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Insel, hinüberfahren. Ein Traum hatte Psychen schon verkündet, wie es zu machen sei. Es sei vielleicht die Göttin Bertha, der Traum, lehrt die Mutter und beschwichtigt damit die Sorge vor dem frevelhaften Unterfangen.

(S. 24.) Wie Bertha's hohe Gestalt, mit seidenen, blonden Haaren und freundlichen Blicks, doch ernst, so beschreibt sie das Traumbild."

Sehr schön ist die Schilderung der Nacht und des Morgens (S. 12), homerisch anmuthend und doch nicht sklavische Nachahmung, sondern wie altitalienischen Bildern nachgezeichnet, wie denn der Leser sich gern der Fresken Raffael's in der Farnesina dabei und auch sonst erinnert.

„Lautlos regte die Nacht die bethauten Schwingen, umdunkelt
Rauschte die Fluth in der Tiefe des Thals, doch über den Wassern
Zogen die Sterne dahin in der ewigen Halle des Himmels.
Aber im Osten erglühte die Welt, die geflügelten Thore
Sprangen auf, und der strahlende Gott kam über dem weißen
Wolkengebirge brausend herauf; laut rauschender Wind ging

Vor ihm her und fegte die Bahn für die Rosse des Aufgangs.“ *)

Derartiges hätte man in Goethe's Achilleis erwarten dürfen, hätte über dem Gedichte ein günstigerer Stern gewaltet. Ich füge hieran gleich noch ein weiteres überaus sprechendes Gleichniß, um die hohe poetische Gestaltungskraft des Dichters zu illustriren. Wer das kann, verdient mit Achtung gelesen zu werden. (S. 43).

„Unten rauschte das ewige Meer; in die Sinne der Jungfrau

Klang ein brausender Ton, wie das heimliche Brausen der Muschel,
Die sich ein müßiges Kind am Strande des Meeres an das Ohr hält."

Während Beda zurückerwartet wird, lernen wir seine Nachbarn fennen. und erfahren, durch geschickte Behandlung der zurückgreifenden Motive des Epos, aus dem Munde der Mutter die tragische Vorgeschichte Psyches bis zur unglücklichen Beleuchtung des schlafenden Geliebten mit der Lampe und seiner Erweckung durch die warmen Deltropfen.

Beda kehrt zurück und vertraut sicher, Psyche werde so viel sie brauche von der goldenen Wolle gesammelt haben.

Der dritte Gesang führt uns nach dem altheiligen Enna Siziliens, wo Demeter ihren Siz hat. Sie giebt der Kypris den Rath, selber dem Sohne Psychen zur Gattin zu geben, was die stolze Göttin schroff abweist. Aber Dionysos, vom Dichter mit Recht als der menschenfreundliche Gott gepriesen, der Vertreter des „göttlichen Rausches“ (sia paviz) und damit der Kunst und ihrer sittigenden Macht zunächst verwandt, mischt sich zu Gunsten der armen Psyche ein. Er hat als Motiv Aphrodites die Eifer

*) Hierzu werfe man einen Blick auf die Aurora Guido Reni's im Palazzo Rospigliosi, die wohl gar als Modell der prächtigen Schilderung an= zusprechen ist.

sucht auf deren Schönheit erkannt war sie doch in Thymbra nahe daran gewesen, an Aphrodites Stelle göttlich verehrt zu werden. Es sei ja, meint er gelassen, über das Bedenken der Mesalliance leicht dadurch hinwegzukommen, daß man Psyche göttlicher Ehren theilhaft mache und sie in den Kreis der Himmlischen aufnehme. Als nun diese mit der goldenen Wolle wirklich ankommt, tröstet wieder Dionysos die Mißhandelte. Und ein heiliger Wahrtraum gab ihr himmlischen Rath". Vorher hat jedoch Psyche noch eine schwerste Prüfung zu bestehen, sie muß in den Orkus hinab. Selbst Zeus weiß dem fürbittenden Eros keine andere Möglichkeit anzugeben, tröstet ihn aber u. A. durch den Hinweis auf Orpheus, jeinen heiligen Sänger, sowie auf die durch die Gewinnung der Wolle bewiesene wunderbare Thatkraft des Mädchens.

