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daher ängstlich respectirt und abergläubisch gefürchtet. Niemand hat solche Macht über sie gehabt wie Salomo, dem sie allerlei Dienstleistungen verrichten mußten, und der Koran erzählt z. B. ganz ernsthaft, daß ein Dighinn in einem Augenblick den Thron der Königin von Saba herbeigeholt und vor Salomo hingestellt habe. Die Lehre von den Dschinn greift auch in besonderem Maße in das praktische Leben der Moslem ein, indem fich der Aberglaube, der ungemein verbreitet ist, und eine außerordentliche Macht über die Gemüther namentlich der niederen Volksschichten hat, vorzugsweise an diese Vorstellung guter und böser Geister anknüpft.

Gehen wir von der Dogmatik des Islam zu seiner Sittenlehre über, so kann auf den allgemeinen Charakter derselben schon aus Demjenigen geschlossen werden, was sowohl die Theologie als die Anthropologie des Koran an sittlichen Grundanschauungen enthält.

Da in dem Wesen und unter den Eigenschaften Gottes die Heiligteit als der specifische Gegensatz gegen die Sünde so ungebührlich in den Hintergrund tritt, so ist es auch nicht Gott, welcher als Quell und Inbegriff des sittlich Guten erscheint, nicht der Geist Gottes, welcher die Kraft bildet, die den Menschen durchdringen, treiben, heiligen und dadurch zur Erfüllung des göttlichen Willens befähigen muß, sondern es ist der Mensch selber, der aus sich heraus und dadurch daß er Gutes thut, d. h. die vom Koran gegebenen Vorschriften erfüllt oder zu erfüllen sucht, sich das Bohlgefallen Gottes erwirbt. Da ferner in der sittlichen Natur des Menschen die derselben anhaftende wesentliche Sündigkeit völlig verkannt wird, der Koran nur von Sünden, nicht aber von der Sünde weiß, so kennt demgemäß auch die Sittenlehre wohl eine Menge einzelner sittlicher Handlungen, nicht aber eine Sittlichkeit, die als umfassender Gesammtzustand, als innerlich begründende Ursache und Quelle nur die einzelnen Handlungen aus sich hervorgehen ließe. Ein einheitliches Princip aller Sittlichkeit, ein Grundquell sittlichen Handelns - wie die christliche Ethik ihn auf Grund des Evangeliums geltend macht in der Wiedergeburt als der innerlichen Erneuerung und Umwandlung des menschlichen Wesens, als der Heiligung des inwendigen Lebens durch den Geist Gottes, etwas Derartiges tritt im Islam nirgend zu Tage. Ebensowenig auch ein einheitliches, zusammenfassendes Grundgebot, daraus alle andern Gebote sich von selbst ergäben und ableiteten, wie das Christenthum und selbst das Judenthum ein solches besißt in jenem bereits im Alten Testament ausgesprochenen und im Neuen Testament nur wiederholten und be stätigten Worte: „Du sollst lieben Gott deinen Herrn von ganzem Herzen,

von ganzer Seele, von ganzem Gemüthe und aus allen deinen Kräfter und deinen Nächsten als dich selbst,“ von welchem der Herr sagt, daß „i diesem Gebote hänget das ganze Gesez und die Propheten;" oder wie i dem Worte des Apostels Paulus: „die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung.

Man kann daher denn im Islam nur von einer Sittenlehre als eine Lehre von sittlichen Handlungen, als einer Sammlung einzelner sittliche Vorschriften, nicht aber von einer Ethik als einer Sittlichkeit s lehr sprechen. Und zugleich folgt aus dem Allen, daß der sittlichen Anschauun des Islam jene Tiefe und Innerlichkeit fehlen muß, welche für die au dem Geiste des Evangeliums geborene christliche Anschauung selbstver ständlich ist.

