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so stimmte auch das Volk während der Fahrt des Götterwagens Lieder zu Ehren der wiederkehrenden Göttin an, unter deren Klängen Reigen getanzt und Aufzüge dargestellt werden. Dabei mögen wohl feierliche Hymnen gesungen sein, die, wenn auch nicht wörtlich, so doch inhaltlich dem ags. Liede entsprachen:

Heil dir Erde, Menschenmutter,

Werde du fruchtbar in Gottes Umarmung,

Fülle mit Frucht dich, den Menschen zum Nutzen!

Nach Beendigung der Festzeit wurde der Nerthuswagen mit dem Bilde der Göttin und den Decken ins Wasser

gezogen. Ein uralter Rest aus längst vergangener Zeit mag in diesem Brauche fortleben, ein Regenzauber, durch den man hinreichenden Regen auf die frisch bestellte Saat herabzulocken wähnte. Der erste Pflug und die erste Egge wurden mit Wasser begossen oder in einen Bach und See gestürzt, beim Pflugumziehen wurde der Wagen mit den vorgespannten Mägden ins Wasser getrieben. Der eigentliche Festakt endete mit dem Opfern der Diener, indem man (der Priester ?) sie in die Tiefe des Sees stürzte; aber dieses Menschenopfer sollte nicht die erhoffte Wirkung des Regenzaubers verstärken, sondern es wurde der höchsten Göttin dargebracht, die in ihr unterirdisches Reich zurückkehrte.

So mischen sich selbst im alten Nerthuskulte Vorstellungen und Gebräuche einer noch viel älteren, roheren und einer fortgeschritteneren Zeit. Wie die Frühlingsfeste sich geschichtlich weiter entwickelt haben, lehrt ein Zeugnis des 13 Jhd., das die niederländische Sitte schildert, eine Pfingstkönigin zu wählen (Ägidius). Zur Zeit des Bischofs Albero von Lüttich († 1155) wählten Priester und Kleriker am Oster- und Pfingstfeste gemeinsam mit dem Volke aus den Weibern der Priester eine aus, schmückten sie mit Krone und Purpur, setzten sie auf einen Thron, verhüllten sie mit Gewändern und ernannten sie zu ihrer Königin. Dann stimmten sie den ganzen Tag hindurch unter Begleitung von Musikinstrumenten Lieder von ihr an und erwiesen, wie wirkliche Götzenanbeter, ihr wie einem Götzenbilde Verehrung.‘ Also noch im 12. Jhd.

verehrte man die auf einem Wagen herumziehende und durch Gardinen oder Schleier verdeckte Pfingstkönigin wie ein Götterbild und feierte sie mit Chorgesängen und Reigen.

Wie kam Tacitus oder vielmehr sein Gewährsmann dazu, die ingv. Hauptgöttin durch die römische ,terra mater zu verdolmetschen? Die Übereinstimmung zwischen dem Frühlingsfeste der Nerthus und der Cybele ist in der That auffallend. Am 22. März feierte man in Rom das Fest der phrygischen magna mater, der mater deûm. Im Pinienhaine der Cybele wurde ein schöner Baum ausgewählt, sein Stamm mit wollenen Binden umwickelt, die Äste mit Krummstab, Tympana, Flöten, Klapperblechen behängt und mit den ersten Blumen des Frühlings, mit frischen Veilchen geschmückt, und die Figur eines Jünglings, des entmannten und in eine Fichte verwandelten Attis, dazwischen gebunden. Der abgehauene Stamm wurde feierlich ins Allerheiligste der grossen Mutter gebracht. Vom 22. bis 24. März herrschte Fasten, Trauer und Klage, am 25. aber folgte Freude und Jubel, denn Attis war wieder zu neuem Leben erwacht. Am 27. fand ein feierlicher Umzug statt der dazwischen liegende Tag war Ruhetag und das Bild der Göttermutter wurde auf einem von Rindern gezogenen Wagen, umdrängt von der jubelnden und Lieder anstimmenden Menge, durch die Stadt nach der Mündung des Flusses Almo in die Tiber gefahren und dort dicht vor der Porta Capena mit dem Wagen gebadet. Bei der Rückkehr des Zuges in die Stadt wurden der Wagen und die Zugtiere mit Blumen bestreut, ein Priester und eine Priesterin phrygischer Abkunft hielten unter Flötenspiel und Paukenschlag und Absingen heiliger Lieder zu Ehren der göttlichen Mutter von einem Stadtviertel zum andern Umgang und sammelten Haus bei Haus Gaben ein. Es war die einzige in Rom erlaubte Kollekte.

Die Umfahrt der grossen Mutter auf dem von Rindern gezogenen Wagen und ihr Bad samt dem Wagen ist in beiden Feiern die Hauptsache; ein römischer Zuschauer des deutschen Festes musste mit Notwendigkeit dazu kommen, an den Kultus der mater zu denken und durch Erinnerung an das röm.

Fest das deutsche zu veranschaulichen. Hier wie dort umringt den Umzug die festlich gestimmte, dicht gedrängte Menge (Wer zählt die Völker, kennt die Namen, die gastlich hier zusammenkamen?), hier wie dort begrüsst die Göttin auf ihrem Wagen feierlicher Gesang, frische Blumen werden gestreut, das Fahrzeug geschmückt und endlich findet in Rom wie auf Seeland die Einsammlung der Steuer von Haus zu Haus während der Procession statt. Die interpretatio romana geht also allein von dem äussern Hergange des Kultus aus. Das ist festzuhalten, um zu einem Verständnisse der Göttin Nehalennia zu kommen.

3. Nehalennia.

Von einer Göttin Nehalennia weiss man erst wieder seit dem 5. Januar 1647. Heftige Ost- und Nordostwinde tobten an der batavischen Insel Walcheren (an der Scheldemündung) und legten bloss, was Jahrhunderte lang unter dem Dünensande verborgen gewesen war. Bei Eintritt der Ebbe erblickten die Bewohner von Doomburg, einem Städtchen an der Nordwestküste, 45 Trümmer von Säulen, Altären und Statuen mit Inschriften und Darstellungen. Aus ihnen ging hervor, dass man die Reste eines Tempels der Nehalennia. vor sich hatte. Von diesen Denksteinen sind 22 noch heute. erhalten, die übrigen bei einem Brande verloren gegangen. Im Herbst 1870 wurde abermals bei Doomburg aus dem Flugsande des Strandes ein Altar der Nehalennia ans Tageslicht getrieben.

Zwar war schon im Jahre 1600 im alten Ubierlande, in Deutz, ein derselben Göttin geweihter Altar gefunden, aber nicht bekannt geworden; 1776 oder 1777 fand man in Deutz eine neue Inschrift.

Auf 18 Altären ist Nehalennia bildlich dargestellt, 4mal stehend, 4mal sitzend. Sämtliche Bilder zeigen die Göttin in einen weiten, mit einem grossen Kragen versehenen Mantel gehüllt, der durch eine Agraffe zusammen gehalten wird. Auf einigen trägt sie eine Kappe oder Flügelhaube, wie sie

noch im 13. und 14. Jhd. in ganz Deutschland üblich war und in den Niederlanden noch heute vorkommt. Auf 11 Altären sitzt, bald zur Rechten, bald zur Linken der Göttin ein Hund mit horchend zu ihr erhobenem Kopfe.

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Auf 3 Altären erscheint neben ihr ein Schiffsvorderteil, auf einem hält sie ausserdem ein Ruder in der Rechten: einmal ruht der linke Fuss der stehenden Göttin auf dem Steven, das andere Mal beide Füsse, auf dem 3. Stein stützt sie sitzend den linken Fuss auf den Kiel. Auf einem Doomburger Altare löst ein seefahrender Kaufmann der Göttin Nehalennia ein Gelübde für glückliche Errettung seiner Waren. Auf 10 Altären, wo die Göttin sitzend dagestellt ist, trägt sie einen Korb oder eine Schale mit Äpfeln und andern Früchten. Auf 5 Steinen ist sie mit Füllhörnern abgebildet, die sich

nebst Bäumen und Reben auch öfters an den Seitenwänden finden. Auf einem Altar ist ein Jagdknecht abgebildet, an einem Stabe schreitend und auf dem Rücken einen erbeuteten Hasen tragend.

Die Verehrung der Göttin ist also für den Rhein und die Nordseeküste bezeugt. Dass die Inschriften von Deutschen herrühren, bezeugen die deutsche Kleidung der Nehalennia, der verhüllende Mantel, der deutsch gekleidete Jagdknecht, der einen Hasen am Stocke trägt, und das Vorkommen deutscher Namen auf den Altären: Ambacthius (ahd. ambaht Amt, Dienst, ambiht Diener), Hugdio (batav. Hugipeo, oder Koseform zu Hugdulfus, got. gahugds Verstand, ahd. hugu Gemüt), Dacinus (zu ahd. decchen, ags. gedeccean, oder Weiterbildung der Koseform eines mit Dag- skr. dah,brennen gebildeten Vollnamens), Liffio (beharrlich, got. bileiban). Der röm. Soldatendienst, bei dem die lateinische Sprache gebraucht wurde, erforderte, dass die Germanen sich neben ihrem heimischen Namen auch einen römischen beilegten; aber an der Verehrung ihrer Götter wurden sie nicht gehindert.

Wie auf Seeland das Nerthusheiligtum der sieben ingv. Stämme gelegen war, so wird auf der Insel Walcheren ein Tempel der Nehalennia gestanden haben. Vielleicht ist dieses das Heiligtum, das der hl. Willibrord im Jahre 694 besuchte (V. Willibrordi, 14). Als der ehrwürdige Mann nach seiner Gewohnheit unterwegs war, um zu predigen, kam er an ein Dorf namens Walichrum, wo ein Götzenbild als Rest des alten Jrrwahns geblieben war. Dieses zertrümmerte der Mann Gottes in seinem Eifer vor den Augen des Hüters dieses Götzen. Der aber schlug rasend vor Zorn, um die seiner Gottheit zugefügte Beleidigung zu rächen, in der Leidenschaft seines thörichten Sinnes mit dem Schwerte nach dem Haupte des Priesters Christi. Aber Gott verteidigte seinen Knecht, sodass er durch den Hieb nicht verletzt wurde. Als aber seine Gefährten das sahen, eilten sie herbei, um die frevelhafte Vermessenheit des gottlosen Menschen durch seinen Tod zu rächen. Aber der Mann Gottes befreite frommen Sinnes den Schuldigen aus ihren Händen und entliess ihn frei.

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