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Die Untersuchung der nächsten Umgebung des Totentempels ergab noch einige Grāber des mittleren Reiches. auch einige unbedeutende griechische Gräber. Der griechische Friedhof, der vor 2 Jahren die Timotheos-Handschrift brachte und dem noch im vorigen Jahre eine Anzahl interessanter Särge entnommen werden konnte, scheint nunmehr erschöpft zu sein.

Die Arbeiten vor der Pyramide des Königs Nefer-er-ke-re konnten nur teilweise erledigt werden, so weit jedoch, daß man das allgemeine Schema des Totentempels bereits sehen kann. Der innere Kern des Tempels war aus Kalkstein erbaut, aber nicht bis zur Vollendung gediehen. Er bestand aus einer Cella, zu der man auf ziemlich gewundenem Wege vom Haupteingange aus gelangte. Vor der Cella, aber ohne direkte Verbindung mit ihr, lag ein längerer Raum mit fünf Nischen. Der Kern des Tempels ist von einem Ziegelbau umhüllt, von dem wirklich klar bisher nur der große Hof mit den umgebenden Säulenhallen in Holzkonstruktion, sowie davor ein längerer Vorhof gleichfalls mit Säulenstellungen herausgekommen sind. Die seitlich von der Hauptachse liegenden Räume sind zwar klar aufnehmbar gewesen, aber wegen der vielen Einbauten noch nicht genügend zu erklären.

Ausgrabungen im Giseh.

Die im letzten Jahre von Professor Steindorff geleiteten Grabungen bei Giseh ruhten dieses Mal: sie werden jedoch im kommenden Jahre wieder aufgenommen werden.

Deutschland war also an 3 Stellen mit Ausgrabungen in Ägypten in diesem Jahre tätig. Im Ganzen wurde von allen Nationen zusammen im Jahre 1903/04 in Ägypten an 31 Stellen gegraben.

Die angebliche Abdankung Euergetes' 1.
Von Ulrich Wilcken.

Eine der aus Magdola im Faijum stammenden Bittschriften schließt nach der Publikation von Jouguet und Lefebvre (Bull. Corr. Hell. XXVI S. 119 n. 14) mit den Worten: Toiror yùg yerouérov, pcsiket, obz ¿dızy[94ooμci 7]ories zei 601 zeì tới τῶν πατρὶ ἀμέμπτως παρεχόμενος. Da das Präsens παρεχόμενος neben ἀδικηθήσομαι nur auf die Gegenwart und Zukunft, nicht aber auf die Vergangenheit bezogen werden kann, so habe ich kürzlich hieraus den Schluß gezogen, daß Euergetes I., der Vater des hier angeredeten Philopator, zur Zeit der Bittschrift noch am Leben war, daß also Euergetes ähnlich wie einst Soter bei Lebzeiten zugunsten seines Sohnes abgedankt haben müsse (Archiv für Papyrusforschung III S. 308: 318/9). So nötig der Schluss an sich war, so wird er doch hinfällig, da, wie ich soeben gesehen habe, seine Voraussetzung, die Richtigkeit der obigen Lesung, eine irrtümliche war. Von Mr. Jouguet auf das freundlichste zum Studium seiner MagdôlaPapyri in Lille zugelassen, habe ich daselbst konstatiert, daß das Schlußwort nicht acqɛzóuɛvog, sondern acqɛoqquérog zu lesen ist. Damit fallen natürlich die aus dem Präsens gezogenen Konsequenzen. Wie die sehr verstümmelte Inschrift, die ich a. a. . zur Stütze jener Annahme heranzog, nunmehr zu interpretieren ist, bleibt weiter zu untersuchen. Da die Abdankung des Euergetes, wie ich aus Zuschriften ersehe, in weiteren Kreisen Interesse erweckt hat, hielt ich es für meine Aufgabe, so bald wie möglich den obigen Sachverhalt klarzustellen, damit der Irrtum nicht weiteren Schaden bringt.

Paris.

Aus und um Kreta.

Von C. F. Lehmann.

Unter den neuesten Funden auf Kreta beanspruchen die im Palaste zu Knossos aufgefundenen Figürchen einer Schlangengöttin und ihrer Begleiterinnen ein besonderes Interesse. Sie überraschen durch ihre selbst im Vergleich mit den Frauentrachten der Fresken des Palastes noch hypermoderne Toilette, wie das Salomon Reinach, der sie auf Grund des ihm von Evans überwiesenen Materials in der Gazette des Beaux-Arts behandelt, betont und des Näheren ausführt.')

