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geweckten Vorstellungen hinzugedacht. Oder vielmehr, zumeist nicht nur hinzugedacht, falls darunter ein bloßes Danebentreten und Gesondertbleiben verstanden wird, sondern, falls nur irgendeine Ähnlichkeit besteht zwischen dem Gegebenen und einer ihrer eigenen Bestimmungen, wird sie vermöge dieser Gemeinschaft mit ihm in eins gedacht, verschmilzt mit ihm zu einem zugleich durch das Gegebene und durch ihre sonstigen Eigentümlichkeiten bestimmten Ganzen. Naturgemäß kann das dann wieder in zwei entgegengesetzten Weisen geschehen. Entweder das Gegebene, wenn auch assoziativ bereichert durch andere Bestimmungen des Ich als die ihm mit dessen Inhalt gemeinsamen, behauptet sich doch an erster Stelle im Bewußtsein als ein dem Ich Gegenüberstehendes, von ihm Unterschiedenes. Das ist der Vorgang, der als Beseelung, neuerdings meist als Einfühlung des Ich in das Objekt bezeichnet wird. Er vollzieht sich z. B., wenn wir die Bewegungen, Gebärden, Laute eines anderen oder auch eines Tieres als Äußerungen seelischen Lebens auffassen und verstehen, oder wenn wir eine Brücke sich kühn über einen Abgrund schwingen, einen Berg stolz in die Wolken ragen, ein Gebälk schwer auf einer Säule lasten, Linien sich drängen oder sich anschmiegen, Töne sich suchen oder sich fliehen lassen. Wir erfüllen aus dem Inhalte unseres Ich die Dinge mit seelischem Leben, Fühlen und Tun und beantworten dann die Anschauung dieser objektivierten Hineintragungen wieder mit neuen Reaktionen unseres Gefühlslebens. Oder es drängt sich umgekehrt die Ichvorstellung in den Vordergrund des Bewußtseins, aber als eine durch die besonderen Eigentümlichkeiten des Gegebenen näher bestimmte, von ihnen erfüllte (Einfühlung des Objekts in das Ich). So wenn der Schmerz des leidenden Helden, den er zunächst ja selbst nur von mir geliehen erhält, nicht sowohl mein Mitleid oder meine Bewunderung weckt, sondern als mein eigner Schmerz gefühlt wird, wenn in dem faustischen Drang mir mein eigenes Sehnen und Streben zum Bewußtsein kommt, oder auch wenn der Jubel der Musik in mir jubelt, der schwindelnde Abgrund mich hinab- oder der ragende Fels mich hinaufreißt.

Nächst der Ichvorstellung ist es sodann die zu ihr gegensätzliche der Welt da draußen als einer Gesamtheit oder Einheit, die uns sehr nahe liegt. Wir sehen ab von den Besonderheiten des einzelnen Falles und erfassen ihn als eine Bekundung des Allgemeinen, das wir hinzubringen.,,So geht's in der Welt" ist ein ungemein leicht und häufig sich aufdrängender Gedanke, und die Vorstellung, daß es so geht, nicht jetzt und hier, sondern in der Welt überhaupt, so sinnvoll und erhebend, so sinnlos und grausam, führt nun ebenfalls zu besonderen und den anderswoher stammenden bisweilen direkt entgegengesetzten Gefühlswirkungen.

3. Ausstrahlung. In der eben erwähnten leichten Übertragung der Gefühle von einem Inhalt, an dem sie ursprünglich haften, auf

