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diese Stellen nach e und ruft hier den Reflex des Zurückziehens hervor, der die antagonistische Greifbewegung noch im Entstehen unterdrückt.

Die Reaktion des Nervensystems ist somit vermöge der Beteiligung des Großhirns, des Organs des Bewußtseins, vorausschauend geworden. Sie hat sich losgelöst von der bloßen Beantwortung eines unmittelbar einwirkenden sinnlichen Reizes und vermag auf Grund eines eindrucksvollen früheren Erlebnisses einer schädlichen Folge zu begegnen, die noch gar nicht Wirklichkeit gewonnen hatte. Auf ähnliche Weise aber wird nun überhaupt die starre Zweckmäßigkeit der ursprünglichen Reflexmechanismen allmählich vervollkommnet: die durch Vermittlung der bewußten Seelentätigkeit erfolgenden Antworten auf die jeweiligen äußeren Reize sind auf Grund der gemachten Erfahrungen immer mehr zugleich dem räumlich Entlegenen und zeitlich Fernen, sowie eigenartigen und von dem Durchschnitt abweichenden Gestaltungen der Umstände zweckvoll angepaßt.

Dritter Abschnitt.

Verwicklungen des Seelenlebens.

A. Das Vorstellungsleben.

15. Die Wahrnehmung.

1. Allgemeiner Charakter. In jedem Augenblick ihres wachen Daseins wird der Seele eine große Fülle äußerer Eindrücke zugeführt; Augen und Ohren, die Haut und die übrigen Sinne sind unausgesetzt tätig, sie über die Vorgänge der Außenwelt und die Veränderungen ihres eigenen Körpers auf dem laufenden zu erhalten. Aber was sie nun tatsächlich erlebt als Resultat der empfangenen Einwirkungen, ist vermöge der ihr eigenen Gesetzmäßigkeiten sehr erheblich verschieden von der Summe der Empfindungen, die durch jene äußeren Reize an und für sich hervorgerufen werden könnten, d. h. von dem, was der Seele zum Bewußtsein kommen würde, wenn sie bloß eine sinnliche Organisation besäße. Es ist, freilich unter hervorragender Beteiligung solcher Empfindungen, doch zugleich mitbestimmt durch die ganze übrige Gesetzmäßigkeit des Seelenlebens und gewinnt dadurch in mehrfacher Hinsicht einen besonderen Charakter. Im Unterschied von dem bloßen isoliert gedachten Empfinden werde dieses tatsächliche Erlebnis als Wahrnehmung bezeichnet.

Wie anders sieht ein Zeitungsblatt aus, wenn man es aufrecht, als wenn man es verkehrt in die Hand nimmt, wie anders eine Landschaft, wenn man sie nicht in gewöhnlicher Haltung, sondern zwischen den Beinen hindurch betrachtet! In dem einen Falle, bei verkehrter Betrachtung, eine diffuse Vielheit unverständlicher Einzelheiten, Linien, Figuren, FarbenEbbinghaus, Abriß

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flecke, im anderen bestimmte und bekannte Dinge, sinnvoll geordnet zu einzelnen Gruppen oder einem größeren Ganzen. Das erste ist das im wesentlichen durch die bloße Tätigkeit der Sinne zustande gebrachte Resultat, weil hier durch die ungewohnte Anordnung der Eindrücke der Einfluß der seelischen Gesetzmäßigkeiten sich nicht geltend machen kann. Das andere ist das unter normalen Umständen von der entwickelten Seele wirklich Erlebte.

Die Verschiedenheit zwischen beiden aber beruht auf dem Walten von Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Übung.

In jedem Wahrnehmungsakt kommt zunächst viel weniger zum Bewußtsein, als nach den jeweilig auf die Seele einwirkenden objektiven Reizen an sich möglich wäre. Je nach dem Gefühlswert der Einwirkungen, den bisherigen Erfahrungen der Seele, den sie augenblicklich erfüllenden Gedanken machen sich einzelne Inhalte vorwiegend geltend auf Kosten zahlreicher anderer, deren objektive Ursachen gleichfalls vorhanden sind und die Sinnesorgane affizieren. Nur einen kleinen Teil der Dinge, die sich in jedem Moment auf meiner Netzhaut abbilden, nehme ich mit vollem Bewußtsein wahr und auch diese nur nach einigen ihrer Eigentümlichkeiten; und wenn ich nun gerade sichtbare Dinge wahrnehme, dann bleiben die gleichzeitig vorhandenen hörbaren oder tastbaren leicht unbeachtet. Namentlich das für die Zwecke des täglichen Lebens in Betracht Kommende, das praktisch Interessierende wird so begünstigt, das praktisch Unwichtige dagegen vernachlässigt. Die verschiedenen Schattierungen eines faltenwerfenden Gewandes werden in der Regel wenig bemerkt; das Bewußtsein, daß das Gewand durchweg aus,,demselben" Stoff besteht, ist praktisch wichtiger und überwiegt. Manche überaus alltägliche Dinge, wie Nachbilder, Obertöne, Differenztöne, bleiben so wegen ihrer geringen praktischen Bedeutung den meisten Menschen ihr ganzes Leben lang unbekannt.

Dafür aber enthält die Wahrnehmung andererseits wieder viel mehr, als nach den einwirkenden objektiven Reizen allein möglich wäre: die Seele bereichert und durchwebt die rein sinnlich für sie sich durchsetzenden Eindrücke sogleich mit mannigfachen Vorstellungen auf Grund ihrer früheren Erfahrungen. Was sie unter ähnlichen Umständen wie den gegenwärtigen früher regelmäßig oder überwiegend häufig erlebt hat, denkt sie jetzt ausdeutend in das sinnlich Gegebene hinein oder ergänzend zu ihm hinzu, um so lebhafter und zwangsmäßiger, je häufiger jene Erfahrungen gewesen sind. So sehen wir den Dingen ohne weiteres an, wie sie sich anfassen oder wie sie schmecken, ob sie heiß oder kalt, rauh oder glatt, schwer oder leicht sind, obwohl die sinnlichen Augen das natürlich gar nicht lehren können. Namentlich sehen wir ihnen mit großer Sicherheit an, wie weit sie von uns oder voneinander in der Richtung der Gesichtslinie entfernt sind, wovon unsere ursprüngliche Raumanschauung nichts enthält. In unzähligen und unablässig wiederholten Erfahrungen lernen wir, daß Änderungen und Verschiedenheiten der irgendwie zu unserer

Kenntnis gelangten Entfernung der Dinge mit regelmäßigen Änderungen ihrer Größe, ihrer Färbung, der durch das Doppelauge von ihnen erhaltenen Bilder usw. verbunden sind, und wenn uns nun solche Entfernungszeichen wieder vorkommen, ergänzen wir sie durch die lebhafte Vorstellung der mit ihnen assoziierten Entfernungen selbst und erweitern so unsere rein sinnlich nur zweidimensionale Raumanschauung durch die Tiefenwahrnehmung zu einer dreidimensionalen. Aber überhaupt alles Kennen der Dinge, ihrer Eigenschaften und ihrer Namen, alles Verstehen ihrer Bedeutung und ihres Gebrauchs besteht in nichts anderem als in dem Hinzudenken der früher durch die verschiedenen anderen Sinne von ihnen gewonnenen Eindrücke. Wie stark der Zwang dieses Hinzudenkens ist, lassen die Zeichnungen von Kindern und manchen primitiven Völkern deutlich erkennen. Nicht das unmittelbar Gesehene wird in ihnen wiedergegeben; die doch direkt sinnlich gegebene Perspektive existiert für sie nicht. Sondern im Anschluß an einige sinnliche Daten bringt der Zeichner, was er von dem Gegenstande sonst weiß und was für ihn praktisch von Wichtigkeit ist: z. B. beide Augen bei seitlich gesehenen Personen, gleichlange Beine bei Tischen und Stühlen, das Ferne in derselben Größe wie das Nahe usw. Auch pathologische Fälle sind lehrreich. Durch krankhafte Prozesse im Gehirn werden jene assoziativen Bereicherungen bisweilen gestört; dann haben wir, wie sonst nur in der ersten Lebenszeit, ein rein sinnliches Empfinden ohne ein Erkennen und Verstehen der Objekte. Gewisse Kranke sehen z. B. die Formen und Farben der Dinge nachweisbar vollkommen richtig; sie vermögen sie etwa nachzuzeichnen oder nachzumalen. Dennoch können sie das Gesehene weder richtig benennen, noch angeben, wozu es dient; sie verwechseln es oft in der absurdesten Weise, und erst, wenn sie es betasten dürfen, erkennen sie es (Seelenblindheit). Andere Kranke sind ohne nachweisbare Schädigung der Hautempfindlichkeit gleichwohl außerstande, Gegenstände durch bloßes Betasten zu erkennen (Tastlähmung); sobald man ihnen aber erlaubt, sie anzusehen, wissen sie, womit sie zu tun haben.

