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gebiet seine Grenzen steckt. Wie der mittelalterlichen Missionsperiode die Völkerwanderung, so ging der apostolischen Missionszeit eine doppelte Völferzerstreuung voran: die der Juden seit der Zeit des babylonischen Erils und die der Griechen seit den Kriegszügen Alexanders des Großen, während der commercielle und militärische Verkehr, der innerhalb der apostolischen Missionsperiode selbst einen bedeutenden Umfang erlangt, diese Zerstreuung fortseßte.

Durch die jüdische Diaspora entstanden nicht nur über das römische Ländergebiet zerstreut viele Synagogen und Betplätze, welche gemeiniglich dem Apostel Paulus als Anknüpfungs- und Ausgangspunkt für seine missionarische Thätigkeit dienten und milderte sich nicht nur vielfach der starre particularistische Nationalismus, der für die palästinensischen Juden ein so großes Hinderniß bildete, das universale Heil in Christo zu ergreifen — sondern es wurde durch sie auch ein göttlicher Wahrheitssame weithin unter die Heiden getragen, der vielfach auf fruchtbares Land fiel. Daher finden die Apostel an so vielen Orten „der gottesfürchtigen Griechen eine große Menge" (act. 10, 2, 22; 13, 16, 43, 50; 16, 14; 17, 4, 17; 18, 7 2c.) und gerade diese Proselyten sind es, welche mit den gläubig gewordenen Juden gemeiniglich den Grundstock der ersten Christengemeinden bilden.1) Durch die griechische Diaspora hin

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1) Wie weit die Juden zerstreut sein mußten erhellt schon aus act. 2, 5—11. Strabo bei Joseph Ant. XIV. 7, 3) meldet, „daß bereits in jede Stadt eine Judenschaft eingedrungen war und daß man nicht leicht einen Ort der Welt auffinde, der diesen Namen nicht aufgenommen habe und von ihm behauptet werde." In einem Schreiben an Caligula zählt Herodes Agrippa (Philo legat. ad Cajum p. 587 M.) die Länder auf, wo sich jüdische Colonien befanden: „Aegypten, Phönicien, Syrien, Cölesyrien, Pamphilien, Cilicien, der größte Theil von Asia bis Bithynien und die Küsten des schwarzen Meeres. In Europa: Theffalien, Böotien, Macedonien, Aetolien, Attika, Argos, Korinth, Peloponnes, Euböa, Cypern, Kreta, die Länder jenseit des Euphrat und Libyen". Auch in Italien und Rom waren sie zahlreich vertreten. Daß die Zahl der Broselyten eine bedeutende bezeugen judenfreundliche wie judenfeindliche Berichte. So schreibt Seneca (bei Augustinus: de civ. Dei VI. 11): solche Macht haben die Bräuche dieses höchst verruchten Volkes bereits gewonnen, daß sie in allen Länderneingeführt find, fie die Besiegten haben ihren Siegern Gesetze gegeben." Horaz (Sat. I. 9, 69), Bersius (V. 179 ff). Juvenal (XIV. 97 ff.) bezeugen, daß zu Rom viele sich am Sabbath aller Geschäfte enthielten, fafteten und beteten, Lampen anzündeten und Kränze aufhängten, andere das Mosaische Gesetz studirten, die Synagogen besuchten und die Tem pelsteuer nach Jerusalem sandten.“ Cf. Josephus c. Apion. II. 39: „schon lange hat fich die Nacheiferung unsrer Frömmigkeit auch unter den Massen verbreitet und es giebt keine griechische noch barbarische Stadt oder Provinz, wohin nicht unsre Sabbathruhe gedrungen ist und die Faften und das Lampen anzünden und die Enthaltung von den