einen anderen, der lediglich assoziativ mit jenem ersten verknüpft ist, kommt eine eigentümliche Selbständigkeit der Gefühlsbetätigung der Seele zum Ausdruck. Das Gefühl ist nicht ohne einen intellektuellen Inhalt, aber es kann diesen unter Umständen wechseln, sich loslösen von seinem sozusagen natürlichen Inhalt und auf einen damit verbundenen übergehen. Noch stärker tritt diese Ablösbarkeit in einer anderen Erscheinung zutage, die man als Irradiation oder Ausstrahlung des Gefühls bezeichnet. Eine unangenehme Botschaft mit der ersten Post kann einem den ganzen Tag verderben, während umgekehrt die Nachricht eines errungenen Erfolges, einer glücklichen Wendung zweifelhafter Dinge dem ganzen Dasein für einige Zeit etwas Gehobenes, Freudiges gibt. Nicht als ob man sich die ganze Zeit hinterher des lustvollen oder unlustvollen Anlasses erinnerte. Der Gedanke an ihn kehrt freilich ab und zu wieder. Das Gefühl mag auch stärker sein, wenn er gerade da ist, als wenn er fehlt. Aber es bleibt auch irgendwie lebendig ohne ihn, nicht isoliert, sondern verbunden mit einem anderen Inhalt. Dabei aber heftet es sich nicht lediglich an solche anderen Inhalte, die mit seiner ursprünglichen Veranlassung assoziativ verknüpft oder ihr ähnlich sind, sondern an alles Beliebige, wie es sich gerade ereignet. Oder auch es führt dazu, daß von den mannigfachen Gefühlswirkungen, die durch jedes Erlebnis vermöge des Reichtums seines Inhalts oder der Mannigfaltigkeit seiner Beziehungen geweckt werken könnten, eben die verstärkt und wirklich werden, die mit ihm übereinstimmen, während die anderen, vielleicht sonst weit stärkeren, zurücktreten. Man hat Veranlassung gehabt, sich über die Nichtbefolgung einer Anordnung und dadurch entstandene Unannehmlichkeiten zu ärgern und nun ärgert man sich hinterher über alles: über die harmlose Frage eines Kindes, den Besuch eines sonst stets willkommenen Freundes, über das vergnügte Gesicht des Nachbarn, über die Fliege an der Wand, wie man sagt, und nicht zum wenigsten über sich selbst, daß man SO dumm ist und so wenig Herrschaft über sich selbst besitzt, all diesem Ärger Raum zu geben.

So mannigfachen Ursachen also entspringen die Verwicklungen unseres Gefühlslebens: von dem Inhalt der Eindrücke, von ihren Beziehungen, ihren Verknüpfungen in der Vergangenheit, von der jeweiligen Erfüllung des Bewußtseins in der Gegenwart, von allem hängt es ab.

Literatur.

TH. RIBOT, Psychologie des sentiments (4. éd. 1903. Auch deutsch von Ufer (1903).— Über Assoziation und Einfühlung: TH. FECHNER, Vorschule der Ästhetik IX (1896). TH. LIPPS, Grundlegung der Ästhetik (1903). P. STERN, Einfühlung und Assoziation in der neueren Ästhetik (1898).

§ 21. Affekte und Stimmungen.

Den durch die beschriebenen Verwicklungen zustande kommenden Gefühlsgebilden im einzelnen näher zu treten, hat, wie oben schon ge

sagt, wenig Befriedigendes und ist zumal auf beschränktem Raume nicht möglich. Jedoch mögen ein paar häufig unterschiedene Klassen von ihnen noch kurz erörtert werden.

Gefühle, die auf der Vermittlung assoziativ geweckter Vorstellungen beruhen und sogleich in verhältnismäßig großer Stärke auftreten, heißen Affekte. Die Bezeichnung hat für theoretische Zwecke den Mangel, daß sich weder schnelles Entstehen von allmählichem noch ein stärkerer Gefühlsgrad von schwächeren irgendwo scharf abgrenzen läßt. Aber der eigentümlich stürmische Charakter gewisser, doch nicht auf unmittelbarer sinnlicher Erregung ruhender Gefühlszustände ist in der Tat etwas besonders Auffälliges und praktisch Wichtiges, und so ist auch deren gesonderte Benennung nicht unzweckmäßig. Typische Unlustaffekte sind Ärger, Zorn, Wut, beruhend auf der Vorstellung einer erlittenen Unbill, weiter Furcht, Schreck, Entsetzen, beruhend auf der Vorstellung einer drohenden Gefahr, typische Lustaffakte Freude, Jubel, Bewunderung, Begeisterung. Wegen der starken Inanspruchnahme der Seele durch das Gefühl und die von ihm lebendig gehaltene Vorstellung seiner Ursache hat das Bewußtsein im Affektzustande, nicht durchweg, aber vielfach, etwas Eingeschränktes, Kurzsichtiges. Auch wenn die Vorstellungstätigkeit nicht wie bei manchen Affekten direkt stockt, sondern vielmehr angeregt ist, entbehrt sie meist des normalen einheitlichen Zusammenhangs, der umsichtigen Berücksichtigung der mit der Erregungsursache zunächst zusammenhängenden Dinge, kurz, der sogenannten Vernünftigkeit, und natürlich bedingt das sogleich auch Beeinträchtigungen des sich anschließenden Handelns. Daher das alte Interesse der Ethik an den Affekten.

