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Das zweite Mittel ist die Betätigung einer gewissen Eigenart oder vielmehr zahlreicher, aber doch zu einem einheitlichen Ganzen verbundener Eigenarten. Das Säugetier wählt und flieht anderes aus seiner Umgebung als der Vogel, der Löwe anderes als das Pferd. Die Mittel, mit denen jedes dieser Wesen den Dingen gegenübergestellt ist, und dadurch auch die ganze Art und Weise, wie es sich ihnen gegenüber benimmt, wie es mit ihnen kämpft, sind höchst verschieden. Im Grunde ist die Art jedes einzelnen Individuums etwas anders als die jedes anderen. Die Geltendmachung dieser Eigenarten jedes Organismus aber, der Gebrauch der ihm nun einmal verliehenen Organe und die Ausübung der ihnen eigentümlichen Funktionen ist wie das Kämpfen höchst notwendig für seine Fortexistenz. Denn nur dadurch, daß sie betätigt werden, bleiben sie erhalten; werden sie es nicht, so verkümmern sie. Auch die Fähigkeit zu ihrer ferneren Betätigung wird dann beeinträchtigt und schließlich eingebüßt. Da sie aber im allgemeinen alle erforderlich sind für den Kampf um die Erhaltung, eben die Mittel bilden, ihn erfolgreich zu bestehen, so wird durch ihre Schädigung das Dasein des Organismus selbst gefährdet.

In der großen Mehrzahl der Fälle erfolgt die Verwendung der beiden Erhaltungsmittel in inniger Verflechtung; sie werden durch ein und denselben Akt gleichzeitig beide ins Spiel gesetzt. Der Kampf ums Dasein geschieht durch die Betätigung der Eigenart, und diese Betätigung besteht eben darin, daß das Individuum sich im Kampfe erhält und sichert. Aber es besteht doch zugleich auch eine gewisse Trennung. Die durch den Kampf hervorgerufene Betätigung hat rein als solche oft keinen erheblichen Erhaltungswert, da sie jederzeit so häufig geübt wird, daß ihr Verkümmern nicht zu besorgen ist; das, worauf es ankommt, ist die Bewältigung irgend einer Sphäre der Außenwelt durch sie. Andererseits gibt der Kampf mit der Umgebung der Betätigung der Eigenart zu Zeiten und unter Umständen nur beschränkte und einseitige Gelegenheit; die Selbsterhaltung fordert dann eine Betätigung der sonst nicht genügend in Anspruch genommenen Funktionen, auch ohne daß im Kampfe ums Dasein dadurch direkt ein nennenswerter Vorteil erzielt wird. So sind im allgemeinen die Kampferscheinungen im Leben des Organismus zugleich auch Erscheinungen der Betätigung seiner Eigenart. Doch aber gibt es daneben auch vorwiegende Kampferscheinungen und vorwiegende Betätigungserscheinungen.

Und alles das gilt nun zugleich von der Seele. Sie ist ein Wesen derselben Art wie der Körper, d. h. ein seine eigene Erhaltung erstrebendes System, nur nicht äußerlich sichtbarer und tastbarer, sondern allein innerlich erlebter Bildungen und Funktionen. Der typische Vertreter dieser Anschauung ist Spinoza, aus neuerer Zeit Fechner. Diese Selbsterhaltung aber verwirklicht sie in zweifacher Weise. Einmal durch Kampf mit dem, was uns in äußerer Erscheinung als Außenwelt gegeben ist; das ist die durch Darwin zu allgemeiner Anerkennung gebrachte Einsicht. Und zweitens durch Betätigung ihrer bestimmten Eigenart, durch das

Ausleben und Sichauswirken der ihr nun einmal verliehenen Kräfte und Anlagen. Das ist im Grunde die Meinung des Aristoteles. In einer sinngemäßen Vereinigung der Anschauungen dieser Männer, Spinozas oder Fechners, Darwins und des Aristoteles, besteht die allgemeine Anschauung von dem Wesen der Seele, die hier zugrunde gelegt wird. Von ihr aus soll nun versucht werden, die wichtigsten elementaren Erscheinungen des Seelenlebens sowie einige seiner höheren Verwicklungen im einzelnen verständlich zu machen.

Zweiter Abschnitt.

Die Elementarerscheinungen des Seelenlebens.

Vorweg eine Bemerkung zur Verhütung eines Mißverständnisses.

