Ehrlich, der die kalte Schwelle nur zu speziell von Kurland, dem Aufenthaltsorte Ludwig's XVIII., die Hunde auch von den Demagogen, den Geier vom Kriege (als Aasgeier) versteht, Dünger aber richtig kritisirt.

7. Nicht die, ja todten, sieben Nächte, sondern die sieben Tage, die klaren, gleichsam mit Licht maskirten, bieten das größere Ge= heimniß. Ein Spruch dem vorigen an Schönheit gleich. In V. 60 weiter geführt, daß der Tag nicht nur die Räthsel bringe, sondern sie auch löse. Daß die Natur geheimnißvoll am lichten Tag", wußten wir aus Faust I, V. 319; hier ist die Anschauung verallgemeinert. Das offenbare Geheimniß, dies Oxymoron, kehrt in den Schriften Goethe's außerordentlich oft wieder (s. Sprüche i. Pr., Nr. 214); das offenbarste Geheimniß, das sagt er hier, ist der helle Tag, auch dasselbe rein physikalisch im Spruch Nr. 12 von Gott, Gemüth und Welt": "Durchsichtig ist die Luft so klar" 20. Verwandt sind Schillers Votivtafeln „An die Mystiker" und besonders Genialität“, Distichon 2. Dünßer erklärt die Deutung jedoch für undurchführbar (Komm., III. 303), hält mit Viehoff die Siebenzahl für bedeutungslos und bezieht den Spruch auf „die falschen Berather des Fürsten", die Verhüllten auf seine „ernsten sorgenvollen Rathgeber"; auch Viehoff sieht darin „Verschwörer“, V. 27 spricht ja von Verräthern, von sieben Maskirten; man nehme nur gleich Fiesko, Genua oder Venedig. Ehrlich opponirt Beiden; seine eigne Deutung: Wahrheit gehet verhüllt und Irrthum mit offnem Gesichte" wird jedoch der Siebenzahl nicht gerecht.

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8. Ein historischer Spruch auf den Wechsel des Jahrhunderts, zugleich auf jede Zeit. Der Traum eines goldnen Zeitalters (Tasso, Opit) ist so alt wie die Weltgeschichte. Damals war er allgemein: Magnus ab integro saeclorum nascitur ordo (Virgil). Schiller in der Einladung zu den Horen (1795) sprach vom jezigen Weltlauf und „den nächsten Erwartungen der Menschheit". Schon 1773 hatte

Klopstock in der Ode an die Stolberge vom Ablauf eines Jahrhunderts Großes geweissagt, dann Schiller beim „Antritt des neuen“ und in Nr. 31 der Xenien. Aber Carlyle sagt noch 1832: „Die neue Epoche sollte immer kommen und kommen; aber sie kam nicht, und die Zeit blieb frank." V. 30 von den Versprechungen der Franzosen und Franzosenfreunde, V. 31 besonders von den gleichzeitigen Vorgängen in der Schweiz. Über diesen Spruch herrscht Einstimmung.

9. Nach Dünger's erschöpfender Deutung (in seiner 1. Ausg.): „Die Thorheit der Schahgräberei wird so wenig ihr Ziel erreichen, als Mäuse auf dem Markte zusammenlaufen, rüstige Wandrer sich vierfacher Krücken bedienen und eine Taubenschaar an der Saat vorüberfliegen wird." Ehrlich will die Erklärung nicht gelten lassen, ohne, gleich Viehoff, eine andre zu bieten. Fast gleichzeitig schrieb Goethe seine Ballade „Der Schatzgräber"; beide Gedichte sagen: Grabe hier nicht mehr vergebens!" Das Vergebliche wird durch Unmögliches ausgedrückt. „Die Räthsel, nach Uhland, sehen scheinbar Unmögliches, die unmöglichen Dinge verblümen die Verneinung" (Schriften, III. 221). Solche Unmöglichkeiten kennen die alten Dichter, Dünger zufolge, „von Archilochus an“. Allbekannt ist Virgil's (Bucol. I, 60): Ante leves ergo pascentur in aethere [aequore] cervi etc. Ahnliches im Deutschen. Im Volksliede (Ettmüller, III. 284):

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It wolde fêr kerls ênen hasen fangen,

Se quêmen up kröcken und stelten gangen etc.

und Hans Folk 1528 im Klopfan:

So wünsch ich dich so lang gesund,

Bis daß ein Lins' wiegt hundert Pfund
Und bis ein Mühlstein in Lüften fleucht,

Ne Flieg' ein Fuder Weines zeucht.

