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hundert, wo ja auch fromme Diebstähle der größten Reliquien, bei denen sogar Gott fagenhafte Wunder wirkt, nicht fehlen1). Zu Rom tat sich in genannter Zeit der Diakon Deusdona als Reliquienhändler hervor2). Allein gegenüber den St. Emmeramer Vorgängen darf man nicht bei den Wirkungen der übertriebenen Frömmigkeit und des kindlichen Reliquienenthusiasmus älterer Zeiten stehen bleiben. Hier war anderes tätig als naive Religiosität. Jenes andere Element, die Erhöhung eigener Stellung, tritt als das eigentlich Wirksame zu dem Mißbrauche der Pietät hinzu3).

1) Vgl. Muratori, Antiquitates Italiae 5, pars 2, Diss. 58 De pia erga sanctos religione. Von Streitigkeiten über den Besiz von Heiligenleibern ist berühmt derjenige über St. Benedikt den Ordensstifter zwischen Montecassino und der Abtei Fleury (Floriacum, jest SaintBenoit-sur-Loire, gegründet gegen 650). Vgl. auch Eckhart, Francia orientalis 2 p. 745.

2) Guiraud J., Questions d'histoire et archéologie chrétienne (1906, VII: Les reliques romaines au IXe siècle).

3) Hätte F. Janner bei seinen vortrefflichen Ausführungen (Gesch. der Bischöfe von Regensburg 1 S. 297 ff. und 533 ff.) schon die erste Translation und die seit deren Erscheinen veröffentlichten Studien vor sich gehabt, so würde sein Urteil über die auch von ihm anerkannte St. Emmeramer,Dionysiusfabel nicht so gezwungen optimistisch ausgefallen sein. Seine milde Annahme geht dahin, man habe im 11. Jahrhundert wohl nur irgendeine bereits im Kloster allmählich entstellte Tradition über einen möglicherweise aus Rom durch Arnulf herbeigebrachten Dionysius firiert, und auch der Urheber der falschen Ziegelplatten sei‚kein absichtlicher Betrüger (S. 542), da er nur eine ‚epigraphische Dokumentierung' einer Tradition vorgenommen habe. Aber wo sind die Anhaltspunkte, daß eine jolche wie immer geartete Tradition zu St. Emmeram existierte? Der Versasser der ersten Translation hat zwar an der Spiße die obligate Berufung auf die Erzählungen der nostrates über den Regensburger Areopagiten, gleitet dann aber sofort mit vollen Segeln auf das offenbare Gebiet der Erfindung, indem er seinen Zeugen die unglaublichsten Dinge erzählen läßt. Eine aus Rom erfolgte Translation würde sich im Gedächtnis des Klosters doch wohl 150 Jahre erhalten haben. Die römische Inschrift aber durch die fingierten Inschriften zu erseßen, würde sich niemand, der nicht absichtlich betrügen wollte, unterfangen haben. Man wird auch nicht die Furcht des Verfassers teilen können, als ob durch die Beschuldigung des Betruges eine schwere Makel der ganzen Klostergemeinschaft für lange Zeiten angehängt werde. Wer nicht kurzsichtig urteilt, wird eben doch nur die einzelnen Schuldigen verantwortlich machen. Diese haben

4. In neuerer Zeit wurde, besonders bei den Vorarbeiten für die Ausgabe der Diplome deutscher Kaiser und Könige in den Monumenta Germ. hist. immer klarer festgestellt, daß mehrere St. Emmeramer Kaiser- und Papst privilegien ge fälscht sind und zwar in dem Bestreben, die erst um die Mitte des elften Jahrhunderts vom Kloster beanspruchte Eremtionsstellung als eine sehr alte von den höchsten Gewalten gewährleistete erscheinen zu lassen. Die Schriftsteller des Klosters, Arnold und Otloh, sprechen im elften Jahrhundert von Befeindungen der Klostergemeinde durch die Bischöfe von Regensburg. Diese Kämpfe müssen den Anlaß zu solcher Urkundenherstellung gegeben haben. Aus den betreffenden Texten sieht man aber auch, wie die Dichtung über die Dionysiusreliquien damit verflochten wird, um der Abtei noch mehr Relief zu geben. Während Arnold selbst noch von den Anforderungen der Bischöfe gesteht, sie seien gerecht, weil er die historische Entwickelung ihrer Nechte seit den Tagen des hl. Emmeram und Wolfgang kennt (simus subditi illis)), werden nach seiner Zeit, im elften Jahrhundert, gerade um die Zeit, als Dionysius,gefunden wird, ungeahnterweise im Kloster Urkunden entdeckt, die eine nur dem Papste und dem Kaiser unmittelbar unterworfene Stellung der St. Emmeramer bezeugen. Karl der Große bekräftigt darin die Freiheit der Klosterinsassen und ihre direkte Unterstellung unter Papst und Kaiser; Leo III. bestätigt diese Freiheit; Ludwig der Fromme wiederholt die kaiserlichen und päpstlichen Privilegien; König Arnulf, der große Gönner St. Emmerams, setzt natürlich wieder mit einer Urkunde zur Bestätigung ein und zwar auf einer römischen Synodeo) und so weiter. auf nichts anderes als scharfen Tadel Anspruch, und darin würde das Kloster selbst, wenn es heute noch fortbestünde, ohne Zweifel einstimmen. ') Arnoldus, De miraculis s. Emmerami, Mon. Germ. hist., Script. 4 p. 559.