Wenn man, wie es hier geschehen soll, zunächst von Elementen des Seelenlebens und weiterhin von seinen Verwicklungen redet, begegnet man vielfach dem Einwand, eine solche Behandlung des Gegenstandes sei seiner Natur nicht angemessen. Die Seele sei von allem Anfang eine organische Einheit, ein lebendiges Ineinander von wechselseitig sich durchdringenden Betätigungen. Dieser Tatsache aber werde die,,atomistische Zersplitterung" des Seelenlebens, die Empfindungen und Gedanken, Erinnerungs- und Abstraktionsvorgänge erst reinlich auseinander. lege, um sie dann zu verwickelteren Bildungen zusammenzusetzen, nicht gerecht; jene lebendige Totalität der Seele sei durch eine solche der Naturwissenschaft entlehnte Betrachtungsweise nimmermehr zu gewinnen. Dieser Einwand verkennt völlig den Sinn dessen, wogegen er sich richtet. Wendet man sich an den Biologen um Auskunft über Bau und Funktionen des Körpers, so wird er antworten, der Körper bestehe aus Knochen, Muskeln, Nerven usw., deren letzte organische Elemente seien Muskelzellen, Ganglienzellen, Blutkörperchen u. a., die in ihm sich abspielenden Prozesse Atmung, Stoffwechsel, Fortpflanzung. Jedermann findet eine derartige Antwort angemessen; niemand wird ihm die Meinung imputieren, er denke sich den Organismus aus diesen Elementen und Funktionen entstanden und zusammengesetzt, so daß erst die isolierten Teile dagewesen und dann irgendwie zu dem großen Ganzen zusammengefügt seien, wie ein Haus aus Brettern und Ziegelsteinen. Sondern zeitlich ist für den Biologen der Körper von Anfang an nichts anderes als ein einheitliches Ganzes, nicht minder einheitlich als die Seele, ursprünglich von einfacher, später von sehr viel reicherer Gliederung, und dieses Ganze hat die Teile hervorgebracht, nicht umgekehrt. Aber um es nun im einzelnen kennen zu lernen und anderen zu zeigen, wie doch gewünscht wird, muß man notwendig so tun, als ob es sich umgekehrt verhielte; man muß mit der Betrachtung der Teile anfangen und diese durch Zergliederung und Abstraktion aus dem Ganzen, in dem sie allein existieren, loszulösen oder in ihm zu unterscheiden suchen. Eben das ist die Meinung und das Verfahren des Psychologen. Das real existierende Seelenleben, dessen ist er sich bewußt und eben dafür will er ein Verständnis erwecken, ist jederzeit eine lebendige Einheit und nicht, wie man ihm mißdeutend unterschiebt, eine Summe isolierter Bestandteile. Es ist von Anfang an den verwickelten Erscheinungen gleichartig und nicht den elementaren, wenn auch so, daß es ursprünglich verhältnismäßig einfach und später außerordentlich reichhaltig ist. In diesem Einheitlichen aber läßt sich durch zergliedernde und abstrahierende Betrachtung zahlreiches Einzelne unterscheiden, und dessen Kenntnis muß

durchaus vorangehen, wenn eine klare Anschauung von dem verwirrenden Reichtum des Ganzen und eine Einsicht in seinen inneren Zusammenhang möglich sein soll. Die letzten Gebilde und Prozesse nun, zu denen auf solche Weise vorzudringen möglich ist, sind eben das Elementare in dem hier gemeinten Sinne.

Um sich zu erhalten im Kampf mit der Außenwelt, bedarf die Seele der Orientierung über diese Welt, und an den ihr dabei durch die äußeren Einwirkungen hervorgerufenen Eindrücken gewinnt sie zugleich das Material zur Betätigung ihrer Eigenart. Sie entfaltet an ihm mannigfache Tätigkeiten, verknüpfender, trennender, umbildender Art, und deren Resultate treten schließlich wieder in sichtbaren Bewegungen der Organe ihres Körpers zutage. Obwohl alle diese Vorgänge aufs innigste miteinander verbunden und ineinander verflochten sind und zum Teil nicht einmal zeitlich auseinander treten die Aufnahme des Materials z. B. verbindet sich immer sogleich mit einer gewissen Umgestaltung, lassen sie sich doch durch Analyse und Abstraktion voneinander sondern. Wir betrachten daher getrennt:

1. die den Vorgängen der Außenwelt entspringenden Eindrücke,
2. ihre innerseelische Verarbeitung,

3. die auf sie erfolgenden Gegenwirkungen.

A. Die einfachsten Gebilde des seelischen Seins.

§ 5. Die Empfindungen.

