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Nummer II. gezeigt haben, nicht so richtig und ausgemacht ist. Tertullian spricht ja nicht die Sprache des Bittenden, sondern deffen, der zu Gericht sigt und strettges Gericht hält.

Wir können darum dieses dritte Argument Mosheims nicht benüßen, während wir von dem zweiten an einer früheren Stelle Gebrauch machen konnten.

Es erscheint uns aber diese ganze Argumentationsweise Mosheims auf eine auffallende Weise breit und weitschweifig zu sein. Um nämlich zu zeigen, daß der Apologetikus vor dem Jahre 202 verfaßt sein könne, weil schon vor diesen Jahren Christenverfolgungen statt hatten, beweist Mosheim: Der Apologetikus ist vor 202 verfaßt, er spricht aber von Christenverfolgungen, also müssen diese dem Jahre 202 vorausgegangen sein. Sind sie aber dieses, so kann der Apologetikus vor 202 verfaßt sein. Und erst auf diese Kreisdeduktion läßt er wieder den Beweis folgen, daß der Apologetikus vor 202 verfaßt sei.

Um solcher Weitschweifigkeit zu entgehen, lassen wir diese aus dem Apologetikus selbst genommenen, zum Theile unkräftigen Beweise für die Existenz einer Verfolgung unter Sever vor 202 ganz bei Seite, und suchen andere einfachere auf, welche das Vorhandensein solcher Verfolgungen erhärten.

Da springt es uns gleich in die Augen, daß Mosheim gerade jene Stelle Tertullians zu benüßen übersah, aus welcher hauptsächlich die Existenz einer Christenverfolgung unter Severus vor dem Jahre 202 bestritten wird, die aber in der That für das Vorhandensein solcher Verfolgungen spricht. Es ist dieß sene bekannte Stelle aus der Schrift an Scapula c. 4., worin Tertullian erzählt: Severus set von dem Chriften Brotulus durch ein Del geheilt worden und darum persönlich den Chriften günstig gewesen. In dieser Stelle sagt Tertullian zugleich: Severus habe angesehene Männer und Frauen, die er als Anhänger des Christenthums kannte, nicht nur nicht hart behandelt, sondern sie auch öffentlich gegen die Wuth des Volkes in Schuß genommen. Offenbar hat also das Volk zu jener Zeit schon, wo Severus den Chriften noch freundlich und günstig war, also vor dem Jahre 202 gegen die Christen gewüthet. Und wenn das Volk folches that, ist es dann nicht möglich und nicht wahrscheinlich, daß einzelne Statthalter und Beamte, um des Volkes Gunst zu gewinnen, sich Christenverfolgungen auf der Grund alter Geseze erlaubten?

Ruft ja Tertullian im Apologetikus selber den Statthaltern zu: „ihr suchet durch ungerechtigkeit des Pöbels Gunst" 1).

Dasselbe erschließen wir aus einer Stelle im sechsten Kapitel der Schrift Tertullians an die Martyrer, worauf schon Mosheim hingewiesen hat. Dort stellt Tertullian den um des christlichen Glaubens willen Verfolgten und Gefangenen vor, wie Mancher um eines Menschen willen das zu dulden geneigt sei, was für Gott zu dulden er Bedenken tragen würde. Um dieß im Beispiele zu zeigen, beruft fich Tertullian gerade auf die Gegenwart, wo Personen aus allen Ständen von dem Einen verfolgt werden, wenn sie gegen ihn stan= den, von seinen Gegnern aber leiden müssen, wenn sie für jenen standen. Man erkennt hieraus leicht den Thronstreit zwischen Severus, Pescennius Niger und Albinus, da aber dieser ums Jahr 197 sich durch den Tod des Albinus endigte, so fällt die Abfassungszeit der Schrift an die Martyrer auch in dieses Jahr, wenigstens nahe zu. Die Existenz dieser Schrift ad martyres beweist aber dann selbst, daß schon vor 202 unter Severus Christenverfolgungen statt gehabt und besonders in der Nähe Tertullians vorgekommen waren. Nehmen wir hinzu, daß das vierte Kapitel dieser Schrift mit dem leßten des Apologetikus großentheils gleichen Inhalt hat, so wird es wahrscheinlich, daß Tertullian in seinem Apologetikus dieselben Martyrer im Auge hatte, an die er hier ein Schreiben erließ, und daß der Apologetikus und die Schrift an die Martyrer so ziemlich in eine Zeit und zwar vor das Jahr 202 fallen.