Aber eine wichtige Erscheinung ist dabei, soweit ich sehe, unbeachtet geblieben. Der Rock der einen Begleiterin zeigt sieben übereinander fallende Volants oder Fallen, die wiederum in sich gefaltet erscheinen. Mir wurde sofort klar, daß wir hier ein wohlbekanntes altorientalisches Motiv in charakteristisch ägäischer Umgestaltung vor uns haben. Solche in Fallen oder Volants abgestufte Gewänder sind uns aus altbabylonischen und assyrischen Darstellungen wohlbekannt.

Sie sind besonders ein charakteristisches Merkmal der fürsprechenden Gottheiten (nicht „Priester“), die den Anbetenden vor den sitzenden Hauptgott führen - bekanntlich eine der auf den Siegelzylindern, aber auch auf Skulpturen der altbabylonischen Zeit besonders häufigen Darstellungen.

Aber nicht bloß diese Volants, sondern auch die vertikalen Fältelungen des Stoffes schienen mir in die gleiche Richtung zu weisen, und als ich, um mich dessen zu versichern, Heuzeys Abhandlung) über den zavráznę genannten altbabylonischen Stoff nachschlug, fand ich, daß Heuzey bereits an dem großen mykenischen Goldringe, der eine Göttin der Fruchtbarkeit im Kreise ihrer Nymphen3) darstellt, die Andeutungen sowohl der horizontalen Volants wie der feineren vertikalen Fältelungen erkannt hat, und so treffe ich denn mit meiner Beobachtung, daß die ägäische Frauentracht nach Stoff und Schnitt altbabylonischen Einfluß erfahren hat, mit einem der besten Kenner der orientalischen Archäologie zusammen.) Ob dieser Einfluß über den Bereich des Kultus hinausreicht, ob etwa der Siebenzahl der „Fallen" eine besondere Bedeutung zukommt, muß vorderhand unentschieden bleiben.

Dieser Nachweis ergibt eine wertvolle Bereicherung der bisher wenig zahlreichen gesicherten Anzeichen babylonischen Einflusses auf die ägäische Kultur. Anerkannt dürfte bis jetzt nur sein, daß die Technik der für die ägäische und mykenische Kultur so bedeutsamen Steinschneidekunst und vielleicht gewisse ihrer Motive") vom Zweistromlande ihren Ausgang genommen hat und ferner 1) 565 Livraison. 3 Periode. Tome trente et unième. 1er Juillet 1904. 2) Une étoffe chaldéenne (le kaunakès).

l'art. I p. 120-129.

L. Heuzey: Les Origines Orientales de

3) Vgl. zuletzt G. Karo: Archiv f. Religionswiss. VII 147.

4) Indien kann (gegen Reinach) in diesem Sinne wie stets (vgl. diese Beitr. II 166, IV 259) natürlich nur als von Babylonien beeinflußtes Gebiet, nicht als Ursprungsland in Betracht kommen. Vgl. schon Heuzey a. a. O.

5) Hier ist Vorsicht geboten. Ich wiederhole, was ich (oben Bd. III S. 332 ,,Zu den Goldbechern von Vaphio") schrieb: Daß die Babylonier und Assyrer in ihren Beziehungen zu den Nachbarvölkern keine völlige Ausnahme von der Regel wechselseitiger Kulturbeeinflussung gebildet haben, kann nicht oft genug betont werden. (Beiläufig bemerkt, erscheint mir Bauers in der Berl. Phil. Wochenschr. 1904 S. 1424 gebotener Einspruch gegen Kellers von mir adoptierte Deutung der Darstellung auf den Goldbechern von Vaphio auf einem Fehlschluß zu beruhen. Frische echte Kunst belauscht das Leben. Daß die Jagd und die Zähmung des Wildstiers in der mykenischen Periode geübt wurde, lehren die Darstellungen. Es ist also absolut nicht abzusehen, warum dem Schöpfer jener Goldbecher die Darstellung der verschiedenen Phasen dieses Hergangs bis zur Domestikation fern gelegen haben soll.)

wird wohl Niemand leugnen, daß die Verwertung der Tontafel als Schreibmaterial auf Kreta mittelbar babylonischer Beeinflussung zu verdanken ist.')

