ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

..Wenn ein Mann ein kleines [Kind] in Adoption genommen hat und sobald sie es genommen haben, es sich an Vater und Mutter versündigt, kehrt dieses Ziehkind in das Haus seines Vaters zurück“.

In Müller's Erläuterungen (S. 145) heißt es: Das Gesetz sorgt für die Adoptivkinder in sehr humaner Weise. Ist das Adoptivkind ungehorsam und rebellisch, wird es nach Hause geschickt . . .

66

Wenn wirklich Hammurabi eine derartige Bestimmung getroffen hätte, so wäre das höchst befremdlich. Denn es hieße ja geradezu eine Prämie auf den Ungehorsam und die Rebellion' setzen und die Aufhebung der Adoption in einer, jedem rechtlichen und wirtschaftlichen Bedürfnis zuwiderlaufenden Weise erleichtern.

Und andererseits geschieht etwa die Adoption nur um den Adoptiveltern in bequemer Weise die Rechte und Freuden der Elternschaft zu sichern, während sie vor deren Pflichten und Beschwerden ängstlich zu behüten sind? Der Jurist unter den angeführten Bearbeitern hat auch die Schwierigkeit offenbar gefühlt und supponiert deshalb schwere Verfehlungen als Vorbedingung des Zurückgehens der Adoption. Aber davon steht im Text des Gesetzes nichts.

So kommt denn auch die juristisch-sachliche Unmöglichkeit nur durch philologische Unachtsamkeit zu stande, durch eine Vernachlässigung zweier Hauptvorzüge von Hammurabi's Gesetzen, der Klarheit der Syntax und der Terminologie. Es ist nämlich absolut unmöglich, sowohl 1) zu den Worten er vergeht sich gegen seinen Vater und seine Mutter" das Adoptivkind als Subjekt zu begreifen wie 2) unter seinem Vater und seiner Mutter" die Pflege-Eltern zu verstehen.

1) Ein Subjektswechsel wird im Codex Hammurabi immer deutlichst hervorgehoben. Das geschicht sogar in den Fällen, wo dem Sinne nach oder durch deutliche Bezeichnung des Objektes jede Zweideutigkeit ausgeschlossen ist. Ich greife einige Beispiele heraus.

§ 185. „Wenn ein Mann“ (genauer „Nimm an, setze den Fall1: ein Mann hat etc.") einen minderjährigen in seinem eigenen Namen als Vater angenommen und zur Vaterschaft aufgezogen hat, so kann dieser Zögling („er“ hätte genügt) nicht zurückgefordert werden.“

die Beachtung der Übergänge zwischen den einzelnen Gesetzesgruppen im Hammurabi-Gesetz besonders lehrreich ist, und daß die Hineinarbeitung und Verwertung älterer babylonischer Gesetze offenkundig ist, hat Müller in Übereinstimmung, aber unabhängig von mir (Kulturmission S. 47 ff., bes. S. 52) erkannt; schade, daß dieser richtigen Erkenntnis die Irrlehre vom Urgesetz entkeimt ist. Näheres im Verfolg eines im Februar d. J. in Berlin gehaltenen Vortrages andernorts.

1) Daß šumma, „wenn“ keine Konjunktion ist und deshalb die Bedingungssätze nicht den Regeln für die Nebensätze (Anwendung der verbalen Relativform auf u) unterliegen, hat Ungnad, Zur Syntax der Gesetze Ḥammurabis, Zeitsehr. für Assyr. XVII S. 351/78 gezeigt. Ungnad nimmt an, šummâ sei 3. pers. plur. fem. mit neutraler

§ 128. „Wenn ein Mann eine Frau nimmt und ihre Verträge nicht gemacht hat, dieses Weib ist nicht Ehefrau."

Selbst da, wo kein Subjektswechsel stattfindet, wird, um jeden Zweifel auszuschließen, das Subjekt wiederholt:

§ 109. Wenn eine Weinschenkin, in deren Hause sich Verschwörer versammeln, diese Verschwörer nicht anzeigt und nicht zum Palaste bringt, so soll diese Weinschenkin1) sterben.".

་་

Lehrreich hinsichtlich der syntaktischen Deutlichkeit ist auch § 154: Wenn ein Mann seine Tochter erkennt, diesen Mann (awilum šuati) vertreibt man aus der Stadt" (ali ušezzú-šu). ...Sie vertreiben ihn aus der Stadt" allein hätte genügt, um den Gedanken an eine Verjagung der Tochter auszuschließen, da sie vertreiben sie" ušezzû-ši heißt. Aber daß die entfernte Möglichkeit einer Verwechslung der beiden Pronominalsuffixe (für das Ohr) ausgeschlossen wurde, war ein Gewinn.

