ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

wahrlich, wie das ja auch die größeren seiner Briefe schon beweisen, etwas Anderes besigen als ein Conglomerat gelegentlicher, unzusammenhängender, verworrener Aussprüche und Aufzeichnungen, wie wir es im Koran vor uns sehen. Worin kann diese Eigenthümlichkeit des Buches anders ihren Grund haben als in der Unklarheit und Verworrenheit der eignen Anschauungen Mohammeds, in der Rücksicht auf momentane Verhältnisse oder persönliche Lebenslagen, auf welche so manche seiner sogen. Offenbarungen berechnet sind, und endlich in dem Bewußtsein, wie wenig die von ihm gestiftete neue Religion gegenüber der von ihr am meisten bekämpften, dem Christenthum, das volle Licht der Wahrheit und Klarheit vertrage, und wie wenig sie im Stande sei, dieselbe in Wirklichkeit zu übertreffen. Doch dies nur nebenbei und zur Charakteristik im Allgemeinen.

"

Das Alles beherrschende Dogma also ist das von der Einheit Gottes, und die Worte es ist nur Ein Gott" geben dem Islam geradezu sein specifisches Gepräge. Verschiedentlich versucht es der Koran, für diesen Satz auch Beweise beizubringen; bald schließt er von dem Geschaffenen, von der existirenden Welt auf eine Schöpfung und Vorsehung, bald sagt er, daß eine Mehrheit von Göttern der Vernunft widerspreche, daß zwei Gottheiten nothwendig mit einander in Streit gerathen und einauder zerstören, oder daß die eine die andere zu übertreffen suchen würde; als Hauptbeweis erscheint ihm aber stets das übereinstimmende Zeugniß der Propheten, welche alle diese selbige Lehre verkündigt hätten. Mit diesem Dogma protestirt aber der Islam nicht allein gegen die Vielgötterei und den Gößendienst des arabischen Heidenthums, sondern auch gegen das Judenthum und selbstverständlich gegen das Christenthum. Das erstere beschuldigte man, in Esra einen Sohn Gottes (nach dem Talmud) und in seinen Rabbis Herren neben Gott zu sehen, und in dem jüdischen Priesterthum erblickte man eine verwerfliche gottmenschliche Vermittelung zwischen Himmel und Erde.1) Das Christenthum aber vollends mit seiner Lehre von der Trinität und von einem Sohne Gottes, der durch Menschwerdung und Tod die Welt erlöst habe, erscheint dem Islam als der Gipfel alles Irrthums.

Die Einheit Gottes und in Verbindung damit zugleich seine Majestät Hoheit, Macht, Unbegreiflichkeit zu preisen wird der Koran nicht

1) Der Islam hat kein Priesterthum, wenigstens nicht im Alt-Testamentlich theokratischen oder im römisch-katholischen Sinne, ohne daß sich freilich darum eine Idee wie die des Neuen Testaments von dem allgemeinen Priesterthum aller Gläubigen fände.

müde, und seine Sprache, die ohnehin dem Araber für ein unerreichtes Muster der Schönheit gilt, erhebt sich gerade an solchen Stellen oft zu großer Kraft und hohem Schwunge. In der 2. Sure heißt es: Gott ist Gott, außer ihm giebt es keinen Gott. Er ist der Lebendige, der Ewige. Ihn ergreift nicht Schlaf noch Schlummer. Sein ist was im Himmel ist, sein was auf Erden. Wer ist, der bei ihm vermitteln könnte, ohne seinen Willen. Er weiß, was da war und was da sein wird, und die Menschen begreifen seine Allwissenheit nur soweit, als er selbst es will. Ueber Himmel und Erde ist sein Thron ausgedehnt, und beide zu überwachen ist ihm keine Bürde; er ist ja der Erhabene, der Mächtige." An= derswo wird Gottes Unbeschreiblichkeit geschildert: „Gott ist der Sichselbstgenügende, der Preiswürdige. Wenn alle Bäume auf Erden Schreibrohre und alle Meere auf Erden Tinte wären, so würden doch Gottes Worte nicht erschöpfend aufgeschrieben werden können." Unter den neunundneunzig Namen oder Attributen Gottes, die der Koran kennt, oder die moslemische Gelehrte aus ihm herausrechnen, und die gewissermaßen den moslemischen Rosenkranz bilden, sind die am häufigsten vorkommenden der Allmächtige, der Allwissende, und daneben der Allbarmherzige, daher Ausrufungen wie Allâh akbâr (Gott ist der Größte, der Allmächtige), inschAllah (so Gott will, von seinem Willen hängt Alles ab), b'-ism'-illâh i-r-rachmâni r-rachîm (im Namen Gottes des Allbarmherzigen, des Erbarmers), mit welchen Worten jede Sure des Koran eingeleitet wird, (mit alleiniger Ausnahme der neunten, man weiß nicht aus welchem Grunde), rachhemkum-Allah (Gott erbarme sich euer, als Dankesformel), zu den= jenigen gehören, die der Moslem am meisten im Munde führt und die man deßwegen auch im täglichen Leben am häufigsten hört.

