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8.

Das Christenthum und die Wohlthätigkeit 1).

Eine der ersten Grundbedingungen eines gedeihlichen bürgerlichen und staatlichen Lebens ist die christliche Charitas, und man kann dies nicht oft genug sagen in einer Zeit, wo einerseits der riesig anschwellende Pauperismus die Societät immer stärker bedroht, und zugleich andererseits die von modernen Staatskünstlern ersonnenen Surrogate für die christliche Charitas ihre Unmacht und Unzulänglichkeit immer lauter bethätigen. Noch jetzt brütet wohl mancher politische Alchymist bei nächtlicher Lampe hinter dem schwer beladenen Schreibtisch, um das reinmenschliche Zaubermittel für die arme und leidende Menschheit und die Universalarznei für unser krankes Jahrhundert zu finden, und überhört dabei völlig, was die Geschichte ihm predigt, daß nur die christliche Liebe, die auf lebendigem Glauben ruhende Liebe, die Kraft ist und die Kraft gibt, um sieghaft gegen das Elend aller Zeiten zu kämpfen. Nur im Christenthum erblühet die Charitas, und bringt sie ihre Früchte. Die Versuche, sie auch auf glaubens los em Boden zu pflanzen, haben überall mit großem Fiasko geendet. Wollte auch da und dort die edle Pflanze keimen und wachsen, die Glut der Selbstsucht hat sie wieder versengt; denn die Selbstsucht ist das Grab der Charitas. Das Christenthum aber lehrt Austilgung der Selbstsucht, zeigt herrliche Beispiele ihrer Ueberwindung an seinen Heiligen und Martyrern, und macht seine Bekenner aufopferungswillig. Der Geist, in welchem Paulus sprach: „Ich möchte sogar selbst von Christus hinweg ausgestoßen sein für meine Brüder nach dem Fleische, die meine Volksverwandte sind" (Röm. 9, 3), der Geist, in welchem Gregor von Nazianz sich bereit zeigte, für die Macedonianer den Bann zu

1) Aus der Tüb. theol. Quart.-Sch. 1842, mehrfach verbessert.

tragen, wenn nur sie sich wiederum mit der Kirche vereinigen wollten 1), dieser Geist der Aufopferungswilligkeit und heroischen Liebe, wobei die Selbstsucht bis in die Wurzel vertilgt ist, wird nur durch das Christenthum erzeugt und zeugt selbst wieder die schönsten Werke der Charitas. Dazu kommt, daß der christliche Glaube und er nur allein alle Menschen als Kinder eines Vaters, alle Gläubigen insbesondere als Brüder in Christo, als eine Familie ansieht und auffaßt. Der Herr selbst sagt bei Matthäus 23, 8: „Ihr alle seid Brüder", der Apostel nennt die Gläubigen „Brüder im Herrn 2)" und bekannt ist, daß die alten Gläubigen sich früher „Brüder" als „Christen" genannt haben. Gerne und häufig heben die ältesten Kirchenväter die Idee der christlichen Familieneinheit hervor, der heidnischen Gespaltenheit und Zwietracht gegenüber. So sagt Athenagoras: „Nach dem Alter betrachten wir Einige als Söhne und Töchter, Andere als Brüder und Schwestern, die Alten als Väter und Mütter" 3). Und Minucius Felix schreibt: „Wir nennen einander Brüder, was ihr nicht dulden wollt, sofern wir von einem Vater, Gott, abstammen, eines Glaubens theilhaftig und Miterben einer Hoffnung sind" 4). Diese Benennung „Brüder" blieb langehin, selbst als die alte christliche Wärme schon vielfach erloschen war, und ist in der Kirchensprache bis heute bewahrt.

Zur Charitas wird der Christ auch erzogen durch die religiöse und kirchliche Einigung, in der er lebt. Dies erkannten ganz richtig schon die alten Väter, wenn sie darauf hinwiesen: „die Christen seien im Höheren, Geistigen und Himmlischen einig, wie sollten sie es nicht auch im Leiblichen und Irdischen sein 5)?" So ruft Clemens von Nom den Corinthern zu: „seid einig unter einander, denn haben wir nicht einen Gott und einen Christus, und ist nicht ein Geist der Gnade in uns ausgegossen, und haben wir nicht eine Berufung in Christo )?" Der edle Paulinus von Nola aber schreibt: „wie sollten die Gemüther getrennt sein, welche ein Leib zusammen sind

1) Gregor. Na z., orat. in Pentecost.