gegen war die griechische Sprache zur weitesten Verbreitung innerhalb der damals bekannten Welt gelangt, so daß nicht nur die Schriften des A. T. in der Uebersetzung der Septuaginta vielen Nichtjuden leicht zugänglich wurden, sondern die Apostel auch den großen Vortheil genossen auf die Erlernung vieler fremder Sprachen keine Zeit verwenden zu müssen. Dazu kam, daß der sehr bedeutende Verkehr innerhalb der von den Römern beherrschten Welt nicht blos den Aposteln ihre weiten Reisen ermöglichte,2) sondern die verschiedenen Völker einander näher brachte und überhaupt ein Fluctuiren der Bevölkerung erzeugte, welches neben der apostolischen Thätigkeit, das Hauptmittel für eine weite Verbreitung der evangelischen Wahrheit wurde. Sie sehen schon aus diesen flüchtigen Andeutungen, daß die Hand, welche die apostolischen Missionswege gebahnt auch das apostolische Missionsgebiet bestimmt resp. begrenzt hat und es ist ebenso ein Beweis für die praktische Nüchternheit der Apostel wie für ihre Unterstellung unter die Leitung des göttlichen Geistes, daß sie sich innerhalb der ihnen gestellten Grenzen hielten.

Es ist nun eins der charakteristischsten Zeichen der modernen Zeit, daß sie in Folge der neu erfundenen Communicationsmittel, welche die weitesten räumlichen Entfernungen fast auf nichts reduciren, im eigentlichen Sinn des Wortes einen Weltverkehr hervorgebracht hat, mit welchem keine frühere Geschichtsperiode den Vergleich aushält. Dadurch ist eine Völkerzerstreuung eingetreten, welche die in der alten römischen Welt weit hinter sich läßt. Eine förmliche Völkerwanderung ergießt sich nicht nur aus den Ländern des christlich civilisirten Abendlandes über die ganze bis heute bekannte und zugängliche Erde, sondern auch China und Indien ist von dieser Auswanderungslust angesteckt und selbst Afrikaner und Südsee-In

uns verbotenen Speisen beobachtet wird.“ Auch Tacitus (hist. V. 5) redet von „lebertritten zur jüdischen Sitte." Siche Friedländer: „Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms in der Zeit von August bis zum Ausgang der Antonine“ (Leipzig 1871) III. 506–517, Tzschirner: „Der Fall des Heidenthums“ (Leipzig 1829) S. 172 ff. Hausrath: „Neutestamentl. Zeitgeschichte“ II. 95 ff. 114 ff.; über die Bedeutung der jüdischen Diaspora für die Mission 347 ff.

1) Hausrath a. a. D. S. 130.

2) „Die öffentl. Straßen, welche zum Gebrauche der Legionen gebaut worden waren, öffneten den christl. Missionaren eine bequeme Bahn von Damaskus bis Korinth und aus Italien bis zu den äußersten Grenzen von Spanien oder Britannien.“ Gibbon: „Geschichte des allmähligen Sinkens und endl. Untergangs des römischen Weltreiches“ (deutsche Ausgabe, 4. Aufl. Leipzig 1862) XV. S. 217 cf. Friedländer a. a. D. das ausführl. Kapitel über das Verkehrswesen Th. II. I.