Im § 186 kann sich daher er verging sich" oder vielmehr „er vergewaltigte" nur auf das Subjekt, den Adoptanten, beziehen.

Hinzu kommt, daß die Worte nachdem er ihn genommen hat" (inuma ilkú-šu) in Winckler's Übersetzung einen reinen Pleonasmus bilden würden, während die Sprache des Gesetzgebers sich davor genau so ängstlich hütet, wie vor unklarer Überkürze.

Beiden Mängeln suchen D. H. Müller und Kohler-Peiser abzuhelfen: der eine, indem er das Verbun in inuma ilkû-šu unzulässigerweise als

Bedeutung vom Intensivstamm (II1) der Wurzel es ist gesetzt". Ich glaube, wir können der störenden Annahme eines femininen Plurals mit neutraler Bedeutung entraten, summa ist wohl Imperativ desselben Verbalstammes (II) mit kohortativem a und einer event. die Vokallänge ersetzenden (für *šûma) oder noch zu ihr hinzutretenden und sie dann vernichtenden (für *šûmma) Verstärkung des dritten Radikals („nimm an“, „setze den Fall"). Meist genügt die Übersetzung „wenn“, aber es gibt Fälle im Gesetze, wo die wörtliche Übersetzung: „uimm an“ eine weit klarere Wiedergabe ermöglicht.

"

1) Wenn ich für die enklitisch aus Verbum angehängte Partikel -ma die Übersetzung und beibehalte, so soll darin keine Nichtbeachtung und kein Widerspruch gegen D. H. Müllers scharfsinnige Darlegungen (1884 und jetzt a. a. O. S. 252 ff.), daß sie Ausdruck einer Subordination sei, liegen. Es ist jedenfalls anzuerkennen, daß -ma mindestens nicht die Kopula schlechtweg vertritt, sondern und hierauf“, und deshalb“ bedeutet, und es ist sehr wohl möglich, daß sich daraus eine syntaktische Subordination des dem -ma vorausgehenden Satzes entwickelt hat. Aber ob das für das babylonisch-assyrische Sprachgefühl immer der Fall war oder gar ob -ma von vornherein die Funktion hatte, temporelle oder causale Adverbialsätze einzuleiten, ist mir noch fraglich. Gerade der § 109 gehört zu den Fällen, die Bedenken erregen. Er lautet bei Müller: „Wenn eine Weinverkäuferin, nachdem in ihrem Hause Verschwörer sich versammelt hatten (ittarkazu-ma) [und] nachdem die Verschwörer nicht festgenommen worden sind, la issabtûma, sie [dieselben] in den Palast nicht bringt, wird diese Weinverkäuferin getötet."

3*

Pluralform anspricht und so einen sinnwidrigen Subjektswechsel schafft,1) dem dann natürlich ein zweiter, durch Wiederaufnahme der Singularform gekennzeichneter, ohne weiteres folgen durfte, die anderen, indem sie eine grammatische Unmöglichkeit) und eine Änderung im völlig unbeschädigten Texte) als zwei, natürlich gleichermaßen unbeschreitbare Auswege zur Wahl stellen.

2) Die Hammurabi's Gesetz charakterisierende Klarheit der Terminologie) tritt besonders scharf u. A. beim ehelichen Güterrecht hervor. Zu allen Zeiten und in allen Sprachen geht die technische Bezeichnung den Weg, daß an sich synonyme Wörter der Umgangssprache zu begrifflicher Unterscheidung spezialisiert werden. Die drei babylonisch-assyrischen Bezeichnungen für Geschenk, Gabe", šeriktu, nudunnú, kištu erhalten im Gesetz die Bedeutung: Mitgift, die die Frau mit in die Ehe erhält; Verschreibung, die der Mann der Frau auf den Todesfall ausstellt und mangels deren das Gesetz für den Todesfall Bestimmungen ab intestato trifft; und freiwillige Zuwendung, z. B. des Vaters an den bevorzugten Sohn (Praelegat). In späterer Zeit hat sich die Terminologie nicht unwesentlich und nicht zum Vorteil der Einheitlichkeit und Klarheit des auf dem Fundament des Hammurabi-Gesetzes erbauten Rechtsgebäudes verändert. Dies geht aus einem mehr als 1000 Jahre später aufgezeichneten Gesetze") hervor. dessen einschlägige Bestimmungen inhaltlich als Ergänzung und Ausbau der des Codex Hammurabi gelten können. Aber hier heißt, was unbeachtet geblieben ist.) nudunnu Mitgift und der frühere Name der dos, šeriktu, bezeichnet nunmehr das Geschenk des Mannes an die Frau.

