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der religiösen Lyrik nach Inhalt, Stil und Sprache zu bestimmen. Dieses Material erstreckt sich, wenn man die lyrischen Partieen der außerkanonischen Literatur mit in den Kreis der Betrachtung zieht, über einen Zeitraum von fast tausend Jahren. Der Literarhistoriker dürfte also nicht vergeblich den Versuch machen, aus der Betrachtung dieses Materials ein anschauliches Bild von der in Israel einst blühenden religiösen Lyrik zu gewinnen.

Hauptarten der religiösen Lyrik. Wie bei den anderen Kulturvölkern des Altertums, so ist auch in Israel die religiöse Lyrik aus dem Kultus erwachsen. Das Heiligtum und die heilige Zeremonie waren die Stätten, wo zuerst das fromme Lied erklang. In Israel war die Verehrung Gottes mit Gesang und Musik so selbstverständlich, daß die ganze überlieferte Gattung der religiösen Lyrik nach diesem ihrem ursprünglich wohl einzigen und wichtigsten Bestandteil, dem Hymnus, ihren Namen erhalten hat: die Psalmensammlung trägt im Hebräischen den Titel tehillim d. h. eigentlich Lobgefänge zu Ehren Gottes. Don dieser Derbindung mit dem Kultus, also mit der ans heiligtum geknüpften Pflege der Beziehungen zwischen Gott und Mensch, hat sich dann die religiöse Dichtung, die in ältester Zeit immer zugleich religiöser Gesang war, allmählich losgelöst. So entstand das religiöse Lied im engeren Sinne, das gesungene resp. nur gesprochene. In ihm feierte der Einzelne daheim oder in der Gemeinschaft der Frommen, losgelöst vom Opferkult und der priesterlichen 3eremonie, einen rein geistigen Gottesdienst, oder es existierte überhaupt nur literarisch als dichterischer Ausdruck ganz individueller Stimmungen und Gefühle.

1. Die Existenz einer reichen Kultdichtung in Israel wird im A. T. ausdrücklich bezeugt. Es sei nur auf den Propheten Amos hingewiesen, der ein. mal (5,21 ff.) im Hinblick auf den kultischen Übereifer seiner Zeitgenossen bei gleichzeitiger sittlicher Entartung des Volkes an Haupt und Gliedern sagt:

Ich hasse, ich verabscheue eure Feste,

mag nicht riechen den Duft eurer Feiern,

Ich will nichts wissen von euren Opfergaben,

sehe nicht hin, wenn ihr Mastkälber darbringt!

Weg von mir mit dem Lärm eurer Lieder,

ich mag nicht hören das Rauschen eurer Harfen

Wie an dem königlichen Heiligtum zu Jerusalem, so wird es auch an anderen größeren Kultstätten seit alters berufsmäßige Sänger und vor dem Eril wohl auch Sängerinnen gegeben haben, die die feierlichen Opferhandlungen mit ihrem Kunstgesang begleiteten und bei den großen Prozessionen Stimmführer waren. In der Tempelhierarchie des Judentums bildeten diese Sänger bekanntlich eine besondere, zum niederen Klerus, den Leviten, gehörige Klasse von Kultusdienern. Das Vorhandensein einer reich entwickelten kultischen Dichtung im alten Israel ist also gar nicht zu bezweifeln. Aber was für Lieder mögen es wohl gewesen sein, die die Priester mit den Laien zu Amos' Zeit im Heiligtum zu Bethel bei feierlichen Opfern anstimmten? Ob sich wohl Reste dieser Chor-Lyrik unter dem uns erhaltenen Material befinden, etwa in den Psalmen? Diese Frage wird man mit ziemlicher Sicherheit verneinen dürfen. Die im kanonischen Psalter erhaltene religiöse Lyrik geht, soweit sie in ältere, vorerilische Zeit zurückreicht, wohl ausschließlich auf jerusa= Iemische Tempeltradition zurück. Und sollte unter den dort aufbewahrten Resten älterer Kultdichtung dieses oder jenes hymnische Stück auch an anderen großen Kultstätten als an dem königlichen Heiligtume in Jerusalem in Gebrauch gewesen sein, was ja bei der Eigenart der Hymnenliteratur sehr wohl möglich ist, so könnten wir das jedenfalls nicht mehr beweisen. Dazu fehlen uns alle mittel. Wenn wir also von israelitischer Kultdichtung sprechen, so müssen wir dabei immer im Auge behalten, daß uns aus älterer Zeit nur verhältnismäßig wenig hymnische Poesie aus dem Tempelkult in Jerusalem, und dieses Wenige auch noch nicht immer sicher als solches erkennbar erhalten ist. Die meisten hierher gehörigen Dichtungen werden der nacherilischen Periode bis zur griechischen Zeit angehören, wenn auch

