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Wir sehen, die Kirchenväter wollen das Zinsnehmen unter den Christen verboten wiffen, und werden nicht müde, es mit den schwärzesten Farben zu malen. Sie übersehen aber dabei für's Erste den wesentlichen Unterschied, der zwischen Zinsnehmen und Wuchern statt hat. Durchweg beschreiben sie das Lettere, überall schildern sie den Bucherer, der wie ein Vampyr hinter seinem Rechentische lauscht, sinnend und suchend, wen er verderbe. Wie himmelweit verschieden von ihm ist aber z. B. der fleißige Handwerker, der seinen erübrigten Verdienst auf gerechte Zinsen legt, damit er einst im Alter habe, woven er sich nähre, wenn er wenig oder gar nicht mehr arbeiten kann?

Die Kirchenväter seßen den Zinsnehmer dem Diebe gleich, weil auch Ersterer fremdes Eigenthum an sich bringe. Aber sie vergessen, daß der Darleiher auf mäßige Zinsen gar oft seinem Nachbar den größten Gefallen erweist, während wir dieß nie von einem Diebe rühmen gehört haben. Sie vergessen, daß der Dieb stets den zu Bestehlenden aufsucht, der Kapitalist aber im Gegentheil von dem, der borgen will, aufgesucht wird. Wäre das Borgen auf Zinsen an sich böfe, wie der Diebstahl, so müßte nach dem Saße:

„so du nicht willst, daß man dich bestehle, so bestiehl auch keinen Andern"

auch der Satz gelten:

„so du nicht willst, daß man dir borge, so borge auch keinem Andern,"

ein Sag, den gar Manche nicht zugeben möchten.

Hätten die Kirchenväter nichts Anderes gesagt, als: wucherische Zinsen seien dem Christen unerlaubt, so hätten sie vollkommen recht; so aber sagen sie, alle Zinsen seien verboten, und darin besteht ihr Nigorismus.

Weiter haben sie stets nur den eigentlich Dürftigen im Auge, dessen Noth durch die Zinsen noch mehr gesteigert werde. Es ist gewiß, der wahre Christ mißbraucht die Noth seines Bruders nicht zu seiner Bereicherung, und zinslos leihend greift er ihm unter die Arme, wenn er es anders selber vermag. Aber tausend und wieder tausend Kapitalien werden aufgenommen, nicht um den bittern Hunger zu stillen, sondern um damit neue Geschäfte oder Erweiterungen schon bestehender u. dgl. zu unternehmen, welche reichlichen Nußen abzuwerfen versprechen. Die Zinse nun sind in einem solchen Falle nur eine Participation am Gewinn von Seite dessen, der das Betriebs

kapital vorgeschossen hat. Es wäre in der That für Gewerbe und Handel, ja auch für den temporär Dürftigen schlecht gesorgt, wenn die Zinsen verboten würden, und mancherlei ökonomischer und sittlicher Nachtheil müßte dadurch entstehen. Wir können dieß aus der Geschichte erweisen. Der griechische Kaiser Basilius Macedo im 9ten Jahrhundert hatte die Zinsen völlig verboten. Die Folge war, daß Niemand mehr dem Andern Geld leihen wollte. Heimlich wurden nun doch Zinsen verlangt, oft eidlich versprochen, und die Eide häufig wieder gebrochen. Oder die versprochenen Zinsen wurden richtig gegeben, die Sache wurde aber ruchbar, und der Empfänger inquisitorisch gefragt, läugnete eidlich, etwas empfangen zu haben. Das Uebel wurde so um vicles größer denn zuvor, und Leo der Philosoph, der Nachfolger des Basilius, sah sich darum gezwungen, die Verordnung seines Vaters wieder aufzuheben 1). Vor und nach Basilius aber hat kein Negent die Zinsen in allweg verboten.

Mit dem Borgen verhält es sich ähnlich, wie mit dem Miethen und mit der Kaufmannschaft. Wäre es geseßlich verboten, Miethzins zu nehmen, wer würde unter Dach kommen können ohne ein eigenes Haus zu besitzen? Und wäre es dem Kaufmann geboten, die Waaren gerade um den Selbstkosten wieder abzugeben, wer würde künftig noch sich der Handelschaft widmen, und wer für Herbeischaffung unserer Bedürfnisse sorgen? So unentbehrlich als der Handel ist aber auch das Zinsgeschäft, ein Handel mit Geld.