Angesichts der bei Hammurabi herrschenden Sorgfalt in der Terminologie ist es von vornherein undenkbar, daß die Bezeichnungen für den leiblichen Vater und für den Pflegevater so wenig unterschieden sein sollten, daß in einem und demselben Paragraphen, wie es zuerst Winckler angenommen hat, abu einmal den Adoptivvater und einmal den leiblichen Vater bedeuten solle. Und so vergleiche man denn § 190: Wenn ein Mann ein Unmündiges zur Kindschaft angenommen hat. es aber nicht zu seinen Kindern rechnet" (in der Behandlung oder vermögensrechtlich), „dieses Adoptivkind (tarbîtum ši) soll ins Haus seines Vaters (ana bit abi-šu) zurückkehren," mit § 191: Wenn ein Mann ein Unmündiges zur Kindschaft angenommen und aufgezogen und seiner Familie einverleibt hat, später aber Kinder bekommt und sich anschickt,

[ocr errors]

ན་

1) ilkû-su ist 3. pers. sing. Imperf. in der Relativform für (ilkîu-šu), wie sie in dem durch inuma „als“ eingeleiteten Nebensatze (vgl. Ungnad a. O.) erforderlich ist. 2) ilkû-šu kann unmöglich Partizipialform sein, diese würde lakî-šu lauten. 3) Einfügung eines ša, wodurch aus ilkû-šu „er nahm“ ša ilku-šu „der, welchen er nahm" würde. 4) S. Babyloniens Kulturmission S. 53. 5) Peiser, Berl. Sitzungsber. 1889, S. 825 ff.

S. 51 Anm. 2, S. 119 Anm. 2.

6 So bei Kohler und Peiser „Hammurabi's Gesetz“

das Adoptivkind (tarbîtum) zu entlassen, dieses Kind soll nicht seinen Weg gehen, sondern der Adoptivvater (abu murabi-šu, wörtlich der Vater, der ihn großgezogen, der „Ziehvater“) ihm ein Drittel eines SohnesAnteils geben."

Vergleiche ferner § 192: „Wenn das leibliche Kind eines Buhlen oder einer Dirne zu seinem Pflegevater oder seiner Pflegemutter (ana abim murabi-šu u ummim murabiti-šu) spricht: ,nicht bist Du mein Vater', nicht bist Du meine Mutter', so soll man ihm die Zunge abschneiden." Und § 193: „Wenn das (leibliche) Kind eines Buhlen oder einer Dirne das Haus seines (leiblichen) Vaters (bit abi-šu) kennen gelernt hat, hierauf seinen Pflege-Vater und seine Pflege-Mutter verwirft (?) und (nunmehr) in das Haus seines (leiblichen) Vaters (ana bit abi-šu) zurückkehrt, reißt man ihm das Auge aus."

So erkennen wir denn, daß das, was die deutschen Übersetzer in dem § 186 haben finden wollen, im Gesetze in wörtlicher, deutscher Wiedergabe folgendermaßen hätte ausgedrückt werden müssen:

,,Nimm an: ein Mann hat einen Unmündigen zur Kindschaft angenommen, dieses Adoptivkind aber vergeht sich später gegen seinen Pflege-Vater und seine Pflege-Mutter; dieses Kind soll ins Haus seines Vaters zurückkehren. 1)

Hammurabi's Worte aber besagen etwas ganz Anderes. nämlich:

Nimm an: ein Mann hat einen Unmündigen adoptiert und als er es adoptierte, dessen Vater und Mutter vergewaltigt; dieses Adoptivkind soll zum Hause seines Vaters zurückkehren.“2)

D. h. eine erzwungene Adoption ist ungültig.

So habe ich die Bestimmung mit meinen Hörern im W.-S. 1902/3 gedeutet, noch ehe ich erkannte, daß die etwas unklare Fassung der wörtlichen Übersetzung bei Scheil dasselbe besagte, wie aus der Récapitulation sowohl wie aus Dareste's Abhandlung über Hammurabi's Gesetze im Journal des Savants ersichtlich ist.