Einen dritten Erweis für die Existenz von Christenverfolgungen unter Septimius Severus vor 202 liefert Mosheim aus den Stromaten des Alexandrinischen Clemens. Nach allgemeiner Annahme habe Clemens dieß Werk, besonders die ersten Bücher lange vor dem Jahre 202 verfaßt, nun aber spreche er im zweiten Buche von einer eben tobenden Verfolgung, wie vor seinen eigenen Augen so viele Christen mit allen Arten von Qualen und Martern heimgesucht würden, was offenbar für eine Christenverfolgung unter Sever vor dem Jahre 202 spreche. Wir würden diesem Argumente gerne unseren Beifall schenken, wenn es unwidersprechlich erwiesen wäre, daß Clemens das zweite Buch seiner Stromata vor 202 vor 202 verfaßt habe. Wir finden dieß allerdings wahrscheinlich, aber nicht in der Weise erhärtet, daß es bei einer chronologischen Untersuchung Norm

1) Quibus favor vulgi de iniquitate captatur. cap. 49.

geben könnte. Ebensowenig sind wir im Stande, von einem weiteren Beweise Gebrauch zu machen, den Lumper anführt 1), um darzuthun, daß Severus selber schon vor dem Jahre 202 strenge Maßregeln gegen die Christen ergriffen habe. Denn das aus Spartianus angeführte Beispiel zeigt blos, daß er einen jüdischen Jüngling auf die Anklage seines Vaters hin gestraft habe; es ist aber durchaus unerwiesen, daß dieser Jüngling seines Vaters und des Kaisers Zorn wegen Uebertritt zum Christenthum sich zugezogen habe.

Es bleibt uns somit für den Beweis, daß schon vor dem Jahre 202 unter Severus Christenverfolgungen statt gehabt haben, nichts übrig, als

1. die unläugbare Thatsache, daß viele Verfolgungen nicht durch besondere Befehle der Kaiser, sondern durch die Volkswuth hervorgerufen und von der Willkühr einzelner Beamten verhängt wurden;

2. daß Tertullian auch von keinen anderen, als solchen, rede, daß er insbesondere keine neuen Geseze gegen die Christen von Seite der Kaiser gekannt habe;

3. daß Tertullian in seiner Schrift an Scapula von Christenverfolgungen vor dem Jahre 202 schreibt, denn Severus nahm damals die Christen selber noch in Schuß, und Tertullian kannte ihn noch nicht als Verfolger;

4. daß Tertullian schon vor dem Jahre 202 Veranlassung hatte, an die christlichen Martyrer zu schreiben, daß also Verfolgungen dazumal schon stattgefunden hatten.

Sind auch diese Argumente nicht zahlreich, so sind sie doch hinlänglich genug, die so ganz grundlose Meinung: vor dem Jahre 202 hätten unter Sever die Christen kein Ungemach zu dulden gehabt und darum könne der Apologetikus nicht vor 202 verfaßt sein, zu entkräften.

Wir gehen nun zur dritten Frage über:

c. Wenn es wahrscheinlicher ist, daß die Abfassung des Apologetikus vor's Jahr 202 falle, welches Jahr empfiehlt sich dann hiefür mit der größten Wahrscheinlichkeit?

Haben wir eben nachgewiesen, daß der Apologetikus gar wohl vor dem Jahre 202 verfaßt sein könne, da schon dazumal so vielfache Verfolgungen über die Christengemeinde hereingebrochen waren, als

1) Hist. theol. crit. T. VI. p. 41.

in der fraglicheu Schuhschrift erwähnt werden, so dürfen wir nur mehr auf das schon unter lit. a. Gesagte und auf einiges unter b. Beigebrachte zurückblicken, um es wahrscheinlich zu finden, daß der Apologetikus einem der früheren Jahre sein Entstehen verdanke.

Vor dem Jahre 202 konnte Tertullian mit weit mehr Recht, als nachher, sagen, daß keiner der einsichtsvolleren Kaiser Christenverfolgungen gefeßlich befohlen haben. c. 5.

Vor dem Jahre 202 konnte er von keinen neuen Kaisergesehen gegen die Christen sprechen, und es ist keine fraus mehr von ihm, wenn er alle vorhandenen als veraltet behandelt. Nach 202 wäre aber solche Argumentationsweise nicht nur eine perfide, sondern auch eine thörichte gewesen, da Jedermann den Apologeten einer Verhehlung der Wahrheit hätte bezüchtigen und überführen können.

Nach 202 hätte Tertullian ohne Zweifel in ganz anderen Ausdrücken von Severus gesprochen, als er es noch im Apologetikus thut, hätte es schwerlich vermieden, den grausamen Christenverfolger mit seiner scharfen Geißel zu treffen.