Dagegen kann ich einen Beleg für babylonische Beeinflussung in mykenischer Zeit nicht erblicken in dem zuletzt und am eingehendsten von Köhler) behandelten keilinschriftlichen Steintäfelchen, das vor einem halben Jahrhundert auf Kythera zutage getreten ist. Selbst wenn die Inschrift, wie Köhlers Gewährsmann annimmt, aus der Kassitenzeit stammen sollte, die mit der mykenischen Periode im wesentlichen gleichzeitig ist, könnte ich den weiteren Schluß, daß das Täfelchen gerade damals „mit anderem orientalischem Tand, wie die ägyptischen Skarabäen auf Rhodos und in der Ebene von Argos", auf Kythera eingeführt worden sei, nicht zustimmen. Derlei Tand kann ja noch Jahrzehnte und Jahrhunderte lang nach seiner ersten Anfertigung von Hand zu Hand wandern. Mir erscheint es viel wahrscheinlicher, daß dieses Täfelchen durch die Phöniker, die auf Kythera eine Station für ihre Purpurfischerei erhielten, dorthin gekommen ist, d. h. also, da m. E. die kommerzielle und kolonisatorische Ausdehnung der Phöniker erst begonnen haben wird, nachdem mit der mykenischen Kultur auch der meerbeherrschende Handel, der ihr diente, in Verfall geraten und durch die dorische Wanderung vernichtet worden war, ev. mehrere Jahrhunderte nach der Aufzeichnung der Inschrift.

Die ägyptischen Skarabäen etc., deren Köhler gedenkt, sind für die chronologische Bestimmung der mykenischen Epoche bekanntlich nicht für sich allein bedeutsam gewesen, sondern in der Korrespondenz mit Anzeichen gleichzeitigen mykenischen Imports nach Ägypten. So und nur so ist klar geworden, daß die mykenische Kultur um die Mitte des 15. Jahrhunderts (18. Dynastie) in Blüte stand, während sie mit ihren älteren Ansätzen (Periode der Schachtgräber) in die 12. Dynastie zurückreichte. Daß wir diese Dynastie erheblich zu hoch angesetzt hatten, hat das neue gefundene Sothisdatum aus dem 7. Jahr Sen-Wosret`s3) (Sesostris) III. gezeigt, durch welches dieser Herrscher in den Anfang des 19. Jahrhunderts verwiesen wird.

Wenn schon dieses Ergebnis zur Zeit eine unschätzbare Förderung bedeutet, so muß es doch im Sinne später zu erhoffender chronologischer Genauigkeit für Ägypten wie für den mykenischen Kulturkreis als unerwünscht gelten, daß jenes Jahr und damit der Regierungsbeginn Sen-Wosret's III. unrichtig berechnet worden ist. In meinen Zwei Hauptproblemen) habe ich unter Eduard Meyers) Beistimmung darauf hingewiesen, wie unwahrscheinlich es sei, daß derartige Sothisdaten astronomisch beobachtet und astronomisch wieder zu errechnen wären, daß sie vielmehr zyklische Bedeutung haben müßten und zyklisch zu berechnen seien. So trifft denn auch die bei Borchardt) wiedergegebene astronomische Berechnung (Brix nach Oppolzer) des 7. Jahres Sen-Wosret's III. auf die Tetraëteris 1876-73 v. Chr. nicht zu. Vielmehr ergibt sich, je nachdem man das Jahr 136 n. Chr. oder das Jahr 139 n. Chr. als Anfangsjahr der, eine neue Sothis-Periode beginnenden ersten Tetraëteris betrachtet und somit den Beginn des vorherigen Zyklus in das Jahr 1322 v. Chr. oder 1325 v. Chr. legt, für das 7. Jahr SenWosrets III. die Tetraëteris 1885-82 resp. 1882-79 v. Chr.7)

1) Babyloniens Kulturmission einst und jetzt S. 6.

2) Über Probleme der griechischen Vorzeit. Berliner Sitzungsber. 1897 S. 261 ff. 3) Das ist die richtige Lesung des bisher Usertesen (Wsr-tsn) gelesenen Königsnamens, wie Sethe, Unters. zur Gesch. u. Altertumskunde Ägyptens II S. 1ff. schlagend dargetan hat.

4) Zwei Hauptprobleme der altor. Chronologie S. 55 vgl. S. 206 ff.

5) Lit. Centralbl. 1899 Nr. 4.

6) Zeitschr. f. üg. Sprache u. Altertumskunde XXXVII 99 ff.

7) Die Angabe lautet dahin, daß am 16. Pharmuti (VIII) der Aufgang der Sothis stattgefunden habe. Der erste Thoth (1 I) ist der 140. Tag nach dem 16. Phar

Auch für das zwischen der 12. und der 18. Dynastie liegende Intervall ist bekanntlich durch Coïncidenzen aus der Hyksos-Periode, deren Beginn durch eine eigene, 400 Jahre vor Ramses II. anhebende Aera auf den Anfang des 17. Jahrhunderts v. Chr. bestimmt wird), der ägyptisch-mykenische Verkehr speziell auch für Kreta, ebenso dessen Fortdauer bis in die 19. und den Anfang der 20. Dynastie bezeugt. Dagegen vermag ich Flinders Petrie's Schlüssen aus der Auffindung vormykenischer Scherben in Gräbern der 1. Dynastie nur mit der äußersten, schon das Alter der Fundschicht betreffenden Skepsis zu begegnen.

Nicht minder charakteristisch als die Übernahme jener babylonischen Gewandung nach Stoff und Schnitt ist aber die Umformung. An Stelle des Steifen und Eckigen, der geraden Linienführung tritt auf Kreta die weiche Rundung und der Schwung der Wellenlinie, der sich auch in der so besonders modern anmutenden Glockenform des mykenischen gegenüber dem senkrechten Herabhängen des altbabylonischen Gewandes bemerkbar macht. Es liegt auch hier keine einfache Herübernahme, sondern eine Aneignung, Verarbeitung und ein selbständiges Umschaffen der übernommenen Motive vor. Diese große Selbstständigkeit in der Verwertung fremder Motive ist für die ägäisch-,mykenische“ Kultur ebenso charakteristisch wie für das Griechentum. Deshalb die Träger der ersteren für reine Griechen zu erklären, wäre ein Fehlschluß. Wir kommen darauf zurück.

Ehe der Ton, der in der mykenischen Periode den Kypriern zur Beschreibung in babylonischer Schrift und Sprache diente, als Schreibmaterial nach Kreta gelangt war, ist viele Jahrhunderte lang in Vorderasien oft unter bedeutenden Schwierigkeiten in der Beschaffung des Materials, die Tontafel als Schreibmaterial verwendet worden. Das brachte eine sehr intensive Beschäftigung mit der Tonbereitung, der Auswahl des Materials, seiner Reinigung und Verfeinerung mit sich. Auf Kreta (Kamara) hat, wie immer klarer wird, die verfeinerte ägäisch mykenische Keramik ihren Ausgang genommen. Liegt auch hier eine Verwertung und Umgestaltung babylonischer Einflüsse vor, haben Errungenschaften der babylonischen Technik auf die Begabung und das Geschick der kretischen Tonbildner, die alsdann der Keramik die neuen für das gesamte Altertum bestimmenden Bahnen wiesen, befruchtend eingewirkt? Ich frage, die Antwort steht anderen zu. Aber auch eine Fragestellung kann fördernd wirken.

Bei dem schon berührten Problem, der den Trägern der mykenischen Kultur zukommenden Nationalität(en), scheint mir die Fragestellung, wie sie in der Regel geübt wird, einer Korrektur zu bedürfen.2) Man fragt: Griechen oder vorarische Nichtgriechen (ich bezeichne sie nach dem historischen wichtigsten und greif

139),

muti (14 Tage des VIII. Monats, IX-XII = 120 Tage, dazu die 5 Epagomenen 4 × 140 = 560 Jahren, die zu 1322 resp. 1325 Jahren v. Chr. zu addieren sind, um zyklisch das erste Jahr der für die Angabe zutreffenden Tetraëteris zu erhalten. 1) Ed. Meyer, Gesch. Ägyptens S. 209; meine Zwei Hauptprobl. 164.

2) Im folgenden äußere ich großenteils in thesenartiger Form mit leise angedeuteter Begründung Anschauungen, die ich mir seit Jahren, z. T. seit ich zum ersten Mal ältere griechische Geschichte vortrug (1897) gebildet habe und die in nächster Zeit ausführlicher darzulegen ich nicht hoffen kann. Einiges findet man an schwer zugänglicher Stelle (,,Aus Georgien", erweiterter Separatabdruck aus Naumanns Zeit 1902 Nr. 41/44) schon angedeutet. Die in Betracht kommende Literatur ist bekannt; ich nenne als mir speziell förderlich, außer Köhlers schon zitierter Schrift, W. Max Müller: Europa und Asien; Wilamowitz: Euripides Herakles, Bd. I; Ed. Meyer: G.A. II; Forschungen zur alten Geschichte I: P. Kretschmer: Einleitung in die Geschichte der griechischen Sprache; Furtwängler: Geschichte der Steinschneidekunst Bd. III.

barsten Volke der Gruppe als „Karer“)?1) Aber man vergißt nur allzu häufig, daß der Begriff des Griechischen, wie wir ihn ethnisch und kulturell zu betrachten gewohnt sind, „karische“ Elemente in sich schließt und daß wir nicht wissen, wie viel von dem, was uns als charakteristisch Griechisch erscheint, auf Rechnung des „karischen" Elementes kommt.

