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wohl er meine „Ehrlichkeit" wiederholt betonte, auch meine gesetzestreue Lebensweise (koscher Essen*) u. a. m.) freudig anerkannte! Ohne an dieser Stelle den eingehenden Nachweis führen zu dürfen, daß diese Weigerung sich im Lichte der mosaischen Glaubenslehre in keiner Weise rechtfertigen läßt, muß ich mich auf die Erklärung beschränken, daß mein Wiedereintritt in die Synagogengemeinde vertagt bleiben muß, bis mir in der Synagoge des 20. Jahrhunderts ähnliche Gewissensfreiheit gewährleistet wird, wie sie in der Synagoge des 1. Jahrhunderts Johannes genoß, der Lieblingsjünger Jeschuah's von Nazareth!

Ergebenst

Dr. de Jonge (Morris de Jonge")".

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Nachdem der Rabbiner Dr. Eschelbacher als Vertreter des Berliner Rabbinats" mir im Juli ds. Js. ebenfalls erklärt hat, daß kein Rabbiner einen anderen Bescheid geben könne, als denjenigen, den Dr. Frank bereits gegeben", meine Aufnahme in die religiöse Gemeinschaft der Juden" also nicht zulässig sei, ist meine Initiative dem „Rabbinat“ gegenüber erschöpft - ich muß warten, bis das Rabbinat" seinerseits mir gegenüber die Initiative ergreift, in der Erkenntnis, daß das „Rabbinat“ mich nötiger hat, als ich das „Rabbinat“.

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*) [Der vollen Genauigkeit und „Ehrlichkeit" halber füge ich noch hinzu, daß ich seit einiger Zeit Fischesser bin, da ich als Junggeselle in Berlin das positiv koschere System kaum durchführen kann und mein jüdisches Gewissen auch beruhigt ist, wenn ich nicht-trephen esse.]

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Anhang II.

Die Deutsche Warte" brachte am 17. Januar 1897 an leitender Stelle folgende Veröffentlichung:

,,Zur Irrenrechtsdebatte

erhalten wir folgende Zuschrift:

Schöneberg, 17. Januar.

In der gestrigen Reichstagssitzung hat der Reichstagsabgeordnete Dr. Kruse behauptet, daß ,,in keinem einzigen der vom Abg. Lenzmann erwähnten Fälle eine widerrechtliche Freiheitsberaubung nachgewiesen sei." Da der Abgeordnete Lenzmann laut Bericht Ihres Blattes u. a. auch den Fall Morris de Jonge erwähnt hat, so stellt sich die Behauptung des Abg. Kruse als objektiv unwahr dar! Denn im Falle Morris de Jonge ist die Rechtswidrigkeit der Freiheitsberaubung durch rechtskräftiges Urteil eines Königlich Preußischen Gerichtshofs festgestellt worden! In dem Prozeß gegen den Redakteur Dr. Mueller*) wegen angeblicher Beleidigung des Dr. Baer, der seiner Zeit meine Irrenhausinternierung verfügt hatte, wurde die am 23. Januar 1893 von

*) [vom „,Reichsboten".]

der Ersten Strafkammer des Königlichen Landgerichts I Berlin*) erfolgte Freisprechung des angeklagten Redakteurs in einer Urteilsbegründung motiviert, deren eingehende, über 50 Aktenseiten umfassende Ausführungen in dem Satze kulminieren:

„Die Tatsache liegt vor, daß Jemand objektiv unrechtmäßig in ein Irrenhaus gebracht und acht Monate darin festgehalten ist." Aus den Sätzen der vorangeschickten Beweisführung seien nur folgende angeführt: „,.. Dr. Baer durfte unter den gegebenen Umständen auf keinen Fall die

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Notwendigkeit seiner [d. i. des Dr. de Jonge, nicht etwa des Dr. Baer] Einsperrung in eine Irrenanstalt amtlich attestieren, zu solchem Atteste lag nicht ein einziger tatsächlicher Anhaltspunkt vor..." ,,Nach dem Inhalte der Verhandlung gehörte Morris de Jonge nicht zu den Personen, bei denen auch nur an die Möglichkeit gedacht werden durfte, daß seine Einsperrung nötig oder zulässig Dr. Baer hat sich einer groben Fahrlässigkeit schuldig gemacht; er mußte den Rechtszustand kennen und beobachten, er hätte bei der geringsten Aufmerksamkeit den Irrtum in seinem Atteste erkennen müssen" und so fort!