1. Ihre neu erkannten Arten. Ihre Orientierung über die Außenwelt empfängt die Seele in den durch die Sinnesorgane des Körpers vermittelten Empfindungen, den Farben, Tönen, Gerüchen usw. Über sie vor allem hat die Forschung des 19. Jahrhunderts unsere Kenntnisse bereichert und vertieft.

Zunächst hat sie ihre Zahl erheblich vermehrt. Von alters her zählt die Psychologie bekanntlich 5 Sinne. Allein sowohl wenn man die Organe wie wenn man die ihnen entstammenden Empfindungsarten zählt, muß man diese Zahl mindestens verdoppeln, um dem vorhandenen Reichtum gerecht zu werden.

Den ersten Anstoß zu dieser Erweiterung gab eine theoretische Schwierigkeit. Bei der Zurückführung aller unserer Erkenntnisse auf Erfahrungen kam man in Verlegenheit für die Ableitung unseres Bewußtseins von Raum erfüllenden und Widerstand leistenden Körpern. Die Eindrücke des Tastsinns, die rein passiven Druckempfindungen wie auch die Empfindungen von bloßer räumlicher Ausdehnung, schienen mit Recht dazu nicht genügend. Offenbar hat die Sache mit Bewegungen unserer Glieder und den dabei entfalteten aktiven Anstrengungen zu tun; und so entstand die weitere Frage: woher wissen wir denn von diesen Bewegungen, von den dabei empfundenen Widerständen der Dinge und unseren Kraftaufwendungen zu ihrer Überwindung? Man fand zunächst die Antwort: durch Vermittlung der M us keln, die ja sicher wegen der Empfindungen

von Ermüdung, Krampf, Reißen, die ihnen entstammen, als eine Art Sinnesorgan betrachtet werden müssen, und also vermutlich auch von ihren Kontraktions- und Spannungszuständen den nervösen` Zentralorganen durch zentripetale Erregungen Nachricht zu geben vermögen. Damit war ein Teil des Richtigen getroffen, wie denn auch die vermuteten sensiblen Muskelnerven in den 70er Jahren tatsächlich nachgewiesen wurden. Nun lehrten weitere Untersuchungen, daß die Muskeln mit den an ihnen sitzenden und gleichfalls in Betracht kommenden Sehnen bei der Sache nicht allein beteiligt sein können. Man ist ja z. B. über die jeweilige Lage und Bewegung seiner Glieder auch unterrichtet, wenn man sie sich völlig passiv von einem anderen hin und her bewegen läßt, wobei doch die Muskeln schlaff bleiben. Wenn man ferner bei sehr verschiedener Haltung eines Gliedes, z. B. einmal mit stark gebeugtem Arm, ein anderes Mal mit nahezu gestrecktem Arm ein und dasselbe Gewicht um die gleiche Strecke bewegt, so hat man ungefähr die gleichen Empfindungen von Schwere und Bewegung; die beteiligten Muskeln aber befinden sich dabei in ganz verschiedenen Kontraktions- und Spannungszuständen. Seit etwa 25 Jahren weiß man mit ziemlicher Sicherheit, daß als die hauptsächlichsten peripheren Organe für das Zustandekommen der in Rede stehenden Empfindungen die mit Nerven ziemlich reichlich ausgestatteten Gelenke nebst den sie umgebenden Gelenkkapseln anzusehen sind. Dahin weist zunächst die unbefangene Beobachtung. Wenn man, ohne hinzusehen, seine Aufmerksamkeit auf die langsame Bewegung eines Fingers oder der Hand richtet und sich fragt, wo man dabei etwas empfinde, wird man unzweifelhaft antworten: in der Gegend des benutzten Gelenks. Damit stimmt dann überein, daß bei Hindurchleitung eines Induktionsstromes durch ein Gelenk die Empfindlichkeit für Bewegungen sowie für die Hebung von Gewichten in diesem bedeutend herabgesetzt wird. Und so wird denn neuerdings neben dem Tastsinn ganz allgemein ein weiterer Sinn anerkannt, der eigentlich selbst schon eine kleine Mehrheit bildet. Seine Organe sind in großer Anzahl und in verschiedenen Formen durch den ganzen Körper verteilt, und seine Empfindungen sind die zwar durchweg mit Tasteindrücken verbundenen, aber doch davon wohl zu unterscheidenden (an und für sich auch nicht als räumlich empfundenen) Erlebnisse von Lage und Bewegung unserer Glieder, von Widerstand und Schwere der äußeren Gegenstände und von Anstrengung. Man hat die ganze Gruppe, da der anfänglich gewählte Name Muskelempfindungen sich als zu eng erwiesen hat, vielfach als kin ästhetische Empfindungen bezeichnet.