Gefühle ferner, die, wie soeben (S. 142) beschrieben, losgelöst von den sie verursachenden Vorstellungen, einige Zeit in Verbindung mit beliebigen anderen Erlebnissen fortbestehen und deren Eigengefühle nach sich verändern, werden als Stimmungen bezeichnet. Im Zusammenhang vermutlich mit der Loslösung von ihren ersten Ursachen sind die Stimmungsgefühle zumeist von relativ geringer Stärke, dafür aber oft von sehr langer Dauer. Ab und zu genährt durch die wiederauftauchende Erinnerung an die sie veranlassenden Vorgänge können sie stunden-, ja tagelang verharren. Im übrigen aber entsprechen sie in ihrem Charakter ganz den Affekten, sind gleichsam in die Länge gezogene und dadurch abgeschwächte Affekte. Dem Ärger und Zorn z. B. entsprechen als Stimmungen die Verdrießlichkeit und Gereiztheit, der Furcht Ängstlichkeit und Sorge, der schmerzlichen Erschütterung Traurigkeit und Kummer, der Freude Heiterkeit und gute Laune.

die

Wie alle Gefühle, so haben auch die besonderen Gestaltungen der Vorstellungsgefühle, von denen hier jetzt die Rede ist, die engsten Beziehungen zu Bewegungsvorgängen. Besonders charakteristisch für sie

aber sind dabei nicht sowohl jene natürlich nicht fehlenden Bewegungen, die auf einen deutlich erkennbaren äußeren Zweck gerichtet

sind, indem sie die vorgestellten Gefühlsursachen entweder zu verwirklichen oder zu beseitigen streben, als vielmehr solche Bewegungen, bei denen eine derartige Zweckbeziehung zunächst wenigstens nicht zu erkennen ist, die sog. Ausdrucksbewegungen im weitesten Sinne. In der größten Mannigfaltigkeit, aber in bestimmten, für jede seelisch eigenartige Bildung auch wieder eigenartigen Kombinationen begleiten sie jederzeit Affekte sowohl wie Stimmungen und geben diesen, indem sie bewußt werden, je eine höchst charakteristische besondere Färbung. So finden wir Bewegungen der äußeren Organe im Fäusteballen, Herumspringen, Lachen, Stirnrunzeln, aber auch in Hemmungen und Fixationen der Glieder, weiter Bewegungen der glatten Muskeln (Gänsehaut), Äenderungen der Atmung (Aussetzen, Verflachung, Vertiefung), der Blutzirkulation (Herzklopfen, Rot- und Blaßwerden), der Absonderungen (Tränen, Schweiß). Auch Vorgänge in anderen inneren Organen, die sich nicht als Bewegungen im engeren Sinne darstellen, aber mit solchen zusammenhängen werden, wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Beklemmung, Mattigkeit, Aufgeregtheit usw., sind hierher zu rechnen.

Von der älteren Psychologie vielfach vernachlässigt, von Physiologen und Ärzten aber schon lange besser gewürdigt, sind diese Erscheinungen neuerdings in ihrer Bedeutung auch wohl überschätzt worden. Sie seien. nicht Begleiterscheinungen oder Folgen der Affekte, sondern seien diese selbst, d. h. der Affekt bestehe in nichts anderem, als in der Gesamtheit der Empfindungen, die durch jene Bewegungs-, Zirkulationsund sonstigen peripheren Vorgänge verursacht werden (JamesLangesche Theorie). Die sinnliche Wahrnehmung rufe nicht den Affekt hervor als eine Erscheinung des Vorstellungs- und Gefühlslebens und dieser dann jene körperlichen Veränderungen, sondern die peripheren Prozesse seien die direkten reflektorischen Wirkungen des sinnlichen Eindrucks, und die Organempfindungen, in denen sie für die Seele bewußt werden, teils deutlich unterscheidbar, teils als eine diffuse Gesamtheit, seien eben der Affekt. Wir weinen danach also nicht, weil wir traurig sind, oder fürchten uns, weil wir mit einem Pistol bedroht werden, sondern wir sind traurig, weil wir weinen, und haben Angst, weil uns der Anblick der Waffe zittern macht. Für die Richtigkeit dieser Auffassung werden zwei Gründe geltend gemacht. Erstens: wenn man sich alle körperlichen Begleiterscheinungen wegdenkt, so bleibt auch von dem stärksten Affekt nichts übrig als ein vollkommen neutraler intellektueller Zustand. Ein Zorn ohne Fäusteballen, Herumlaufen, Poltern, Schwellung der Stirnadern, statt dessen aber mit ruhigem Dasitzen und vergnügtem Gesicht ist kein Zorn mehr; er ist verflogen. Zweitens: wenn jene körperlichen Vorgänge rein willkürlich nachgeahmt oder durch narkotische Mittel oder Krankheiten hervorgebracht werden, so ergibt sich gleichwohl der Affekt. Branntwein macht lustig und tapfer, ohne daß ein einziger erfreulicher oder aufmuntern der Eindruck dazukommt; Fliegenpilz oder ein Anfall von Manie versetzt in Wut