gewiß viele davon nach älteren Mustern gedichtet sind oder Reste solcher in sich aufgenommen haben.

Außerhalb des Psalters haben wir nur einige wenige Proben von Kultdichtung aus älterer Zeit. Eins der ältesten Stücke dieser Art dürfte das kurze Lied sein, das man anstimmte, wenn die Lade, der Thronsiz des unsichtbaren Gottes Jahwe, dem zum heiligen Kriege aufbrechenden Heere voranzog oder nach erfochtenem Sieg ins Lager zurückgebracht wurde. Das waren kultische Akte von höchster Wirkung auf die Gläubigen. Dieses Lied ist uns 4. Mose 10, 35 f. erhalten und dort Mose in den Mund gelegt. Sicher stammt es aus Israels ältester geschichtlicher Zeit. Ebendahin führt uns wohl auch der Jahwe-Hymnus, der uns 2. Mose 15 in späterer Bearbeitung erhalten ist (s. u. S. 20 ff.) und den die alte Sage ausdrücklich als ein echtes, mit Instrumentalbegleitung gesungenes Chor- und Prozessionslied bezeichnet (v. 20). In 4. Mose 6, 24 ff. ist uns ein alter liturgischer Spruch aufbewahrt, der gewiß einst auch im Tempel zu Jerusalem aus Priestermund ertönte, wenn die Dolksgemeinde zu feierlichem Opferfest versammelt war. Noch heute klingt er mit Recht vom Altar her der christlichen Gemeinde am Schlusse des Gottesdienstes als schöner Geleitspruch entgegen: Der Herr segne dich und behüte dich! Ein gewiß uralter Sühne -Ritus samt dem die feierliche Kulthandlung begleitenden Gebet ist in 5. Mose 21, 1 ff. erhalten. Dieses Gebet ist ein kleines lyrisches Ganze, eine vierreihige Kultdichtung. Ein Beispiel für Beschwörungslieder bietet die Sagenliteratur des Pentateuch in dem sog. Brunnenlied 4. Mosse 21, 17 f. Anderer Art ist das schon oben erwähnte Gebet der Hanna in dem zarten Idyll 1. Sam. 2, 1ff. Gehört es auch durchaus der Legende an und darf demgemäß nicht ohne weiteres als Probe älterer Kultdichtung betrachtet werden (vgl. darüber Bd. IIa), so ist es doch ein wichtiges Jeugnis für die fromme Sitte, Gott öffentlich im Heiligtum ein Dank gebet für erfahrene Wohltat oder für Erhörung einer Bitte zu singen. Wir können dieses Gebet also den vielen im Psalter erhaltenen Proben der von einem Einzelnen vorgetragenen (monodischen) Kultdichtung an die Seite stellen.

Damit sind nun schon die hauptsächlichsten Arten der Kultdichtung angedeutet. Sie entsprechen den mannigfachen Anlässen zu kultischen Feiern und begleiten das religiöse Leben des ganzen Volkes wie des Einzelnen. Nor= maler Weise ist der Kultus von der Stimmung der Freude und des Dankes getragen. Man „freut sich vor Jahwe“, wie das A. T. so oft sagt. Darum singt man der Gottheit Hymnen, Lieder, die ihre Macht und freundliche Hülfe preisen. Aber auch die gegenteilige Stimmung kommt zum Ausdruck: man beugt sich in tiefer Trauer vor dem göttlichen 3orn und sucht durch schmerzliche Klagen und Bitten und ergreifende Buß gebete Gottes Erbarmen zu erweichen. Wenn aber die Sonne der göttlichen Gnade wieder lächelt, dann steigt ein herzliches Dankgebet zum Himmel empor. Das gilt für die Gesamtheit so gut wie für den Einzelnen.

