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schien mir in einem so ganz andern Lichte,

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daß ich hätte vorsäßlich blind sein müssen, wenn ich in der Pflanzung und Erhaltung der christlichen Lehre den Finger des allgemeinen Vaters hätte wollen mißkennen."

Es war aber passend, daß der Erlöser, welcher der Welt den wahren Frieden bringen sollte, auch zur Zeit eines allgemei nen Weltfriedens geboren werde. Ein solcher trat, wie bekannt, unter Kaiser Augustus, nachdem Tiberius die Germanen besiegt hatte 1), ganz unbedeutende Fehden ausgenommen, im Sommer des Jahres 746 der Stadt Rom ein, und während der Dauer desselben erschien derjenige, welcher schon in der Urzeit angekündet und verheißen war.

1) Dieser Sieg wurde im J. 746 der Stadt Rom, 1 Jahr vor Christi Geburt erfochten. Wenn man ihn in manchen Lehrbüchern der Weltgeschichte ins Jahr 8 v. Chr. versezt findet, so ist dabei die Dionysische Zeitrechnung zu Grunde gelegt, deren Unrichtigkeit allgemein bekannt ist.

2.

Ueber den Rigorismus in dem Leben und den Ansichten der alten Christen 1).

Ein Beitrag zur Sittengeschichte des Urchristenthums.

Es ist nicht meine Absicht ein ausführliches Gemälde des gettgeheiligten Lebens in den Zeiten der ersten Glaubenswärme und Begeisterung zu entwerfen, und ich versage es mir, aus den Schriften der Freunde und Feinde des Christenthums die glänzenden Schilderungen der urchristlichen Tugenden zusammenzustellen. Wer könnte auch hierüber in vielen Worten mehr sagen, als Tertullian in den wenigen, wenn er im 2. Jahrhundert n. Chr. den Heiden zuruft: „ihr tadelt uns, weil wir uns lieben, während ihr einander hasset; weil bei uns Einer für den Andern zu sterben bereit ist, während ihr zu gegenseitigem Morde geneigt seid. Wir sind Brüder auch durch die Gemeinschaft der Güter, und diese zerreißen gerade bei euch jede Brüderschaft; Alles haben wir gemein außer die Frauen und ihr habt nur hierin Gemeinschaft —“ 2)? Noch kürzer sagt Origenes: „ein Christ gibt für seinen Glauben cher das Leben, als der Heide für alle Götter ein Stück seines Mantels gibt" 3). Ein noch älteres Zeugniß verdanken wir dem unbekannten Verfasser der herrlichen Epistel an Diognet, wenn er von den Christen schreibt: „sie leben im Fleische, aber nicht nach dem Fleische; sie wohnen auf der Erde, aber ihre Heimath ist im Himmel" 4).

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Dieses tugendglänzende Leben der ersten Christen hat man schon da und dort einer übertriebenen Strenge und unerleuchteten

1) Aus der Tübg. theol. Quartalsch. 1841, mit einigen Verbesserungen.

2) Apolog. c. 39.

3) Adv. Cels. 1. VII. n. 89. T. I. ed. BB.

4) Epist. ad Diogn. c. 5.

Härte beschuldigt und mitunter mit so schimmernden Gründen, daß es sich verlohnen mag über den Rigorismus in den Ansichten und in dem Leben der alten Christen eine genauere Untersuchung anzustellen. Es wird sich uns zeigen, daß Manches für Rigorismus angesehen ward, worin wir nur nothwendige Gewissenhaftigkeit erblicken können, und daß Manches in die heutigen Verhältnisse übergetragen als unerleuchtete Strenge erscheinen müßte, was in den alten Zeiten und unter den alten Verhältnissen allgemeine Christenpflicht war; es wird sich aber auch nicht läugnen lassen, daß in der That in einzelnen Punkten der fromme Eifer des Alterthums von einem rigoristischen Wesen sich nicht völlig freigehalten habe.

Uebertriebene Strenge und unerleuchtete Härte sind nothwendig da zu Hause, wo der Dualismus seine Stätte hat. Wo neben dem guten ein böses Urprincip geglaubt, und die Existenz alles Ma= teriellen auf lezteres zurückgeführt wird, da finden wir trübsinnige Santon's, finstere Asceten, düstere Selbstpeiniger, denen jede Berührung mit der Materie ein Gräuel, diese selbst durch und durch satanisch ist. Auch unter den Bekennern des christlichen Namens hat eine verkehrte Theorie solchen verkehrten Rigorismus erzeugt, vornehm= lich bei den Gnostikern und Manichäern im zweiten und dritten Jahrhundert. Die Materie erschien ihnen als schlechthin und an sich böse, daher das Verbot der Ehe als einer an sich unsittlichen Verbindung, das Verbot der animalischen Speisen als der concen= trirtesten Materie, das Verbot des Weines als der Galle Satans, daher die Meinung, der Mensch sei um so vollkommener, je geringer und einfacher sein Kleid und der Besißer eines einzigen Rockes sei netto zweimal besser, als sein etwas reichlicher versehener Nachbar.

Wesentlich verschieden von solchem aus dem Dualismus entspringenden Nigorismus ist derjenige, den wir bei den Juden und judaisirenden Christen entdecken. Das Judenthum nämlich hat den Dualismus im Principe überwunden, und kennt darum keine, in ewigem Gegensaß gegen Gott und das Gute begriffene, ewig und an sich böse Materie. Aber im weitern Verlaufe hat diese Religionsform eine Art Dualismus stehen lassen in dem Unterschiede der reinen und unreinen Speisen, reiner und unreiner Creaturen und Zustände. Nehmen wir zu dieser Unterscheidung noch die eigenthümliche Aengstlichkeit des jüdischen Volkes hinzu, welche sich besonders seit dem babylonischen Eril ausgebildet hat, und in Legalübungen und äußerlicher Gescßcsgerechtigkeit nicht genug thun zu können glaubte;

Hefele, Beiträge I.