2) Phil. 1, 14. Vgl. Coloss. 1, 2. 4, 9. I. Tim. 6, 2. I. Petr. 5, 12. 3) Athenag. Legat. pro Christ. n. 32.

4) Minuc. Felicis Octavius c. 31.

5) Barnabae epist. c. 19.

6) I. Clem. ad Cor. c. 46.

in der Verknüpfung durch den Glauben 1)?" Daß aber unter allen Religionen nur das Christenthum die Kraft habe, eine wahre Charitas zu erzeugen und sie wirksam zu machen im Leben, das hat schon hundert Jahre vor Paulinus der christliche Cicero, Laktanz, klar erkannt und deutlich also gesagt: Divina religio sola efficit, ut homo hominem carum habeat, eumque sibi fraternitatis vinculo sciat esse constrictum (siquidem pater idem in omnibus Deus est), ut Dei patrisque communis beneficia cum iis, qui non habent, partiatur, nulli noceat, nullum premat, non fores claudat hospiti, non aurem precanti, sed sit largus, beneficus, liberalis ). Die Einheit im Glauben, im heiligen Geiste, in dem einen Meister Christus, in der einen Hoffnung, in der einen Erbschaft u. dgl. war es somit, was nach den Aeußerungen der Kirchenväter die Gläubigen zu Werken der Liebe und Wohlthätigkeit antreiben sollte und antrieb.

Die durchs Christenthum erzeugte Charitas äußerte sich aber nach zwei Hauptseiten, nämlich in der Richtung aufs geistige und leibliche Leben.

A.

Nach der Seite des geistigen Lebens bethätigte sie sich zunächst a) als Gebet Aller für Alle. Schon der Herr hatte zu gemeinschaftlichem Gebete aufgefordert (Matth. 18, 19. 20.), und seinc Apostel ersuchten wiederholt die Gläubigen um ihre Fürbitte bei Gott. 3. B. II. Cor. 1, 11. Phil. 1, 19. Für einander ge= genseitig zu beten ermahnt der h. Jacobus 5, 16., und daß Epaphras stets für seine Landsleute, die Colosser, gebetet habe, bezeugt Paulus, Coloff. 4, 12.

Daß sofort die Gläubigen der späteren Jahrhunderte diesen apostolischen Mahnungen und Vorbildern nachgefolgt seien, berichtet aus der Mitte des dritten Jahrhunderts der H. Cyprian. Quando oramus, sagt er, non pro uno, sed pro toto populo oramus, quia totus populus unum sumus ). Aehnlich äußert sich mehr denn hundert Jahre später Ambrosius: „Man muß für das ganze Volk

1) Epist. 37 ad Pammach.

2) Lactant. divin. instit. lib. V. c. 6. §. 12. Auch an vielen andern Stellen, namentlich im 6. Buch, spricht Lactantius diesen Gedanken aus.

3) De orat. dominica. p. 206. ed. Paris. a. 1726.

Hefele, Beiträge I.

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beten, d. i. für den ganzen Leib, für alle seine Glieder. Dieß ist das Zeichen der Liebe untereinander, daß ein Jeder betet für Alle, und Alle beten für einen Jeden 1)". b) Außer dem eigentlichen Gebete findet die christliche Charitas ihre weitere Manifestation in der Sorge für das Seelenheil eines Jeden. Der Apostel Paulus sagt in dieser Beziehung: „Wer ist schwach, ohne daß ich seine Schwäche trage; wer wird geärgert, ohne daß ich vor Eifer brenne?" (II. Cor. 11, 29.) Schon diese einzige Bibelstelle hätte einen der neuern Schriftsteller im Fache der Politik, Vollgraf, von jener Anklage des Christenthums abhalten sollen, welche er (Bd. III. S. 255) also formulirt: „Das Christenthum ist dem Egoismus wiederum insoferne förderlich, als es will, daß der Einzelne nur darauf Bedacht nehmen soll, wie er sich, seiner Person, das Himmelreich erwerbe." Als schlagende Widerlegung stellen wir dieser luftigen Behauptung eine schöne und tief christliche Aeußerung der ältesten Christen von Smyrna zur Seite. Im ersten Kapitel ihres Berichtes über den Martyrtod des hl. Polykarp sagen sie: „Es ist eine Eigenschaft der wahren und festen Liebe, daß man nicht sich allein selig haben will, sondern auch die Brüder 2)". Tertullian aber leitet aus seiner Eigenschaft als Bruder und Mitknecht in Christo Recht und Pflicht ab, an die gläubigen Frauen eine Ermahnung zu richten, die ihnen zur Seligkeit gereichen könne 3). Sinnig endlich sagt Hieronymus: „Die Seele deines Bruders ist deine Schwester; lässest du sie in die Frre gehen, so ist's dir Sünde."

