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Die Stellung Alberts als Naturforschers ist gleichfalls erklärt einerseits durch sein allumfassendes und tiefes Interesse, das schon der Jüngling in seiner schwäbischen Heimat für die ihn umgebende Natur besaß (Bd. III, 70 f.), anderseits durch das Studium des Aristoteles, wie dies aus der Darstellung 445 ff. erhellt.

Was Schönbach zum Verständnis Alberts sagt, gibt nicht das Wesen der Sache.

Der 2. Punkt, den ich hier beleuchten möchte, betrifft unsern großen Lyriker Walther von der Vogelweide. Schönbach hat ihn in seiner Monographie, 2. Aufl. Berlin 1895, S. 175 so charakterisiert: Er war ein sanguinischer Mensch, dem Wechsel der Stimmungen leicht unterworfen, Weichheit und Schroffheit liegen bei ihm beisammen: von plötzlichem Entschluß war er, von großer Reizbarkeit, überhaupt einem Gemüte, das auf jeden Eindruck rasch zurückwirkte. Wie seine Schwächen, seine nervöse Empfindlichkeit, seine Heftigfeit, die Übertreibungen in seinen Sprüchen und Liedern, so verdankt er diesem seinem Temperament aber auch die edelsten Impulse, die Fähigkeit, sich zu begeistern und für eine große Sache sein Leben einzusetzen.

Mit dieser Zeichnung bin ich in der Hauptsache einverstanden. Troßdem findet Schönbach, daß er von Walther eine ganz andere Vorstellung habe als ich. Warum? Weil nach meiner Auffassung eine,Grundlage von Walthers Charakter die Gemeinheit gewesen sei.

Hier scheint ein Mißverständnis vorzuliegen. Auf das Wort käme es füglich nicht an. Auch Schönbach wirft Walther Mangel an Stetigkeit vor. Das ist identisch mit Charakterlosigkeit, und wer jede Charakterlosigkeit, jedes Lästern und Lügen für Gemeinheit hält, muß Walther allerdings auch Gemeinheit vorwerfen. Damit ist indes noch keineswegs gesagt, daß eine Grundlage von Walthers Charakter die Gemeinheit war.

Walther war kein Heine; er war frei von kalter Verruchtheit. Er ist eine heißblütige Natur gewesen, hat zeitweise als Heypoet seine schönen Gaben in den Dienst einer politischen Leidenschaft gestellt, rollte gelegentlich, wie er selbst sagt, gleich einer Kugel von einem zum andern und ist doch bei alledem irgendwie zu entschuldigen, da er als mittelloser Fahrender sich auf die Spenden der Großen angewiesen glaubte.

Der Dichter selbst hat jedenfalls seine Haltung nicht für Gemeinheit angesehen. Er fand es vielmehr ganz in der Ordnung, Zeitschrift für tath. Theologie. XXXI. Jahrg. 1907.

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daß rein persönliche Rücksichten für seine Stellungnahme maßgebend sein sollten. Wer gegen mich so schlüpfrig ist wie Eis und mich leichthin aufhebt wie einen Ball, der soll mich nicht untreu schelten, wenn ich mich in seinen Händen durchgleitend runde; hingegen bleibe ich dem Treuen auch selbst ein Mann von einem Lot und schwer beweglich im Viereck . . . Wer bunt und wechselnd gegen mich ist, bald so, bald anders, dem wälze ich mich unter den Händen fort. . . Man muß sich nicht zu wohlfeil machen. Wollt Ihr Euch bereit finden lassen ohne rechten Lohn, dann büßt Ihr's an Eurem Heile. Es erniedrigt Euch selbst, wenn Ihr mit schlechtem Danke bezahlt werdet. Eure Ehre mindert sich, und überdies habt Ihr den Schmerz, daß Ihr eine Zeit lang schmähliche Hoffnungen nähret' (nach Schönbach in der erwähnten Monographie 174).

Wie Walther, so hält auch Schönbach diese Grundsätze für keine Gemeinheit; im Gegenteil. Denn er sagt an derselben Stelle: ,Damit prägt Walther den köstlichen Saß ein, daß Arbeit ohne Lohn unsittlich ist'.

Man wende diesen ‚köstlichen Satz' auf das Verhältnis des Dichters zu den gleichzeitigen deutschen Königen an und man wird finden, daß er durchaus nach seinem Programme gehandelt hat, daß die ausschlaggebende Bedingung, die letzte Triebfeder des diesen Herrschern zu leistenden Dienstes sowie der hißigen Papstsprüche, mit denen er Philipp und Otto gedient hat, nicht etwa Walthers deutscher Patriotismus, sondern die harte Brotfrage gewesen ist.

...

In meinem IV. Bande S. 260 heißt es: ,Walther war glücklich, daß König Philipp ihn in seine Nähe gezogen, daß „das Neich und auch die Krone sich seiner angenommen" hatte. Gegen den Papst aber richtete sich Walther in heftigen Ausdrücken, weil dessen Legat Guido am 3. Juli 1201 zu Köln Ottos Anerkennung aussprach und seine Gegner mit dem Vann belegte.

,König Philipp hat dem Dichter nicht entsprochen. Zwar vertrat Walther dessen Sache mit dem Aufgebot aller seiner poetischen Machtmittel. Doch der gewünschte Lohn blieb aus, und zwei Strophen, in denen sich Walther um das Jahr 1205 über Philipps Mangel an Freigebigkeit beklagte, zeigen des Dichters gereizte Stimmung gegen den König.

,Einstens hatte Walther den Papst hart angelassen, weil dieser den Welfen Otto gegen den Schwaben Philipp begünstigt hatte. Jest trat Walther selbst zu Otto über... Sicher stand er mit einem Liede

auf des Braunschweigers Seite, als dieser 1212 mit dem Banne des Papstes beladen in Deutschland eintraf.

,Wiederum ergeht sich der Dichter in zornsprühenden Versen gegen Innozenz III., der Otto gebannt hatte wegen seines Angriffs auf Friedrich II., wiederum wirft Walther dem Papste Lug und Trug vor, schilt den Himmelskämmerer" einen Dieb, einen Räuber, einen neuen Judas, einen Wolf, da er doch ein Hirt sein sollte.

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,Doch auch Otto verweigert dem Dichter den ersehnten Lohn und wird dafür von diesem gleichfalls arg mitgenommen.

,Walther versucht es nun mit einem 3. deutschen Könige, mit dem Schüßling der Kirche, mit Friedrich II., und es kümmert den Dichter wenig, daß der Staufer den deutschen Boden mit dem Segen dessen betrat, den er, Walther, kurz zuvor noch gröblich beschimpft hatte. Warum sollte der Dichter nach derlei Vorgängen nicht auch Innozenz III. selbst, den großen Beschützer des Pfaffenkönigs', haben besingen können, natürlich unter der Bedingung des rechten Lohnes'? Von Friedrich II. erhielt er anfangs eine bescheidene Gabe, über die er sich lustig machte, später, 1220, ein kleines Lehen wahrscheinlich zu Würzburg, wo er etwa als Sechziger seine Tage beschlossen haben magʻ.

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Man unterlasse es also, Walthers Idealismus zu überspannen. Aus dem Holze des prächtigen, gleichfalls armen Wolfram von Eschenbach war er nicht; aber von Grund aus gemein war er ebenso wenig. Hat doch auch Thomasin von Zirclaria gegen den leidenschaftlichen Parteimann Walther in einem bestimmten Falle den schweren Vorwurf der Lüge erhoben, ohne im Übrigen seine Achtung vor ihm zu verlieren. Und dann: Walther hat die Verkehrtheit seines früheren Lebens erkannt. Drastisch klingen die Worte des Dichters: Ich war so voll des Scheltens, daß mein Atem stank', und er fügt sehr bezeichnend bei, daß erst die Verleihung eines festen Heims ihn davon geheilt habe. Walther ist reuig in sich gegangen, ist ein ganzer Charakter geworden und hat seinen Frieden mit Gott dem Herrn gemacht. In diese Zeit fallen ‚die edelsten Impulse' des Dichters. So habe ich Walther im Anschlusse an seine eigenen Zeugnisse geschildert.