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Den edlen Impuls des Eros, lieber seinerseits auf die Gottheit zu verzichten und den Tod mit der geliebten Sterblichen zu theilen, weist der Vater der Götter streng zurück. Es jei gestattet, hier noch eine wunderschöne Stelle (S. 81) herauszuheben:

Wahrlich, der Vater erschrak. Er begann mit schmerzlichem Staunen:

Kind, was hast du gesagt! Das sind dämonische Worte.

Niemals geb' ich es zu, daß du, mein Sohn, dich erniedrigst,

Mir zur Schmach in den Staub der vergänglichen Wesen hinabsteigst.
Glaube, du dankst mir einst, daß ich dir alles gewähre,

Was dir frommt. Wird Psyche nicht in den goldenen Sälen,
Wenn sie die Fülle der Gottheit lebt, in der ewigen Jugend
Glücklicher sein, als dort in Gemeinschaft niederer Menschen,
Die mit einander in tödtlichem Kampf, sich selber die schlimmsten
Feinde, die kärgliche Lust durch Furcht, durch Reue vergiften,
Die von Jammer umringt, umhäuft von Schmerzen und Elend,
Zwischen Geburt und Tod nicht einen erfreulichen Tag seh'n?
Reden sie dort auch viel vom Neide der Götter, das Wort ist
Trug, wir sind nicht neidisch; es freut die Chympier jede
Lust, die Menschen erblüht. Toch freilich, eitel und nichtig
Ist das vergängliche Glück; ein Traumbild ist es, ein Schatten.
Glück ist nur, was ewig währt, unsterbliche Freude.

Nunmehr trauen wir dem Tichter wohl zu, daß ihm auch die Schilderung des graufigen Abstiegs in die Unterwelt, den Psyche an der Hand des Hermes Psychopompos, des „Befreiers der Geister", muthvoll wagt gelingen werde. In der That gehört der ganze fünfte Gejang, der mit dem Hochzeitsmahle im Clympos endet*). zu dem Hervorragendsten, was moderne epische Dichtung bei uns gezeitigt hat. Nur für die banausische Menge ist es zu sein und geistvoll

Einem Dichter gegenüber, der mit solcher Kunst uns zu erfreuen wußte, verzichte ich gern darauf, ein paar kleine formale Anstände vor

*) Auch hier wieder belebt sich dem Leser das herrliche Plafondbild der Farnesina, das selber die Kunst der Silberciseleure zur Nachbildung gereizt hat.

zubringen, die ich wohl hätte, eingedenk des von uns Kritikern leider so oft mißachteten Rathes il ne faut pas chicaner les poëtes pour des vétilles".

Dagegen muß der Verleger des „Laskaris“ von Arthur Pfungst wohl die Ueberzeugung gewonnen haben, daß er damit bei den „breiten Schichten" des Volkes Theilnahme und Nachfrage finden werde. Daher die billige Volksausgabe“. Da die ziemlich banale Erfindung des ganzen gereimten Romans, bereits zum dritten Male in's Land geht, so darf ich mich wohl von der Pflicht einer detaillirten Inhaltsangabe entbunden halten. Also nur einige Andeutungen, um das eingangs Gesagte zu rechtfertigen.