2. Auch die Wurzeln des religiösen Liedes, bei dem die oben genannten Unterarten, Hymnus und Gebet, wiederkehren, reichen in sehr alte 3eit zurüd. In den volkstümlichen Sagen aus der Vorzeit und früheren Geschichte Israels ist oft vom Beten die Rede. So fleht der Brudermörder Kain, unter der furchtbaren Last des göttlichen Fluches zusammenbrechend, im Gebet zu Jahwe: „Meine Schuld ist zu groß, denn daß ich sie trüge! Du hast mich nun vom Acker vertrieben und vor deinem Angesicht muß ich mich verbergen. Unstät und flüchtig muß ich sein auf Erden, und am Ende schlägt mich tot, wer mich findet!" tief ergreifende Worte in poetischer, nur der feineren Rhythmisierung ermangelnder Sprache, 1. Mose 4, 13 f. Von Abrahams treuem Knecht wird erzählt, wie er am Wasserbrunnen vor der Stadt lagernd zu Jahwe um ein glückliches Gelingen seiner Reise betet und wie er dann, als er mit Gottes Hülfe das rechte Mädchen gefunden, sich dankerfüllt niederwirft und Jahwes Güte preist, 1. Mose 24, 12 ff. und 26 f. Auch von den Patriarchen wird öfters erzählt, daß sie beten. Abraham legt für Abimelech Fürbitte ein 1. Mose 20, 17, 3saat betete zu Jahwe für sein Weib, 1. Mose 25, 21, in Machanajim betet Jakob in tiefer Selbstdemütigung um den Schutz

Jahwes, 1. Mose 32, 10 ff., und aus dem gleich darauf folgenden uralten Mythus von Jakobs Ringkampf klingt uns der wunderbare Gebetsruf entgegen: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn, 1. Mose 32, 27, vgl. dazu Hosea 12, 5. Von Moses heißem Gebetsringen mit Jahwe um den Erweis seiner verzeihenden Gnade weiß die Sage von der Wüstenwanderung mancherlei zu berichten, vgl. 3. B. 4. Mose 14, 17 ff. Einen tiefen Blick in die ganz persönliche Frömmigkeit der alten Zeit läßt uns das liebliche Idyll 1. Sam. 1, 9 ff. tun. Da sehen wir die gekränkte Hanna in einem stillen Gebet vor Jahwe ihr Herz ausschütten und entnehmen daraus, daß man an der heiligen Stätte nicht bloß opferte und Kultlieder sang, sondern daß auch der Einzelne dort Gelegenheit fand, ganz für sich seines Glaubens zu leben und im herzlichen Gebet Einkehr bei Gott zu halten. Auch was 1. Sam. 15, 11 über Samuels Fürbitte für den von Jahwe verworfenen Saul erzählt, beweist uns, welche Bedeutung im religiösen Leben des alten Israel das individuelle, vom öffentlichen Kultus losgelöste Gebetsleben gehabt hat. Das ist der Boden gewesen, aus dem das religiöse Lied erwachsen ist.

Geschichtlich völlig zuverlässige Zeugnisse für diese Gattung haben wir erst in den Schriften der Propheten. Hier begegnen uns die ersten Beispiele des poetisch zum religiösen Liede ausgestalteten persönlichen Verkehrs mit Gott in Gebeten, Hymnen und Liedern. Für erstere sei hier nochmals auf die oft so erschütternden Bekenntnisse Jeremias hingewiesen (vgl. o. S. 2), in denen er uns bis auf den Grund seiner ganz von Gott erfüllten Seele blicken läßt; für lettere genügt der Hinweis auf so hervorragende Beispiele prophetischer Lyrik wie Jes. 14, 4-21, 30, 27–33 und 37, 22–29 (2. Könige 19, 21 ff.). Weitere Belehrung über diesen Gegenstand wolle der Leser aus dem die Prophetenschriften behandelnden Bande dieses Werkes holen.

