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Christen vor denjenigen, welche im bewußten Glauben und Bekenntniß des Heilands stünden. Was sagen wir zu jener Behauptung? Nun, abgesehen von dieser die Sache ins Lächerliche ziehenden Uebertreibung mögen wir nicht verkennen, daß derselben eine beachtenswerthe Wahrheit zu Grunde liegt. Das Christenthum hat sittigend und versittlichend auf die Menschheit eingewirkt, und es ist durch seinen Einfluß diejenige Gesittung und Gesinnungstüchtigkeit erwachsen, deren wir uns jezt erfreuen und rühmen und die in der That in mancher Beziehung den ethischen Forderungen des Heilands nahe kommt. Unsere öffentliche Moral und unsere ethische Gefühls- und Denkungsart ist eine wesentlich andere, als die heidnische, und allmählich auch eine reinere, als diejenige friherer christlicher Jahrhunderte geworden. Aus der Rechtspflege ist die frühere Grausamkeit mit Folter und quälender Freiheits- und Todesstrafe gewichen, selbst der Krieg, dieses Morden im Großen, hat wenigstens hier und da eine menschlichere Gestalt gewonnen, er wird nicht mehr gegen die friedlichen Bürger mit Sengen und Brennen, mit Rauben und Plündern, mit Schänden und Morden geführt; dagegen wird mit dem Aufgebot großartiger Mittel und mit der Entfaltung aufopfernder Liebesthätigkeit die Pflege der gesunden und kranken Krieger und die Versorgung der Invaliden und der Hinterbliebenen der Gefallenen betrieben. Die Sklaverei und Tyrannei in allen staatlichen und gesellschaftlichen Formen, die in den vergangenen Zeiten wie ein Bann auf der Menschheit lag und wie ein Brandmal sie schändete, ist verpönt und die Staatsverfassungen und Gesetzgebungen der gegenwärtigen christlichen Welt lassen jedem Stand, jeder Gesellschaftsklaffe wie jedem Einzelnen Recht und Freiheit in gleichem Maße zu Theil werden. Kein Nothstand, kein Unglücksfall wird

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öffentlich bekannt, ohne daß die Wohlthätigkeit demselben sofort ihr freundliches Angesicht zuwendete, und nicht selten begegnen wir dem hochgehenden Wogenschlag einer Wohlthätigkeitsbegeisterung, die Staunenswerthes leistet. Das sind einzelne Züge des Bildes vom unbewußten Christenthum" unserer Tage, und wer will es leugnen: es sind liebliche, herzerfreuende Züge! Dem gegenüber ist es tief schmerzlich für den im bewußten Christusglauben Stehenden, zu beobachten, wie geflissentlich man heutzutage bemüht ist, Alles dieses dem Prädikat „christlich“ zu entwinden und mit einem heidnischen Ausdruck als „Humanität“ zu bezeichnen. Diese betrübende Wahrnehmung macht uns denn auch bange um den Bestand unserer gesammten im lezten Grunde vom Christenthum hervorgerufenen Gesittung. Sie wird und kann nicht bestehen, indem sie sich lossagt und loslöst von der Wurzel, aus der sie entsproßt, von dem Mutterboden, aus dem sie erwachsen ist. Hier findet das Wort des Heilands von dem Weinstock und den Reben Anwendung: „Gleichwie der Rebe kann keine Frucht bringen von ihm selber, er bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn in mir; ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben; wer in mir bleibet und ich in ihm, der bringet viele Frucht, denn ohne mich könnet ihr Nichts thun; wer nicht in mir bleibet, der wird weggeworfen wie ein Rebe und verdorret, und man fammelt sie und wirft sie ins Feuer und muß brennen“ (Joh. 15, 4-6). Fährt das gegenwärtige Geschlecht fort, seine beste Erkenntniß und Tugend, deren Zeitigung es dem Christenthum verdankt, sich als sein eigenes Verdienst zuzurechnen und dem Christenthum alles Verdienst abzusprechen, dann wird es bald mit diesen Errungenschaften aus sein. Wer mit offenen Augen das Gebahren der heutigen

