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criminelle du moyen âge et du commencement des temps moderns".

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Es ließe sich auf Grund der Resultate der neueren Pentateuchkritik 1) eine israelische Rechtsgeschichte schreiben, die wohl in sehr vielen Fällen ein zutreffendes Bild liefern dürfte. Wir begnügen uns damit hinzuweisen, daß nach Klostermann Deut. 12-28 einen Gesetzesvortrag enthält, „in 2) welchem der Wortlaut wirklichen Gesetzes und Worte des Unterrichts über seinen Sinn und Grund oder über seine praktische Ausführung in der Kasuistik des wirklichen Lebens sonderbar ineinander gemischt sind". Das Gesetz wird hier als eine von Moses vorgetragene und sodann niedergeschriebene Rede bezeichnet. Damit ist schon angedeutet, daß es sich um eine die einzelnen Gebote erläuternde Gesetzespredigt handelt. Die scheinbare Einzigartigkeit der literarischen Doppelnatur dieses Buches, daß es bald als das Gesetz selbst erscheint, bald als Kommentar zu einem vorausgesetzten Gesetze, erklärt sich völlig aus seiner Entstehungsgeschichte... Jene Einzigartigkeit verliert aber ihr Verwunderliches, wenn wir sie auf dem Gebiet des Rechtsunterrichts bei einem anderen Volke in einer unter ähnlichen Bedingungen entstandenen Schrift in auffälliger Übereinstimmung wiederfinden. Das ist das altisländische Gesetzbuch der Grágás d. i. der Graugans." Eine solche Rechtsbelehrung findet stets am Kultheiligtum statt und geht von der Priesterschaft aus. Auch in Israel hat sie die Aufgabe, dem Volke die Furcht Jahves zu lehren (Deut. 14, 23). Mit der Form der Rechtsbelehrung geht zugleich die tatsächliche Gerichtsbarkeit in die Hände der Priester über. Sie üben die Gerichtsbarkeit und werden zu Anwälten rechtlich-sittlicher Forderungen an ihre Zeitgenossen, besonders in der nachexilischen Zeit.

Geschlechterverfassung.

Geschlechterverfassung und Geschlechterrecht sind für die Universalgeschichte von größter Bedeutung. Trotz der

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2) Klostermann: in der Neuen kirchl. Zeitschrift. Heft 9. S. 693.

XIV. Jahrg.

Verschiedenheit ihrer Ausbildung dokumentiert sich hierin die Einheit des Menschengeschlechts.

Für die Entwicklung des Familienrechts sind die Verwandtschaftssysteme bedeutungsvoll. Es gibt drei Systeme: Vater-, Mutter- und Elternverwandtschaft. Das Mutterrechtssystem darf als das ursprüngliche gelten. Bei den Israeliten kommt das Mutterrecht zur Geltung bei den Kindern der Sklavinnen, bei der Adoption durch die Ehefrau, weiter in der Institution der Erbtöchter. Daneben hat sich das Vaterrechtssystem ausgebildet. Die geschlechtsgenossenschaftlich organisierten Verbände leiten sich von einem gemeinsamen Ahnherrn her. Die animistischen Anschauungen führen zum Ahnenkultus. Der Stammparens ist der Beschützer des Geschlechts und der einzelnen Familie und genießt göttliche Verehrung. So steht das Vaterrecht unter göttlichem Schutz. Das Kind geht in die Familie des Vaters über. Die Mutter bildet nur das Feld, auf dem das Samenkorn gepflegt wird. Damit hängt auch die Wertung der israelitischen Frau zusammen. Es herrscht polygamische Ehe, die nur in dem Vermögen des Mannes eine Beschränkung findet. Die Frau wird durch Raub oder Kauf oder Erdienen erworben. Sie gehört zum Eigentum des Mannes und bildet einen Teil des befriedeten Besitzes. Bei dem Tod des Ehemannes und im Fall der Kinderlosigkeit geht sie in den Besitz seines Bruders über. Solange die Geschlechtsverfassung herrscht, ist der Grundbesitz gemeinsames, unteilbares Gesamteigentum. Teilbar ist nur das bewegliche Gut. Der Erstgeborene bekommt den doppelten Anteil und übernimmt dafür die Versorgung und den Schutz aller Frauen und Geschwister. Er ist der Mundwalt der ganzen Familie und übt ihre Rechte und Pflichten aus. Er ist der Bluträcher, der über die Sühnung des Mordes. wacht. Im Vaterrechtssystem ist das eigentlich nur wegen seiner Vollkraft geachtete Individuum auch im Alter geehrt. Der Name „Alter" (ziqne) wird zum Ehrentitel mit dem Prärogativ der Rechtsprechung. Die Kinder stehen unter der väterlichen Gewalt, die das ius vitae et necis (Gen. 22) in sich schließt. Arme Väter können ihre Kinder verkaufen.

Knaben zu rauben, ist streng verboten. Denn sie sind die Pfleger des Ahnenkultus.

Während die moderne Gesetzgebung die Eheschließung erleichtert, die Scheidung aber möglichst erschwert, gilt für die israelitischen Bestimmungen der Rechtssatz der Gleichheit der Eheschließung und -scheidung. Ebenso leicht wie die Ehe geschlossen wird, kann sie auch gelöst werden. Die Geschiedene erhält den Scheidebrief und kann sich wieder verheiraten oder ins Elternhaus zurückkehren. Unfruchtbare haben das Recht, Sklavinnen als Kebsen ihrem Manne zuzuführen. In dem gleichen Maß, wie das Weib in der Achtung steigt, bildet sich die Wertschätzung der Jungfrauschaft aus. Voreheliche Defloration ist strafbar.1) Ehebruch ist Bruch des mundschaftlichen Rechts des Ehemannes. Darin liegt die Begründung des Racherechts und der sofortigen Ehescheidung.

Es sind unabweisbare Anzeichen vorhanden, daß das Vaterrecht nicht ohne Komprommisse und Abfärbungen zum Siege gelangt ist. Denn wenn die israelitische Sprache, gleich wie die arabische, die Bedeutung „Volk“ und „Verwandte von Vatersseite" in einem Wort (am aboth eigentl. Vaterhäuser) vereinigt, so ist das nur da möglich, wo die väterliche Verwandtschaft zugleich auch die politische gewesen ist.

Mit der Seßhaftigkeit bildet sich die aus dem Nomadentum hervorgewachsene Geschlechterverfassung zur gaugenossenschaftlichen Organisation aus. In bemerkenswerter Weise tritt die alte geschlechtsgenossenschaftliche Solidarität zutage beim Eid. Wenn der schwörende Israelite seine Hand an die Hüfte 2) dessen legt, dem er schwört, so sind die beiderseitigen Nachkommen solidarisch an den Vollzug des Eides gebunden. Was der Schwörende tut, verpflichtet nicht nur ihn, sondern auch seine Familie und seine Nachkommen.

Trotz aller anderen Einflüsse hat sich bei den Israeliten die alte Geschlechterverfassug, wenigstens der Hauptsache

1) Priestertöchter werden verbrannt. Die Strafe für Defloration einer Freien beträgt 30 Silbersekel.

2) Die Hüfte gilt als Sitz der Zeugungskraft; wohl ein Rest von Phallusdienst.

nach, erhalten. Die Geschlechtsältesten behalten auch in der Königszeit die Gerichtsbarkeit. Das königliche Gericht bildet. die oberste Instanz in allen Rechtssachen. Je schwächer aber das Königtum und die alte Geschlechterfassung wird, desto größer wird der Einfluß der Priester auf die Gesetzgebung und Rechtsprechung, bis beide völlig in ihrer Hand sind. Dies ist ganz besonders in der nachexilischen Zeit der Fall. Schon in alter Zeit wegen des Gottesurteils von entscheidendem Einfluß auf den Rechtsgang tritt nun die Priesterschaft als Anwalt sittlicher und rechtlicher Forderungen auf und strebt die ganze Gesetzgebung in rechtlicher, kultischer und sozialer Hinsicht zu reformieren. Eben damit tritt die Priesterschaft das Erbe der alten Stammes- und Geschlechteshäupter an.

Eherecht.

Das ganze israelitische Eherecht 1) gründet sich auf die Anschauung, daß das Weib Eigentum des Mannes ist. Daraus ergibt sich:

1. Die Polygamie, 2. die erleichterte Ehescheidung, 3. die Ansicht, daß durch Ehebruch das Weib die eigene Ehe bricht, der Mann eine Eigentumsverletzung begeht.

Ehehindernisse kennt die älteste Zeit nicht. Erst das Deuteronomium verbietet: die Ehe mit den Weibern des Vaters, Deut. 27, 20-23. mit der Schwester und Schwiegermutter. Der Erfolg dieser Verbote war nach Ez. 22, 10 ff. gering. Die Priesterschrift nimmt die Verbote des Deuteronomiums auf und erweitert sie. Es ist demnach die Ehe untersagt:

1. mit der eigenen Mutter Lev. 18, 7;

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1) Vgl. auch Köhler: Zur Urgeschichte der Ehe. Stuttgart 1897 und Mucke: Horde und Familie. Stuttgart 1895.

2) Das Eheverbot mit der eigenen Tochter scheint durch einen Textfehler (Lev. 18, 10) ausgefallen zu sein; vgl. hierzu Gen. 19, 30 ff.

Esr. 9.

6. mit zwei Schwestern zugleich 18, 18;

7. dem Weib des Vaters 18, 8; 20, 11;

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8. dem Weib des Oheims von väterlicher Seite 20, 20;

9.

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18, 14;

der Tante von väterlicher und mütterlicher Seite 20, 19;

10. dem Weib des Bruders 18, 16.

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Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die Ehehindernisse im Zusammenhang mit dem Verbot des geschlechtlichen Umgangs mit der Menstruierenden und dem Laster der Tierschande erwähnt werden. Denn das Blut der Menstruierenden gilt bei vielen Völkern als gefahrbringend. Es scheinen also religiöse und superstitiöse Gründe hier mitgewirkt zu haben; freilich lassen sie sich nicht mehr aufzeigen. Die Verbote aus sittlichen Motiven herzuleiten, ist unmöglich.

Ein weiteres Ehehindernis bildet die Religion und die Zugehörigkeit zu einem anderen Volk. Daher wird das Connubium mit den Kanaanitern verboten, jedoch die Verteilung der Weiber einer eroberten Stadt erlaubt. Wenn Leviten und Priester fremdländische Weiber heiraten, so erkennen wir daraus, wie wenig diese Gebote beachtet wurden. In die älteste Zeit reicht anscheinend die Schwagerehe 1) (Leviratsehe) zurück. Denn sie gründet sich auf den Ahnenkult. Das größte Mißgeschick ist es, wenn die abgeschiedene Seele den Kult der Nachkommen entbehren muß. Darum hat der überlebende Bruder die Pflicht, seinem kinderlos verDeut. 25, 5 ff. storbenen Bruder „Samen zu erwecken". Wer sich dieser Ruth 4, 7. religiösen und moralischen Pflicht entzieht, verfällt der Ent

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ehrung und geht des Erbguts verlustig. Die Witwe darf ihm vor den Ältesten den Schuh von den Füßen ziehen und ihm ins Gesicht spucken und sprechen: „So soll es jedem ergehen, der seines Bruders Haus nicht bauen will." Demgegenüber will die Priesterschrift in Lev. 20, 21 und 18, 16 die Leviratsehe abschaffen. Denn durch die Einführung der „Erbtöchter“, die innerhalb ihres Stammes heiraten müssen, ist das Levirat

1) Vgl. Westermarck: Geschichte der menschlichen Ehe. Jena 1893. S. 512 ff.

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