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ZWEITE ABTEILUNG FÜR GYMNASIALPÄDAGOGIK UND DIE ÜBRIGEN

LEHRFÄCHER

MIT AUSSCHLUSZ DER CLASSISCHEN PHILOLOGIE

HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. HERMANN MASIUS.

1.

NOCTES SCHOLASTICAE.

Nr. 1.

Lord Chesterfield (geb. 1695 † 1773).

Die Briefe des Lord Chesterfield an seinen natürlichen Sohn Philipp Stanhope haben nicht blosz zur Zeit ihres ersten Erscheinens die allgemeinste Aufmerksamkeit auf sich gezogen und das lebhafteste Interesse erregt, sondern genieszen noch jetzt in England eine hohe Werthschätzung. Lord Mahon hat in seiner Geschichte Englands seit dem Utrechter Frieden wiederholt auf sie Rücksicht genommen. In Deutschland, wo gleich nach dem Tode des Lord Chesterfield von ihnen eine Uebersetzung erschien, sind sie allmählich in Vergessenheit gerathen. Selbst bei pädagogischen Schriftstellern habe ich sie nur hier und da erwähnt gefunden, und mehr als ein Werk, das noch allenfalls in der Geschichte der Pädagogik einen Platz verdiente, als dasz man aus ihnen noch heut diesen Tag daraus Belehrung, Förderung und Bildung schöpfen könnte.

Es ist wahr, Vieles ist in ihnen veraltet und für unsere Zeit nicht mehr zu gebrauchen. Die Verhältnisse, die Sitten, das ganze Leben ist ein anderes geworden; an die Stelle der Gefahren, vor denen der Lord seinen Sohn zu schützen suchte, sind andere getreten, welche andere Warnungen, andere Rathschläge erfordern würden; manches von dem, was vor hundertundzwanzig Jahren als unverfänglich galt und von der Sitte gebilligt oder doch geduldet wurde, steht jetzt in der öffentlichen Meinung zweifelhaft da; manches von dem, was damals als wesentlicher Teil feinerer Bildung betrachtet wurde, würde heute als werthlos, ja als stutzer- und geckenhaft erscheinen; aber neben diesem Veralteten

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N, Jahrb. f. Phil. u. Påd, II. Abt. 1866. Hft. 1.

1

findet sich in diesen Briefen so viel für alle Zeiten Wahres und Bedeutendes, dasz ich mich gedrungen fühle, aus dem, was ich mir aus diesen ungekannten und verborgenen Schätzen gesammelt habe, einiges wenige mitzuteilen. Ich rechne dabei nicht blosz auf Entschuldigung, sondern auch auf Interesse und Dank, um so mehr, wenn es mir gelingen sollte, den Blick meiner Leser auf eine Vergangenheit zurückzulenken, die im Besitz einer hohen geistigen Bildung, vielseitigen Wissens, feinen Tactes und eines tiefen und echt menschlichen Interesses an Erziehung gewesen ist, und von der wir auf Schritt und Tritt lernen können. Diese Vergangenheit musz auch im Pädagogischen unsere Zukunft gründen. Unser Streben kann, wenn es Vernunft haben soll, nur dies sein, aus ihr in die Zukunft hinein zu arbeiten, zu schaffen und zu bilden.

Lord Chesterfield konnte dem von ihm so heisz geliebten Sohne weder seinen Rang noch seinen Besitz hinterlassen; um so mehr war er bemüht, ihm durch Erziehung und Unterricht den inneren Werth, die Tüchtigkeit und Brauchbarkeit für das Leben zu verschaffen, welche ihm einst eine glänzende und einfluszreiche Stellung im öffentlichen Leben und im Staatsdienst sichern würden. Er sollte durch eigenes Verdienst erwerben, was Andere ihrer Geburt verdankten. Chesterfield hatte selbst in der Gesellschaft wie in amtlicher Thätigkeit eine der ersten Stellen eingenommen; eine früh eintretende Schwerhörigkeit, für die er vergebens in Bädern Hülfe suchte, hatte ihn aus beiden sich zurückzuziehen genötigt; seine Freude und sein Trost blieben da Jahre lang nur die des Staatsmannes würdigen Studien und die Hoffnungen und Wünsche für diesen seinen geliebten Sohn, den er mit seiner erfahrenen und sichern Hand zur Höhe hinaufzuleiten sich bemühte. Zu diesem Behufe sollte er sowol für die parlamentarische als auch für die diplomatische Laufbahn vorbereitet und mit der Vollkommenheit der Bildung ausgestattet werden, der der Erfolg nicht fehlen, die an den Höfen Europas wie im Unterhause ihrer selbst völlig sicher sein könnte. Dies war das Ziel, auf welches das Streben des Lord Chesterfield gerichtet war; wenn man die Briefe, welche er an seinen Sohn sendet, genau verfolgt, so musz man eingestehen, dasz vielleicht niemals ein Ziel schärfer ins Auge gefaszt und mit mehr Consequenz und mit mehr Umsicht angestrebt worden ist. Es gibt nichts auf der Welt, die Poesie ausgenommen, was nicht durch festes Wollen und Geschick erreicht werden könne, sagt Chesterfield irgend einmal; es scheint, als ob er auch in der Leitung seines Sohnes von vorn herein dieses Erfolges sicher gewesen wäre.

Man würde sehr irren, wenn man glauben wollte, Chesterfield habe es auf den äuszeren Schein abgesehen gehabt: sein Ziel ist vielmehr innere Tüchtigkeit, aber verbunden mit der Fähigkeit sich darzustellen und zu wirken. Er wollte seinen Sohn mit allen Tugenden und wahrhaften Vorzügen geschmückt sehen; aber er hielt diese Tugenden und Vorzüge für werthlos, wenn sie nicht in einer ihrer selbst würdigen Weise zu erscheinen und sich geltend zu machen im Stande wären. Es ist nicht zu verwundern, wenn sich bei ihm, dem Weltkundigen, die Schale nach der einen Seite herüberneigte: 'Gründlichkeit und Zierlichkeit vereinigt,' sagt

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