Schönbach wird es mir also schwerlich verargen, wenn ich seine Außerung nicht verstehe, daß ich für meine Beurteilung Walthers ,keine Beweise vorbringe, daß ich eben nur die Dinge so ansehe.

Daß in Deutschland bekanntlich auch in geistlichen Kreisen eine starke Stimmung gegen Rom bestand, ändert an der Sache gar nichts. Daß aber diese Verstimmung ein Beweis dafür ist, die, Politik Innozenz' III. sei nur in der Feindschaft wider die Reichsinteressen beharrlich gewesen', muß ich als unhistorisch ablehnen. Nur unter dieser unhistorischen Voraussetzung war es möglich, Walthers Verhalten damit zu beschönigen, daß er, trotz des Wechsels der Personen, der Sache, der Ehre Deutschlands gegenüber den Ansprüchen der Päpste, treu geblieben sei.

3. In seiner Schrift,,Die Anfänge des deutschen Minnegefanges, Graz 1898, S. 37, sagt Schönbach: ‚Die Richtung, welche Thomasins Wälscher Gast einschlägt, ist eine überwiegend weltliche; die Zwecke der Erbauung liegen ihm ebenso fern wie das Bedürfnis, religiöse Empfindungen selbst zu äußern oder bei anderen hervorzurufen'.

Bei dem Studium des viel zu wenig bekannten großen Lehrgedichtes gewann ich die Überzeugung, daß diese Auffassung unrichtig ist. Ich habe das Werk nach seiner religiösen wie hösischen Seite beleuchtet und Bd. IV, 188 folgendes Ergebnis gewonnen:,Der Wälsche Gast ist eine Unterweisung über die Tugend mit besonderer Rücksicht auf die besseren Stände. Weil von ihnen auch höfische Zucht gefordert wurde, so will der Wälsche Gast zugleich ein Unterricht über diese sein. Weltläufige Manieren sind ja kein Gegensatz zu echter Tugend.

,In erster Linie steht indes dem Verfasser nicht etwa diese äußere Dressur, sondern die Kultur des Herzens, der wahre sittliche Wert des Menschen. Thomasin bringt tief religiöse Überzeugungen und Empfindungen über Tugend und Laster, über die Notwendigkeit, die Schönheit und das Glück der einen, über das Unglück und die Nichtswürdigkeit des andern zum Ausdruck, will im Leser dieselben Empfindungen und Überzeugungen wachrufen, welche ihn, den Dichter, erfüllen, und zwar mit der ausgesprochenen Absicht, zu bessern, den rechten, im Werke tätigen Glauben zu kräftigen. Wer den rechten Glauben" hat, der hat auch Gottesfurcht und heilige Minne, der achtet des Spottes der Leute nicht, dessen Leben ist Gottesdienst. Die himmlische Süßigkeit vertreibt ihm die Süßigkeit der Luft“. Der Dichter will also genau das, was eine gesunde Aszese unter dem Begriff Erbauung“ zusammenfaßt.

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Der Satz ist mit aller Schonung gegen Schönbach gerichtet; er ist seiner oben angeführten Behauptung diametral entgegengesetzt.

In seiner Rezension mußte also Schönbach entweder sagen: Ich halte aufrecht, daß der Wälsche Gast eine,überwiegend weltliche Richtung einschlägt oder er mußte sagen: Ich habe mit Burdach geirrt.

Es kam anders. Schönbach schreibt: Daß der Wälsche Gast des Thomasin von Zirclaria weltliche Standesethik enthalte, dabei muß ich auch jetzt noch verharren, doch kann ich meine Auffassung hier nicht weiter begründen'.

Nun, daß der Wälsche Gast weltliche Standesethik enthalte, habe ich gezeigt; das brauchte Schönbach nicht weiter zu begründen. Zu begründen aber hatte er, daß die Richtung, welche Thomasins Wälscher Gast einschlägt, eine überwiegend weltliche' sei; und diese Begründung hatte Schönbach doch wohl in seiner Rezension zu geben; denn hier war der Ort dazu. Mit einem Worte: Die Sache klappt nicht.

Ganz richtig bemerkt mein verehrter Rezensent, daß wir beide an,getrennten Webstühlen' arbeiten. Es läge nichts daran, wenn dies, wie bisher, friedlich geschehen könnte.

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