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Die chinesische Auswanderung.

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Daß in den letzten Jahrzehnten eine nicht unbedeutende chinesische Einwanderung in den Westen der Vereinigten Staaten stattgefunden, die bei sonders in San Franziskco zu heftigen Demonstrationen der weißen Arbeiter bevölkerung gegen ihre gelben Rivalen geführt hat, daß das Reis der Mitte überhaupt eine beträchtliche Anzahl Emigranten jährlich entender. die als Handelsleute und Arbeiter in Hinterindien, im indischen Archipe und in Australien eine Rolle spielen — das ist allerdings eine unter und nicht gerade unbekannte Thatsache. Aber wie umfassend diese Ausw anderung, wie alt und bedeutungsvoll sie für die Kulturgeschichte, wie hoffnungsreich sie vielleicht für die Zukunft, das dürfte in weiteren Kreisen doch kaum gekannt sein und ist noch niemals so gründlich, zusammenhängend, erschöp fend und auf Grund eines so reichen Quellenmaterials dargethan worden, als in der eben erschienenen dankenswerthen Monographie Dr. Rasel's: „die chinesische Auswanderung. Ein Beitrag zur Kultur und Handelsgeographie (Breslau, Kern1). Auch für die Missions wissenschaft ist diese Arbeit von hohem Werthe, obgleich der Verfasier selbst diese Seite der Frage nicht in den Kreis seiner Betrachtung gezogen hat. Wol benugt er, soweit sie ihm zu Gebote standen, auch die von evangelischen und katholischen Missionaren verfaßten Schriften, z. B. Williams, Güzlaff, Lechler, Williamson, Pallegoix; sonst hat er aber das reiche Material, welches hin und her in den Missionsberichten zerstreut auch über den qu Gegenstand sich findet, unausgebeutet gelassen; auch findet sich nur ab und zu eine kurze Notiz über die Stellung, welche die Chinesen in der Fremde zum Christenthum einnehmen, während der Missionsthätigkeit unter den Emigranten mit keiner Silbe gedacht ist.

Es wird für unsre Leser von Interesse sein, wenn wir sie zunächs mit dem Hauptinhalte des Buchs bekannt machen, um dann einige Betrach tungen über die Bedeutung der qu. Auswanderung für die Mission anzureihen.

Indem der Verfasser in einem ersten Abschnitt die Ursachen der Aut wanderung untersucht, giebt er zunächst sehr schäßenswerthe Mittheilungen über die Größe (S. 7 f.), die Bodenbeschaffenheit (S. 11 ff.), die Bevölkerung (S. 20 ff.) und die wirthschaftlichen Verhältnisse Chinas (S. 25 ff.), die er in dem Schlußkapitel (S. 252 f.) also resümirt: „Wir lernten in China eins der glücklichst begabten Gebiete kennen, welche die Erde aufzuweisen

1) Vergl. den Artikel desselben Verf. über denselben Gegenstand im „Ausland“ v. 9. October d. I.

1 hat. Fruchtbar durch Boden und Klima, für den Verkehr wegsam durch Oberflächengestalt, Bewässerung und weitgestreckte Meeresküsten, vom wüstenhaften, nomadenbewohnten Innern des Erdtheils abgeschlossen durch mauer- und wallartige Grenzen, in die Nähe der reichsten Tropenländer gerückt, ohne selbst kaum die Tropen zu überschreiten - dazu von einer Ausdehnung, welche der Hälfte Europas gleichkommt (nämlich das eigentliche China der 18 Provinzen), ist es ein Land, wie die alte Welt kein gleich begünstigtes mehr aufzuweisen hat. Nur Amerika bietet in dem Gebiet der Vereinigten Staaten etwas annähernd Aehnliches.

„Wir fanden dann in diesem Lande eine Bevölkerung, die zwar über die einzelnen Provinzen verschieden vertheilt, im Ganzen aber dicht gedrängt lebt. Wir sahen, daß die zuverlässigsten Gewährsmänner sie auf eher mehr denn weniger als 400 Millionen zu schäßen geneigt sind. Indessen erkannten wir auch bei der Betrachtung der wirthschaftlichen Verhältnisse, der Gewohnheiten und der altüblichen Lebensweise dieser Massen, daß alles darauf hinzielt, denselben dieses dichte Zusammenleben erträglich zu machen. Ihren emsigen Fleiß und ihre Genügsamkeit in erster Reihe, dann das Ueberwiegen des Ackerbaues unter ihren wirthschaftlichen Bethätigungen und den sorgfältigsten, gartenartigen Betrieb desselben, 1) die immer große Nachfrage nach menschlicher Arbeit als Folge des mangelnden Maschinenbetriebes in Gewerbe und Ackerbau, die Erleichterung der Erwerbung des Nothwendigsten durch den Zusammenhalt der Familienglieder, die wenigstens in früheren Jahren bewundernswerthe Fürsorge der Regierung für die Ordnung des Staates und das Wohlergehen der Unterthanen, endlich den regen Erwerbssinn, der das ganze Volk durchdringt und die Erleichterung, welche das Land in seiner Oberflächenbeschaffenheit und durch die zahlreichen Kanal- und Straßenbauten dem Verkehr bietet dies alles lernten wir als ebensoviele Gründe kennen, die uns die nicht allzusehr beengte Existenz einer so großen und stellenweis so dichten Bevölkerung in einem einzigen Lande verstehen lassen.“

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Von ganz besonderem Interesse war uus das Kapitel über die wirthschaftlichen Verhältnisse", welches die vollkommen befriedigende Erklärung bringt, wie das Land eine so dichte Bevölkerung zu tragen vermag. Wir heben aus diesem Kapitel nur einen Baffus hervor, der sich auf den Handel bezieht, weil derselbe eine Bemerkung enthält die einem land

1) Der Großgrundbesitz wie die Großindustrie ist äußerst spärlich in China vertreten, Maschinen giebt es sehr wenig. Die Löhne find sehr niedrig wie auch die Lebenspreise (S. 31 ff.).

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läufigen Vorurtheile entgegentritt und die wahrscheinlich auch für not andere Lebensgebiete ihre Berechtigung haben wird. „Auffallend ist in erster Reihe die Beweglichkeit, welche sie (die Chinesen) als Handelsleute zeigen. Es ist nicht übertrieben wenn Bowring (A visit to the Philippine Islands 183) sagt: „Wohin geht ein Chinese nicht — welchen Gefahrer unterzieht er sich nicht was läßt er sich nicht gefallen in welche Unternehmungen läßt er sich nicht ein - welche Ausdauer wird er nist entfalten, wo es sich darum handelt Geld zu gewinnen." Man sieht so fort, sein conservativer Sinn erstreckt sich auf diese Fragen nicht. Er i als Kaufmann weder conservativ von Gesinnung, noch starr, wo Anpassung gefordert wird, noch unbeweglich in der Wahl seines Niederlassungs ortes oder seines Geschäftskreises. Die Unbeweglichkeit scheint in der That bei ihm mehr Wirkung der Umstände als des Cha rakters oder der Neigungen. Man hat hier offe ybar zo rasch vonder verknöcherten Aristokratie des Mandarinen thums auf das lebendige Volk zurückgeschlossen. Wäre nicht diese Unbeweglichkeit eine Anomalie bei einem so praktischen und verständigen Volke?" (S 44 f.) - Es ist dies auch der Eindruf. den das Studium der neueren Literatur über China je länger je meh auf uns macht, daß man dem Volke einen starreren Conservatismus ange neralisirt hat, als es ihn in Wirklichkeit besitzt, wie Schreiber dieses über, haupt immer fester davon überzeugt wird, daß unser Verständniß für chinesische Sitten und Eigenthümlichkeiten bis jetzt noch ein sehr dürftiges ist und unsre Vorurtheile gegen die Chinesen vielleicht nicht viel geringer find, als die der Chinesen gegen uns. Doch dies nur beiläufig; jezt zu unserm eigentlichen Thema zurück.

Uebervölkerung ist also nicht die Hauptquelle der Auswanderung, obgleich die Dichtigkeit der Bevölkerung eine große Masse derselben immer in Bewegung erhält und troß der wunderbaren Festigkeit der Familien bande eine leichte Trennung von der Heimath bewirkt. „Würde di Ueberbevölkerung die nächste Ursache der Auswanderung sein, so müßten die dichtbevölkertsten Provinzen nothwendig das größte Contingent zu ihr stellen." Dem ist aber, wie unser Verfasser nachweist, nicht also. „Die ungeheure Mehrzahl der Colonisten in Hinterindien, im Archipel, auf Formosa, in Polynesien, in Amerika sind Leute aus den beiden Südpropinzen Fukian und Kuangtung; und doch umschließen diese zusammen noch nicht den 10. Theil der Gesammtbevölkerung. Aber Tschekiang und Kiangsu, die wie Ameisenhaufen bevölkert sind (die erstere Provinz hat

15,840, die

andere 12,480 Einwohner auf der Quadratmeile, während Fukian nur 5170 und Kuangtung 4510 zählen), liefern sehr wenige Auswanderer. Selbst Formosa, das diesen dichtbevölkerten Provinzen so nahe liegt, ist vorzüglich von Fukian aus bevölkert. Der Auswanderungstrieb scheint also nur erst einen kleinen Theil der chinesischen Bevölkerung erfaßt zu haben und wurzelt allem Anschein nach nicht so sehr in der Ueberbevölkerung, als in der Gewöhnung an die See, an den Verkehr mit fremden Ländern, an das Fischer- und Schifferleben und wohl auch in dem unabhängigeren unternehmenderen Charakter, den man den Südchinesen allgemein zuschreibt und der geringeren Macht, die über sie die kaiserlichen Verbote haben... Daß aus der Nordprovinzen eine ziemlich starke Auswanderung nach den mongolischen und mandschurischen Ländern sstattfindet, steht außer Zweifel. Es bleibt also die auffallende Thatsache bestehen, daß die am dichtesten bevölkerten Provinzen, das eigentliche Land der Mitte, am wenigsten, ja praktisch genommen fast nichts zur Auswandrung beitragen. Die chinesische Auswandrung ist also zunächst eine lokale Erscheinung. Wenn nun aber einmal in China, wie es jetzt allen Anschein hat, der Trieb zur Auswanderung aus dieser Lokalisirung herauszutreten und über das Land sich zu verbreiten anfängt, so steht ihm noch eine Entwicklung bevor, von der seine jetzige Ausdehnung kaum eine Ahnung giebt. Werden Provinzen wie Tschekiang, Kiangsu und Nganhoei von diesem Trieb erfaßt, so wird leichtlich 2 Million alljährlich zur Auswanderung bereit stehen.1) Und es ist wahrscheinlich, daß gerade diese Provinzen am ehesten in den Kreis des den Auswandrungsstrom speisenden Gebietes gezogen werden, denn der anregende und aufklärende Einfluß des Weltverkehrs muß in ihnen am raschesten zur Wirkung kommen, da sie ja dem Emporium des fremden Handels, Shanghai und seiner Hauptverbindungsstraße nach dem Innern, dem Yantsze, am nächsten geLegen sind. Jedenfalls sehen wir schon ein Zeugniß für die Zunahme der Popularität der Auswanderung darin, daß nicht blos die Zahl der Auswanderer überhaupt, sondern auch die der Frauen bedeutend zugenommen hat, welche früher in den chinesischen Colonien ganz zu fehlen pflegten" (S. 257 ff. cf. S. 60 f.).