Das Opus des 1864 in Frankfurt a. M. geborenen Dichters, dem die wohlwollende Kritik, um nicht zu sagen die Reklame, besonders schöne Form" nachzurühmen weiß sie ist wenigstens im Ganzen flüssig und glatt zu lesen, aber schön kann ich sie nicht durchaus nennen giebt sich als ein philosophisches Epos". es will ein Lied vom Leide des Seins" darstellen. Ein junger, lebensfreudiger, griechischer Schifferknabe aus Larnaka auf Cypern wird von dem alten Philosophen und Goldmacher Philaleth in die Geheimnisse seines tiefen Weitschmerzes oder Weltekels und beim Sterben aber auch der Kunst, aus Silber Gold zu machen (die Kunst ist wohl mit Laskaris Tode für ewig wieder verloren gegangen) eingeweiht. Philaleth hatte ihn zu den Mönchen eines rhodischen Klosters zu weiterer Erziehung übergeben. Was er dort gelernt hat, außer etwa Geschichte des kriegerischen Ritterordens von Sankt Johann zum Hospital, erfahren wir freilich nicht, nur daß er Pflanzen nach dem Heilwerthe kennen lernte und in der Pharmazie des Klosters Provisor geworden zu jein scheint. Eine stürmische Jugendliebschaft, in die er ungeachtet der schnurrigen pädagogischen Marime des Dichters geräth:

„Wenn Du Dein Kind liebst, lehr' es Haß ertragen u. s. w.

Zeig' ihm die Mächte, die die Seel' umnachten,

Nur was die Liebe ist, das zeig' ihm nicht."*)

hat keine Folge, außer daß dem Helden wohl einmal in den Armen einer anderen eine flüchtige Sehnsucht nach der holden Charis auftaucht.**)

Bejagter Laskaris gelangt nun pilgernd nach Dresden, und tritt obwohl im Besiße der Panacee", des Rezeptes zum Goldmachen, als Gehilfe in der Schloßapotheke ein, die ein gewisser Herr Heinrich von der

"

*) Doch macht glücklicherweise die allgemeine Menschenliebe eine Ausnahme, denn S. 34 lehrt ihn Philaleth, wahrscheinlich mit Zustimmung des Dr. A. Pfungst:

„Nur wer die Menschen liebt, der ist beglückt."

Vergl. S. 41:

Der Menschheit hilf, hilf ihre Lasten tragen

**) „Wenn Charis sich in seine Träume stahl“ (!) heißt es später einmal S. 70.

Linden besitzt. Da ist auch noch ein Provisor Walter. „Nur zagend angstvoll und beklommen war Laskaris in dieses Haus gekommen.“ Es ist aber zu wissen, daß die Geschichte unter der Regierung des verschwenderischen und prachtliebenden Kurfürsten August des Starken spielt. Walter ist in des Chefs Töchterlein, Irene, verliebt, die es auch auf einer Kahnfahrt Laskaris angethan hat. Er ist Alchymist und möchte auch Gold machen. Was S. 101 die Verse besagen wollen:

Im Grimm, mit des Verlass'nen Götterstärke
Zerrieb er seine Kräfte bei dem Werke

ist mir noch nicht klar geworden. So viel sieht man ja, Irene ist in Laskaris verliebt, und beide gestehen sich das und feiern in der Gewitternacht in Laskaris Oberstübchen bedenkliche Schäferstündchen. Walter kommt dazu, erzielt aber von Frenen nur ein Lebwohl, Lebwohl! Gott segne Dich" und stürmte in die Nacht hinaus.*)

Zu wirklichen Schilderungen des luxuriösen Treibens im damaligen Dresden reicht die Gestaltungskraft des Dichters Pfungst nicht aus, es bleibt bei vielfältigen Versicherungen, daß es eben hoch und prächtig her= ging. Auch die Figur der schönen Aurora von Königsmark, in die sich Laskaris, sobald er sich dem goldhungrigen Kurfürsten, der wegen der Polnischen Krone mit den Schweden in Krieg gekommen war, als Goldmacher zur Verfügung gestellt und in der alten Alchymistenküche installirt hatte, ganz unsinnig verliebt, und zwar leider nicht hoffnungslos, obwohl er nun schon des Hofapothekers Schwiegersohn ist, auch diese schöne Tame also ist so wenig psychologisch motivirt und plastisch gestaltet, daß sie uns recht wenig interessirt und ihr Schicksal uns völlig kühl läßt. Auch die Zeichnung des Kurfürsten stürzt den Verfasser in keine zu großen Unkosten.