julaner werden durch den Sklaven- und Kulihandel in Bewegung gesetzt. An allen Enden der Erde bilden sich kleinere und größere abendländische Niederlassungen und Colonialreiche, von den bisher verschlossen gewesenen Ländern öffnet sich eins nach dem andern dem Weltverkehr und ganze Schaaren von Entdeckungsreisenden erforschen die zur Zeit noch unbekannten Gebiete unsres Planeten. Wer für die Wege Gottes in der Geschichte ein Auge hat, der kann nicht in Zweifel darüber sein, daß diese Signatur die Gegenwart als Missionszeit charakterisirt, daß das auch die Welt regierende Haupt der Kirche durch den modernen Weltverkehr einer neuen Missionsperiode die Wege gebahnt und durch die Ausdehnung dieses Verkehrs dem Missionsgebiet dieser Zeit abermals seine Grenzen gesteckt hat. Den Beweis hierfür liefert zunächst die Thatsache, daß troß vielsei tigster Ungunst besonders der heimischen Verhältnisse die Mission wirklich zu einer Macht geworden und eine Ausdehnung erlangt hat, wie in keiner Missionszeit je zuvor. In einer Zeit, da in allen Ländern Europas der Rationalismus das Regiment führte, da z. B. in der General Assembly der schottischen Kirche der Antrag: „das Evangelium zu den Heiden zu senden", als „schwärmerisch, fanatisch, arrogant, revolutionär, gefährlich und albern" bezeichnet wurde und man aller Orten diesem Urtheil beipflichtete da erweckte Gott, Wasserbrunnen in der Wüste grabend, einen immer reger sich entfaltenden Missionssinn, der in den verschiedensten Nationen und Denominationen der evangelischen Christenheit eine MissionsGesellschaft nach der andern ins Leben rief und ein Missionsfeld nach dem andern besezte. Wir besitzen einen auf den umfassendsten Quellenstudien beruhenden Allgemeinen Missions-Atlas" von Dr. Grundemann, der auf 72 Haupt- und vielen Nebenkarten das Missionsgebiet der Gegenwart zur anschaulichen Darstellung bringt. Vergleichen wir dieses für die moderne Mission klassische Kartenwerk mit einem allgemeinen Erdatlas, so vermissen wir in ihm außer den christianisirten Ländern im wesentlichen nur diejenigen Gebiete', welche entweder zur Zeit noch unbekannt oder dem Weltverkehr so gut wie unzugänglich sind. Von Grönland und Labrador, Britisch Nordamerika, Canada und den Indianerdistricten der Vereinigten Staaten durch Central-Amerika, Westindien und Guiana bis zu den Feuerländern und Falklands-Insulanern sind die Missionare der Neuzeit gedrungen. Die Küstenländer Afrikas am Senegal und Gambia, Sierra Leone, Liberia, die Gold- und Sklavenküste, das Niger-, Calabar und Gabungebiet, Herero-, Namaqua- und Capland mit den angrenzenden Betschuanen- und Kaferdistricten, Madagaskar und bereits

einige Punkte Ostafrikas, Abyssiniens und Aegyptens sind mit einem mehr oder weniger engem Neße von Missionsstationen überzogen. Auf den Inseln des Indischen Archipelagus, in Japan, China und Tibet, Hinter und Vorderindien mit Ceylon, in Persien, Syrien und den Ländern am Schwarzen Meer hat die moderne Mission das Panier des Kreuzes aufgepflanzt. Die große Inselwelt des stillen Oceans, die Sandwich-Inseln und Neuseeland, Polynesien und ein nicht geringer Theil Milanesiens wie Mikronesiens hat das Evangelium Christi gehört, selbst Au= stralien und Neu-Guinea ist bereits in den Bereich der Missionsthätigkeit gezogen worden.

Sehen wir noch ganz von dem Erfolg ab, den die moderne Mission erzielt hat — schon der Umfang des Missionsgebietes muß ihr Achtung verschaffen. Entsprechend der vorhin sfizzirten providentiellen Wegbahnung erstreckt sich derselbe über den größten Theil der heute er schlossenen Länder der Erde, so daß es nicht ungerechtfertigt ist, wenn man die Mission der Gegenwart als Welt mission bezeichnet. Ich will damit weder sagen, daß das Evangelium bereits „allen Völkern“ wirklich verkündigt sei, noch daß überall, wo seine Verkündigung geschieht, dieselbe als „Zeugniß für resp. gegen die betreffenden Völker“ schon betrachtet werden könne. Was ich behaupte ist das: wir führen heute im Vergleich zur apostolischen (und auch zur mittelalterlichen) Zeit den Missionsbefehl in einem so umfassenden oder wenn man will buchstäblichen Sinne aus, daß die moderne Missionsperiode kühnlich als die der Weltmission bezeichnet werden darf, obgleich wir jezt noch erst im Anfange dieser Periode stehen. Aber sowol der in der evangelischen Kirche erwachte und fortgehend erstarkende Missionsgeist, wie der zunehmende, die heidnische Welt immer weiter öffnende Handelsverkehr und Entdeckungseifer find eine Bürgschaft dafür, daß der Anfang dieser neuen Missionsperiode auch seinen Fortgang haben und daß ihr Ende kein andres sein werde als die Verkündigung des Evangelii in der ganzen Welt zu einem Zeugniß allen Völkern“ in dem vollen von dem Stifter der Mission gemeinten Sinne.