Dagegen tritt unter den göttlichen Eigenschaften die Gerechtigkeit und namentlich die Heiligkeit (im absoluten Sinne) sehr in den Hintergrund. Von dem unbedingten Gegensaße Gottes gegen die Sünde als solche weiß der Koran ebensowenig etwas, wie von einer dem Menschen wesentlich inwohnenden Sündhaftigkeit; daher auch niemals von einer andern Versöhnung oder Gnade Gottes die Rede ist, als von derjenigen, die durch Lehre, Offenbarung, Propheten, „Leitung" (des Koran) vermittelt und durch des Menschen eigene Anstrengung bewirkt oder erworben wird. Wer dieser Leitung" sich hingiebt, die Zeichen" Gottes (d. i. den Koran) annimmt, der ist tugendhaft und ihm wird alle Sünde vergeben, denn die größte Tugend ist eben die, an Mohammed als den Propheten zu glauben.

[ocr errors]
[ocr errors]

Mit der Majestät, Allmacht und Allwissenheit Gottes ist nach der Anschauung des Koran auch eine durch ihn geübte unbedingte Vorherbestimmung aller Dinge verbunden. Alle Ereignisse im menschlichen Leben und im Gange der Welt, alle menschlichen Schicksale und Handlungen, folglich auch des Menschen sittliches und religiöses Verhalten sowie seine Seligkeit oder Verdammniß, Alles ist durch unwiderruflichen Beschluß des Allmächtigen zuvor festgestellt. Diese Lehre zieht sich als stille Voraussetzung überall durch den Koran hindurch, ist aber an manchen Stellen auch mit aller nur wünschenswerthen Offenheit ausgesprochen. Ganz allgemein gefaßt findet sie sich u. A. in einer Stelle der 18. Sure: „Was Gott will, das wird kommen, bei ihm allein ist die Macht." Dieser Ausspruch hat allerdings an sich nichts Verfängliches, in welchem weitgehend praedeftinatianischen Sinne er indeß zu verstehen ist, zeigen andere Stellen, welche auch des Menschen Glauben oder Nichtglauben, seine Erkenntniß der Wahrheit oder sein Verbleiben im Irrthum, sein Selig oder Verdammtwerden von einer unabänderlichen göttlichen Vorherbestimmung abhängig machen: „Gott führet in Irrthum, wen immer er will." Wahrlich, wen Gott leitet, der ist recht geleitet, wen er aber in die Irre führt, der findet keinen Beschüßer und keinen Führer.“ „Wahrlich, wir haben (spricht Gott) eine Decke über ihre Herzen gelegt und ihre Ohren verstopft, damit sie ihn (den Koran, die Offenbarung) nicht ver stehen; rufst du sie nun auch zur wahren Leitung, so werden sie sich doch nie leiten lassen" (Sure 18). Und in Sure 47 ist die Rede von Solchen, „die Gott verflucht hat und die er taub und deren Augen er blind gemacht." Unter den Moslem selbst hat sich zwar vielfach eine entschiedene Opposition gegen diese koranische Lehre erhoben und sie ist die Ursache heftiger Streitigkeiten und mehrfacher Sectenbildung gewesen; man wollte die unbedingte Praedestination wenigstens nicht für die menschlichen Gesinnungen und Handlungen gelten lassen; aber daß der Koran die Lehre in der That enthält, ist so wenig zu bestreiten, daß es vielmehr begreiflich erscheint, wenn jenen opponirenden Secten wiederum solche gegenübertraten, die, weitergehend als der Koran selber wahrscheinlich gehen will, dem Menschen jegliche Freiheit und Selbstbestimmung absprachen und ihn lediglich als ein todtes Werkzeug in der Hand des souverainen Schöpfers und Herrn betrachteten. Im praktischen Leben auch der heutigen Moslem und in ihrem thatsächlichen Verhalten ist es jedenfalls unverkennbar, daß diese fatalistische Anschauung ihm in Fleisch und Blut übergegangen ist. Sie ist der Quell seiner oft stumpfen Resignation bei Allem, was ihm

widerfährt, Allah hat es ja so bestimmt und Allah ist der Allmächtige -, ist aber zugleich auch der Grund jener Sicherheit, mit der er sich als „Gläubigen“ für unbedingt auserwählt und zur Seligkeit bestimmt ansieht.

Neben die Lehre von Gott und den göttlichen Eigenschaften ist weiter die Lehre von einer göttlichen Offenbarung zu stellen. Der Eine, ewige, allmächtige Gott hat sich der Welt kundgemacht und mitgetheilt. Die Mittelspersonen, deren er sich dabei bediente, waren theils die ihn umgebenden Geister höherer Ordnung, die Engel, theils und in zweiter Linie einzelne bevorzugte Menschen, die Propheten, welche die Verkündiger dieser Offenbarungen an die übrige Menschheit sein sollten.