Von diesem Grundmangel der moslemischen Sittenlehre abgesehen darf freilich zugestanden werden, daß die sittlichen Einzelvorschriften welche der Koran enthält, zumeist (aber auch nur zumeist, denn es giebt, wie wir sehen werden, sehr bedenkliche Ausnahmen) an sich selbst gut, heilsam und von sittigender Wirkung sind, daher für Denjenigen, der eben nicht tiefer blickt, den Stempel der Vollkommenheit an sich tragen können, wie sie denn in den Augen der Moslem selber ein Zeugniß von der Unübertrefflichkeit ihrer Religion sind. Ungerechtigkeit, Rachsucht, Hochmuth, Lüge, böse Nachreden, Schmähungen, Geiz, Verschwendung, Ausschweifung, Spiel und Wucher werden vom Koran für gottlose Untugenden erklärt; dagegen schreibt er Tugenden und gute Werke mannigfaltiger Art vor, Mildthätigkeit und Menschenfreundlichkeit, Gerechtigkeit und Redlichkeit, Ehrerbietung und werkthätige Dankbarkeit gegen die Eltern, Billigkeit gegen Waisen und Verwandte, Barmherzigkeit gegen Arme, Kranke und Reisende, Milde gegen Sklaven (deren Loos er auch durch mancherlei gesetzliche Bestimmungen bedeutend erleichtert), und vor Allem Geduld im Unglück und vollkommene Ergebung in Gottes Willen. Dabei wollen wir es nicht unterlassen, es noch ausdrücklich als etwas Schönes hervorzuheben, daß die Uebung des Wohlthuns und der Barmherzigkeit (freilich nur gegen Glaubensgenossen, denn von Wohlthätigkeit gegen,,Ungläubige“ oder gar gegen Feinde ist nirgends die Rede) so besonders vielfach und dringend eingeschärft wird. Ist doch Liebe und Erbarmen gegen die, welche desser bedürfen, eine der edelsten Tugenden nicht des Christen allein sondern des Menschen, und es mag daher die so oft wiederholte Ermahnung dazu auch dem Urtheil über Mohammeds persönlichen Charakter, namentlich über sein Herz, zu gute kommen. Freilich aber bleibt auch diese Uebung der werkthätigen Liebe ebenso wie die gesammte Sittlichkeit des Islam mehr

oder weniger äußerlicher Art. Es handelt sich auch hier überall nur um einzelne Thaten, um äußerliche Erweisungen der Barmherzigkeit; Liebe in dem umfaffenderen und zugleich tieferen Sinne des Wortes, eine das Herz durchdringende und das Leben beherrschende Gesammtgesinnung, Selbstverlengnung, opferfreudige Hingebung des Gemüths, das sind Dinge, die man im koran nicht erwähnt findet.

Neben diesen ja gewiß rühmenswerthen Einschärfungen von Tugenden und guten Werken herrscht nun aber und das hängt eben mit jenem Mangel an sittlicher Tiefe und mit jener Auflösung oder Verflüchtigung der Sittlichkeit in einzelne sittliche Handlungen eng zusammen auf ge= wissen sittlichen Gebieten eine große Larheit der Auffassung und der Vorschriften.

So nimmt es z. B. der Koran sehr wenig streng mit der Wahre haftigkeit und selbst mit dem Eide. Die Lüge wird in gewissen Fällen, namentlich einem „Ungläubigen" gegenüber, von ihm sehr entschuldbar gefunden, und selbst ein falscher Eid kann (nach Sure 5) „durch die Speisung oder Kleidung von zehn Armen, durch Auslösung eines Gefangenen oder durch dreitägiges Fasten" gefühnt werden. In Sure 2 heißt es: „Gott ist der Alles Hörende und Alles Wiffende; ein unvorherbedachtes Wort in euren Eiden wird er nicht bestrafen, wohl aber wird er euch zur Rechenschaft ziehen über das, was ihr mit Vorbedacht in euren Eiden aussaget; Gott ist gnädig und milde." An anderen Stellen ist fast in den gleichen Worten davon die Rede. Der Koran hat also für vorbedachte falsche Eide nichts Anderes als die allgemeine Drohung, daß Gott den Menschen darüber zur Rechenschaft ziehen werde, während er sonst, da er ja zugleich bürgerliches Gesetzbuch ist und sein will, für alle Vergehen die bestimmten Strafen festzusetzen pflegt; für unbedachtsame falsche Eide aber verkündet er völlige Verzeihung oder legt nur die erwähnte leichte Buße auf. Und welch eine weite Möglichkeit für Auffindung von Entschuldigungen, ja selbst welch ein deutlicher Fingerzeig dafür, liegt nicht in solchen Aussprüchen. Ganz in Gemäßheit dieser Auffassung und Behandlung der Sache ist denn auch in keiner mohammedanischen Gesetzgebung eine Strafe für den Meineid ausgesprochen.

Eine ähnliche Oberflächlichkeit der sittlichen Anschauung zeigt sich rückfichtlich der Werthschäßung und des Schußes des Menschenlebens. Der Mörder ist keineswegs immer der Strafe verfallen, wenigstens nicht derjenigen, welche die richterliche Gerechtigkeit, wenn sie zur Ausübung käme, verhängen müßte. Der Mord kann vielmehr gefühnt

werden durch ein den Angehörigen des Ermordeten gezahltes Blutgeld, un von weiterer Bestrafung — also von Behandlung eines notorischen schwere Verbrechens nach objectiven sittlichen und geseßlichen Normen! fol Abstand genommen werden, wenn die Angehörigen sich befriedigt und zu Verzeihung bereit erklären. Es sind das Bestimmungen, die ohne Zweife der Rücksichtnahme auf die vielfachen Stammesfehden, das stete Blut vergießen und die allgemeine Uebung der Blutrache bei den arabischer Stämmen ihren Ursprung verdanken; aber Niemand wird behaupter wollen, daß eine solche Rücksichtnahme berechtigt wäre, oder daß dergleichen Bestimmungen auf der Höhe einer geläuterten sittlichen Anschauung ständen.

In besonderem Maße tritt diese sittliche Larheit auch hervor in Bezug auf die Moralität im engeren Sinne des Wortes. Durch die Sanction der Polygamie, durch die Gestattung des Concubinats mit Sklavinnen neben den rechtmäßigen Frauen, durch die unerhörte Leichtigkeit der Ehescheidung, durch die sinnlich ausgemalten Schilderungen der Para diesesfreuden, namentlich aber durch das eigene nichts weniger als leuchtende Vorbild des Propheten betreffs seiner ehelichen und außerehelichen Verhältnisse und die darauf bezüglichen Aussprüche des Koran, ist es den „Gläubigen" sehr leicht gemacht, sich in Demjenigen, was zu diesen Angelegen= heiten und überhaupt zu diesem gesammten Gebiete in Beziehung steht, mit den Forderungen der Religion abzufinden. Es ist hier zu erinnern an die große Zahl von Frauen (elf), die Mohammed nahm, während er sonst nur vier als Maximum gestattete, an die koptische Sclavin Maria, die er von dem ägyptischen Statthalter Makaukas zum Geschenk erhalten, und an das Zerwürfniß, welches der Umgang mit derselben zwischen ihm und seinen Frauen herbeiführte, sowie endlich an die verschiedenen Koranaussprüche, die er sich eigens zu dem Zwecke „offenbaren“ ließ, um sich in Betreff seiner ehelichen Verhältnisse und seiner darauf bezüglichen Neigungen vor den Gläubigen zu rechtfertigen. Den eben erwähnten Vorfall mit der Koptin Maria hat die 66. Sure zum Gegenstande, welche die zunächst betheiligten legitimen Frauen, Ajischa und Hafza, mit ihren Klagen und ihrem Unwillen zur Ruhe verweist und ihnen drohend vorhält, daß Gott dem Propheten an ihrer Stelle leicht andere, bessere Frauen geben könne. Die Sure beginnt mit den Worten: „O Prophet, warum willst Du, um das Wohlgefallen Deiner Weiber zu erlangen, Dir verbieten, was Gott Dir erlaubt hat? Gott ist ja versöhnend und barmherzig." Am bezeich nendsten ist eine Stelle in der 33. Sure, wo Mohammed von fast allen Beschränkungen, die sonst den Gläubigen in dieser Hinsicht auferlegt wer

den, sich selber gänzlich ausnimmt, und zwar in einer Weise, die nichts weniger als sittlichen Ernst in der Behandlung dieser Angelegenheiten befundet: „Dir, o Prophet, erlauben wir Deine Frauen, die Du durch Deine Morgengabe erkauft (d. h. die auf dem gewöhnlichen Wege zur Ehe genommenen), und ebenso Deine Sclavinnen, die Dir Gott geschenkt (im Kriege nämlich, als Antheil an der Beute), und die Töchter Deiner Oheime and Muhmen, die mit Dir aus Mekka geflüchtet sind, und jede gläubige Frau, die sich dem Propheten überlassen und die derselbe heirathen will. Diese Freiheit sollst du haben vor den übrigen Gläubigen. Wir wissen recht gut, was wir hinsichtlich ihrer Frauen und Sklavinnen befohlen haben; dennoch begehst du kein Verbrechen, wenn du von dieser Freiheit Gebrauch macht, denn Gott ist versöhnend und barmherzig. Du kannst zurückseßen, welche du willst, und zu dir nehmen, welche du willst, ja selbst diejenige, welche du früher verstoßen, wenn du jetzt Verlangen nach ihr hast; dies Alles soll kein Verbrechen für dich sein. Es wird dennoch leicht werden,, ihre Augen zu befriedigen, daß sie sich nicht betrüben und sich alle zufrieden geben mit dem, was du einer jeden gewährest.“ Neben derartigen Aussprüchen und dem auf solche Weise gegebenen Vorbilde können gelegentlige Ermahnungen zur Sittsamkeit und Keuschheit, wie sie z. B. in der 24. Sure an Männer und Weiber" gerichtet werden, (wo es sich aber der Hauptsache nach nur um äußerliche Vorschriften über das Verhüllen und Verschleiern der Weiber handelt) nur wenig ins Gewicht fallen, und so darf es denn fürwahr nicht Wunder nehmen, wenn auf diesem Gebiete das sittliche Bewußtsein in der moslemischen Welt sehr allgemein an einer äußerst bedenklichen Verdunkelung und Abschwächung leidet.

Gleicherweise ist hier auch noch, als aller Sittlichkeit positiv widersprechend, das Gebot des sogenannten heiligen Krieges, d. H. des Krieges zur Bekämpfung der Ungläubigen und zur Verbreitung des „Glaubens“ zu erwähnen. Dieses Gebot findet sich im Koran an vielen Stellen aufs bestimmteste ausgesprochen. So heißt es Sure 8: „Bekämpfet die Ungläubigen, bis alle Versuchung (nämlich die ihr Unglaube auf euch ausüben könnte) aufhört und die Religion Gottes allgemein verbreitet ist;" und an einer anderen Stelle derselben Sure: „In die Herzen der Ungläubigen will ich Furcht bringen, darum hauet ihnen die Köpfe ab, und hauet ihnen ab alle Enden ihrer Finger." Desgleichen in Sure 47, die sogar die Aufforderung zum heiligen Kampfe zu ihrem Hauptgegenhand hat und auch die Ueberschrift der Krieg“ führt: „Wenn ihr mit den Ungläubigen zusammentrefft, so schlaget ihnen die Köpfe ab, bis ihr

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