2) Vgl. J. Lechner, Zu den falschen Exemtionsprivilegien für St. Emmeram, Neues Archiv 25 (1900) S. 627 ff. — Auf Karls des Großen angebliches Diplom, bei Mühlbacher, Regesten Nr. 352 (343) wird schon vom St. Emmeramer Mönch Otloh in der zu Fulda 1062 von ihm verfaßten Vita S. Bonifatii (Biblioth. rer. germ. p. 494) ziemlich deutlich hingewiesen. Dasjenige Leos III. ist bei Jaffé Regesta n. 2500 verzeichnet; Ludwig der Fromme bei Mühlbacher 2 n. 1012 (980); Arnulf, Mühlbacher 1866. Dazu kommt u. a. Leo IX. vom 7. Oktober 1052, bei Jaffé n. 4280 und Heinrich III. vom gleichen Datum im Neuen Archiv 15 (1890) S. 358.

Die Originale der betreffenden Diplome hat aber niemand gesehen. Die Urschriften der Fälschungen wurden vielleicht schon frühe zerstört. Sie waren in den fünfziger oder sechziger Jahren des elften Jahrhunderts verfertigt worden, damals, als nach Otlohs Worten die Verfolgung seitens des Bischofs mit einer nie gesehenen Härte neu begonnen hatte. Schon in der zweiten Hälfte des elften Jahrhunderts wurden die Fälschungen auch in das Chartular der Abtei, das damals von mehreren Schreibern zu St. Emmeram angelegt wurde, aufgenommen, wobei der Verdacht entsteht, dasselbe sei nur begonnen worden, um die neuen Texte gebührend in die Welt einzuführen. Damals wurden zugleich zwei noch erhaltene Karolingerdiplome St. Emmerams durch sichtbare Veränderungen in einer dem obigen Zwecke dienenden Weise verunechtet. 3. Lechner, der darauf im Neuen Archiv hinweist, und bemerkt, daß auch sie in dieser gefälschten Form bereits in das Chartular gekommen sind'), zergliedert zugleich eine noch in ihrer Urschrift vorhandene von einem Fälscher St. Emmerams im 13. Jahrhundert zusammengesetzte Urkunde Ludwig des Kindes 2) und handelt von der Herkunft ihrer fremden Elemente bis herab auf das entlehnte und künstlich angehängte Siegel. Da in die Fälschungen, die der Zeit nach Arnulf angehören wollen wiederholt, wie bemerkt, die Anführung des in St. Emmeram glorreich ruhenden Areopagiten Dionysius hineinspielt, so tritt damit der Faden, der beide Gegenstände, die exemtio und den Heiligenleib verbindet, mit unzweifelhafter Deutlichkeit hervor.

5. Wir kommen nun zu der Episode in St. Emmeram, die der Anlaß zur Niederlegung der Dionysiusurkunde in der päpstlichen Palastkapelle und zugleich zu neuen Fälschungen geworden ist.

Als Papst Leo IX. im Jahre 1052 seine dritte Reise nach Deutschland unternahm, um zwischen Kaiser Heinrich III. und Ungarn Frieden zu stiften und die Angelegenheiten Süd-Italiens zu ordnen, fam er mit dem Kaiser und dessen Begleitung fremder Gesandten auch nach Regensburg. Dort nahm er am 7. Oktober auf Ersuchen der St. Emmeramer Mönche im Kloster die feierliche Erhebung des Leibes des hl. Wolfgang, Bischofs von Regensburg, vor3). Dem

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1) Es sind die Stücke Mühlbacher n. 321 (312) und Mühlbacher n. 1313.

2) Mühlbacher n. 1959.

3) Man sehe das Itinerar bei Jaffé ad ann. 1052.

hl. Emmeram erwies er seine Ehre, indem er für eine zweite confessio' desselben Reliquien, die er mitgebracht, schenkte1). Er wurde bei dieser Gelegenheit, wie es vorauszusehen war, in die Angelegenheit der kürzlich entdeckten' Reliquien des dritten Heiligen, Dionysius, hineingezogen. Man mochte sich im Kloster eine so gute Gelegenheit, von Papst und Kaiser und unter so vornehmer Zeugenschaft aus verschiedenen Ländern irgend eine Anerkennung des neuen Besizes zu erlangen, nicht entgehen lassen. Die zuverlässige Nachricht in Effehardts Chronik besagt hierüber 2): (Leo IX.) reliquias beati Dionysii martyris, de quibus diu dubitatum est, an ibi haberentur, praesentibus Parisiorum legatis perspexit ibique teneri probavit. Das heißt nichts anderes als: Man zeigte dem Papste und den hohen Besuchern den glücklichen Fund und entfaltete alles, was für ihn sprechen konnte, insbesondere die überraschend deutlichen Dokumente, und der Papst hatte nichts einzuwenden. Eine genaue historische und juridische Prüfung konnte ja Leo IX. bei solcher Gelegenheit nicht vornehmen; eine Änderung anzuordnen, gegenüber scheinbar so überzeugenden Beweisen, hatte er keine Veranlassung.

