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,,Menschensohn". Jesus spricht einige Dutzend Mal in den evangelischen Berichten (die ich als einen protokollarischen Auszug seiner Worte im Maßstabe von 1:1000 taxiere, so daß er in Wahrheit etwa 1000 Mal mehr gesprochen hat), von einem ,,Menschensohn" viòs tov avdooлov (genauer also: Sohn des Menschen), der dies und das tun, dies und das erleben, leisten, dies und das leiden werde. Die Kirche hat zwar an zahlreichen Stellen diese schon den Aposteln nicht immer verständlichen dunklen Worte durch nachweisbare Textfälschungen (ich weise Fachmänner hier einstweilen statt aller aus gebotener Raumökonomie, auf die mit bloßem Auge ohne Röntgen-Strahlen sofort erkennbare doppelte „Text-Fraktur" Math. 9, 6 hin) noch mehr zu verdunkeln und zu verwirren gesucht. Das Spinnennetz, das sie über diese Perlen gezogen, ist aber leicht zu zerreißen.

Die Kirchen-Antidoxie hat dekretiert, man habe zu glauben, daß Jesus hier in der dritten (!) Person von sich selbst gesprochen habe. Freilich hat sie ihr schlechtes Gewissen bei diesem Dekret nie verbergen können, ja die dicken Ballen bedrucktes Papier, die sie über diese Wendung fabriziert hat, belasten ihr Gewissen nur noch mehr. Denn grade die Selbstcharakterisierung als Sohn des Menschen mußte ihr, die in richtiger Ahnung die vaterlose Abstammung Jesu nur vom Weibe betonte, ein gradezu unlösbares Rätsel, ein Paradoxon von den Dimensionen eines antediluvianischen Ungeheuers erscheinen. Aber ach nein! der arme Herr Jesus ist auch nur in den Augen der Kirche ein Mann gewesen, der Worte von Mammuth-ähnlicher Ungeheuerlichkeit sprach. In Wahrheit hat denn auch Jesus eine Person gemeint, die in gradem Gegensatz zu ihm als menschlich, allzu menschlich charakterisiert werden sollte, nicht als ,,Gottes Sohn", sondern als Menschenkind schlechtweg, ein Mensch von typischer Menschlichkeit, ein erzmenschlicher Mensch mit einer rechten Adams-Natur, ein Mensch, der grade infolge seiner Abstammung von einem grundmenschlichen Manne auch alle menschlichen Fehler in sich trägt, eine jüdische Faust-Natur, ein Mensch, der versucht wird, wie alle Menschen, von dem aber

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in gradem Gegensatze zu Jesus nicht gesagt werden wird: er ward versucht wie wir, doch ohne Sünde! sondern umgekehrt: er ward versucht wie wir, doch mit Sünde!; ein Mensch, der, echt menschlich auch in ethischer Hinsicht, das Wort des Terenz sich wird aneignen müssen: nihil humani alienum a me puto!; ein Mensch, der ehrlich sagen muß und wird: anch' io sono peccatore! Kurz: den Messias, den die echte, nüchtern-jüdische, von Jesus selbstredend wie alle Wahrheiten und Lehren seines Volkes geteilte, in seinen herrlichen Worten gewissermaßen krystallisierte Messiaslehre, als einen Menschen, als einen zweiten Adam mit recht adamitischen Sünden vorausschaute.

a) Die allgemeine Theorie des Menschensohns im Sinne der Reden Jesu erfordert eine besondere Schrift, die auch die zahlreichen,,Textfrakturen", die die Kirche dem herrlichen Organismus der Evangelien grade hier zugefügt hat, mit osteologischer Sorgfalt feststellen und heilen soll. Hier greife ich nur drei Worte heraus, die den paradigmatischen Beweis für die Unmöglichkeit liefern, Jesus mit dem Menschensohn zu identifizieren.