Wir müßten freilich die Kirchenväter vom Nigorismus freisprechen, wenn es richtig wäre, was sie annchmen, daß dem Christen die Zinse durch Religionsgeseze verboten seien. Das Argument des Ambrosius hicfür haben wir oben S. 32 und 34 vernommen, und es trägt seine Unhaltbarkeit selbst offen zu Tage. Es ist wahr, den Juden war verboten, Zinsen von Juden zu nehmen, bei Ausländern dagegen war ihnen solches gestattet. Darin schon liegt, daß der Zins nichts an sich unerlaubtes ist, sonst hätte er den Israeliten in gar keinem Falle gestattet werden können, wie denn z. B. Naub und Diebstahl auch am Ausländer zu begehen verpönt war. Daß aber der Jude vom Juden keinen Zins nehmen sollte, hieng mit den für's israelitische Volk gegebenen Vorschriften über Besißthum überhaupt zusammen. Der Gesetzgeber wollte keine große Vermögensungleichheit

1) Salamasius de usuris, ed. Elsevir. 1638. p. 649 sqq. und in der Praefat.

dulden, daher verbot er den Zins, und darum seßte er das Jubeljahr ein, in welchem das Grundeigenthum wieder an den alten Herrn zurückfallen und wahrscheinlich auch jede rückständige Schuld erlassen sein sollte 1). Diese bürgerliche Anordnung fand Christus vor, und er hat sie weder aufgehoben, noch für alle Zukunft als bindende Norm sanktionirt, wie Ambrosius meint, der offenbar zu viel beweist. Denn, wenn daraus, daß Christus sagte: non veni tollere legem, sed adimplere, gefolgert werden müßte, er habe auch das Zinsverbot fortbestehen lassen wollen, so müßte auch folgen, das Gesetz vom Jubeljahre sei noch anjeßt in Kraft.

Wie Christus überhaupt kein irdisches bürgerliches Reich gestiftet hat, so hat er auch keine bürgerlichen Geseze, wie das vom Zinse wäre, aufgestellt. Er verlangt zwar von seinen Schülern (Luk. 6, 34), daß sie auch Solchen geben sollen, von denen sie keine Heimzahlung hoffen können; und das thut der wahre Christ in nicht spärlichen Werken der leiblichen Barmherzigkeit. Aber in keinem Falle Zinsen zu nehmen, das hat Christus nirgends geboten; ja es ließe sich sogar aus der Parabel von den Talenten Matth. 25, 14 ff. die Erlaubniß dazu erschließen, denn zu dem dritten Knechte sprach der Hausvater: „du hättest doch mein Geld an die Wechsler geben sollen, dann hätte ich bei meiner Zurückkunft das Meinige mit Gewinn zurückerhalten." Das Gleichniß würde alle Kraft verlieren, wenn die Einrede des Knechtes angienge, solches wäre ja unerlaubt, Sünde gewesen.

Am wenigsten läßt sich aus Matth. 21. ein Verbot des Zinses erschließen. Es wird hier V. 12. erzählt, wie Christus die Wechseltische im Tempel umgestoßen habe; damit habe er das Wechselgeschäft überhaupt verpönt. Aber dann müßte doch auch der Taubenhandel, der Kauf und Verkauf überhaupt verboten sein, da es den übrigen Händlern nicht besser ergieng, als den Wechslern. Nicht weil sie Wechsler waren, sondern weil sie im Tempel dieß weltliche Geschäft trieben, traf sie die Strafe des Herrn.

Doch es ist nicht unsere Absicht, eine Apologie der Zinsen zu schreiben; wir wollten nur zeigen, daß manche Kirchenväter in diesem Punkte rigoristisch dachten und lehrten. Aber, und das ist nicht zu überschen, dieser Rigorismus hat blos bei einzelnen Vätern, nicht bei der allgemeinen Kirche statt, und nie hat eine allgemeine oder

1) De Wette, Archäol. §. 152. u. 161.

andere große Synode meines Wissens den Laien Zinsen zu nehmen verboten und Kirchenstrafen auf solche Wechselgeschäfte gelegt, vielmehr nur den Clerikern allein diesen Erwerb untersagt 1).

Der 44ste apostolische Canon lautet: „ein Bischof oder Presbyter oder Diakon, welcher Zins von seinen Schuldnern fordert, muß dieß aufgeben, oder er wird abgesezt" ).

Dieser Canon soll nach Drey ") zu den ältesten gehören, welche wenigstens ihrem Inhalte, wenn auch nicht ihrer Form nach unstreitig apostolisch seien. Mir aber scheint er zur Zeit Cyprians (A. 250) noch nicht existirt zu haben, denn dieser Kirchenvater klagt in seiner Schrift De lapsis 4) darüber, daß viele Bischöfe Zinsgeschäfte machen, und hätte wohl nicht unterlassen, auf einen so merkwürdigen direkt jenes Geschäft verbietenden Canon hinzuweisen, wenn anders derselbe schon bestanden hätte 5). Doch dem sei, wie ihm wolle; gewiß ist, daß der Canon nur den Clerifern Zinz zu nehmen verbietet, nicht aber den Laien, während sein Vorgänger Nr. 43. bei etwas wirklich Unsittlichem, der Spiel- und Trunksucht, auch ausdrücklich die Laien nennt, denen das Gleiche verboten sei. Ebenso Canon 63. 64. 65. 66. 69. 70. 84.

Uebereinstimmend hiemit lesen wir in den Akten des Concils von Arles im Jahr 314. Can. XII: „De ministris qui foenerant, placuit, eos juxta formam divinitus datam a communione abstineri" ). Ebenso verbietet die erste allgemeine Synode zu Nicäa (A. 325) can. XVII. nur den Clerikern (¿v ty xavóví ¿žetasóμevoi), Zinsen zu nehmen, unter Androhung der Ausschließung aus dem Clerus (xaaperoεtai tov xingov). Von den Laien ist hier (καθαιρεθήσεται τοῦ κλήρου). abermal gar nicht die Rede 7). Etwas später verordnete die Synode von Laodicea Can. IV. fein Cleriter dürfe Zinsen nehmen, ohne der Laien irgendwie dabei zu gedenken 8).

1) Vgl. Salmas. Praef. zu f. Werte de usuris, und die Schrift selbst p. 633. 637.

2) Cotel., Patr. apost. Opp. T. I. p. 448. Vgl. meine Conciliengesch. Bb. I. S. 788.

3) Neue Untersuchungen über die Constitutionen 2. S. 241. 245.

4) P. 183. ed. BB.

5) Vgl. Salmas. 1. c. p. 652. 653.

6) Harduin., Coll. Conc. T. 1. p. 265. Vgl. Conciliengesch. Bd. I. S. 180.

7) Harduin., 1. c. p. 330. 331. Conciliengesch. Bd. I. S. 405.

8) Hard., 1. c. p. 782. Conciliengesch. Bd. I. S. 727.

Das Concilium quinisextum hat Can. X. die Bestimmung des obengenannten apostolischen Canons fast wörtlich wieder aufgenommen, also: „ein Bischof oder Priester oder Diakon, der Zinsen oder die sogenannten Hundertel (centesima) nimmt, soll aufhören dieß zu thun, oder ausgeschlössen werden" 1). Auch hier ist nur von Clerifern die Rede. Nur ihnen verbietet endlich auch die Dekretale des Pabstes Leo I. in seinem Schreiben an die Bischöfe von Campanien, Picenum und andern Provinzen Italiens, Zinsen zu nehmen, wenn gleich dieser Erwerb hier auch an Laien getadelt wird 9).

Als Resultat bleibt uns: niemals hat die Kirche den Laien, wohl aber oft den Clerikern Zins zu nehmen verboten, wenn gleich einzelne Nigoristen älterer und späterer Zeit Zinsen überhaupt für unsittlich hielten, welcher Ansicht auch der Sammler des Corpus juris canonici gewesen zu sein scheint, indem er in den Dekretalen Gregor's IX. den Titel de usuris unmittelbar hinter den de furto ge= stellt hat.

7) Unter den verschiedenen Erscheinungsarten des rigoristischen Geistes wollen wir noch eine besprechen, die wegen ihrer praktischen Bedeutsamkeit vor vielen andern ein Anrecht auf unsere Aufmerksamteit hat, - ich meine den Widerwillen der alten Christenheit gegen wiederholte Verehelichung. Daß im reinsten Sinne die eheliche Verbindung auch über das Grab hinaus fortdaure, und die innige Vereinigung zweier Geister und Gemüther in ihr durch die vom Tode gebotene Trennung der Leiber nicht zerstört zu werden vermöge, das lehrte schon den Heiden in vorchristlicher Zeit das natürliche Gefühl und die Stärke der Liebe. Wer kennt nicht Dido's berühmte Worte bei Virgil 3)

Ille meos, primus qui me sibi junxit, amores

Abstulit; ille habet secum, servetque sepulcro;

und wer könnte jenen heidnischen Frauen Hochsinnigkeit absprechen, von denen Tertullian rühmt, daß sie lieber sterben, als zum zweitenmal heirathen wollten *)? Auch Pausanias erzählt von den griechischen Weibern, daß sie heilig und feierlich schwuren, nach dem Absterben des ersten Mannes ferner nicht mehr zu lieben oder sich

1) Hard., 1. c. T. III. p. 1664; Conciliengesch. Bd. III. S. 303.

2) Hard., l. c. T. I. p. 1753.

3) Aen. 1. IV, 19.

4) De Monogam. c. 17,

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