Unter den Engeln ist es vorzugsweise Gabriel, der mit solchen Botschaften betraut wird. Er ist es, durch den Mohammed gleich zu Anfang seiner Laufbahn die Gewißheit seines Prophetenberufes erhält, denn als dieser in den ängstlichen Zweifeln seiner Seele nach dem Berge Hira (bei Mekka) gegangen ist und in der Wüste umherirrend zu dem Entschlusse kommt, sich das Leben zu nehmen, erblickt er, so oft er sich dem Abgrunde nähert, am Rande des Horizonts und überall wohin er sich auch wendet, die Gestalt des Erzengels, der zu ihm spricht: „Ich bin Gabriel, und du bist Mohammed der Prophet Gottes." Er vermittelt auch fernerhin die Mittheilungen Gottes an Mohammed und überbringt dem letteren fast stets die für ihn bestimmten Offenbarungen, daher auch viele Aussprüche des Koran mit der Formel: „Sprich," als dem Befehle Gabriels an den Propheten, eingeleitet werden. Diese,,Offenbarungen" sind gewöhnlich das Ergebniß jener Paroxysmen oder krampfartigen Anfälle, von welchen Mohammed so oft heimgesucht wurde, und welche seine Gegner, anfangs auch er selbst, für Momente der Besessenheit von bösen Geistern hielten, während er später erklärte, daß dann „der Engel" zu ihm komme und mit ihm rede. Gabriel führt ihn auch auf jener nächtlichen Visionsreise, auf welcher er von dem geflügelten Rosse Borak nicht nur nach Jerusalem, sondern auch durch alle Himmel getragen wurde, und welche er ebenso wie jene erste Bision vor seinem öffentlichen Auftreten gern als ein seine Prophetenwürde bestätigendes Wunder geltend macht. Ueberhaupt ist es Gabriel, der im Auftrage Gottes den Mohammed unter seine besondere Fürsorge und Leitung nimmt.

Als Propheten erkennt allerdings Mohammed eine ganze Reihe heiliger Männer an, und er nennt unter ihnen vorzugsweise Adam, Noah, Abraham, Moses und Jesus. Aber der oberste und letzte Prophet ist er selbst, Mohammed, der zwar einerseits nur dieselben Wahrheiten

wiederholt und bestätigt, die schon von jenen verkündet sind, auf den aber andrerseits jene mur vorbereitet und geweißagt haben, und wenn hiervon die heiligen Schriften der Juden und Christen nichts enthalten, so kommt das nur daher, daß dieselben verfälscht worden sind. Mohammed als höchsten und vollkommensten Propheten Gottes, als „den Propheten," als den Inbegriff aller göttlichen Offenbarung anzuerkennen, ist daher auch die erste und hauptsächlichste Forderung, die an den Moslem gestellt wird, und in der Praxis ist dies vor Allem Beweis wie Maßstab dafür, ob und in welchem Grade Jemand als „Gläubiger" betrachtet werden darf. Es versteht sich von selbst, daß die gleiche Verehrung, die dem Propheten gebührt, auch dem Koran zu zollen ist, sofern dieser gewissermaßen das greifbare Residuum ist, das er in der Welt zurückgelassen hat; derselbe wird sogar als unmittelbar göttlich, als nicht geschaffen, als ein Theil Gottes selber betrachtet.

Als drittes Hauptdogma des Islam haben wir die Lehre von einer einstigen Vergeltung durch Paradies oder Hölle genannt. Auferstehung von den Todten und letztes Gericht lehrt der Koran für alle Menschen, und es wird dabei ein Jeder nur nach seinen eigenen Thaten beurtheilt werden, keine Genugthuung oder Ersatzleistung durch Andere findet statt (gegen die christliche Versöhnungslehre gerichtet), auch keine Intercession von Seiten der Engel oder Heiligen, selbst nicht dem Erzengel Gabriel ist eine solche gestattet, Mohammed jedoch soll dies Vorrecht genießen. Was das Schicksal der Verstorbenen unmittelbar nach dem Tode und bis zum Tage des Gerichts angeht, so wird darüber - zwar nicht vom Koran aber von manchen Commentatoren - gelehrt, daß die Seelen der Propheten sogleich ins Paradies eingehen, die der Märtyrer (d. h. derer, die im Kampfe für die Ausbreitung oder Vertheidigung des „Glaubens“ gefallen sind) bis zur Auferstehung in den Kröpfen grüner Vögel wohnen (grün ist die heilige Farbe des Islam), die von den Früchten und dem Wasser des Paradieses sich nähren; die übrigen abgeschiedenen Seelen bleiben in der Nähe ihrer Gräber, oder bei dem Brunnen Semsem (in Mekka, aus welchem die Pilger trinken müssen) oder in dem untersten Himmel bei Adam, oder in weißen Vögeln unter dem Throne Gottes u. s. w.

Das Bild des lezten Gerichts wird mit zum Theil ergreifenden Zügen ausgestattet. Von dem Tage dieses Gerichts heißt es, daß bei seinem Nahen die Erde wankt, die Berge in Staub zerfallen, die Meere in Feuer aufbrausen, der Kinder Haar weiß wird vor Entseßen, und gleich

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »