ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

(1 Cor. 1, 26 f.). Hieraus ergiebt sich, daß neben Etlichen aus den höheren Ständen die damaligen Gemeinden sich wesentlich aus solchen Leuten bildeten, die keine hervorragende Stellung im bürgerlichen Leben einnahmen. Es darf uns diese Erscheinung besonders in den Missionsanfängen nicht Wunder nehmen; die Opfer, welche hochgestellte Personen bei ihrem Uebertritt zum Christenthum bringen müssen, sind größer als die der geringen Leute und umgekehrt ist bei den auch äußerlich in ge= drückten Verhältnissen Lebenden die Empfänglichkeit für die Tröstungen des Evangelii überall und allezeit stärker, als bei solchen, denen es wohl geht in dieser Welt. Bekanntlich ist es für die Reichen jeder Art immer schwer ins Himmelreich zu kommen. 1) Noch gegen Ende des 2. Jahrhunderts spottet Celsus, der erste literarische Bekämpfer des Christenthums: „Unter den Christen werden keine gebildeten Leute in ihre Religionsmysterien aufgenommen, denn nur verstandlose Thoren, Sklaven, Weiber und kleine Kinder schicken sich zu Schülern für den Gott, den sie verehren." Und an einer andern Stelle: Seht nur diese Weber, Schneider und Gerber, sie sind ganz bäurische Leute in ihrem häuslichen Kreise und stumm wie die Fische wenn sie mit klugen Leuten reden sollen; aber können

[ocr errors]

1) Gibbon nachdem er den höhnischen Einwurf des Celsus auf sein rechtes Maß reducirt (cf. Friedländer I. S. 490 ff.), bemerkt (S. 228): „doch sind diese Ausnahmen entweder zu gering an der Zahl oder fallen in eine zu späte Zeit, um den Vorwurf der Unwissenheit und Dunkelheit, welcher den ersten Christen gemacht worden ist, gänzlich hinweg zu räumen. Statt die Dichtungen späterer Jahrhunderte zu unserer Bertheidigung zu verwenden, wird es klüger sein einen Anlaß zum Aergernisse in einen Gegenstand der Erbauung zu verwandeln. Bei ernster Ueberlegung werden wir finden, daß die Apostel selbst von der Vorsehung unter den Fischern von Galiläa gewählt worden waren und daß je tiefer wir die zeitliche Lage der ersten Christen stellen, wir um so mehr Ursache haben, ihre Verdienste und ihren Erfolg zu bewundern. Wir müssen uns fleißig ins Gedächtniß rufen, daß das Königreich der Himmel den Armen von Christo versprochen wurde und daß Seelen, welche vom Unglück und der Verachtung der Welt heimgesucht sind, freudiger der göttlichen Verheißung künftigen Glücks horchen, während im Gegentheil die Glücklichen mit dem Besiße dieser Welt zufrieden sind und die Weisen zu Zweifel und Streit ihre eitle Ueberlegenheit an Verstand und Wissen gebrauchen.“

Aehnlich Friedländer (III. S. 529 cf. 520, 532): „Offenbar hat das Christenthum in den höheren Ständen vor der Mitte oder dem Ende des 2. Jahrhunderts nur vereinzelte Anhänger gefunden. Hier leistete nicht blos die philosophische, sowie die sonstige mit dem Götterglauben innig zusammenhängende Bildung den stärksten Widerstand, sondern hier führte das christliche Bekenntniß auch zu den gefährlichsten Conflicten mit der bestehenden Ordnung; endlich mußte die Lossagung von allen irdischen Interessen in den Kreisen, die im Besitz von Ehre, Macht und Reichthum waren, am schwersten fallen.“

sie ein paar Knaben und einfältige Weiber in einen Winkel zusammenbringen, so ist kein Mensch so klug, schwazhaft und schulmeisterlich wie sie. 1) Nun unter diesen „Webern, Schneidern und Gerbern," befand sich z. B. auch ein Origenes, der dem Celsus gegenüber nicht stumm wie ein Fisch blieb und so gar „verstandlose Thoren“ könnert die Christen doch kaum gewesen sein, da 2 Jahrhunderte später die heidnische Weisheit vor ihnen die Waffen strecken mußte und ja der Polemiker selbst es der Mühe für werth gehalten ein scharfsinniges Buch gegen sie zu schreiben.

So lassen wir uns denn auch durch die Angriffe der modernen Celsusse nicht gerade bange machen. Wie in der apostolischen Zeit so beginnt auch heute Gott nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben den Bau seines Reichs und wie damals so ist auch jest Seine Kraft in den Schwachen mächtig und redet das Zeugniß der Eine falt die beredteste Sprache der Ueberzeugung. Diese Weber, Schneider und Gerber," so verächtlich man sie behandelt, repräsentiren dennoch eine geistige und sittliche Macht und wie sie auf mehr als einem Missionsgebiet den Sieg bereits davon getragen, so wird ihnen derselbe seiner Zeit auch auf jedem anderen zu Theil werden. 2) - Es ist richtig, daß bis heute unter den Christen Indiens nur eine verhältnißmäßig kleine Zahl eigent licher Hindu sich findet und die Mission ihre Haupterfolge unter den Bergvölkern des nördlichen und unter den Schanars und Pariahs des südlichen Indiens errungen hat und daß in China unter den Angesehenen des Landes das Evangelium noch wenig Anhänger gefunden.

So beklagenswerth dies auch sein mag, es befremdet uns weder noch entmuthigt es uns. Die Gemeinde in Rom bestand Jahrhunderte hindurch nur zu ihrem kleinsten Theile aus eigentlichen Römern. Sie setzte sich zusammen aus Griechen und Orientalen, die sich in der Welt

') Origenes: Contra Celsum. III. 44.

2) Schon 1844 schrieb Meinicke (die Südseevölker und das Christenthum p. III): „Man wird die außerordentliche Bedeutung, welche die Missionsbestrebungen unsrer Zeit haben, jetzt noch schwerlich ableugnen können. Sind sie auch immer noch eigentlich in der Kindheit, so ist doch schon gewiß, daß sie das Wesen und die Verhältnisse der nichtchristlichen Völker und damit den Zustand des größten Theils der bewohnten Erde durchaus neu gestalten und dadurch eine der großartigsten und colossalsten Revolutionen herbeiführen werden, welche die Geschichte der Menschheit kennt.“ Mittlerweile find mehr als 30 Jahre vergangen und in seinem neuesten Meisterwerke (die Inseln des Stillen Oceans, 1875) bekennt derselbe Verfasser, daß er keine Veranlassung gefunden seine früheren Grundsätze und Anschauungen zu ändern (p. VI).

"

hauptstadt niedergelassen.1) Noch nach der Regierung Constantins waren die Senatoren und die aristokratischen Familien, wie überhaupt die gebildeten und einflußreichen Stände ihrer großen Majorität nach Heiden. In Griechenland ist es nicht anders gewesen 2) und so kann es uns nicht Wunder nehmen, wenn wir auch heute sehen, daß immer bei einem Volke zunächst die äußersten Randbestandtheile abbröckeln und die der Nationaleigenthümlichkeit entfremdetste Bevölkerung Einwirkungen von außen am meisten offen steht und für eine neue Religion zuerst gewonnen wird. Nur nach und nach dringt diese in den großen conservativen Kern der Nationen und erst wenn sie hier sich festgesetzt, ist ihr Sieg entschieden." 3) Christus selbst hat seine Jünger auf diesen Umstand ausdrücklich hingewiesen, da er ihnen befahl „auf die Straßen und Gassen der Stadt, ja an die Zäune zu gehen und die Armen und Krüppel und Lahmen und Blinden hereinzuführen" (Luc. 14, 21 ff.). Nun geschieht es ja freilich, daß mancher von den „Landstraßen“ Hereingeführte kein „hochzeitliches Kleid" an hat aber wie in den apostolischen, so wird auch in den heutigen heidenchristlichen Gemeinden eine strenge Kirchenzucht geübt und es däucht mich eine Selbstkritik wider Willen, wenn dieselben. Leute, die sich erst ob des Mangels des hochzeitlichen Kleides ereifern, an der Kirchenzucht wieder ein Aergerniß nehmen, welche eben deshalb geübt wird.