Proben der literarischen Gattung des religiösen Liedes haben wir aber auch im Psalter, wenn auch verhältnismäßig wenig. Doch ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß sich noch manches ursprünglich hierher gehörige Literaturprodukt in den andern beiden Hauptgattungen, Hymnen und Gebeten, findet. Denn vielfach find religiöse Lieder erst durch Überarbeitung zu Kultdichtungen geworden. Bei einigen können wir das sicher oder fast sicher nachweisen.

Im folgenden ist die Einteilung der religiösen Lyrik nach den literarischen Gattungen Hymnus, Gebet und Lied zu Grunde gelegt. An die Spitze stellen wir die hymnische Poesie. Dann folgt die am stärksten vertretene Gruppe der Gebete, und den Schluß sollen die religiösen Lieder bilden. Bei den Gattungen Hymnus und Gebet unterscheiden wir wieder, soweit das noch möglich ist, zwischen Erzeugnissen der kultischen oder Chor-Lyrik und solchen der Individual- oder monodischen Lyrik.

I. Gruppe: Hymnen.

1. Kultische Dichtungen (Chor:Lyril).

Allgemeines über hebräische Kultdichtung. Das meiste von dem, was uns im Pfalter von der Gattung der hymnischen Poesie überliefert ist, gehört der Kultdichtung an. Bei einigen Liedern ist das ohne weiteres erkennbar aus den darin enthaltenen Hinweisen auf die kultische Handlung (Opfer, Prozession), die der Hymnus begleitete; von anderen wissen wir es dank gelegentlicher Notizen im Alten Testament oder aus der jüdischen Überlieferung im Talmud, die uns manche wichtige Einzelheit der gottesdienstlichen Ordnung im Tempel zu Jerusalem aufbewahrt hat. Allerdings beziehen sich diese Traditionen, soweit sie wirklich vom Tempelkult reden, wohl zunächst nur auf die kultische Praris der letzten Jahr. zehnte oder des letzten Jahrhunderts vor der völligen Aufhebung des Tempeldienstes bei der Zerstörung Jerusalems i. J. 70 n. Ch. Aber bei der Festigkeit, die allen kultischen Formen an und für sich eigen zu sein pflegt, und bei dem

Konservatismus, der den jüdischen Tempelkult charakterisierte, darf man mit einiger Sicherheit behaupten, daß die vom Talmud gebotenen Überlieferungen über die Derwendung bestimmter Psalmen im Opferkult die Verhältnisse einer ferneren Dergangenheit, also mindestens des 2. und 1. Jahrhunderts vor Chr. wiederspiegeln. Wir wollen diese Nachrichten über Psalmengesang im jüdischen Kultus im folgenden kurz zusammenstellen.

Im Psalter selbst ist nur bei zwei Liedern auf ihre kultische Abzweckung hingewiesen: Nr. 30 wird in der Überschrift als „Lied zur Tempelweihe“, Nr. 92 als „für den Sabbath" bestimmt bezeichnet. Aus dem Inhalt dieser Psalmen ergibt sich freilich ohne weiteres, daß ihnen diese kultische Beziehung nicht von vornherein eigen war, sondern daß sie, wie so oft, erst durch allegorische Umdeutung zu Kultliedern gemacht worden sind, vgl. dazu die Erklärung der beiden Psalmen. Das gilt auch für vier weitere Psalmen, die in der griechischen Übersetzung des A. T. durch entsprechende Notizen in den Überschriften als Kultlieder gekennzeichnet werden, nämlich Nr. 24 („für den ersten Wochentag" d. i. Sonntag), 48 („für den zweiten Wochentag"; nach einer anderen Überlieferung dagegen für den Sonntag!), 93 („für den Tag vor Sabbath" d. i. Freitag) und 94 („für den dritten Wochentag“). Damit stimmt, wie wir sehen werden, die jüdische Tradition im Talmud überein. Die griechische Übersetzung kennt außerdem noch einen „für den Schlußtag des Laubhüttenfestes" (vgl. 3. Mose 23, 36) bestimmten Psalm, nämlich Nr. 29. Auch diese Notiz wird, wenn auch nicht ohne Widerspruch, durch die spätjüdischen Nachrichten über den Tempelkult bestätigt.