Nur mit Tola V. 36 ist nichts anzufangen, obschon es einen italiänischen Ort und einen jüdischen Richter dieses Namens gibt (Richter 10, 1 u. 2). Entweder ein bedeutungsloser, absichtlich „verwirrender", romantisch klingender Name, wie Jarno, Serlo, gleichsam Abkürzung von Anatole, oder ein Druckfehler, Tola statt Toll (Dünger vermuthete in seiner 1. Ausg. Toller). Das Sprichwort sagt: „Doll" oder „Toll ist glückhaftig" (Wander unter Dom). Ähnlich der Tertollus der Reformationszeit, der dreimal Tolle, der Narrifer (Arch. f. Litt.-Gesch., XI. 190). Dieser glückhaftige Toll, könnte Goethe meinen, wird nie sein Glück als Schahgräber finden.

10. Idealisirung des Schahbegriffs (V. 37). Seelenschönheit erkennt nur das Auge der Liebe, ebenso auch: Nur in dem künstlerischen Auge spiegelt sich die Kunst; der Menge ist sie ewig ein Aschenbrödel, - oder im geistlichen Sinne (Luther 4, 121, ed. 1556):,,Solchen Schatz fihet niemandt nicht, der Geist aber fihets." Nach Viehoff die Freiheit, Dünger die Wahrheit, Ehrlich die Idee, besonders mit Bezug auf den Spruch i. Pr. Nr. 566: „Eine jede Idee tritt als fremder Gast [hier als Magd] in die Erscheinung."

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11. Der Zeitgeschichte angehörig. Deren Fluthen zerstören die Poesie. Dasselbe im Distichon des „Herbstes“ (Nr. 68), daß das Franzthum ruhige Bildung zurückdränge, und in „Sprichwörtlich“ (Thl. III): „Überschwemmung läßt sich nicht mäkeln.“ Von der Zeit Ludwig's XVI. schrieb Goethe: „Im ganzen ist es der ungeheure Anblick von Bächen und Strömen, die sich... gegen einander stürzen und endlich... eine Überschwemmung veranlassen, in der zu Grunde geht, wer sie vorgesehen hat [,,er sigt und harfenirt der Verwüstung", vgl. V. 8 der Elegie Amyntas], so gut, als der fie nicht ahnete" (An Schiller Nr. 844). - Jupiter Pluvius V. 41, schon in Wanderers Sturmlied" besungen. Verschieden des Lukrez Weiser, der vom Ufer dem Schiffbruche zuschaut (II, 1. Auch nach einem persischen Spruche in Diez' Denkw. 1813, I. 49 flg.). Treffend deutet Viehoff Vers 44 auf Goethe's eigne, im Widerstreit mit dem Jahrhundert entstandne Dichtung. Früher, im tiefen Frieden hatte er seinen hei= mischen Fluß ansingen können: „Rausche, flüstre meinem Sang Melodien zu." Jett klagte Jeremias an Wasserflüssen Babylon's, Ares zerschlug die Leier, und nur mit Mühe fand seine Muse einen ruhigen "Spiegel" (oben S. 164). - Harfeniren, von Goethe gebildet.

12. Nach den Fluthen deren Bändiger. Auf obige Briefstelle v. J. 1802 folgte: „Wir wollen erwarten, ob uns Bonaparte's Persönlichkeit noch ferner mit dieser herrlichen und herrschenden Erscheinung erfreuen wird." Schon 1798 hatte sich Napoleon so hervorgethan, daß, mit Viehoff, der Spruch grade auf ihn zu deuten oder, scheint dies verfrüht, mit Dünger allgemein auf das damalige Auftreten der Franzosen in Italien und der Schweiz (Goethe an Schiller den 3. März 1798). Zu V. 48 vgl. des Agefilaos Worte vom Perserkönig: „Wie kann er größer sein als ich, wenn er nicht zugleich gerechter ist?" (Plutarch, Moral. Abhdlgen., I. 254), Moscherosch in Philander's Gefichten (1650, I. 30): „Wahrheit über Meer gezogen, Gerechtigkeit nach Himmel geflogen," und Nr. 79 der Xenien.

Goethe 1.

30

13. Fall der Bastille und dann die Schreckenszeit, welche wieder Gefängnisse füllte. Vgl. Nr. 58 der Venet. Epigramme und Rameau's Neffen (Bd. XXIX, 245, 1. Ausg.): „Von einem Pol zum andern sehe ich nur Tyrannen und Sklaven." Der Schlußvers nach Viehoff im Sinne von Schiller's: Freiheit ist nur in dem Reich der Träume. 14. Wie Nr. 10 Hypostasirung des Schahbegriffs. Dem Idealen scheint der sichtbare Schatz (V. 56) werthlos, dem Realen der unsichtbare, die Liebe, ein Traum (V. 54). Otto Bank im „Epigrammatischen und Satirischen":

Nach einem Schahe willst du streben?

Such aus dem Dunkel deinen Geist zu heben,

Und sicher hebst du einen Schaß.

15. Dies diem docet (Erasmus, Prov. 604) oder (in Horat. Alberus, Praec. moral. fol. 15): Discipulus est prioris posterior dies; vgl. Abth. IV der Zahmen Xenien (zu Ende): „Das Schlimmste, was uns widerfährt" 2c.