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Diesen schon aus dem Vorhergehenden genommenen Gründen reihet sich noch ein neuer an, der zugleich zu noch genauerer Bestimmung der Abfassungszeit dient, und aus Kapitel 35 des Apologetikus entnommen ist. Wie schon früher bemerkt wurde, wälzt Tertullian in diesem Kapitel die Beschuldigung: die Christen seien staatsgefährlich, auf die Heiden selber zurück und sagt dann gegen Ende des Kapitels: „Die, welche jezt als Genossen oder Billiger verbrecherischer Verbindungen tagtäglich entdeckt werden, diese von der kaisermörde„rischen Erndte noch übrige Nachlese, mit wie frischen und buschigen „Lorbeeren haben sie nicht die Thüren geschmückt, mit wie vieler „hohen und hellen Laternen Licht die Vorhallen geschwärzt, mit wie „schmuck- und glanzvollen Polstern die Pläße des Forums unter sich „ausgetheilt? nicht um die öffentliche Freude mitzufeiern, sondern um ihre besonderen Wünsche bei der (ihnen) fremden Feierlichkeit aus„zusprechen und um das Vorbild und Zeichen ihrer Hoffnung einzu„weihen, indem sie den Namen des Fürsten im Herzen wechselten. Ebenso benehmen sich diejenigen, welche die Astrologen, Haruspices, „Augurn und Magier über des Kaisers Absterben befragen.“

Nach dieser Stelle zu urtheilen hat Tertullian den Apologetikus zu einer Zeit geschrieben, wo eben noch die Ueberreste einer staatsverbrecherischen Verbindung aufgesucht und aufgefunden wurden. Diese Verschworenen hatten sich einige Zeit vorher noch bei einer zu Ehren

Severs veranstalteten Feierlichkeit den Schein gegeben, als ob sie selbe von Herzen mitfeierten, hatten aber dabei an einen ganz anderen Kaiser gedacht, als an den, dem die Feierlichkeit gewidmet war.

Nun ist bekannt, daß Kaiser Septimius Severus im Februar des Jahres 197 bei Lyon den Gegenkaiser Albinus besiegte und ver nichtete, daß er sofort in Gallien die Partei des Albinus unterbrückte, die Angelegenheiten in Britannien ordnete, dann schnell nach Rom zog, hier alsbald eine Festivität wegen seiner Siege veranstaltete 1), einige Zeit nachher, wahrscheinlich im Jahre 198 seine Quinquennalien feierte, hierauf gegen die Parther auszog und nebenbei in Syrien die Partei des schon seit 194 todten Niger erstickte 2).

Wenn nun Tertullian sagt, daß eben, während er dieses schreibe, die Ueberreste einer staatsverbrecherischen Partei aufgefunden würden, so geht dieß offenbar auf die Albiner oder Nigerianer, und da er jene von Sever und zu seinen Ehren veranstalteten Festlichkeiten, sei es die Quinquennalien oder die etwas früheren Siegesfestivitäten, als schon vergangen darstellt, so kann er die besagte Stelle und mit ihr den Apologetikus, da er offenbar aus einem Gusse ist, nur in der Zeit vom Ende des Jahres 197 bis ungefähr zur Mitte des Jahres 199 geschrieben haben.

Engere Grenzen, glauben wir, werden mit Sicherheit für die Abfassung des Apologetikus nicht gesteckt werden können, es müßte denn entschieden sein und sich entscheiden lassen, ob Tertullian unter jener Nachlese von Verschworenen blos die Albiner oder blos die Nigerianer vom Jahre 199 verstehe. Mosheim meint zwar, jene Worte aus dem Kapitel 35 des Apologetikus beziehen sich ohne Zweifel auf die Albiner allein, von denen Spartianus, einer der Kaisergeschichtschreiber erzähle, viele von ihnen seien um die Zeit, als Sever gegen die Parther rüstete, also im Jahre 198 umgebracht worden. Dieß ist allerdings richtig, ja Spartianus gibt sogar, was Mosheim noch hätte benüßen sollen, ein langes Verzeichniß von gemordeten Senatoren. Aber daraus folgt nicht, daß Tertullian in jener Stelle ausschließlich an die Albiner gedacht habe. Denn wenn sich Mosheim darauf beruft, Tertullian meine solche Nebellen (oder Verdächtige), welche in Nom die Feierlichkeiten mitmachten, was aber die Nigerianer nicht treffen könne, weil diese in Syrien sich aufhielten; so

1) Herodian., hist. lib. III. c. 8.

2) Spartian., in vita Severi. c. 14 et 15.

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