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Es liegt nun die Annahme durchaus nahe, daß man eben damals dem Papste abschriftlich die Hauptzeugnisse für den Reliquienbesitz, das heißt das Dokument vom Sancta Sanctorum, überreichte, auch daß man ihm zugleich einen Teil des Leibes zum Geschenke machte. Das Schulterblatt von St. Dionys in der päpstlichen Kapelle muß eine Schenkung von damals an den Papst gewesen sein. Das Pergament aber diente mit zu dessen Beglaubigung und war eine solenne Erinnerung an den beschriebenen Vorgang im bayerischen Kloster. Jest konnten die Franzosen in Rom Beschwerde führen und Rettungsversuche für ihren Heiligen zu Saint-Denis machen; es war nichts zu fürchten; so mochte man in Regensburg meinen. Die Dokumente für das Emmeramskloster gingen an den päpstlichen Sitz und kamen sogar an den heiligsten Ort, den Rom kannte.

Das Kloster Saint-Denis ließ sich freilich nicht beirren. Man fuhr daselbst fort, den heiligen Dionysius zu verehren. Die französischen Könige machten nach wie vor Stiftungen zu Ehren seines

1) J. A. Endres in der Röm. Quartalschrift 1903 S. 33.
2) Chronicon univ. ad a. 1052. Mon. Germ. hist., Scriptores,

6 p. 196. Vgl. 4 p. 802 und 17 p. 572 n. 29.

dortigen Grabes und zeichneten die altehrwürdige aus dem 6. Jahrhundert herrührende Abtei, wo sie selbst ihre Grabmäler hatten, mit stets neuen Privilegienurkunden unter frommem Lobe auf den dort ruhenden Dionysius aus. Auch Päpste1) und fremde Fürsten redeten in Urkunden für Saint-Denis mit denselben Formeln. In Deutschland aber schrieb Otto von Freising im 12. Jahrhundert: Die Mönche von St. Emmeram zeigten ein Schreiben auf, wonach sie durch Arnulf den Leib des hl. Dionys von Paris her empfangen hätten ; quod utrum ita sit, ipsi viderint2).

Da die St. Emmeramer die Widersprüche voraussahen, so beschlossen sie aus der Besichtigung des Dionysiusgrabes durch Papst und Kaiser noch mehr Kapital zu machen. Im Fälschen waren sie genug qualifiziert, um sich auch an einer päpstlichen Bulle mit endgültiger Entscheidung zu versuchen. Allzulange hat man ehedem auf ein feierliches Schreiben Leo IX. Gewicht gelegt, das er an den französischen König und an alle Prälaten und Gläubige seines Reiches gerichtet hätte3). Baronius hat es in seine Annalen aufgenommen, wenngleich mit der Bemerkung, daß sein Text verschlechtert sei1), und Mansi hat es seiner Konziliensammlung einverleibt5). Zuerst erwähnt wird es in der Chronik Heinrichs von Herford um die Mitte des 14. Jahrhunderts®); schon v. Heinemann vermutete, es sei bereits im 12. Jahrhundert zu St. Emmeram entstanden?).

Darin läßt man den Papst sagen, zu Regensburg habe er die lange erörterte Streitfrage inbetreff des Leibes des seligsten Dionysius Arcopagita erledigt. Dort ruhe er in der Kirche des hl. Emmeram, quae quidem ecclesia ab omni aliorum subjectione ac jurisdictione libera et exemta ad jus atque proprietatem beati Petri apostolicaeque sedis immediate pertinere dignoscitur, oblatione videlicet excellentissimi Romanorum

1) Zum Beispiel Nikolaus II. im J. 1061: ubi ipse in corpore quiescit; Alex. II i. J. 1066. Die Texte bei Köpke S. 350. *) Chronicon 1. 4 c. 11. Mon. Germ. hist., Scriptt. 20 p. 234. Jaffé Regesta n. †2500 mit dem Datum vom 7. Oktober 1052. *) Ad an. 1052.

5) Tom. 19 p. 674. Es steht auch bei Migne 143 p. 791, und

J. B. Kraus versieht es mit einem Kommentar S. 4 ff.

*) Chron. ed. Potthast p. 68.

1) G. 339.

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