Math. 10, 32 (Luc. 12, 8):,,Wer mich bekennt vor den Menschen, den wird auch (!) der Sohn des Menschen bekennen vor den Boten Gottes!" Hier spricht Jesus von zwei Personen, die er in einen gewissen Gegensatz bringt, als Träger verschiedener Funktionen, die zwar in engem Zusammenhang miteinander,,arbeiten", aber in getrennten „Ämtern". Die Annahme, er habe sich selbst in einem Satze in zwei Personen gespalten, bezeichnet den Gipfel der Absurdität. Auch hier eine Analogie aus irdischen, staatlichen Verhältnissen: wird der König von Preußen etwa bei einer ermahnenden Ansprache an seine Offiziere sagen: wer mir treu dient, den wird auch [! NB! das antithetische, spaltende ,,auch" ist besonders demonstrationskräftig!] der König von Preußen beim nächsten Avancement gnädig berücksichtigen -?Wohl spricht dagegen so etwa ein Monarch von seinem Nachfolger: wer mir treu dient, dem wird auch mein Nachfolger an der Krone ein treuer Herr werden!

Zweitens ist die Antithese Math. 15, 13-15 fast mit Händen zu greifen, vorausgesetzt, daß man sie sich nicht durch Pfaffenknechte in Fesseln schlagen läßt! ,,Was verstehen die Menschen unter dem Menschensohn"?" lautet die erste Lehrfrage bei Cäsarea Philippi; und daun, grade um dem Identitätsirrtum nachdrücklich entgegenzutreten:,,Für wen haltet Ihr mich denn eigentlich?"

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Drittens haben wir zu der obigen gewissermaßen lohnrechtlichen Norm vom Menschensohn ein sozusagen strafrechtliches Gegenstück, daß den Identitätsirrtum mit fast mathematischer Klarheit widerlegt. In der berühmten dunkelen Wendung von der „Sünde wider den Heiligen Geist" (Math. 12, 32), deren Inhalt ich später enträtseln werde, sagt Jesus:,,Wer ein gewisses Wort redet wider des Menschen Sohn, dem wird es vergeben werden; wer aber ein gewisses Wort [es handelt sich um ein ganz bestimmtes Wort] gegen den Heiligen Geist redet, dem wird es nicht vergeben werden, weder in diesem noch in dem kommenden Weltzeitalter". Gleichviel welches der Inhalt dieser Strafnorm sein mag, relevant für unseren Beweiszweck ist die klare Antithese zwischen Menschensohn und Heiliger Geist. Daraus folgt, daß der Menschensohn weniger ist, als der Heilige Geist, tiefer steht als er, keinen privilegierten Strafschutz genießt. Da aber Jesus auf derselben Stufe mit dem Heiligen Geiste steht, so folgt in Umkehrung des einfachen geometrischen Satzes: wenn zwei Linien einer dritten parallel sind, so sind sie auch untereinander parallel, die einfache ,,mathematische" Wahrheit, daß Jesus und der Menschensohn nicht identisch sein können.

B) Dieser allgemeinen Charakterisierung des Menschensohn entsprechend weisen auch die biographischen Details, die Jesus weissagt, mit Naturnotwendigkeit auf eine andere Person hin, und das ist eben der Messias. In dem berühmten Nachtgespräch mit Nikodemus, von dem uns der herrliche Johannes 3, 14 mit einer Meisterschaft, von der unsere Journalisten viel lernen könnten, einen protokollarischen Auszug bietet, sprach Jesus auch von einer Erhöhung" des Menschensohnes, die als eine Analogie zu der Erhöhung der ehernen Schlange in

der Wüste durch Moses hingestellt wird. Die Kirche hat dekretiert, daß unter dieser ,,Erhöhung" die

Kreuzigung Jesu zu verstehen sei! Das tiefe Mysterium der ehernen Schlange (4. Mose 21, 9) kann hier nicht en passant erschöpfend behandelt werden. Die Quellen ihrer Heilskraft waren viel einfacher, als mancher Pietist wähnt; echter kritischer Okkultismus kann sie erklären - es war eine Art Elektrisiermaschine, wie denn überhaupt das Walten elektrischer Kräfte bei manchen bibelgeschichtlichen Vorgängen von mir später noch in einer besonderen Studie nachgewiesen werden wird. Wie dem aber auch sei, die Parallele zwischen ihr und dem Kreuz auf Golgatha ist von vornherein so unhaltbar wie etwa die zwischen dem feurigen Sonnenlicht und einem Scheiterhaufen, auf dem ein Märtyrer verbrannt wird. Zweitens steht der Parallele entgegen die Anwendung des Wortes,,erhöhen", your, welches 16 Mal in den evangelischen Schriften angewendet und alle 16 Mal, von der „Erhöhung“ Kapernaum's (Math. 11, 23) an bis zu den Episteln, eine Erhöhung im politischen, sozialen Sinne bedeutet, mit nichten der Erniedrigung bis in den Tod am Kreuz verglichen werden kann! So lebte die Vorstellung im Volke im Anschluß an Psalm 110 und 45 und Daniel 7, 14. Und an diese Vorstellung knüpfte Jesus an, als er dem Grübler Nikodemus von der späten Zukunft seines Volkes weissagte, seines Messias und seiner Erhöhung sie wird auf das in der Wüste der Völker" schwer leidende Volk wirken wie Sonnenlicht auf einen Rekonvaleszenten die glänzende Stellung des Messias wird tröstend, stärkend, kräftigend, heilend, belebend wirken auf das ganze Volk! Als Weissagung auf den Messias ergiebt die Lehrrede Jesu einen klaren Sinn; und die Schwierigkeiten werden fast restlos aufgelöst, wenn man aus der Handschriftenvergleichung erfährt, daß der verwirrende vers 15, in dem dem Menschensohn Funktionen beigelegt werden, wie sie Jesus sonst sich selbst beilegt, in wertvollen Handschriften überhaupt fehlt (Lachmann und Tischendorf behandeln den vers als teilweise interpoliert).

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In jener festen inneren Systematik, die grade das herr

liche Johannes-Evangelium auszeichnet, schließt sich an dieses Wort Jesus', gewissermaßen als dritter, systematischer Grund gegen die Auffassung der Kirchenantidoxie, das Wort Jesus' 8, 28 an: „Wenn Ihr des Menschen Sohn erhöhen werdet, dann werdet Ihr erkennen, das Ich bin, der Ich bin", d. h. dann werdet Ihr mein wahres Wesen erkennen. Daß auch hier Jesus seine eigene Kreuzigung als „,Erhöhung" bezeichnet haben soll, ist, ganz abgesehen von den schon oben entwickelten Gründen, schon aus dem einfachen historischen Grunde unmöglich, weil die Juden ja nach seiner Kreuzigung noch durchaus nicht sein wahres Wesen erkannt haben; und ferner ist in die Luther'sche Übersetzung: wenn etc., dann werdet Ihr erkennen, daß ich's bin, wieder unser altbekanntes Teufelchen,,es" eingeschlichen.

Weitere Klarheit erhält grade dieses Wort durch die messianische Zentralstelle unter den Worten Jesus' 5, 45-47.

Die Verklärung auf dem Berge Tabor. Math. 17. Auf dem Berge Tabor hat sich ein tief geheimnisvolles Ereignis von unerhörter metaphysischer Großartigkeit begeben. Zur Erinnerung an dieses Ereignis hat die Kirche an dieser Stelle ein Kolossaldenkmal ihrer Dummheit errichtet. Ich will das Denkmal Stein für Stein abtragen.

Daß die erschienenen Personen: Moses und Elia nicht der historische Moses und der historische Elias waren, nicht sein konnten, werde ich im 3. Abschnitt dieses Teiles beweisen. Hier sei nur der Inhalt der Lehrworte erklärt, die Jesus zu seinen Jüngern beim Herabsteigen vom Berge sprach. Jesus verbietet ihnen, jene wunderbare Erscheinung anderen mitzuteilen,,bis des Menschen Sohn von den Toten auferstanden sei". Daß er hier mit nichten seine eigene Auferstehung meinte, sondern nur jenes schon oben berührte analoge Ereignis im Leben des dereinstigen Messias, ergiebt sich mit logischer Notwendigkeit aus der darauf folgenden Lehre: Elia kommt. allerdings zuvor und wird Alles wieder in Ordnung bringen. Und ich sage Euch, daß Elia schon gekommen sein wird und man wird ihn noch immer nicht erkennen, sondern mit ihm machen, was man will: ebenso wird auch des Menschensohn

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