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ihm und wenn der Jüngling nur die Geduld hat, zwei- oder drei Mal consequent durchzufallen, so ist er bereits ein gemachter und ein berühmter Mann, besser bekannt jedenfalls als ein Dichter von fünf, von zehn grossen und guten Romanen. Ist es da ein Wunder, wenn schliesslich überhaupt niemand mehr Gedichte oder Novellen, sondern jeder nur noch Stücke schreiben will? Dies ist aber ein Unglück, nicht nur für den Roman und die Novelle und die Dichtung, die ungepflegt und unbestellt verkümmern und veröden, sondern es ist auch ein Unglück für das Theater selbst. Es ist ein Unglück, dass sich immer mehr und mehr undramatische Naturen zum Theater drängen, geborene Novellisten oder Poeten, die sich gewaltsam erst zur dramatischen Form zwingen müssen, weil nun eben einmal das Theater heute für die jungen Leute der einzige Weg zum Publicum ist. Daher die vielen schlechten Stücke, die vielleicht ganz gute Novellen geworden wären, aber - das Thema ist undramatisch, der Autor ist kein Dramatiker, wie soll das je ein Drama geben? Und so, immer und immer wieder Dinge auf der Bühne sehend, die nach ihrem ganzen Wesen gar nicht auf die Bühne gehören, müssen wir ja auch nach und nach selber allen dramatischen Sinn und das dramatische Gefühl verlieren und der Schluss wird also sein: zuerst bringt jetzt das Theater den Roman und die Novelle um und dann werden sie sich rächen, die Novelle und der Roman, dann bringen sie am Ende das Theater um. Und das alles bloss, weil bei uns jeder Mensch ins Theater geht und kein Mensch ein Buch liest und weil so das bischen Interesse für Literatur, das wir haben, ganz vom Theater allein absorbiert wird. Aber warum

liest denn bei uns kein Mensch ein Buch? Das ist die Frage. Warum liest bei uns kein Mensch ein Buch? Darauf hat das Publicum eine sehr einfache Antwort: Welche denn, welche Bücher soll ich denn lesen? Alle? Alle, die überhaupt er

scheinen? Das wird doch kaum gehen. Also welche? Wo kann man das erfahren, welches Buch gelesen zu werden verdient? Im Theater besorgen die Directoren die Auswahl und dann kann ich ja warten, bis die Zeitungen gesprochen haben oder wenn ich ganz sicher sein will, warte ich die zehnte, zwölfte Vorstellung ab, das ist doch schon eine gewisse Garantie. Aber bei Büchern! Wer garantiert mir da? Die Zeitungen? Mein Gott, die Zeitungen drucken halt meistens die Waschzettel der Verleger ab: ich weiss also nie, ob das, was da steht, nicht am Ende blos die Meinung des Autors selbst über sich oder seines Verlegers oder eines guten Kameraden ist - Reclamen und Recensionen sind ja heute für den Laien kaum mehr zu unterscheiden. Also, was soll ich da thun ich, das Publicum? Wen soll ich fragen? An wen soll ich mich wenden? Ich müsste eben jemanden haben, jemanden zwischen mir und den Autoren, der meinen Geschmack ungefähr kennt, der die neuen Bücher liest und der mir empfiehlt, was mir gefallen dürfte. Es müsste einen Ort geben, wo man so jemanden finden kann.

In anderen Ländern giebt es solche Orte, wo man so jemanden findet. In anderen Ländern giebt es das, was man einen literarischen Salon nennt. Ein literarischer Salon ist ein Ort, wo um eine schöne oder doch elegante Frau herum ein paar neugierige Leute sitzen und sich von jemandem erzählen lassen, was in der Literatur vorgeht. Irgend jemand, der die Autoren kennt und ihre Bücher liest, sagt da den Damen und den Herren an, was von den neuen Sachen noch nur erst ein verwegenes Experiment, ein blosser Versuch für das Atelier ist, was vielleicht schon eine gewisse Achtung verdient und was sie schliesslich getrost lesen können. Manchmal schlägt er wohl auch ein Buch auf und liest ein paar Seiten vor, damit sie selbst urtheilen können. Dann mag jeder nach seinem Geschmack wählen. Das ist es, was uns fehlt. Das ist es, was

wir brauchen würden. Einen literarischen Salon würden wir brauchen. Nun, einen literarischen Salon kann ich Ihnen ja leider auch nicht geben. So etwas lässt sich nicht gut auf Actien gründen. Zudem: wo solche Dinge nicht natürlich geworden sind, wird kein künstlicher Versuch mit ihnen gelingen. Aber etwas anderes könnte man vielleicht versuchen. Sehen Sie: man hat freie Bühnen gegründet, das heisst also, Theater, die, ohne eigentliche Theater zu sein, doch wie solche und an ihrer Stelle wirken konnten. Wie wäre es nun, auf dieselbe Art etwas wie einen freien Salon zu versuchen, der also auch, ohne eigentlich ein Salon zu sein, doch wie ein solcher und an seiner Stelle wirken könnte. Dies hier ist ja gewiss kein eigentlicher Salon, aber schliesslich ist es auch ein ganz nettes Zimmer, nicht? und so lade ich Sie denn ein, ob es Ihnen nicht vielleicht Spass macht: ob Sie nicht von Zeit zu Zeit hier mit mir literarischen Salon spielen möchten. Wir werden ja bald sehen, ob es geht. Vielleicht amüsirt es uns ein bischen. Und geht es schliesslich nicht, so haben wir doch ein literarisches Experiment gemacht und werden eine hübsche Erinnerung haben.

