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38.

Kehre nicht, liebliches Kind, die Veinchen hinauf zu dem Himmel;

Jupiter sieht dich, der Schalk, und Ganymed ist besorgt.

39.

Wende die Füßchen zum Himmel nur ohne Sorge! Wir strecken Arme betend empor; aber nicht schuldlos, wie du.

40.

· Seitwärts neigt sich dein Hälschen. Ist das ein Wunder? Es

tråget

Oft dich Ganze; du bist leicht, nur dem Hälschen zu schwer. Mir ist sie gar nicht zuwider die schiefe Stellung des Köpfchens; Unter schönerer Last beugte kein Nacken sich je.

41.

So verwirret mit dumpf willkürlich verwebten Gestalten,
Höllisch und trübe gesinnt, Breughel den schwankenden
Blick;

So zerrüttet auch Dürer mit apokalyptischen Bildern,
Menschen und Grillen zugleich, unser gesundes Gehirn;
So erreget ein Dichter, von Sphinren, Sirenen, Centauren
Singend mit Macht Neugier in dem verwunderten Ohr;
So beweget ein Traum den Sorglichen, wenn er zu greisen,
Vorwärts glaubet zu gehn, alles veränderlich schwebt:
So verwirrt uns Bettine, die holden Glieder verwechselnd;
Doch erfreut sie uns gleich, wenn sie die Sohlen betritt.

42.

Gern überschreit ich die Gränze, mit breiter Kreide gezogen. Macht sie Bottegha, das Kind, drängt sie mich artig zurück.

43.

,,Ach! mit diesen Seelen, was macht er? Jesus Maria! „Bündelchen Wäsche sind das, wie man zum Brunnen sie

trägt.

„Wahrlich, sie fällt! Ich halt' es nicht aus! Komm, gehn wir! Wie zierlich!

„Sieh nur, wie steht sie, wie leicht! Alles mit Lächeln

und Lust!"

Altes Weib, du bewunderst mit Recht Bettinen! du scheinst

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Jünger zu werden und schön, da dich mein Liebling erfreut.

44.

Alles seh' ich so gerne von dir; doch seh' ich am liebsten,

Wenn der Vater behend über dich selber dich wirft, Du dich im Schwung überschlägst und, nach dem tödtlichen

Sprunge,

Wieder stehest und läufst, eben ob nichts wär' geschehn.

45...

Schon entrunzelt sich jedes Gesicht; die Furchen der Mühe,

Sorgen und Armuth fliehn, Glückliche-glaubt man zu sehn. Dir erweicht sich der Schiffer, und klopft dir die Wange; der

Sectel

Thut sich dir kärglich zwar, aber er thut sich doch auf, Und der Bewohner Venedigs entfaltet den Mantel, und reicht

dir,

Eben als flehtest du laut bei den Mirakeln Antons, Bet des Herrn fünf Wunden, dem Herzen der seligsten Jungfrau, Bei der feurigen Qual, welche die Seelen durchfegt.

Jeder kleine Knabe, der Schiffer, der Höke, der Bettler Drängt sich, und freut sich bei dir, daß er ein Kind ist, wie du.

46.

Dichten ist ein lustig Metier; nur find' ich es theuer:
Wie dieß Büchlein mir wächst, gehn die Zechinen mir fort.

47.

„Welch ein Wahnsinn ergriff dich Müßigen? Hältst du nicht inne?

Wird dieß Mädchen ein Buch? Stimme was Klügeres an!" Wartet, ich singe die Könige bald, die Großen der Erde,

Wenn ich ihr Handwerk einst besser begreife, wie jeßt. Doch Bettinen sing ich indeß; denn Gaukler und Dichter Sind gar nahe verwandt, suchen und finden sich gern.

48.

Böcke, zur Linken mit euch! so ordnet künftig der Richter: Und ihr Schäfchen, ihr sollt ruhig zur Rechten mir stehn! Wohl! Doch eines ist noch von ihm zu hoffen; dann sagt er: Seyd, Vernünftige, mir grad' gegenüber gestellt!

49.

Wißt ihr, wie ich gewiß zu Hunderten euch Epigramme Fertige? Führet mich nur weit von der Liebsten hinweg!

50.

Alle Freiheits- Apostel, sie waren mir immer zuwider;
Willkür suchte doch nur jeder am Ende für sich.

Goethe's Werke. I. Bd.

21

Willst du viele befrein, so wag' es vielen zu dienen.
Wie gefährlich das sey; willst du es wiffen? Versuch's!

51.

Könige wollen das Gute, die Demagogen desgleichen, Sagt man; doch irren sie sich: Menschen, ach, sind sie, wie wir.

Nie gelingt es der Menge, für sich zu wollen; wir wissen's: Doch wer verstehet, für uns alle zu wollen; er zeig's.

52.

Jeglichen Schwärmer schlagt mir an's Kreuz im dreyßigsten

Jahre;

Kennt er nur einmal die Welt, wird der Betrogne der

Schelm.

53.

Frankreichs traurig Geschick, die Großen mögen's bedenken; Aber bedenken fürwahr sollen es Kleine noch mehr. Große gingen zu Grunde: doch wer beschüßte die Menge Gegen die Menge? Da war Menge der Menge Tyrann.

54.

Tolle Zeiten hab' ich erlebt, und hab' nicht ermangelt, Selbst auch thōricht zu seyn, wie es die Zeit mir gebot.

55.

Sage, thun wir nicht recht? Wir müssen den Pöbel betriegen. Sieh nur, wie ungeschickt, sieh nur, wie wild er sich zeigt! Ungeschickt und wild sind alle rohe Betrognen;

Seyd nur redlich, und so führt ihn zum Menschlichen an.

56.

Fürsten prägen so oft auf kaum versilbertes Kupfer
Ihr bedeutendes Bild; lange betriegt sich das Volk.
Schwärmer prägen den Stempel des Geist's auf Lügen und
Unsinn;

Wem der Probierstein fehlt hält sie für redliches Gold.

57.

Jene Menschen sind toll, so sagt ihr von heftigen Sprechern, Die wir in Frankreich laut hören auf Straßen und Markt. Mir auch scheinen sie toll; doch redet ein Toller in Freiheit Weise Sprüche, wenn, ach! Weisheit im Sklaven verstummt.

58.

Lange haben die Großen der Franzen Sprache gesprochen,
Halb nur geachtet den Mann, dem sie vom Munde nicht floß.
Nun lallt alles Volk entzückt die Sprache der Franken.
Zürnet, Mächtige, nicht! Was ihr verlangtet, geschieht.

59.

"Send doch nicht so frech, Epigramme!" Warum nicht? Wir sind nur

Ueberschriften; die Welt hat die Kapitel des Buchs.

60.

Wie dem hohen Apostel ein Tuch voll Thiere gezeigt ward, Rein und unrein, zeigt, Lieber, das Büchlein sich dir.

61.

Ein Epigramm, ob wohl es gut sey? Kannst du's entscheiden? Weiß man doch eben nicht stets, was er sich dachte, der

Schalk.

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