Aus der prophetischen Verheißung Jeremia 33, 10 f. können wir dann weiter einen Schluß ziehen auf die Verwendung einer ganzen Gruppe von Psalmen im Opferkult des jerusalemischen Heiligtums. Dort heißt es, es soll noch einmal in dem von Gott wieder begnadeten Jerusalem ertönen „die Stimme der Freude und Fröhlichkeit, die Stimme von Bräutigam und Braut, die Stimme solcher, die beten: „Danket dem Herrn Zebaoth, daß so gütig der Herr, denn seine Gnade währt ewiglich", wenn sie Dankopfer ins Haus des Herrn bringen." Mögen diese Worte nun vom Propheten Jeremia herrühren oder nicht, so ist jedenfalls klar, daß damit auf eine bekannte kultische Sitte hingewiesen werden soll, die dem Derfasser als charakteristisches Merkmal des mit dem äußeren Glück verbundenen inneren Friedens Israels gelten konnte: beim Darbringen von Dankopfern als dem kultischen Ausdruck der Freude über Gottes Gnadengegenwart sang man Lieder, denen die Formel „Danket dem Herrn, der so gütig, denn seine Gnade währt ewig" eigentümlich war. Solcher Lieder haben wir nun noch einige im Psalter, vgl. Nr. 106, 107, 118 und 136. Von diesen ist allerdings das zuerst genannte kein Danklied, sondern, wie sich zeigen wird, ein tiefernstes Bußgebet, doch erklärt sich das leicht aus der oft zu beobachtenden Tatsache der Mischung der für die ein. zelnen literarischen Gattungen üblichen Stilformen. Übrigens ist Nr. 118 schon durch seinen Inhalt, Nr. 106 durch das am Anfang stehende Hallelujah und durch den Vergleich mit den liturgischen Gebeten Nehemia 9, 6 ff. und Daniel 9, 4 ff. als Kultlied erkenntlich.

Auch für das Verständnis des eine andere Gruppe von Liedern charakteri. fierenden Ausdrucks Hallelujah können wir durch Rückschluß aus alttestamentlichen Stellen etwas gewinnen. Im 1. Buch der Chronik 16, 7ff. wird erzählt, David habe bei der feierlichen Überführung der heiligen Lade auf den Zion den levitischen Sängern „den Dank an Gott übertragen“, und zur Veranschaulichung dieser Szene läßt dann der Verfasser die Sängergilde Asaph den oben S. 2 erwähnten Dankpsalm vortragen. Am Schlusse des Berichts aber heißt es, alles Dolk habe mit „Amen“ respondiert und „Gott gepriesen“ (Hallelujah gesungen). An einer späteren Stelle desselben kirchengeschichtlichen Werkes (Esra 3, 10 f.) lesen wir über die Grundsteinlegung des Tempelneubaus i. J. 536: „Als die Bauleute den Grund zum Tempel des Herrn gelegt hatten, da traten die Priester hin in Amtstracht mit Trompeten und die Leviten, die Asaphiten, mit Cymbeln, um Gott zu preisen nach

den Anordnungen Davids, des Königs von Israel. Und sie hoben an, Gott zu preisen und zu danken, daß er so gütig, daß seine Gnade ewig über Israel walte. Das ganze Volk aber stimmte ein lautes Jubelgeschrei an, indem es Gott pries (Hallelujah sagte) wegen der Grundsteinlegung des Tempels." Daraus ist zu entnehmen, daß zur Zeit des Verfassers, also etwa im Ausgang des 4. Jahrhunderts v. Chr. gelegentlich Kultlieder von den Tempelsängern gesungen wurden, die die versammelte Gemeinde mit Amen und Hallelujah beschloß. Dasselbe besagt die Schlußdorologie zum 4. Buch unseres Psalters, 106, 48. Beide Formeln sind also ursprünglich liturgische Antiphonien oder richtiger Hypophonien, und das im Psalter öfter wiederkehrende Hallelujah darf geradezu als Kennzeichen der kultischen Abzweckung der damit versehenen Lieder angesehen werden. Es sind das im hebräischen Text die Psalmen 104-106, 111-113, 115–117, 135, 146-150, doch verdient die von der griechischen Übersetzung gebotene Überliefe= rung, wonach Hallelujah immer als Stichwort am Anfang des Psalms stand, den Vorzug. Hallelujah - Psalmen wären dann gewesen 105-107, 111-114, 116-118, 135-136, 146-150. Dazu stimmt, daß fast alle diese Lieder mit der Aufforderung Preiset" (113, 117, 136, 147, 148, 150) resp. „Preise" (146) oder „Danket" (105, 106, 107, 118, 136) resp. „Ich will danken" (111) beginnen, also auch äußerlich den Charakter der Kultdichtung tragen.