Diese Pflicht, für das Seelenheil Aller zu sorgen, wurde nicht blos den Clerikern, obgleich ihnen vorzüglich, sondern allen Christen zugeschrieben, weßhalb die brüderliche Belehrung und Zurechtweisung durch alle Jahrhunderte hindurch als jedem Christen obliegende Werke der Barmherzigkeit angesehen worden sind.

Verwandt mit solcher Sorge und eine weitere Erscheinung der christlichen Liebe ist der c) allgemeine Antheil an dem Unglück eines jeden in Sünde gefallenen Bruders; ein Antheil, den das Christenthum fordert, und bei seinen wahren Betennern stetshin erzeugt.

Aus den ältesten Zeiten der Kirche bezeugen dieß Tertullian und

1) Lib. I. de Cain et Abel c. 2.

2) S. meine Ausgabe der Patrum apostol. Opp. ed: IV. p. 274. 3) Tertull. de cultu foem. lib. II, 1.

Cyprian; Ersterer, wenn er sagt: „Ist ein Glied erkrankt, so soll der ganze Leib mit ihm Schmerz leiden und Heilung anstreben 1)"; Letterer, wenn er von seiner Gemeinde rühmt: „ich weiß, daß ihr über den Sündenfall der Brüder seufzet und trauert, wie auch ich mit euch um jedes Einzelnen willen seufze und traure 2)". An einer andern Stelle aber sagt er sehr kräftig: „die Lapsi haben mir gleichsam einen Theil der Eingeweide aus dem Leibe geriffen." Belege für solche Theilnahme am Unglück des Sünders ließen sich leichtlich in beträchtlicher Zahl beibringen, aber es genügt wohl, nur noch eine schöne Stimme des christlichen Alterthums darüber zu vernehmen. Uebereinstimmend nämlich mit dem Ausspruche des Herrn, daß der gute Hirt dem verlornen Schafe besondere Aufmerksamkeit schenke, sagt Ambrosius: „Der Christ weiß, daß die Schwachen, Armen, Unverständigen und Gefallenen in der Gemeinde mehr Wartung und Hülfe bedürfen. Mit solchen Seelen hat der Gottesfürchtige großes Mitleid, verstößt und verachtet sie nicht, sondern leidet mit den Schwa= chen, damit sie wissen, daß wir Alle ein Leib seien, und wenn ein Glied leidet, auch die andern leiden 3)“.

Wie inniges Mitleid mit dem Sünder, so wirkt die christliche Charitas auch d) unverholene Freude über den geistlichen Wohlstand und die Tugendhaftigkeit der Brüder. So freute sich Barnabas, als er die Gnade Gottes gegen die junge Gemeinde von Antiochien erblickte. A.G. 11, 23. So erzeugten Paulus und Barnabas durch ihre Erzählung von der Ausbreitung des Christenthums unter den Heiden nicht geringe Freude bei den Judenchristen von Phönizien, Samarien und Jerusalem. A.G. 15, 3. 21, 20. Paulinus von Nola aber sagt, „der Geist werde mit unaussprechlicher Wollust überschüttet, wenn ihm die Vollkommenheit der Brüder in Erkenntniß der göttlichen Liebe kund geworden sei *)". Auch Augustin und Hieronymus sprechen von dieser Freude, und sie ist, gleich der Trauer über den Sünder, ein der wiederhergestellten Menschheit natürliches Gefühl, welches nie altert und erstirbt, so lange die Parabeln vom verlornen Sohne und wiedergefundenen Schafe im Andenken bleiben.

1) De poenit. c. 10.

2) Epist. 11. p. 21. ed. Paris. a. 1726.

3) Serm. 8. in Psalm. 118.

4) Epist. 14. ad Sever.

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