Dieses Urteil ist rechtskräftig und auch durch kein späteres Urteil eines deutschen Gerichtshofs über den Fall Morris de Jonge abgeschwächt worden! Die Tatsache, daß Se. Exzellenz der Herr Kultusminister später es abgelehnt hat, die Disziplinaruntersuchung gegen Dr. Baer einzuleiten, weil er,,korrekt und mit der nötigen Vorsicht den bestehenden Bestimmungen gemäß verfahren sei", kann, ganz abgesehen davon, daß dieser Bescheid sich nur auf das Verfahren des Dr. Baer, nicht auf den inhaltlichen Wert seines Gutachtens, nur auf die formale, nicht auf die materielle Seite desselben bezieht, schon um deswillen von vornherein nicht in die Wagschale

*) [Die Richter, die das Wort: il y a des juges encore à Berlin! glänzend bewährten, waren Landgerichtsdirektor Schmidt, Landgerichtsrat Dietz, Landgerichtsrat Curtius, Amtsrichter Möhring, Assessor Claus.]

fallen, weil in einem Rechtsstaate gegenüber einem im Namen Sr. Majestät des Königs erlassenen Urteile der Entscheid eines Verwaltungsbeamten überhaupt kein Gewicht hat - gleichviel ob dieser Verwaltungsbeamte Schutzmann oder Minister ist.

Hiernach erweist sich die Behauptung des Abgeordneten Dr. Kruse als objektiv unwahr! Der von ihm geforderte und vermiẞte,,Beweis", unter dem in einem Rechtsfalle nur ein gerichtlicher Beweis verstanden werden kann, liegt in einem der vom Abg. Lenzmann erwähnten Fälle vor.

Herr Dr. Kruse ist in entsprechendem Schreiben von mir ersucht, seinen Irrtum öffentlich im Reichstage zu erklären ich würde sagen: ,,vor versammeltem Hause", wenn hierin nicht mit Rücksicht auf die chronische Besetzungsschwäche des hohen Hauses eine Ironie erblickt werden könnte, die ich aus Ehrerbietung vor der Würde der deutschen Volksvertretung vermeiden möchte! Sollte Herr Dr. Kruse verhindert oder nicht gewillt sein, seinen Irrtum, den ich meinerseits ihm durchaus nicht verübele, der aber in seiner kühnen Formulierung von irgend einem Irrenarzt leicht als Ausfluß von,,Wahnideen" (etwa: Psychiatromanie, krankhafte Irrenarztfreundschaft) qualifiziert werden könnte, öffentlich zu erklären, so wird der Abg. Lenzmann die Irrtumserklärung für ihn abgeben.

Da aber die meisten Zeitungen von dieser Erklärung keine Notiz nehmen werden, ebenso wie sie im Gegensatz zu Ihrem Blatte - meinen Namen aus der Rede des Abgeordneten Lenzmann teils im antisemitischen, teils im philosemitischen Interesse gestrichen haben, so richte ich behufs Feststellung der historischen Wahrheit im Vertrauen auf ihre Loyalität die ergebene Bitte um Abdruck dieser Zuschrift an Sie!

Hochachtungvoll und ergebenst

Dr. Christoph Morris de Jonge,
Schriftsteller."

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Ich habe diese Publikation hier aus wohlerwogenen Gründen anhangsweise abdrucken lassen, da ich voraussehe, daß nach meinem erneuten Hervortreten an die Öffentlichkeit Freund und Feind sich auch erneut mit meiner Vergangenheit beschäftigen werden. Ich erfülle deßhalb hiermit nur eine Pflicht der historischen Gerechtigkeit gegen mich und gegen mein Volk, dem ich hoffe noch gute Dienste leisten zu können, und welches deßhalb selbst ein tiefes politisches Interesse an der Feststellung der Tatsache hat, daß einer seiner treuesten Söhne niemals, auch nicht in einer denkbar schwersten politischen ,,Konfliktszeit", irrsinnig war! Durch die objektivrechtswidrige Gefangensetzung in einer Irrenanstalt und die offizielle Brandmarkung als Irrsinniger bin ich ein halbes Menschenalter auf meinem Lebenswege aufgehalten und in einen Zustand partieller Lähmung in sozialer, beruflicher und leider auch psychischer Hinsicht versetzt worden (sicherlich nach Gottes Plan in der letzten Wirkung zu meinem Heile!). Erst heute beginne ich die schweren, schweren, äußeren und inneren Folgen dieses an sich vernichtenden Schlages gegen meine ganze Existenz, der den an sich Kerngesunden allmählich in der Tat halb „,krank" machte, mit Gottes Hülfe siegreich zu überwinden! Ich verkenne nicht die tragische Schuld, die ich durch eine große Reihe antisemitisch gefärbter Abschiedsbriefe mit agitatorischer Tendenz, die ich im September 1889 anläßlich meiner Übersiedelung von Köln nach Berlin an eine Schar von Verwandten und Bekannten (fast ausnahmslos radikale am-hoorez) schrieb und die den alleinigen Vorwand zu meiner Gefangensetzung boten, auf mich lud! Aber ich erwarte, daß auch die Schuld gegen mich allmählich erkannt werde*)! Das Maß der Schuld der zahlreichen be

* Welch ein Giftmecr von Verleumdung über mich in den Kreisen meiner Volksgenossen zu wogen scheint (zumal bei Fernerstehenden), das entnahm ich noch während der Drucklegung aus einem langen (und formell freundlichen) Brief des Dr. Bloch-Wien (Herausgeber der „Österreichischen Wochenschrift") vom 18. Januar 1904, in dem er mir die Gründe darlegt, die es ihm unmöglich machten, meinen ihm übersandten,,Jüdischen

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