An diese erste Bereicherung schloß sich in den letzten Dezennien des vorigen Jahrhunderts eine zweite: der einheitlich gedachte Tastsinn oder Gefühlssinn der älteren Psychologie mußte sich eine Spaltung gefallen lassen. Natürlich hatte man von jeher die durch ihn vermittelten Eindrücke von Druck, Temperatur und dem Schmerz eines Stiches oder Schnittes begrifflich unterschieden. Man wußte auch schon, daß die Empfindlichkeiten für diese drei Arten von Eindrücken nicht immer in denselben

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Verhältnissen zueinander stehen, sondern unabhängig voneinander variieren; das heißt z. B., daß die Stellen feinster Berührungsempfindlichkeit der Haut nicht auch die temperaturem pfindlichsten sind, oder daß die Schmerzempfindlichkeit stark herabgesetzt sein kann, ohne daß es deshalb die Druckempfindlichkeit in gleichem Maße ist. Aber erst in den 80er Jahren entdeckte man die reale Grundlage dieses Verhaltens in einer durchgängigen anatomischen Sonderung. Bei Prüfungen der Haut mit sehr feinen und möglichst nur einzelne Punkte erregenden Reizen zeigte sich nämlich ein Zwiefaches. Erstens, daß die Haut nicht in ihrer ganzen Fläche empfindlich ist, sondern nur an einzelnen, voneinander isolierten, wenn auch stellenweise sehr nahe aneinanderliegenden Punkten. Und zweitens, daß diese Punkte für Kälte wie für Wärme, für Druck und für Schmerz völlig voneinander verschieden und auch je in verschiedener Anordnung über die Hautfläche verteilt sind. Die Feststellung dieser Tatsache für die Kältepunkte allerdings nur für diese ist so leicht, daß sie jedem Laien mit Hilfe einer Stahlfeder oder eines gespitzten Bleistiftes gelingt. Betupft man mit einem solchen verschiedene Punkte einer ziemlich haarfreien Stelle der Haut, z. B. an der Seite des Handrückens zwischen Daumen und Zeigefinger, so merkt man im allgemeinen bloß die Berührung. Bisweilen aber blitzt eine intensive Kühleempfindung auf, die durchaus an bestimmte Stellen gebunden ist und bei deren erneuter Reizung immer wiederkehrt. Ähnlich lassen sich andere Punkte als bloß wärmeempfindlich nachweisen, nur bedarf es dazu natürlich einer dauernd ziemlich warm gehaltenen Spitze; auch ist die Empfindung an diesen Wärmepunkten nicht so scharf und durchdringend. Die Druckpunkte finden sich auf den behaarten Hautpartien durchweg je in der Nähe eines Haares; auf den übrigen Gebieten, z. B. in der Hohlhand und namentlich an den Fingerbeeren, liegen sie so dicht, daß ihre Sonderung nur mit feineren Hilfsmitteln gelingt. Das gleiche gilt von den Schmerzpunkten. Offenbar ist also die Haut nicht ein einfaches Sinnesorgan, sondern der Sitz dreier durchaus verschiedener Sinne, deren Endapparate, dicht durcheinander verflochten, aber doch räumlich voneinander getrennt, ihr gemeinschaftlich eingelagert sind: eines Temperatursinnes, eines Druck- und eines Schmerzsinn e s.

Die Ansetzung dieses Schmerzsinnes wird freilich manchem befremdlich erscheinen. Der sinnliche, mit einem Stich oder Schnitt verbundene Schmerz wird auf solche Weise als eine selbständige Empfindung den übrigen Arten wie Temperatur-, Tast-, Gesichtseindrücken nebengeordnet, während er nach gewöhnlicher Auffassung (abgesehen natürlich von dem ihn begleitenden Unlustgefühl) nichts ist als eine Steigerung jeder beliebigen Art. Allein dabei liegt eine dem populären Denken sehr geläufige Unterschiebung vor: bestimmte Beziehungen der äußeren Reize werden ohne weiteres übertragen auf die von ihnen abhängigen bewußten Erlebnisse, obwohl hier ganz andere Beziehungen bestehen. Extreme objektive Temperaturen, starker Druck, grelles Licht wirken in der Tat übereinstimmend schmerzerregend. Aber die so hervorgerufene Schmerzempfindung rein als solche hat darum doch weder mit Temperaturempfindungen noch mit Helligkeiten, Drucken usw. irgend welche Ähnlichkeit; sie ist als Bewußtseinsinhalt ebenso verschieden von

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