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damit keine Kirchenbuße im eigentlichen Sinne über sie verhängt wurde, hat schon Binterim gezeigt 1). Von einer solchen wissen auch die gleichzeitigen und etwas späteren Väter der griechischen Kirche nichts, z. B. Cyrill von Jerusalem, Amphilochius von Jconium, Epiphanius, Chryfoftomus und Theodoret 2). Dagegen redet der h. Basilius d. Gr. davon sehr ausführlich in den canonischen Briefen an Amphilochius. Die Alten, behauptet er, belegten den Bigamus mit einjähriger, sogar mit zweijähriger, den Trigamus aber mit drei oder vier-, ja fünfjähriger Buße. Er selber fügt bei, daß, wer mehr als zweimal sich verheirathe, nicht würdig sei des Namens Weib oder Mann. Doch völlig solle man solche Leute nicht aus der Kirche ausschließen, sondern sie 2—3 Jahre unter die Auditores (2. Bußklasse) und dann (nach der Analogie 1 Jahr) unter die consistentes (4. Bußklasse) versehen 3).

In seinem zweiten canonischen Briefe schreibt Basilius: die dritte Ehe sei nicht gescßlich gestattet; übrigens werde sie als ein Flecken an der Kirche geduldet und nicht öffentlich verurtheilt, weil sie doch besser sei als Fornikation *). Der Mauriner Herausgeber (vom dritten Theile der Werke des B. ist es Pr. Maran) wundert sich, wie Basilius hier sagen könne, die dritte Ehe werde nicht öffentlich verurtheilt, da er doch selbst im oben angeführten Canon 4 von einer 3-5jährigen Bußzeit spreche. Die Sache verhält sich aber so: wäre die dritte Ehe als an sich böse verurtheilt, so hätte der Trigamus vor Beginn seiner Buße dieser Geschlechtsverbindung entsagen müssen, wie der Concubinarius. Nun aber wurde die dritte Ehe tolerirt als Abwehr noch größeren Uebels, und darum zwar Buße dafür angesetzt, aber sie dech nicht verworfen, ihre Auflösung beim Antritt der Buße nicht verlangt. — Dieß ist der Sinn der Worte unseres Kirchenvaters, und so gefaßt stimmt dieser Canon mit dem früheren überein. Mehr Schwierigkeiten bietet der 80. Canon des Inhalts: die Polygamie übergehen die Väter als etwas thierisches und für das Menschengeschlecht fremdartiges mit Stillschweigen. Uns scheint sie eine größere Sünde als die Hurerei. Deßhalb müssen solche Leute der Buße unterstellt werden. Ein Jahr sollen sie unter den flentes

1) Denkw. IV. 1. G. 359.

2) Siehe ihre Aeußerungen bei Binterim a. a. D. S. 361–365.
3) Basil., Ep. 188. can. 4. Opp. Tom. III. p. 271. 272. ed. BB.
4) Ep. 200. can. 50. c. p. 297.

(erster Bußgrad), drei Jahre unter den substrati (dritter Bußgrad) bleiben, alsdann aufgenommen werden 1). Vor Allem ist hier zweifelhaft, was unter der Polygamie zu verstehen sei. Der Mauriner sieht darin die dritte Ehe; aber mit solchem Unrecht, daß eine einzige Bemerkung genügt, ihn zu widerlegen. Hier im 80. Canon, sagt Basilius, die Polygamie sei größere Sünde, als die Fornikation. Jm 50. Canon aber schrieb er, die dritte Ehe sci doch besser als Fornikation. Wie könnte er nun ohne grellen Widerspruch unter der Polygamie des Canons 80, welche schlimmer ist, als Hurerei, die dritte Ehe verstehen? Zonaras und Balsamon beziehen den Ausdruck auf die vierte Ehe, und meinen dieser Deutung könne nur das Bedenken im Wege stehen, wie auf die vierte Ehe nur eine vierjährige Buße gesezt sein solle, da ja schon die dritte mit 3-5jähriger belegt werde. Allein fürs Erste ist im 80. Canon aller Wahrscheinlichkeit nach die fragliche Polygamie doch auch mit einer fünfjährigen Buße belegt, denn die leßten Worte: „alsdann sollen sie aufgenommen werden“ beziehen sich wohl auf die Verseßung in die vierte oder oberste Bußflaffe 2). Das δεκτοὺς εἶναι correfpondit sem δεχθήτω im 75. Canon, wo zuversichtlich von der Aufnahme nicht in die volle Gemeinschaft, sondern in die Klasse der consistentes, die an den Gebeten aber nicht am Abendmahle Theil hatten, die Rede ist. In dieser Klasse verblieben die Büßer in der Regel 1 Jahr, und rechnen wir nun dieses zu den 4 im Canon 80 ausgedrückten Jahren hinzu, se kommt auch für den Polygamus eine fünfjährige Bußzeit zum Vorschein. Dazu kommt noch, daß die im Canon 80 bestimmte Bußart des Polygamus strenger ist, als die, welche Canon 4 über den Trigamus verhängt. Der Leßtere muß 2-3 Jahre im 2ten Grade bleiben und 1 Jahr im obersten; der Polygamus dagegen hat 1 Jahr in dem sehr beschwerlichen untersten Grade und drei Jahre in dem gleichfalls sehr strengen dritten Grade, der oft nar' ¿§oxò poenitentia heißt, zu verharren und noch 1 Jahr im milden obersten Grade zuzubringen. Es ist also sicherlich dem Polygamus eine strengere Buße von Bafilius angesetzt, als dem Trigamus und insofern könnte unter jenem wohl ein zum viertenmal oder noch öfter Verheiratheter verstanden sein. Wahrscheinlicher scheint mir jedoch, es sei