Charakteristisch für das Wahrnehmen aber ist noch eine dritte Eigentümlichkeit. Auch bei dem Anblick einer verkehrt gehaltenen Zeitung oder eines auf dem Kopf stehenden Bildes werden innerhalb des Ganzen einzelne Teile unterschieden. Aber es geschieht nach rein äußerlichen Gesichtspunkten. Die durch leere Zwischenräume voneinander getrennten oder etwa die schwarz eingerahmten Partien kommen in einer gewissen Sonderung zum Bewußtsein, ebenso zusammenhängende Flächen gleicher oder ähnlicher Färbung; aber das, was wir die sachliche Zusammengehörigkeit der Dinge nennen, spielt dabei gar keine Rolle. Ganz anders bei der Wahrnehmung des ausgebildeten Bewußtseins. Bei einem flüchtigen Blick in ein Zimmer unterscheide ich ohne weiteres Tische, Stühle, Bilder usw. als einheitliche selbständige Dinge, ebenso bei einem Blick ins Freie einzelne Häuser, Bäume, Wege usw. Aber es geschieht nicht mehr wegen des bloßen räumlichen Zusammenhangs der Teile dieser Dinge

oder wegen der Ähnlichkeit ihrer Färbung. Die Beine eines Sessels sind für das leibliche Auge seiner Lehne räumlich ferner als dem umgebenden Teppich oder den benachbarten Tischbeinen; auch ihr Aussehen ist ein ganz anderes als das der Lehne; von dem geistig unterstützten Auge werden sie gleichwohl mit dieser zu einem Ganzen zusammengefaßt. Betrachte ich ein Porträt in umgekehrter Haltung, so geht das dunkle Haar des Kopfes mit dem dunkeln Hintergrunde in eine Einheit zusammen, und das Gesicht hebt sich als ein heller Fleck von beiden ab. In aufrechter Haltung dagegen bildet das Haar mit dem Gesicht und dem übrigen Körper eine Einheit; ich sehe eine Person losgelöst von dem Hintergrunde, wie sehr einzelne ihrer Teile in der Färbung auch mit diesem übereinstimmen und wie sehr sie sich voneinander auch darin unterscheiden mögen. In der Wahrnehmung kommt uns also eine ganz andere Gliederung der Dinge zum Bewußtsein, als die bloßen Empfindungsreize bewirken würden. Wir fassen die Reizgruppen zusammenfassend und sondernd auf, nicht mehr nach den ihnen unmittelbar anhaftenden und in mancher Hinsicht nebensächlichen Eigentümlichkeiten, sondern nach ihrer Zusam mengehörigkeit, d. h. nach den Verbänden, in denen sie regelmäßig zusammen vorzukommen pflegen.

Der Entwicklung dieser Verschiedenheit liegt neben Aufmerksamkeit und Gedächtnis, die auch hier mitspielen, die Gesetzmäßigkeit der Übung zugrunde. Daß sie aber wirksam werden kann, beruht auf einer Eigentümlichkeit des äußeren Geschehens, die sonst kaum bemerkenswert erscheint, darauf nämlich, daß die Gruppen der objektiven Reize, die zu verschiedenen Zeiten auf die Seele einwirken, weder stets genau dieselben noch völlig voneinander verschieden, sondern ein Mittleres sind, teilweise übereinstimmend mit früher dagewesenen Reizgruppen oder doch ihnen ähnlich, teilweise aber abweichend von dem Früheren. Das führt mit Notwendigkeit zu einem verschiedenen Verhalten der Seele ihnen gegenüber. Ein Kind sieht seine Mutter bald in der Wohnstube, bald in der Küche, bald auf der Straße; das eine Mal ist sie mit Lesen beschäftigt, ein anderes Mal geht sie ordnend hin und her. Neben mancher Verschiedenheit sind dabei die von der Person der Mutter herrührenden Eindrücke doch stets einander in hohem Maße ähnlich, die Gesichtszüge, Stimme, Kleidung usw.; die Umgebung dagegen ist eine höchst mannigfach und häufig wechselnde. Offenbar müssen nun infolge der Übung jene in gleicher Vereinigung häufig wiederkehrenden Eindrücke eben in dieser Vereinigung immer leichter und deutlicher zum Bewußtsein kommen; außerdem unterstützen sich ihre verschiedenen Teile wechselseitig durch assoziative Hervorrufung. Die verschiedenen Umgebungen dagegen werden eben wegen des weniger häufigen Vorkommens jeder einzelnen auch weniger leicht aufgefaßt werden können; zugleich wirken die von dem Anblick der Mutter jedesmal geweckten Vorstellungen der übrigen Umgebungen störend aufeinander und auf die Auffassung der jedesmal vorhandenen. Und so bilden. sich allmählich, wie hier so in tausend ähnlichen Fällen, in dem Bewußt