Da August sich seine Aurora, die Laskaris liebt, nach Warschau zitirt, fängt der Goldmacher an, ihn zu hassen und liefert ihm, der nach Gold schreit, feines mehr. Die Folge ist, daß er als Verräther gefangen geseßt wird und zwar auf die Albrechtsburg in Meißen. Von hier wird er durch sein verrathenes aber treues Weib Irene befreit - - die Geschichte ist roman= haft genug — und schlägt sich nun mit Weib und Kind, denn Irene hatte ihm inzwischen einen kleinen Philaleth geboren, nach Schweden durch und von dort zu Schiff zum Heere Carls XII. Hier kommt Laskaris unter anderen zu der bekanntlich neuerdings von Nietzsche vertretenen Erkenntniß

„Doch ach, auf Erden tödtet das Erbarmen
Und mit dem Grausamen ist die Natur“

und weiter (S. 194)

„Die Kreatur muß tödten oder sterben."

*) Die Situation ist Reimzeile veria

**»qstigend. *,it dem Dichter jogar die abschließende
the F f
sweise nur 9 Verie.

3. 119)

In Grodno, bei König Carl, wird nun wieder fleißig Gold gemacht und Laskaris lebt in allen Ehren, aber es fehlte ihm die Schönheit und Lebenslust des üppigen Dresdener Hoses, er will nun einmal „das höchste Glück haben. Während des versuchten Sturmes auf die jenseits des nicht fest genug zugefrorenen Niemen gelegene Festung gelingt es den Sachsen, in die Stadt Grodno zu dringen, und o Wunder der ehemalige Provisor Walter trifft Irenen in ihrem Hause und zieht mit ihr und dem Kinde ab. Alle drei brechen ein und nur das Kind wird wunderbar gerettet. Laskaris hatte sich schon vorher von Karl einen Fürstensiz auf Schoonen schenken lassen, wo es sehr schön sein soll. Aber was half es ihm, sein Hoffen und Wollen war eben abgestorben. Er bekommt doch Sehnsucht nach den schönen Gefilden seiner Geburtsinsel, sieht auch noch gerade das Gestade Cyperns, aber das Schiff zerschellte an den Klippen und er mußte elendiglich ertrinken.

Ich würde, um den philosophischen oder ethischen Gehalt der Geschichte näher darzulegen, eine Anzahl mehr oder minder merkwürdiger Dikta oder Philosophumena, deren ich mir ein Sümmchen zur privaten Erbauung notirt habe, noch anzuführen haben, müßte ich nicht besorgen, der Verfasser würde das als Verhöhnung, boshafte Bloßstellung betrachten. Und das sei ferne! Vielmehr freut es uns zu sehen, daß es also doch nicht wahr sein kann, unser Publikum habe den Geschmack an allen gereimten Sachen schon gänzlich verloren. Glückzu den folgenden Volksauflagen!

Auch auf die sprachlichen „Schönheiten" und die Kunst des Verses will ich mich nicht einlassen, es sei denn, daß es besonders gewünscht würde. Nur in Betreff des Grundgedankens, denn das soll er doch wohl jein, des ganzen Phantasiegewebes darf ein Sah nicht verschwiegen werden. Als das gerettete Knäblein Philaleth schon etwas größer war und an einem Sonuwendtage es war da oben noch auf Schoonen vergnügt ausrief:

„Wie einzig schön ist's doch auf dieser Erde“

sagt der alte Simonides? oder war es Sophokles oder Schopenhauer? nein, der alte Laskaris-Pfungst frei nach zò ph pōvať rávτæv äpistov:

„Weh' mir, daß ich gewandelt bin auf Erden!

Das Leben ist nicht werth, gelebt zu werden.“

Weimar (Pfingsten 1900).

Franz Sandvoß (Xanthippus).

Nachträglich.

Zu angenehmer Bestätigung der vorgetragenen Meinung, daß es nicht sowohl an gänzlicher Gleichgiltigkeit des Publiums, als vielmehr an dem Reklamegeschick der Familienjournale liegt, wenn wirkliche epische Dichtung vor der elendesten Prosa des modernen Gesellschaftsromans

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