christlichen Welt betrachtet, sieht auch bereits die An- und Vorzeichen der heranziehenden Verfinsterung und Verwilderung, er sieht hinter der sogenannten „unbewußt christlichen“ Tugendübung die gierige Selbstssucht und die rohe Lieblosig= keit hervorgrinsen. Ja, man ist wohlthätig, aber am liebsten, wenn man sich mit Uebung dieser Tugend eine Ehre, einen Ruhm vor den Menschen oder eine irdische Lust, ein sinnliches Vergnügen oder wohl auch einen geistigen Genuß bereiten kann. Darum posaunt man seine Wohlthaten in den Zeitungen aus, man veranstaltet Bälle zum Besten Hungerleidender, Theatervorstellungen und Concerte zu Gunsten Abgebrannter und Ueberschwemmter, Bazare für Krankenhäuser und Lotterien für Kirchenbauten und milde Stiftungen. Ja, man liebt und fördert die Freiheit, aber im Grunde nur für die eigene Partei und vor Allem diejenige Partei, welche sich zur ersten Vorkämpferin für die Freiheit aufwirft, die liberale, erweist sich gegen die Bekenner des Christusglaubens allezeit unduldsam und tyrannisch. Man schwärmt für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, aber wo es den zeitlichen Vortheil gilt, da scheut der humanitätsstolze Mensch unserer Zeit weder vor liebloser Ausbeutung noch vor grausamer Knechtung seiner Mitmenschen zurück. Dazu kommt, daß sich die Welt, vielfach nur durch den Vorgang der verachteten christlichen Minorität gereizt, und aus Oppositionssucht gegen das, was die christliche Liebe unternimmt und vollbringt, zur Veranstaltung und Ausführung ihrer Humanitätswerke treiben läßt. Sie wird es nicht lange treiben, sie wird es bald müde werden, denn es fehlt an der allein nachhaltigen Triebkraft, an der selbstlösen und uneigennüßigen, selbstverleugnenden und aufopferungsvollen Liebe, die aus dem Glauben entspringt an den Gott und Heiland,

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der uns zuerst und bis in den Tod geliebt hat. mich könnt ihr Nichts thun!" sagt er, und er hat Recht. Das wird sich schnell herausstellen. Nur noch einige Jahrzehnte verharre die humanitätsschwindelige Welt in ihrer Abwendung vom Christenthum, so hat es mit aller ihrer Gefittung ein Ende, und die Barbarei hält ihren Einzug in die heutigen christlichen Länder, wie sie vordem die ehemals christlichen Gebiete des Orients mit ihren verwüstenden und zerstörenden Fluthen überschwemmt hat. Schon taucht ja neben den erwähnten sittlichen Errungenschaften in dem Leben der christlichen Culturvölker das schreckliche Gespenst der Zuchtund Gesezlosigkeit auf, und alle Staats- und Polizeigewalt vermag es nicht mehr niederzuhalten. Hier giebt es nur einen Rettungsweg, das ist allem Fortschrittsschwindel zum Troß sei's gesagt - die Umkehr, ja die Umkehr zu dem aufgegebenen und verworfenen Christenthum der Bibel und der Kirche, das die welt- und volkserneuernde Kraft hat, deren die gegenwärtige Menschheit bedarf. Nur dann, wenn die heutige Christenheit diesen Weg betritt, kann sie ihre Culturerrungenschaft vom Untergang erretten und bewahren. Es bleibt demnach troß unserer Anerkennung des „unbewußten Christenthums" unserer Zeit bei dem Urtheil, das wir über den Zustand der Christenheit im Allgemeinen gefällt haben.

2.

Der Zustand der Gläubigen insbesondere.

Könnten wir unter so bewandten Umständen zu unserem Trost und unserer Beruhigung doch nur dem treu gebliebenen Reste das Zeugniß geben, daß er das Christenthum würdig vertrete und die Kirche Jesu Christi wahrhaftig darstelle! Aber wenn wir denselben einer genaueren Betrachtung unterziehen, so gewahren wir an demselben leider eine nicht ge= ringe Schwäche des geistlichen Lebens. Und das ist's, was die Niederlage der Kirche vollständig macht. Gegenwärtig übt allerdings der schlimme Zeitgeist seinen verderblichen Einfluß auch auf die Gläubigen, und gar manches Körnlein der widerchristlichen Sinnesart fällt unter ihnen auf fruchtbaren Boden, und aus demselben erwächst die Giftpflanze des Zweifels, deren Früchte den Geist verwirren und das Herz bethören. Aber was ist es denn um einen Glauben, der nicht die Kraft besißt, den andringenden Zweifel zu überwinden? Wenn er das nicht kann, wenn er vielmehr mit demselben in einem durch das ganze Leben des Christen sich hinziehenden Kampfe liegt, in welchem bald er, bald jener

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