werden der äußeren Eindrücke ganz andere Sonderungen aus als die ursprünglichen, auf der Eigenart der Eindrücke selbst beruhenden: Reizgruppen, die regelmäßig oder sehr häufig als zusammen vorkommend erlebt werden, schließen sich für die Seele zu einheitlichen Gebilden fest zusammen und lösen sich dabei zugleich von den wechselnden Umgebungen los, in denen sie vorkamen; sie werden zu selbständigen Dingen.

Die anscheinend so einfache und rein passive Aufnahme der äußeren Eindrücke in der sinnlichen Wahrnehmung ist also in Wahrheit ein recht verwickelter Vorgang. Die ganze Seele steckt dahinter und betätigt in dem Akte der Aufnahme zugleich durch Auslese, Bereicherung und Gliederung des objektiv Gegebenen ihre Eigenart und deren Gesetzmäßigkeit. In diesen Vorgängen besteht das, was man vielfach als A p perzeption bezeichnet. Nur ist leider der Gebrauch dieses Wortes kein übereinstimmender. Die einen verwenden es vorwiegend oder ausschließlich für die auslesende und hervorhebende, die anderen für die bereichernde und ergänzende Betätigung in dem Wahrnehmungsvorgang, und auch dies wieder je mit verschiedenen Nuancierungen der Bedeutung. Da nun überdies das Wort dem allgemeineren Sprachgebrauch völlig fremd geblieben ist, empfiehlt es sich, statt seiner den verständlicheren Ausdruck Auffassung anzuwenden.

2. Sinnestäuschungen. Die Bedeutung der beschriebenen Vorgänge für die allgemeinen Zwecke des Seelenlebens liegt auf der Hand. Die Seele erstrebt sozusagen durch sie Erfassung der jeweilig für sie wichtigsten Eindrücke aus der verwirrenden Fülle des Vorhandenen und zugleich Erfassung jener in ihren allgemeinen und nicht nur augenblicklichen Zusammenhängen. In der ungeheuren Mehrheit der Fälle erreicht sie ihren Zweck. Aber allerdings nicht durchweg. Unter Umständen entstehen vielmehr gerade aus jenen gesetzmäßigen Betätigungen eigentümliche Verfehlungen des, wie man sagen darf, eigentlich Erstrebten, die als unvermeidliche Nebenwirkungen infolge der großen Verwicklung der Dinge anzusehen sind, die sogenannten Sinnestäuschungen.

Das häufig Dagewesene ist, wie früher schon gesagt, auch das in der Regel Wiederkehrende. Wenn also die Seele bei der Wahrnehmung einzelner Glieder einer häufig erlebten Gruppe von Eindrücken die übrigen als Vorstellung hinzuerzeugt, noch ehe ihre sinnlichen Ursachen auf sie eingewirkt haben, so ist das eine sehr zweckmäßige Vorwegnahme der objektiven Wirklichkeit. Aber die Natur geht nun doch ihre eigenen Wege. Wenn sie auch das früher von ihr Gebrachte in der Regel wiederbringt, sie tut es nicht ausnahmslos. Die Verwicklungen ihres Geschehens bringen nicht selten auch Abweichungen hervor: Wiederkehr einzelner Umstände eines Vorgangs in einer anderen als der überwiegend häufigen Verknüpfung. An diesen Abweichungen muß die Seele notwendig straucheln. Sie deutet die Eindrücke im Sinne der gewohnten Begleitung; die gewohnte Begleitung ist aber gegenwärtig gar nicht vor

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