Ich möchte aber, wenn Sie einverstanden sind, dass Sie mir dann auch erlauben, mich wirklich wie in einem Salon zu betragen. Also keine Gelehrsamkeit, keine grossen Programme, auch keine Declamation, sondern ich plausche eben mit Ihnen

und immer mit der grössten Freiheit. Das eine Mal werde ich kommen, um Ihnen von einem neuen Dichter zu erzählen, was er bereits geschrieben hat, was man noch von ihm erwarten darf und wie er so in seinem ganzen Wesen ist. Ein anderes Mal lese ich, statt viel zu reden, Ihnen lieber etwas vor. Aber auch dabei, bitte, dürfen Sie nie unsere Fiction vergessen: dass wir ja in einem Salon sind. Nur wie in einem Salon kann ich vorlesen. Ich bin ja kein Recitator; jeder kleine Schauspieler würde das besser können.

Dafür lese ich aber

hoffentlich

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intimer und mit gewissen literarischen Accenten, die die Schauspieler nicht haben. Sie werden mir auch erlauben, bisweilen mitten in einer Geschichte abzubrechen und den Rest oder doch einen Theil nur in ein paar Worten anzudeuten, wenn er mir unwesentlich oder unwichtig scheint, oder wenn ich glaube, dass gerade dieser Theil mit den Augen gelesen werden muss, nicht mit den Ohren. Gleich mit der ersten Geschichte, die ich Ihnen heute bringe, will ich es so machen, weil mir da manches mehr für das innere Gehör bestimmt zu sein scheint. Solche Freiheiten möchte ich mir nehmen und ich hoffe, Sie werden sie mir geben: denn, bedenken Sie nur immer, dass das ja kein Katheder und keine Kanzel ist, sondern dieser Sessel stellt einen Fauteuil vor und Sie sitzen um mich herum und wir plauschen und wenn ich hie und da vielleicht dem einen oder dem anderen schliesslich ein bischen Appetit auf Literatur machen werde, so bin ich sehr vergnügt: denn das ist alles, was ich mir wünsche. Ich denke, ich brauche Ihnen nun wohl nicht erst zu sagen, warum ich meinen Versuch gerade mit diesen zwei Sachen beginne: mit einer neuen Novelle von der Ebner-Eschenbach und mit dem letzten Poëm von Ferdinand on Saar. Ich denke, dies müssen Sie ja selber fühlen. Es ist ein Bedürfniss des Menschen, wenn er etwas anfängt, einen guten Namen anzurufen. Der soll ihn schützen, der soll ihm helfen. Aber welche besseren Namen, die uns theuerer wären. hätten wir denn in Oesterreich als den jener gütigen, der Jugend ein bischen spöttisch, aber milde zulächelnden Frau und unseres edlen alten Meisters? Wie zwei liebe Statuen stehen die Beiden am Eingang unserer neuen Literatur und was wir auch thun, immer werden wir uns von Zeit zu Zeit zu ihnen wenden und mit einem zärtlichen Blick ihnen ein Zeichen unserer Ehrfurcht geben. In ihren Namen, in ihren guten Namen will ich denn beginnen.

ANZENGRUBER

ORGEN sind es zehn Jahre, dass Anzengruber todt ist: am 10. December 1889 um dreiviertel acht Uhr.

Früh ist er gestorben. Das Wiener Publicum hatte ihn drei Monate früher bei der Eröffnung des Deutschen Volkstheaters mit dem ,,Fleck auf der Ehr"" zum letzten Male gesehen. Da trat er, als man nach jedem Acte immer lauter und stürmischer den Dichter zu sehen verlangte, ernst`und ein bischen linkisch vor, und seine Freunde erschraken, wie fahl das strenge Gesicht hinter dem stark angegrauten Rothbart, wie hager seine Gestalt geworden war, unheimlich an den Bettler Azur im ,,Verschwender" erinnernd, wie Bettelheim in seinem Buche erzählt. Sie wussten freilich, was er gelitten hatte, seit Jahren krank, vom Undank der Stadt verbittert und immer, wie er einmal an Ada Christen schrieb, „den Feldschandarm Sorge" hinter sich, jetzt auch noch zu Hause von tiefem Gram betroffen; aber nun entsetzten sie sich doch, ihn so zerstört und verwüstet zu erblicken. Er hatte schon den Tod im Leibe. Zwar raffte er sich noch einmal auf, gab sich neuen Plänen hin und ging, vom Erfolge bestärkt, neuen Muthes die Arbeit an. Doch schon im November, als eben die Freunde zu seinem fünfzigsten Geburtstage rüsteten, hiess es plötzlich, er sei wieder erkrankt, das Fest müsse verschoben werden. Noch fanden sie ihn getrost und guter Laune, noch spasste er: ,,Jetzt bin i do' neugieri', ob i mit der G'schicht' oder die G'schicht' mit mir fertig wird", aber mit jedem Tage wurden

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