Sehr beachtenswerth scheint uns ferner was Dr. Razel in dem Kapitel über die politischen und religiösen Ursachen der Auswanderung be

1) Zur Zeit beträgt die Gesammtsumme der Auswanderer jährlich c. 150,000, von denen jedoch nur 60—80,000 über See gehen, die übrigen begeben sich nach der Mandschurei, der Mongolei und Hinterindien (S. 257. cf. S. 62.).

merkt. Wir lassen ihn wieder selbst reden: „Die Chinesen sind weder ein politisch noch religiös leidenschaftliches Volk, und wir dürfen in feinem Fall erwarten, daß sie wegen bloßer theoretischer Unzufriedenheit mitden Zuständen, die auf dem politischen oder religiösen Gebiete herrschen, jemals ihr Land verlassen würden. Ein solcher Idealismus ist den Abendländern vorbehalten.') Nur wenn politische Mißstände zu einem Drucke führen, der materiell empfunden wird, wenn sie Ungerechtigkeit, Unehrlichkeit der Beamten, Nachlasseu der Fürsorge für das materielle Wohl des Volkes im Gefolge haben, dann erheben sich die Klagen und Mahnungen und während im Innern sich die Uuzufriedenheit zuleßt in Aufständen Luft macht, entzieht sich das Volk an den Grenzen durch Auswanderung dem Drucke des verdorbenen Systems." (S. 51.) Die hochgehendsten Wellen in der chinesischen Auswanderung sind in alter und neuer Zeit daher durch Dynastienwechsel und Bürgerkriege hervorgerufen. Der Verfasser gedenkt des Taiping-Aufstandes und fügt hinzu:,,es unterliegt keinem Zweifel, daß die heutige Auswanderung wesentlich verstärkt worden ist durch einen allgemeinen Rückgang in der Energie und Intelligenz der Regierenden und dem entsprechend in der Thätigkeit, der Ehrlichkeit und dem heilsamen Einflusse der Beamten.“ Vielleicht theoretisirt er mit dieser leyten Behauptung ein wenig, während er uuzweifelhaft Recht hat, wenn er spä ter sagt: „Auf den heutigen Niedergang fällt noch ein Schatten von andrer Seite her. Während bisher das Volk durch seine Emsigkeit und seinen Fleiß im Kleinen immer wieder gut machte, was seine Herrscher und Beamten im Großen verdarben und während es durch seine Gewohnheitsund Ordnungsliebe den staatsverderbenden Wirkungen, die sich in den höheren Schichten geltend machten, die Spize abbrach, fängt nun durch den Verkehr mit Europa und Nordamerika auch dieser feste Boden sich zu lockern, an, auf dem sonst die Dauerhaftigkeit Chinas beruhte. Der Glaube an China an die Einzigkeit und Heiligkeit des Reiches, der Glaube an sich selbst, der

1) Bei so vielen guten Eigenschaften untergeordneter Art, welche die Chinesen befißen, fehlt ihnen eine große Gabe, deren Mangel alle kleinen Vorzüge aufhebt: der deale Zug. Mit diesem find sie der Begeisterung und der hohen moralischen Gesinnung baar, welche über Rücksichten augenblicklicher Nüßlichkeit hinweg das Rechte um seiner selbst willen vollbringt. Dies erklärt die Häufigkeit der Zeiten des Verfalls und dessen reißende Zunahme, sobald nicht eine starke Hand von oben her Halt gebietet.“ (S. 53.) — Dies erklärt auch zum großen Theil den geringen Eingang, welchen bisher das Evangelium gefunden. Dennoch müssen wir gestehen, bleibt uns ein ungelöstes X. Woher die jahrtausend lange Dauer des Reichs, während andere, besser regierte Reiche mit Bevölkerungen von idealem Zug keinen Bestand gehabt? cf.in deffen S. 569 Anm.

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