16. Bakis auch als ein rückwärts gewendeter Prophet wie Kalchas (5. Nr. 1 und Nr. 3), der Gegenwärtiges, Künftiges und Vergangenes wußte (Ilias I, 70) und wie Merlin (Anm. zu S. 81). Auch Byron war ein diese „drei“ durchdringender Dichter (XXIX, 760, 1. Ausg.).

17. Die allgemeine Wahrheit, daß die Geschenke des Himmels, also auch die Orakel, eine empfängliche Seele verlangen, veranschaulicht durch einen Vorgang in der Natur. In V. 65 ein biblischer Ausdruck: Die Thüren oder die Fenster des Himmels thun sich auf (1. Moses 7, 11; Psalm 78, 23).

18. Die Eins ist Vater der Million, sagte Pythagoras, und die höhere Mathematik operirt mit Zahlengrößen, welche sich dem Zählen entziehen (V. 72). So ist die Welt überhaupt synthe= tisch, nicht analytisch zu ergreifen. Goethe insbesondere sagt: „Tren= nen und Zählen lag nicht in meiner Natur", und „Ich habe mich nie verrechnet, aber oft verzählt", und „Sie meinen, Rechnen sei Erfinden" (Zahme Xenien, Abth. I und V), desgleichen Rückert ab= schließend: „Das Meiste lernst du da, wo du nicht zählen kannst" (Weish. d. Brahmanen, 4. Stufe).

19. Das Meer als Bild der ewig sich erneuernden Natur. Das ewig verschlingende Ungeheuer im Werther drückt dasselbe nega= tiv aus. Time and tide tarry for no man: 3eit, Ebbe und Fluth warten auf Niemand.

20. Die levitas sexus, die Leichtbestimmbarkeit des schönen Geschlechts, entschuldigt mit dem ersten Verse des Gedichts Abschied (Nr. 2): 3u lieblich ist's, ein Wort zu brechen."

21. Ein Kreuz der Ausleger! Viehoff versteht den Spruch von der Wirkung der Skulptur, wohin das „blaß“ und „todt" von V. 81 und die Erhebung V. 84 zu weisen scheinen. Dem Dichter war jedoch die Skulptur in ihren antiken Resten grade der Gipfel der Vollendung. Er schreibt aus Rom: „Statuen sind uns ja allein von den bessern Zeiten der Kunst übrig. Bei Gemälden muß man schon, wie Spinoza's Gott zum Irrthum, noch etwas hinzudenken, anstatt daß jene uns mit einem vollkommnen Begriff schon entgegenkommen“ (An Herder 1788). Bei Statuen also „könntest du ruhig genießen“ (V. 83), sie leiden an keinem „Mangel“ (V. 84). Der Ausdruck „heiliges Leben“ gibt Dünßer die Lösung „religiöse Erhebung", der Gegensah der beiden letzten Verse M. Ehrlich die Lösung künstlerische Idee" ein. Das „heilige Leben" (V. 82) dürfte jedoch auf die Natur führen, auf das „Leben“ in Anakreon's Grab V. 3 (oben S. 159), auf das „heilige Räthsel“ (V. 7 der Metam. der Pflanzen) und die „innere Kraft" ebendahin (V. 15 jenes Gedichts: „Einfach schlief in dem Samen die Kraft"). Nicht Kunst-, sondern Naturprodukte, organische Gebilde scheinen hier gemeint zu sein, wie in beiden folgenden Sprüchen. Schon die achte Römische Elegie. enthält den Gedanken des ersten Distichons mit besonderer Anwendung auf die Blüthe des Weinstocks. Ihr fehlt „Bildung und Farbe“. „Halb geformet und farblos“ heißt auch der Pflanzenkeim (V. 17 der Metam. der Pflanzen), und ebenso findet sich dort (V. 29) der Begriff der „Vollendung" (hier V. 83). Nur Vers 84 macht einige Schwierigfeit. Die Pflanze kann nur sagen wollen: jene Unentwickeltheit nöthigt dich, mir denkend gegenüberzutreten, über dich selbst, d. h. über die nur genießende Betrachtung (V. 83) hinauszugehn. Vgl. die Erklärung unten zu Nr. 23, mit der unsre Nr. 21 sich verbindet. Allerdings führte grade das Anschaun der vollkommneren Natur in Italien den Dichter zum Erkennen der Entwickelungsgesehe. Allein für den Naturforscher ist die Atrophie so lehrreich wie die Hypertrophie.

22. Ein Seitenstück zu Nr. 2. In dieser Form der Hauptgedanke der eben (1797) erschienenen Hufeland'schen Makrobiotik. In dem Wechsel der Haarfarbe ein biologisches Gesetz: die Gesundheit des Greises ist bedingt durch eine normale Entwicklung des Jünglings; kenne ich diese, so ist das Weissagen über die zweite Lebenshälfte

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