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so kann es uns gar nicht wundern, wenn wir auch bei manchen aus dem Judenthum herübergetretenen Christen der kirchlichen Urzeit ein unfreies, ängstlich rigoristisches Thun und Treiben entdecken. Selbst der heilige Petrus ward in Antiochien bedenklich, ob es erlaubt sei, mit einem christlichen Bruder, der früher ein Heide gewesen, gemeinsam zu speisen. Wir sehen, der jüdische Sauerteig war in dem Apostelfürsten noch nicht völlig erstorben, und zeigte in jenem schwachen Augenblicke plößlich seine Kraft.

Dem Apostel Paulus gehört das große Verdienst, die Gläubigen von dem jüdischen Rigorismus, dessen Schiboleth war: „rühre nicht an, koste nicht, taste nicht“ 1) befreit und dieses große Hinderniß des christlichen Universalismus weggeräumt zu haben.

Aber allen Nigorismus auf Erden zu bannen, dazu ist kein Mensch stark genug, und in der irdischen Erscheinung des göttlichen Neiches wird er sich immer erzeugen, so lange Lebensernst und Sittenstrenge keine verklungenen Worte sind. Die Grenze zwischen Nigorismus und zarter Gewissenhaftigkeit ist eine schmale Linie, die gerade unter den Besten Mancher nicht findet, und die überdem selber ohne constanten Ort, unter veränderten Verhältnissen ihre Stelle verändert. Was heute Rigorismus wäre, kann vor 16-18 hundert Jahren heilige Gewissenspflicht gewesen sein.

1) Das Haupt eines geliebten Todten und sein Grab mit Blumen zu bekränzen, gilt bei uns als ein Akt der Pietät und wohlverstandener Frömmigkeit; und mit Recht. Die alten Christen dagegen enthielten sich mit Aengstlichkeit dieses Gebranches und vermieden solchen Schmuck der Leichen und Gräber 2). Nicht minder verschmähten es die Lebenden, Blumenkränze aufzuseßen, dagegen schöne und wohlriechende Blumen zu pflücken, und Blumenguirlanden um den Hals zu winden, galt für erlaubt, und war nach Minucius Felix nicht selten 3).

Ist nun alles dieß nicht curioser Rigorismus? In der Hand soll eine Blume erlaubt sein und um den Hals darf ein Blumen

1) Coloff. 2, 21.

2) Coronas etiam sepulchris denegatis wirft Cäcilius den Christen vor, und Octavius erwiedert ihm: allerdings bekränzen wir die Todten nicht, cum beatus non egeat, miser non gaudeat floribus. Minuc. Felix. in d. Bibl. PP. Lugd. T. III. p. 245a u. 252a.

3) Bibl. max. PP. 1. c. p. 252a.

franz getragen werden, aber nicht auf dem Haupte! Das Räthsel löst uns der weise Alexandriner Clemens aus dem Ende des 2ten Jahrhunderts. „Die Schüler Christi, sagt er, enthalten sich der Kränze, nicht als wähnten sie, die Vernunft die im Kopfe wohnt, werde dadurch gefesselt noch auch als ob der Kranz ein Zeichen ausgelassener Zechlustigkeit wäre, sondern weil solche Kränze um's Haupt den Gözen gewidmet sind 1). Die Blumen sind zwar, fährt er fort, um der Menschen willen erschaffen, die Thoren aber verwenden sie nicht zum dankbar zweckmäßigen Gebrauche, sondern zum Dienste der Dämonen, und darum muß man sich aus Gewissenhaftigkeit dieser Kränze enthalten, denn in keiner Weise dürfen wir mit den Dämonen Gemeinschaft haben" ).

Das Bekränzen des Hauptes gehörte also dem heidnischen Nitus an, und ward deßhalb von den Christen geflohen, damit es in keiner Weise auch nicht den Schein habe, als ob sie ihrem Erlöser untreu heidnischen Gebräuchen sich anschlößen. Das Bekränzen des Halses dagegen hatte keine religiöse Bedeutung im heidnischen Leben und war darum in keiner Weise verfänglich. Nebstdem schien es den Christen naturgemäßer und damit dem göttlichen Willen entsprechender zu sein, den Hals als das Haupt zu bekränzen. Clemens von Alexandrien sagt: „wer das Haupt bekränzt, verliert allen Genuß der Blume; er sieht nicht ihre Schönheit und riecht nicht ihr Aroma, da dieses nach oben aufsteigt; und doch sollte sich der Christ der Schönheit und des Wohlgeruchs freuen, und dem Schöpfer dafür Dank sagen" 3).

Nicht lange nach Clemens haben manche, und wie es scheint, nicht wenige Christen die religiösen Bedenken gegen das Bekränzen des Hauptes überwunden. Im Anfange des dritten Jahrhunderts unter Kaiser Septimius Severus sollte ein christlicher Kriegsmann nach Beendigung des Feldzugs seine Belohnung erhalten. Es war Sitte, daß die Legion bekränzt vor den Tribunus trat um ihr donativum zu empfangen. Jener Christ aber trug den Kranz in der Hand statt auf dem Haupte, und um die Ursache befragt, bekannte er sich als einen Christen, dem solcher Hauptschmuck unerlaubt wäre.

1) Ὅτι τοῖς εἰδώλοις κατωνόμασται.

2) Paedag. 1. II. c. 8. p. 213. ed. Pott. mit der Note.

3) Paedag. 1. II. c. 8. p. 211. vgl. Tert. de corona c. 5. Minuc. Felix, 1. c.

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