Das Problem hat mancherlei Analogien mit der Ausscheidung des sumerischen Elements aus dem Babylonischen. Hier wie dort ein nichtindogermanisches Element, das einen wesentlichen Anteil an der Bildung der Kultur hat, die dort in semitischem, hier in indogermanischem Gewande erscheint.

Und daß der Sprachwissenschaft bei der Lösung dieser Aufgabe die Hauptrolle zukäme, unterliegt wie im Zweistromlande, wo sie allein das erkennende und entscheidende Wort gesprochen hat, so für die Inseln und Küsten des ägäischen Meeres, keinem Zweifel, wie das kürzlich wieder Diels mit Recht') betont hat. Aber bis es gelingt, die ältesten griechischen Namen zu deutlicherem Reden zu bringen und das eine oder die verschiedenen ägäisch-mykenischen Schriftsysteme zu entziffern, wird viel, viel Zeit vergehen, und selbst dann noch wird neben der sprachwissenschaftlichen die kulturhistorische und mit ihr vor allem die religionsgeschichtliche Betrachtung ihre Rechte und ihren Wert behalten. Ist doch beispielsweise die Verknüpfung des Labyrinths mit dem karischen záßovs „Beil Axt" und seinem Träger, dem karischen Zeus Aάßoavrdog, erst durch die Erkenntnis der religionsgeschichtlichen Bedeutung der Doppelaxt als eines Kultsymbols möglich geworden, das dem „karisch"-kleinasiatischen Wettergott eignet, der bei den Karern (im engeren Sinne) als Träger der Axt Adßoavvdos genannt wurde, während er uns bei einer Gruppe östlicher wohnender Kleinasiaten unter dem gemeinsamen Namen Tešub (vorarmenisch-chaldisch Teïsbas) begegnet.

Bei solcher kulturgeschichtlicher Betrachtung darf freilich nie vergessen werden, daß der Schluß aus gemeinsamen Eigentümlichkeiten und Errungenschaften nicht durchaus und ohne Weiteres bündig ist, daß sich Erfindungen und sonstige Errungenschaften vielfach unbekümmert um nationale und ethnologische Scheidegrenzen verbreiten". 2) Aber nicht allen Kulten noch allen kulturellen und technischen Errungenschaften ist die gleiche Wanderlust und Anpassungsfähigkeit eigen. Sie wird sich z. B. die Vorliebe für Anlagen im lebendigen Felsen nicht so leicht übertragen lassen.

Es ist schwerlich zu bezweifeln, daß gerade die technischen Fertigkeiten und Errungenschaften, die die (ägäisch-)mykenische Kultur auszeichnen, zu einem wesentlichen Teile auf Rechnung des vorgriechischen Elementes der Bevölkerung kommen.2) Mit Recht hat ferner Furtwängler betont, „daß Kultur und Wesen der Ionier eine nahe Verwandschaft zu dem der „Mykenäer" zeigt. Das beruht m. E. zu einem guten Teil darauf, daß die Mischung von griechischem und „karischem“ Blut bei den Ioniern allezeit lebendig und wirksam blieb. Sie brachten sie nach Kleinasien mit, als sie durch die dorische Wanderung dahin vertrieben wurden 2),

1) Zu ihnen rechne ich auch die Pelasger. Die Anwesenheit dieses vor- und nichtgriechischen Volkes halte ich namentlich überall da für erwiesen, wo die Tradition durch das Vorhandensein einer Agua (doch wohl mit dem nichtgriechischen kleinasiatischen" -Suffix, Kretschmer S. 405 f.) genannten Burg oder Stadt unterstützt wird. Statt ,,karisch" hätten auch die Bezeichnungen „kleinasiatisch" und "pelasgisch" ihre Berechtigung; doch vermeide ich sie im allgemeinen, die eine, weil sie Europa ausschließt, die andere, weil sie schon im Altertum verwirrte Vorstellungen veranlaßt hat (vgl. S. 392), deren Knoten die moderne Kritik, an einer Lösung verzweifelnd, durchhauen hat.

2) Zitiert aus meiner Schrift Aus Georgien S. 13/14.

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