Das Gesetzeswerk selbst aber bietet noch eine weitere Bestätigung dieser sprachlich und sachlich allein möglichen Fassung des § 186. Es folgen nämlich im Text unmittelbar die folgenden Worte:

„Das Kind eines Buhlen (favorite), der zum Palaste gehört“ (von Tempelknecht, wie bei Kohler-Peiser durchweg, ist nirgends die Rede) und das Kind einer Dirne darf nicht zurückgefordert werden."

Scheil hat diese Bestimmung entgegen der Absicht des Gesetzgebers,

1) Šumma awilum şiḥram ana marûtim ilkî warka tarbîtum šî abam murabî-šu u ummam murabizu (für murabit-su) i-hi-a-aṭ (tarbîtum sî) ana bît abi-šu itâr. 2) Summa awilum şiḥram ana marûtim ilkî, inuma ilkûšu abašu И ummasu i-hi-a-at (vom Stamme überwältigen, bezwingen", Del. Hand

wörterbuch 274a/b) tarbitum sî ana bît abi-šu itâr.

der den Beginn eines jeden neuen Gesetzes durch summa unmißverständlich gekennzeichnet hat, als gesonderten Paragraphen (§ 187) behandelt. Er selbst hat sie zwar, wie aus der Récapitulation ersichtlich, richtig verstanden. Aber für andere ist, wie in vielen ähnlichen Fällen, wo Scheil das vom Gesetzgeber dergestalt Vereinigte auseinanderriß, eine Verdunkelung eingetreten.

Die Worte besagen nämlich deutlich, daß von der Regel des § 186 die Kinder des Buhlen und der Dirne eine Ausnahme bilden. Denn bei ihnen ist die erzwungene Adoption Vorschrift und Regel, aus dem einfachen Grunde, weil diese ihrem Berufe nach keine Kinder haben dürfen, und sie, wenn sie sie doch bekommen, in Adoption geben müssen, und zwar so, daß den Kindern ihre Herkunft verborgen bleibt! Daher denn die § 192/3 ein solches Kind, wenn es seine Pflege-Eltern verleugnet oder gar ins Haus seiner leiblichen Eltern, das es aufgespürt hat, zurückkehrt, mit grausamen Verstümmelungsstrafen bedroht. Beide Bestimmungen kennzeichnen sich übrigens, sowohl durch diese Strafen wie durch die Formeln der Verwerfung (,,Du bist nicht mein Vater“, „Du bist nicht meine Mutter") als übernommen aus Gesetzen der Zeit vor Hammurabi.1)

Kohler und Peiser haben alle diese Bestimmungen völlig mißverstanden und zwar wiederum vornehmlich deshalb, weil sie die feste. und klare Terminologie nicht beachteten. Sie deuten den § 187: „Wenn ein Tempelknecht oder eine Tempeldirne an Kindesstatt annimmt, so hat die Annahme die Kindschaft zur Folge" - eine ganz unverständliche, weil total überflüssige, bereits in dem die Adoption generell regelnden § 185 enthaltene Bestimmung. Zu ihrer Annahme gelangen die Verfasser nur durch Ansetzung eines Abschnittes, wo keiner ist und dadurch das mâru „leibliches Kind" fälschlich als Pflegekind" verstanden wird, das im Gesetze vielmehr tarbitum (Zögling) heißt! Dementsprechend übersetzen sie in § 192 und § 193 statt das Kind eines Günstlings oder einer Dirne" vielmehr der angenommene Sohn" und bemerken (S. 124): „Wie aus der Stelle hervorgeht, handelt es sich hier um Findelkinder, die wohl am Tempel ausgesetzt und den Tempelknechten und Tempeldirnen angekindet wurden. Begreiflich ist, daß solche Kinder den Pflegeeltern nicht fortgenommen werden durften, noch auch berechtigt waren, zu den leiblichen Eltern zu gehen, wenn diese ihnen bekannt wurden; denn ein solches Pflegeverhältnis mußte respektiert werden."

Man darf billig fragen, welches Interesse der Gesetzgeber hatte, die Findelkinder durch Dirnen und Buhlen aufziehen zu lassen. Aber eine Erörterung erübrigt sich durch den einfachen Hinweis, daß der Gesetzgeber, wenn er von Findelkindern hätte sprechen wollen, dies auch

1) S. Babyloniens Kulturmission einst und jetzt, S. 48, 51f.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »