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In die jüdische Geschichte freilich ist Tiberius mit der unerfreulichsten Seite seiner Regierung verflochten, indem gerade die Juden durch Sejan der unwürdigen Persönlichkeit eines Pontius überantwortet worden waren. Ueberhaupt waren sie in den letzten Jahren mit besonderem Uebelwollen verfolgt worden, da Sejan die früher berichteten Vorgänge in der Hauptstadt gegen sie ausbeutete. Nach Sejan's Tod ließ sich indessen Tiberius sei es durch die Herodäer, sei es durch seine judenfreundliche Schwägerin Antonia dazu bestimmen, seine früheren Edikte zurück zu nehmen und den Proconsuln Achtung der jüdischen Bräuche zur Pflicht zu machen und so kann Tacitus den Zustand Judäa's unter Tiberius in die zwei Worte zusammenfassen : Unter Tiberius war Ruhe.2 Auf der andern Seite aber verschaffte die enge Freundschaft der Herodäer mit dem Kaiserhaus der kleinen Provinz die zweifelhafte Ehre, alle Krankheitszustände des Hofes am eigenen Leibe nachzuempfinden, indem jede Katastrophe des Palastes sofort für das Land ausgebeutet ward, das der Judenfamilie am Herzen lag.

Ein seltsames Ding war dieser Hof überhaupt, an dem die orientalischen Vasallenfamilien eine um so intimere Stellung einnahmen, je weniger an ein inniges Verhältniß des Kaiserhauses mit der legitimistischen Aristokratie zu denken war. So waren die Judenprinzen in den Vordergrund gekommen und nachdem wirkliche und eingebildete Mordthaten in der Familie Tibers arg aufgeräumt hatten, schen wir die Abkommen der ermordeten Cäsarensöhne mit den Kindern der hingerichteten Herodäer in engem Verkehr aufwachsen. Auch die Aehnlichkeit der Schicksale mochte die verwittweten Mütter der letzten Julier und Herodäer einander zuführen, wie denn dieser Verkehr etwas Nührendes hätte, wenn nur nicht die Sprößlinge der vielbeweinten, vom alten Löwen Tiber und dem Herodestiger gewürgten Väter, selbst schon allzudeutlich die Kayennatur zeigten, die mehr ihr Leben als den Tod ihrer Väter beklagen läßt.

Nach dem Sturze Sejans waren am Hofe auf Capreä diejenigen Personen die leitenden geblieben, die zu dieser großen letzten Entscheidung den Ausschlag gegeben und die Jahre überdauert hatten, in denen Tiberius seine Hände so tief in's Blut seiner Verwandten getaucht. Der mächtigste Mann des Reichs war Macro, der Präfectus

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Prätorio, dem Tiberius die Befreiung von Sejan verdankte. Neben ihm stand die alte Antonia, die Wittwe von Tiberius einzigem Bruder Drusus und Mutter des nachherigen Kaisers Claudius, der damals noch als regierungsunfähig galt und auf den sich der Spott der Höflinge ablud. Die Frage der Thronfolge dagegen drehte sich um Gajus, genannt Caligula, den Sohn des Germanicus, des Kaisers Neffen und um Tiberius, den Enkel des Kaisers, den Sohn jenes jüngeren Drusus, den Sejan vergiftet hatte. Es wäre wohl natürlich gewesen, wenn der alternde Kaiser seinem Enkel die Herrschaft überlassen hätte, aber der Candidat der Hauptstadt war Caligula. Man hatte sich eingeredet, Tiberius habe dessen Vater Germanicus aus Neid vom Schauplatz seines Ruhmes jenseits des Rheines zurückgerufen, und habe ihn dann durch Piso vergiften lassen. Zur Strafe sollte die Gewalt nicht bei Tiberius Hause bleiben, sondern Gajus, der Sohn des Frühvollendeten, wurde von der öffentlichen Meinung als Herrscher begehrt. Tausend Argusaugen wachten über der Sicherheit des jungen Ungeheuers und wehe dem Inselkönig auf Capreä, wie die Römer Tiberius nannten, wenn er dem Hoffnungsvollen ein Haar gekrümmt hätte. In der That will Philo wissen, Tiberius habe oft an die Beseitigung des einzigen Prinzen gedacht, der seinem Enkel gefährlich war und dessen zerfahrenem und phantastischem Wesen er trotz aller Schmeichelei mißtraute, da er schon als Knabe in der Kinderstube eine tiefe Verworfenheit offenbart hatte. Der Fluch dieser jungen Julier war es ohnehin, daß sie bei der Unklarheit des Erbganges alle zu Paradestücken dynastischer Interessen von Jugend auf mißbraucht wurden. Vor Allem galt das von Gajus, der schon als zweijähriges Kind durch seinen rührenden Anblick einen Soldatenaufstand am Rhein beschwichtigt hatte, der dann als kleiner Junge in Soldatenstiefeln im Lager umherstolzirte und so den Beinamen Caligula erhielt, und der bei dem Triumph seines Vaters Germanicus für den glänzendsten Feldzug der Kaiserepoche mit seinen vier Geschwistern im Wagen unmittelbar dem triumphirenden Vater folgte. Vollends nach des Vaters angeblicher Ermordung ward er ein lebendiges Andenken an den Volksliebling, das die Menge zu stets neuen Thränenergüssen aufforderte und den eine ehrgeizige Mutter geflissentlich als Rührmittel und Schaustück brauchte. Was hätte er, was hätte jeder unter solchen

1 Suet. Cal. 24.

Eindrücken aufgewachsene Knabe anders werden können als ein Narr, der meinte, das Wohl der Welt hänge an ihm und der sich schließlich allen Ernstes für einen Gott hielt? Selbst dem greisen Großzoheim graute nicht selten vor dem verzerrten Innern des sclavisch kriechenden Menschen, der zwischen der Furcht vor dem Loos seines Hauses und dem von seiner leidenschaftlichen Mutter Agrippina geschürten Haß gegen den angeblichen Mörder hin und her gestoßen, es in der Heuchelei weiter gebracht hatte als der unergründliche Kaiser selbst. Mit nichten war es dem alten Löwen unbekannt geblieben, der Junge brüste sich mit der julischen Abstammung seiner Mutter und verachte das adoptirte Blut der Claudier. Selbst Spuren der Geisteskrankheit wollte Tiberius an ihm wahrgenommen haben und die Art seiner Verschwendung, sowie die Wahl seines wesentlich auf Orientalen beschränkten Umgangs, ließen wenig Gutes von seiner Zukunft erwarten. Aber Macro nahm sich seiner an. Auch war der Enkel Tiberius Gemellus ein schußloser Knabe, dem kein mächtiger Verwandter zur Seite stand. Unter diesen Umständen ergab sich der Greis in den Willen des Schicksals, das er, wie die Sage ging, auch noch durch's Loos befragte. So ward der Wunsch des souveränen Volks erhört und als am 16. März des Jahres 37 Tiberius, umflüstert von den gewöhnlichen dunkelen Gerüchten, in der Villa des Lucullus zu Misenum einer Welt abschied, die ihn und die er gehaßt hatte, jauchzte ganz Rom dem Sohne des Germanicus zu, der nach Macros umsichtigen Vorbereitungen sofort unangefochten die Herrschaft an sich nehmen konnte.

Die ersten neun Monate des neuen, fünfundzwanzigjährigen Kaisers waren für das Reich ein anhaltender Wonnerausch und man hat berechnet, daß im Ganzen 160,000 Opferthiere den Göttern zum Dank für den Regierungsantritt des Sohnes des Germanicus dargebracht worden sind. Selbst der Leichenzug des Tiberius, dessen sterbliche Ueberreste der junge Kaiser von Misenum nach Nom geleitete, gestaltete sich als ein Triumphzug für ihn, indem überall an den Seiten der Straße die Menge zusammenströmte, um ihre Dankopfer darzubringen und dem neuen Gotte Weihrauch zu streuen. Was er in dieser ersten Zeit that und ließ, wurde gleichmäßig von der parteisüchtigen Menge gepriesen und selbst seine vor aller Augen sich entwickelnde maßlose Verschwendung und Schlemmerei schien einem Volke entzückend, das dem Vorgänger hauptsächlich seine morose Zurückgezogen= heit zum Vorwurf gemacht hatte. Indessen sezte die Natur dem

jungen Wüstling engere Grenzen als die öffentliche Meinung. Er erkrankte zum Tode und ganz Rom hielt den Athem an, um die Ruhe des Erkrankten nicht zu stören. Als er dann genas, hatten die Provinzen auf's Neue Gelegenheit zu Opfern und zu Deputationen, allein es zeigte sich nun, daß eine reizbare, feindselige, zornmüthige Stimmung in dem Wiederhergestellten zurückgeblieben war, und das zügellose Hervortreten einer bestialischen Sinnlichkeit und Grausamkeit stimmte so wenig zu dem Bilde, das man sich von dem Sohne des Germanicus gemacht hatte, daß man nun die Krankheit beschuldigte, seinen Geist zerrüttet zu haben. Doch zunächst fand man noch Alles richtig, was er that, auch die Blutarbeit. Der Enkel des Tiberius mußte sich selbst tödten, da keinem Sclaven erlaubt werden dürfe, das heilige Blut der Julier zu vergießen. Die römische Gesellschaft aber lebte die That, die sie vor der Aussicht auf künftigen Thronstreit befreie. Das zweite Opfer ward der unbequem gewordene Macro, dem der junge Tyrann doch Alles verdankte. Aber die Römer fanden auch dieses Mal, daß in der Herrschaft der Prätorianer allerdings eine großze Gefahr gelegen habe. Nachdem der eine Mentor beseitigt war, mußte auch der andere folgen. Auch der schulmeisternde Schwiegervater, M. Silanus, erfuhr im Tode, daß sein Zögling erwachsen sei. Die Römer aber freuten sich auch jetzt der Beseitigung der Familienregierung, denn der Staat brauche keinen Schwiegervater. Philo, dem wir diese Züge entnehmen,1 hat die Gründe ganz offen dargelegt, warum man damals geneigt war, sich auch die ruchlosesten Bubenstreiche als Nothwendigkeiten des Staats zurecht zu legen. Nach den Erfahrungen des Jahrhunderts vor Christus hatte das Volk nur noch Eines, wovor es Grauen empfand, das war der Bürgerkrieg, der Streit um die Gewalt und die seitherigen Retter der Gesellschaft hatten dafür gesorgt, dieses Bewußtsein in den Massen lebendig zu erhalten. Das allgemeine Ruhebedürfniß hatte den furchtbaren Egoismus in der Bevölkerung groß gezogen, dem Herrscher seine persönlichen Feinde preis zu geben, wenn nur dafür Handel und Wandel ungestört seinen Gang ging und es in den Verhältnissen der Durchschnittsmenschen beim Alten blieb. Vor Allem war das natürlich der Standpunkt der Provinzen, denen es vollkommen gleichgültig war, wie viele römische Adelsfamilien die toga sordida tragen mußten. Allein schließlich wurden die Kreise der in Mitleiden

1 Leg. ad Gaj. Mng. 548-557.

schaft Gezogenen doch zu groß und eine Provinz wenigstens gab es, für die die rein persönliche Eitelkeit des Cäsaren auch eine öffentliche Angelegenheit ward, obwohl gerade sie die Beweise ihrer Ergebenheit am stärksten gehäuft hatte. Es ist dieselbe, die schon unter Sejan am meisten gelitten hatte: Judäa.

2. Judäa unter Vitellius.

Tiberius hatte sich die verwickelten Fragen des Orients lang fern gehalten, und seit die Mission des Germanicus gescheitert war, hatte Sejan dort mit seinen Beamten unbehindert gewirthschaftet, bis der Kaiser endlich im Jahr 35 Lucius Vitellius als Legaten mit ausgedehnten Vollmachten nach Syrien schickte, um etwaigen Katastrophen zuvor zu kommen. Der Partherkönig Artaban nämlich hatte die ruheliebende Regierung des Kaisers benützt, um seinen Sohn Arfaces in Armenien einzusetzen. Tiberius bekämpfte diese Eroberungspolitik zunächst indirekt, indem er den in Rom als Geißel lebenden Partherprinzen Tiridates zur Prätendentenrolle ermuthigte, um Artaban im eignen Hause Verlegenheiten zu bereiten. Unterstützt von Vitellius, der einige Demonstrationen am Euphrat machen mußte, gelang es Tiridates wirklich, auf kurze Zeit Artaban zur Flucht zu den Skythen zu zwingen. Ob diese Einmischung Rom nicht schließlich einen Partherfrieg eintragen werde, ließ sich indessen noch keineswegs übersehen. In Judäa und bei den Nabatäern scheint man es für wahrscheinlich gehalten zu haben. Jedenfalls galt es, die östlichen Provinzen zufrieden zu stellen, um allen Conspirationen zuvor zu kommen.

So war die Lage, als der neue Legat auch an die jüdischen Dinge herantrat, und dießmal fanden die Juden für ihre Klagen nicht mehr die frühere Unzugänglichkeit. Zunächst wurde Pilatus ein Opfer der geänderten Situation. Die blutige Unterdrückung der Garizimfahrt der Rom doch so ergebenen Samariter mußte dazu den Anlaß geben. 2 Vitellius, der in Antiochien sofort mit der Klage der sama

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