Ebbinghaus, Abriß

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ganz ebenso wie eine grobe Beleidigung. Indes diese Tatsachen sind. nicht beweisend für die behauptete Einerleiheit; sie ergeben sich, auch wenn Vorstellungsinhalt und Begleitempfindungen des Affekts auseinandergehalten werden, als notwendige Folgen der assoziativen Gesetzmäßigkeit der Seele. Wenn der Vorstellungs- und Gefühlsgehalt eines Affekts erst ungezählte Male mit bestimmten Bewegungs- und Organempfindungen zusammen erlebt worden ist, so muß er natürlich bis zu gewissem Grade auch von diesen Empfindungen aus hervorgerufen werden können. Sie reproduzieren zunächst eine sie erklärende, motivierende Vorstellung, und diese weckt das zugehörige Gefühl. Und umgekehrt, wenn einem Affekt seine immer mit ihm verbunden gewesenen Organempfindungen nicht nur genommen, sondern durch andere ersetzt werden, die einem ganz anderen .seelischen Zustande angehören, so kann es nicht wundernehmen. Idaß auch der Affekt Schaden leidet. Aber auch nur als eine bloß mögliche Auffassung kann jene Identitätstheorie nicht Geltung beanspruchen; das unmittelbare Bewußtsein verkündet zu deutlich die größere Reichhaltigkeit des Affekts.

Durch die enge Verknüpfung mit jenen peripheren Vorgängen kommt übrigens noch eine allgemeine Verschiedenheit in den Charakter der Affekte: sie sind zum großen Teil entweder verknüpft mit Empfindungen von Aufgeregtheit, Exzitation, oder von Niedergeschlagenheit, Depression, deren Extreme durch sozusagen mittlere Empfindungen, von Ruhe, mit einander verbunden sind. Der Unterschied ist besonders deutlich bei den Unlustaffekten: Zorn und Furcht sind die typischen Vertreter der beiden Klassen. Er fehlt aber auch bei den Lustaffekten nicht völlig: die, wenn auch intensive Freude der Erinnerung oder der Dankbarkeit hat etwas Ruhiges, sozusagen Elegisches, verglichen mit der Freude der Erwartung oder dem Entzücken über einen unmittelbar gegenwärtigen Genuß. Die materiellen Grundlagen für diese Empfindungen sind vielleicht, abgesehen von dem verschiedenen Verhalten der Bewegungsorgane, Vorgänge innerhalb des Gefäßsystems, und dadurch ist dann wiederum die Gestaltung des Vorstellungsverlaufs bei beiden Extremen eine recht verschiedene.

Zwei weitere Begriffe, die Beziehungen zu dem Gefühlsleben haben und kurz berührt werden mögen, sind Temperament und Leidenschaft. Temperamente sind im wesentlichen angeborene Veranlagungen für die Betätigung des Gefühlslebens nach seinen verschiedenen allgemeinen Eigentümlichkeiten. Man unterscheidet ihrer bekanntlich vier: das sanguinische, cholerische, melancholische, phlegmatische. Die Namen beruhen auf primitiven Spekulationen über den Einfluß der Körpersäfte (Blut, Galle) auf die Gefühlsäußerungen, die Unterscheidungen selbst auf unverächtlicher Beobachtung. Man kann in der Tat wohl solche Typen der Gefühlsäußerungen aufstellen, wenn auch hier wie anderswo die reinen Formen das Seltenere und Zwischen- oder Mischformen je nach den Umständen der Betätigung das weit Überwiegende sind. Sehr zahlreich sind nun die Versuche, jene vier Temperamente mit den allgemein anzuerkennenden Verschiedenheiten der Gefühle in Beziehung zu bringen. Kant z. B. unterscheidet einerseits Vorwiegen eines

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