1) Ep. 217. can. 80. 1. c. p. 329.

2) Vgl. die Note des Mauriners z. b. St. und zu canon. 38. p. 295. Not. d.

hier im 80. Canon die Polygamia vera gemeint, denn von der successiven Polygamie war einmal schon im Canon 4 die Rede, und dann steht der Canon 80 in solcher Verbindung, daß man eher an Polygamie als an die vierte Ehe denken muß, denn die vorausgehenden Canones sprechen von lauter ganz groben fleischlichen Versündigungen z. B. Incest mit der Schwester oder Schwiegertochter, und Canon 77 von Verlassung der rechtmäßigen Frau und Verbindung mit einer andern (also eigentliche Bigamie) u. dgl. Sollte Basilius von der eigentlichen Bigamie nicht auf die eigentliche Polygamie übergeleitet worden sein? Durch all' dieß glaube ich berechtigt zu sein, unter Polygamia hier im 80. Canon die gleichzeitige Verbindung mit zwei oder mehreren Frauen zu verstehen. Aber warum belegt Basilius dieß nur mit 4 oder 5 jähriger Buße, die Bigamie des Canons 77 aber mit sicbenjähriger? Darum ohne Zweifel, weil dort (Canon 77) zu dem Frevel der Bigamie auch noch Verstoßzung der rechtmäßigen Gattin gefügt ist.

Alle diese unsere Untersuchungen über Basilius und seine Aeußerungen wären aber nahezu überflüssig, wenn P. Molkenbuhr und nach ihm Binterim Recht hätten, welche die drei berühmten canonischen Briefe an Amphilochius dem hl. Basilius geradezu absprechen 1). Ihre Gründe gehörig zu widerlegen, ist hier der Plaß nicht, und es mag genügen, darauf hinzuweisen, daß seit dem 6ten Jahrhundert bis auf uns unter Lateinern und Griechen die beiden Genannten die Einzigen sind, die solches gethan haben, und daß unseres Wissens auch nicht ein einziger Gelehrter ihnen beigetreten ist 2).

Die strengere Ansicht des hl. Basilius hat sichtlich auf die spåtere Praxis der griechischen Kirche eingewirkt, und in ihr den Nigorismus genährt 3). So belegte der Patriarch Nicephorus von Constantinopel (+ 814) den Bigamus mit einer zweijährigen, den Trigamus mit einer fünfjährigen Ausschließung von den hl. Sakra

1) Molkenbuhr, Diss. quinque de S. Basilio. Münster 1791. Bin terim, Denkw. Bd. 5. Thl. 3. S. 366 ff. und Bd. 6. Thl. 1. S. 362. 366. 370.

2) Nicht verschweigen können wir hier, daß Dr. Klose in seiner Biographie des hl. Bafilius (1835) leichtfertiger Weise ron Molkenbuhrs kritischer Beanstandung der 3 Briefe nichts sagt

nichts weiß.

3) Daß übrigens die 22. Novelle Justinian's die zweite Ehe nicht überhaupt verbiete, sondern nur in dem Falle, wenn der verstorbene Ehegatte die Viduität als Bedingung der Erbschaft gesezt hat, zeigt Binterim VI, 1. S. 353.

menten 1). Dagegen verheirathete sich der griechische Kaiser Leo d. Weise zum zweiten und dritten Male, ohne daß die Kirchenvorsteher ihn mit einer Buße belegt hätten. Als er aber in die vierte Ehe trat (F. 901), schloß ihn der Patriarch Nicolaus von der Kirchengemeinschaft aus. Den Beschluß desselben bestätigte eine constantinopolitanische Synode im J. 920 unter Leo's Sohn, Constantin VII. Porphyrogenetos, welche die zweite Ehe mißbilligte, die dritte der Buße unterwarf und jenen verbot, die schon über 40 Jahre zählten und Kinder aus den ersten Ehen hätten, die vierte aber mit der Exkommunikation belegte 2). Nach diesen Bestimmungen richtet sich die griechische Kirche bis auf den heutigen Tag, und hält fest an dem gänzlichen Verbot der vierten Ehe. Dagegen erlaubt sie (indulgendo) bei der zweiten Ehe gegen die Bestimmung des siebten unter den s. g. afrikanischen Canonen die feierliche Einsegnung verbunden mit der Krönung der Nupturienten, eine Nachsicht, die seit den Zeiten des Constantin Copronymus sich herschreiben soll, welcher der Erste war, der und zwar bei seiner dritten Ehe mit Eudoria gekrönt worden ist 3).

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Uebrigens hat noch nach Constantin Copronymus der Patriarch Nicephorus im Anfange des neunten Jahrhunderts vererdnet, daß der Bigamus nicht gekrönt werden solle *). Allgemeiner war die mildere Praris schon im eilsten Jahrhundert geworden, denn der Philosoph Nicetas, Erzbischof von Heratlea, schreibt darüber an den Bischof Constantin: „Die Gesetze verlangen zwar, daß der Bigamus nicht gekrönt werde; allein nach der heutigen Gewohnheit werden diese alten Vorschriften nicht mehr genau beobachtet, und Niemand legt dagegen Einsprache ein“ 5). Doch soll noch zu Leo Allatius Zeiten, im 17ten Jahrhundert, nicht in der ganzen griechischen Kirche solche Nachsicht in Betreff der Krönung der Bigami stattgehabt haben 6).

Von der griechischen Kirche wenden wir uns jetzt zur lateini

1) S. Binterim, Denkw. VI, 1. S. 366. Goar, Eucholog. gr. Paris 1647. p. 401.

2) Conciliengesch. Bb. IV. S. 561 f.

3) Martene, de antiq. eccl. ritibus. T. II. p. 609. Pellicia, de chr. eccl. politia T. II. p. 289. ed Bassan. 1782.

4) Goar, Eucholog. gr. p. 401.

5) Goar, l. c.

6) Pellicia 1. c. p. 289.

schen. Daß der Verfasser des Pastor, wahrscheinlich ein Bruder des römischen Bischofs Pius I. ums Jahr 150, die zweite Ehe für er laubt erkläre, haben wir oben gesehen. Aber es entging uns auch nicht, daß er das Verharren im Wittwenstande für sittlich vollkommener erachte, übereinstimmend mit dem Völkerapostel. Die gleiche Ansicht vertreten alle folgenden Lehrer und Synoden der lateinischen Kirche festhaltend an dem apostolischen Urtheil. Selbst der seiner ganzen Geistesrichtung nach rigoristische Tertullian hat vor seinem Uebertritte zum Montanismus die zweite Ehe niemals für unerlaubt erklärt, so gering er auch ihre sittliche Bedeutung anschlug.

Am meisten scheint ihre Rechtmäßigkeit in Afrika, wo Montanisten, Novatianer und Manichäer hausten, in Zweifel gezogen worden zu sein, deßhalb verordneten die alten Kirchenstatuten, daß bei dem Informativprocesse eines neugewählten Bischofs auch die zwei Fragen gestellt werden sollten: ob er die Ehe nicht überhaupt verwerfe, und si secunda matrimonia non damnet 1).

Richtig und schön spricht sich der Hl. Ambrosius über die Wiederverehelichung aus: nec prohibemus secundas nuptias, sed non suademus. Plus dico, non prohibemus secundas nuptias, sed non probamus saepe repetitas 2). Und doch hätte Ambrosius subjektive Gründe genug gehabt, mit Herbe über die zweite Ehe zu urtheilen. Eine Frau hatte ihren Mann verloren - und wollte verzweifeln. Ambrosius suchte sie zu trösten - und siche, die Verzweiflungsvolle heirathet schnell einen Andern. Dieser Begebenheit verdankt das oben angezogene Werk de viduis seine Entstehung, und es wäre kein Wunder, wenn darin in härteren Ausdrücken von der Wiederverehelichung gesprochen worden wäre. Die mildere Ansicht des hl. Ambrosius ist aber auch darum noch von großem Gewicht, weil gerade er zu den eifrigsten Lobrednern der Virginität gehörte, und darum zuverläßig über die zweite Ehe nicht persönlich günstiger dachte, als die Kirche seiner Zeit.

In gleichem Falle ist Hieronymus. So sehr er die Virginität anpreist und der einmaligen Ehe den Vorzug vor der wiederholten giebt, so sagt er doch ausdrücklich: Non damno digamos et trigamos, et si dici potest, octogamos. Aliud est non damnare,

1) Statuta ecclesiae ant. T. III. Opp. S. Leonis, ed. Baller. p. 654. Binterim, Denkw. VI, 1. S. 373.

2) De Viduis c. 11. Opp. II. p. 203.

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