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Ich kann es begreifen, daß der Unglaube die Mission bekämpft, ich kann es begreifen, daß die Indifferenz sie ignorirt, aber ich kann es nicht begreifen, daß man sie als eine Winkelsache, als ein kleinliches Werk bezeichnet, welches der Antheilnahme der Gebildeten und Angesehenen nicht würdig sei. Ist es nicht schon ein großartiger Gedanke, der bereits durch seine Einzigartigkeit das Siegel des Himmels an sich trägt, daß

Christus seine Zeugen senden will bis an die Enden der Erde um alle Bölker in sein Himmelreich einzuführen? Hat auch je ein Großer der Erde vor oder nach ihm einen ähnlichen Eroberungsplan gehegt? Und wenn wir nun sehen, daß dieser Gedanke in der That praktisch realisirt wird, daß heute nach 1800 Jahren troß des wachsenden Unglaubens innerhalb der bereits christianisirten Welt buchstäblicher als je zuvor die Ausführung des hohenpriesterlichen Testaments Jesu in Angriff genommen wird, sehen, daß ohne irgendwelche Vereinbarung seitens der zahlreichen Missions Gesellschaften nach und nach eine Occupation sämmtlicher auch der durch Klima und die Rohheit ihrer Bewohner gefährlichen Länder der Erde stattfindet - ist das nicht eine Thatsache, die unsre Bewundrung verdient und unsre Begeisterung entflammt, ganz abgesehen davon, daß man in ihr eine Apologie des Christenthums sehen muß? Wenn selbst ohne eine bereits gewonnene Schlacht unsre Armeen immer tiefer vordringen und immer fester Posto fassen in des Feindes Lande, bezeichnen wir nicht das schon als halben Sieg? Sollte es in dem großen Eroberungskampfe, den die Mission führt, nicht ebenso sein? Daß wir überhaupt Bosto gefaßt haben im feindlichen Lande und von Jahr zu Jahr ein größeres Gebiet occupiren ist das nicht selbst schon ein bedeutender Missionserfolg ? Wie aber die apostolische Mission nach Ablauf von 3—4 Jahrhunderten das Christenthum zum Siege führte auf dem ganzen von ihr beseßten Gebiete, so leben wir des zuversichtlichen Glaubens, daß auch der modernen Mission das ganze große Terrain, auf dem sie Fuß zu fassen begonnen hat, seiner Zeit zur Beute fallen muß. Ihre Arbeiter können zeitweilig zur Aufgabe dieses oder jenes Postens gezwungen werden, aber ein einmal occupirtes Gebiet auf die Dauer aufgeben werden sie niemals; sie können Decennien hindurch eine bloße Saat auf Hoffnung ausstreuen, aber ohne Ernte wird diese Saat nirgends bleiben. Wo immer das Panier des Kreuzes aufgepflanzt wird, da bleibt die alte Losung in Kraft: in diesem Zeichen ist der Sieg.

Ist das Missionsgebiet der heutigen Zeit so viel größer als das der apostolischen, so liegt es in der Natur der Sache, daß auch die Schwierigkeiten, die zu überwinden und die Aufgaben, die zu lösen find, nach mancher Seite die der ersten Missionsperiode übertreffen. Ganz zu geschweigen der klimatischen Verschiedenheiten, die uns heut so viele Arbeiter hinraffen, während die Apostel sich wesentlich in derselben Zone bewegten welche Mannigfaltigkeit der Sprachen bietet das heutige Missionsgebiet! Man bekommt einen kleinen Einblick in diese Schwie

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