Die jüdische Tradition spricht nur von der liturgischen Verwertung eines Teils dieser Gruppe von Kultliedern, des sog. Hallelujah, Psalm 113-118, an den drei großen Festen Passah, Wochenfest und Laubhütten, sowie am Neumond- und Tempelweihfest, doch ist dadurch nicht ausgeschlossen, daß sie einzeln oder zu mehreren auch sonst beim Gottesdienst gesungen wurden.

Durch die talmudische Überlieferung sind wir auch über die Verwendung anderer Psalmen im Tempelkult der spätnacherilischen Zeit unterrichtet. Zunächst betreffs der wochentäglichen Liturgieen. Diese waren in der Reihenfolge der mit Sonntag als dem 1. Tage beginnenden Woche: No. 24, 48, 82, 94, 81, 93, 92, vgl. oben. Für den Donnerstagspsalm haben wir auch das 3eugnis der altlateinischen Übersetzung, die die alte Überschrift des Liedes durch die Notiz quinta sabbati ergänzt. Diese Psalmen erklangen am Schlusse des allmorgendlich dargebrachten Brandopfers, des sog. tamid (2. Mose 29, 38 ff.) und zwar bei der Darbringung der das Opfer begleitenden Weinspende, einzelne ganz, von anderen nur bestimmte Abschnitte. Auch das regelmäßige Abendopfer, die sog. Abendmincha (vgl. 3. B. Esra 9,4) war wohl liturgisch ausgestattet, wenn auch geringer als das Morgenopfer.

Die Sabbathe und großen Feste hatten selbstverständlich, wie ihre reicheren Opfer, so auch eine besonders reiche Liturgie, indem zu den regelmäßigen Wochenpsalmen noch die speziellen Festgesänge hinzukamen. So wurde 3. B. zu Laubhütten beim sog. Musaphopfer (d. h. bei dem zu dem täglichen Morgenopfer hinzukommenden besonderen Festtagsopfer) gesungen am ersten Tage Psalm 29, 1, am zweiten 50, 16, am dritten 94, 16, am vierten 94, 8, am fünften 81, 7, am sechsten 82, 5. An Neujahr kam zu dem Wochentagspsalm beim Musaphopfer hinzu 81, 2 resp. 81, 7, wenn Neujahr auf Donnerstag fiel; beim Abendopfer 29, 8. Beim Musaph am Sabbath wurde der Hymnus 5. Mose 32 in 6 Abschnitten, zum Nachmittagsopfer dieses Festtages der Hymnus 2. Mose 15, 1-19 und 4. Mose 21, 17 gesungen. Ps. 30 wurde am Tempelweihfest (vgl. 1. Makk. 4, 36 ff.) gesungen (f. o.), doch gehörte er auch zum Ritual der Darbringung der Erstlinge von der Ernte (2. Moje 34, 26, 5. Mose 26, 1 ff.). Wenn der Festzug im Tempel ankam, stimmten die Leviten Pf. 30, 2 an.

Wir können, wie gesagt, diese Angaben nicht im einzelnen auf das Alter der von ihnen bezeugten kultischen Institutionen prüfen, doch darf man im allge= meinen der Tradition mit Vertrauen gegenüberstehen. Sehr zu bedauern ist ihre große Dürftigkeit, denn es ist wohl ohne weiteres klar, daß die in der jüdischen Überlieferung erwähnten Lieder längst nicht den ganzen, dem Psalter entnommenen liturgischen Bestand darstellen. Wir müssen also, wenn möglich, versuchen, aus den Psalmen selbst auf ihre Verwendung im Tempelkult zu schließen.

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