[ocr errors]

Damit haben wir bereits den zweiten Punkt berührt, der mir noch zu erledigen bleibt, nämlich daß die heutigen Heidenchristen in sittlicher Beziehung sehr tief, jedenfalls viel tiefer als die Christen der apostolischen Zeit stünden und daher wenig geeignet seien einen missionirenden Einfluß auszuüben und durch ihren Wandel ihren Landsleuten Respect vor dem

1) Tacitus in der früher angeführten Stelle bemerkt ausdrücklich, daß „der verderbliche Aberglaube" der Christen auch in Rom ausgebrochen, wohin von allen Seiten alles Scheußliche und Schandbare zusammenströmt und Anhang gewinnt.“ Die ersten Bischöfe der römischen Gemeinde waren Griechen. Dazu schreibt Clemens (ep. 1 an die Corinther), daß die Christen zu Rom gastweise wohnen (ý næqvixovσa ἐκκλησία)·

2) Ep. I Clementis ad Corinthios: z naдoxóvon Kógardov. cf. 1. Ptr. 1, 1: „den Fremdlingen hin und her“ siehe auch Jak. 1, 1.

[ocr errors]

Miss. Nachrichten 1871 S. 12. Auch der Vorwurf, daß die heutigen Heidenhristen von dem nationalen Leben, vom öffentlichen Dienst 2. sich zu sehr zurückziehen, ist bereits in der ersten Missionsperiode erhoben worden, siehe Tzschirner a. a. O. S. 232 ff. Man denke sich nur in ihre Lage und man wird sehr zur milden Beurtheilung geneigt werden.

Christenthum einzuflößen. Ich bedaure, daß mir die Zeit fehlt, die Kritiker, welche solche Urtheile in Curs gesetzt haben, zunächst selbst einer Kritik zu unterwerfen. Diese auf die Zeugnisse der gewichtigsten und unparteiischsten Autoritäten (Meinicke's, Waiß's, Gerlands u. A.) gestüßte Kritik) würde Ihnen sonst den Beweis führen, daß aus Gründen der mannigfaltigsten Art die meisten der gegnerischen Missionskritiker sehr unglaubwürdige, mindestens unzuverlässige Zeugen sind, in vielen Fällen schon aus dem Grunde, weil sie aus Unkenntniß der Sprache und Mangel an eigenster gründlicher Untersuchung auf die Berichte Anderer angewiesen waren, die entweder den Herren einen Dienst zu leisten meinten, wenn sie ihnen Schlimmes erzählten oder persönlich Ursache hatten die Missionare und ihre Arbeit zu verdächtigen. Doch wie gesagt, ich muß aus Mangel an Zeit dieses für die Missions-Apologetik eben so wichtige wie pikante Kapitel jezt übergehen und aus demselben Grunde mir es auch versagen aus der Fülle des vorhandenen Materials Ihnen eine Reihe das Gegentheil bezeugender Berichte vorzuführen, um mich abermals auf die Parallele mit der apostolischen Missionsperiode zu beschränken.

"

Welch ein Bild würden wir von den damaligen Christen bekommen, wenn wir es zeichnen müßten auf Grund der Gerüchte, die über sie curfirten! Wenn Paulus die Corinther ermahnt sich als Diener Gottes zu erweisen durch Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken, durch Ehre und Schande, durch böse Gerüchte und gute Gerüchte als die Verführer und doch wahrhaftig" (2. Cor. 6, 4 ff.), wenn wiederholt Petrus auffordert: „Führet einen guten Wandel unter den Heis den auf daß die, so von euch afterreden als von Uebelthätern eure guten Werke sehen und Gott preisen, wenn es nun an den Tag kommen wird" (1. Ptr. 2, 12; 3, 16) so lassen uns schon solche An

1) Siehe die ausführliche Erörterung bei Meinicke: „die Südseevölker und das Christenthum“ S. 5 ff. 251 ff. – „Der Grund des bittern Hasses so Vieler gegen die Mission ist der, daß die Gegenwart der Missionare ihnen hinderlich ist. Ohne Ausnahme habe ich bis jetzt gefunden, daß Europäer, die innerlich noch mit ihrer Kirche im Zusammenhange standen und das Gefühl des Geziemenden wie die Liebe zur Tugend noch besaßen, freundlich zur Mission standen, während den Andern die Liebe zum Fleischesdienst und die Habsucht den Haß gegen die Mission einflößt. Wo immer man in der Heidenwelt mit solchen Christen zusammenkommt, gewahrt man einen Abgrund moralischer Verkommenheit, einem Bankerott an allem Gefühl für's wahrhaft Gute“ (H. Hahn. Berichte der Rhein. M.-G. 1872. S. 356 f.). Vergleiche auch mein Vorwort zu den Lebensbildern aus der Heidenmission“ II. S. 14 f.

deutungen ahnen, welche schlimmen Dinge bezüglich ihres Wandels den Christen müssen nachgesagt worden sein. Aber wir sind in diesem Stück keineswegs auf Vermuthungen angewiesen. Nero durfte es wagen die Christen als Brandstifter zu denunciren, folglich müssen sie von der öffentlichen Meinung solch eines Verbrechens fähig gehalten worden sein. Die entsetzlichsten Verleumdungen: daß sie in ihren Versammlungen die gräulichste Unzucht trieben, die wildesten Orgien feierten, die unnatürlichsten Laster übten, Kinder schlachteten und Menschenfleisch äßen wurden eifrig verbreitet und willig geglaubt. Als eine „bejammernswürdige, verbotene, verzweifelte Rotte", „eine schlupfwinklige, lichtscheue Nation", als „ein träges Geschlecht, unbrauchbar und unthätig in Staatsgeschäften" wurden sie der öffentlichen Verachtung preisgegeben. Selbst besonnene Männer, welche solchen Verdächtigungen nicht vollen Glauben schenkten, waren doch der Meinung: ,,ohne jede Grundlage der Wahrheit werde das Gerücht nicht das Gottloseste, nur mit Verschämtheit zu Meldende von ihnen berichten";1) sogar ein Historiker wie Tacitus vermochte in den Christen nur verbrecherische Leute zu sehen und sie als odium generis humani zu brandmarken. Es ist nicht nöthig, daß ich mich auf eine Widerlegung dieser Denunciationen einlasse, wir sind heut nicht im Zweifel darüber was wir von ihnen zu halten haben; worauf es mir ankommt, das ist zu zeigen, daß auch die apostolischen Christen ein reiches Maß der Verdächtigung ihrer Sittlichkeit zu tragen gehabt und trotzdem einen solchen Einfluß auf ihre heidnische Umgebung geübt haben, daß nach einigen Jahrhunderten das Christenthum die Volksreligion geworden war. Wie damals so ist auch heute die Wahrheit zuletzt mächtiger als die Lüge.

Nun bin ich allerdings weit davon entfernt die große Masse der heutigen Heidenchristen bezüglich ihres Heiligungsstandes zu idealisiren und fie ohne weiteres auf eine Linie zu stellen mit den ersten Christengemeinden. Gewiß bleibt der modernen Mission in diesem Stück viel, ja sehr viel zu wünschen. Aber wir müssen uns auch hüten durch ungeschichtliche Idealisirung der ersten Missionsperiode an die heutige überschwängliche Forderungen zu stellen. Auch das Lichtbild, welches das Leben der ersten Christen vor unsre Augen stellt, hatte seine Schatten und seine tiefen Schatten. Gerade die werkthätige Liebe und Barmherzigkeit, die die Christen unter einander übten, wurde auch von Heuchlern gemißbraucht, die sich der neuen Gemeinschaft in Hoffnung auf Beistand und andre

"

1) Uhlhorn: Der Kampf des Christenthums mit dem Heidenthum. S. 181 ff.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »