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Die Sonderkunst des Echnaton.

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daß hier zum ersten Male der Volksstil an Stelle des Hofstils gesetzt wurde. Wohl hatte auch früher, z. B. bei den Statuen Amenemhets der Volksstil in den Hofstil übergegriffen, aber das war nur eine vorübergehende Erscheinung ohne weitere Nachwirkung. Hier aber lag eine grundsätzliche Neuerung von allgemeinster Bedeutung vor. Der Volksstil, der früher, um modern zu sprechen, bei Hof und

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Kirche verpönt war, wurde jetzt plötzlich staatlich privilegiert. Leider führte der krankhafte Eifer des Königs zu einem zweiten verhängnisvollen Schritt, der freilich eine fast notwendige Folge des ersten war. Die Volkskunst, deren Stärke darin lag, daß sie im Gegensatz zur Hofkunst keinen festen Stil geschaffen hatte, begann jetzt eben, einen solchen zu entwickeln. Die naturalistische Richtung wurde jetzt als die alleinseligmachende gepriesen, an Stelle der alten Manier wurde nur eine neue gesetzt.

Abb. 59: Spiegel (Bronze). Berlin.

Welches Ereignis Amenophis IV. zu seinem radikalen Vorgehen bestimmte, ist noch unklar. Tatsache aber ist, daß plötzlich die Reformbewegung, welche sich anfangs noch ganz in den Bahnen seiner Vorgänger hielt, in einen erbitterten Kampf ausartete. Das zeigt sich nicht zuletzt darin, daß der König den Namen des verhaßten früheren Reichsgottes Amon auf allen Monumenten tilgen ließ und seinen eigenen Namen Amonhotep (Amenophis), welcher den jetzt verfolgten Gottesnamen trug, durch den neuen Ech-n-atôn, »Inkarnation der Sonnenscheibe<<, ersetzte, durch den er sich als Vertreter der Sonne hin

stellte. Und weiter verlegte er seine Residenz von der verhaßten Amonsstadt Theben weg nach einem neuen Platz, dem heutigen Tell el Amarna, den er >>Sonnenhorizont« nannte, weil hier der König, »die Inkarnation der Sonnenscheibe«<, wohnte.

Hier stand der neuen Kunst ein gewaltiges Arbeitsfeld offen. Tempel und Palast, die Wohnungen der Großen wie die des Volkes und die Totenstadt setzten Tausende von Armen in Bewegung. Nur etwa 50 Jahre hat diese neue Residenz bestanden, dann wurde sie zerstört und ihre Stätte ist glücklicherweise nie wieder bebaut worden. Infolge dessen ist die Stätte noch heute so, wie sie vor mehr als 3000 Jahren verlassen worden ist, als die Residenz wieder nach Theben zurückverlegt wurde, und wir können uns noch ein lebendiges Bild von der alten Stadt machen, welches durch die Darstellungen der in den Gräbern enthaltenen Wandbilder ergänzt wird. Auf beiden Ufern des Nils breitete sie sich aus. Neben den Bauhütten entstanden bald die Quartiere der Arbeiter und daran schlossen sich die Häuser der anderen Bevölkerung, welche ähnlich wie im heutigen Orient schmale Gassen bildeten. In dem vornehmen Viertel erhoben sich die Landhäuser der Großen inmitten herrlicher Gartenanlagen in der Nähe des Königspalastes, welcher den Mittelpunkt der Residenz bildete. Der Gesandte, welcher damals bei dem König Audienz hatte, fuhr zunächst durch die schönen, breiten Straßen des vornehmen Quartiers und gelangte durch ein mächtiges Portal in einen von einer Ziegelmauer umschlossenen Hof, dessen Rückseite von einer auf einer Rampe stehenden Säulenhalle gebildet wurde. Hinter ihr erhob sich der eigentliche Palast, dessen Front ein turmartiger Bau war, der sich balkonartig nach der Säulenhalle zu öffnete und von zwei Seitengebäuden flankiert war. Auf diesem Balkon, wo sich der König im Kreise der Seinigen ganz gegen die frühere Etikette bei festlicher Veranlassung zeigte, wird er auch die Gesandten empfangen haben. Hinter dem Mittelbau lag in der ganzen Breite des Palastes der große säulengetragene Saal, in welchem die Throne standen. Dann folgten die Privatzimmer des Königs, der Harem, die zahllosen Räume für die Dienerschaft, die Wirtschaftsräume u. s. w. Die Wohnräume waren prunkhaft ausgestattet. So war der Boden in einer zwölfsäuligen Halle des Harems mit einem Gips-Estrich bedeckt, auf dem in dem freien naturalistischen Stil der Amenophisepoche eine Landschaft al fresco gemalt war. Sie wurde durch einen

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Fries von unterworfenen Völkerschaften, auf die der König beim Betreten des Raumes mit seinen Füßen1 trat, in zwei Teile geteilt.

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In jedem befindet sich ein rechteckiger Teich, in dem Fische schwimmen. In dem Sumpfdickicht an den Ufern ist das Tier1) In dieser Stellung wird der König häufig dargestellt. Spiegelberg, Kunstgeschichte.

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Abb. 60: Bemalter Stuck-Estrich im Palast von Tell el Amarna.

leben liebevoll wiedergegeben (s. Abb. 60), fast wie eine Illustration zu dem erwähnten Hymnus. Natürlich mußte ein solcher Estrich oft erneuert werden, und noch heute sind an manchen Stellen die Reste der älteren Bemalung zu sehen. Der Umstand, daß solche Malereien nicht für die Ewigkeit geplant waren, auch wohl aus technischen Gründen schnell hingeworfen werden mußten, erklärt manches Grobe in den Zeichnungen. Zugleich aber fühlt man um so stärker, wie künstlerisch sicher das Ganze entworfen worden ist. Auf diesem Estrich standen auch

Abb. 61: Das Königspaar auf dem Throne, nach der neuen Manier gezeichnet.

die Säulen, welche der Architekt deutlich als Bestandteile der Landschaft bezeichnet hat, da sie am Ufer des Sees schattenspendend stehen sollen. Die meisten Säulen waren Palmensäulen, deren Palmwedel mit bunten Steinen ausgelegt waren, die auch sonst zur Mosaikverkleidung der Wände reichlich verwendet wurden. So muß der ganze Palast in echt orientalischer Weise einen zauberhaften Eindruck gemacht haben.

Während sich in der Architektur, auch beim Tempel- und Gräberbau der Geist der neuen Lehre nicht trägt die Malerei sowohl

weiter betätigt zu haben scheint, wie die Skulptur überall den Stempel der neuen Kunst. In bewußtem Gegensatz zu der traditionellen Zeichenweise, welche vor allem die Deutlichkeit und die Ausführlichkeit betont1, versuchen die Künstler der neuen »Lehre gelegentlich perspektivisch zu zeichnen ohne jede Rücksicht auf die Klarheit und ästhetische Wirkung der Zeichnung. Wenn man die unter

1) Nur selten finden sich vor der Amenophiszeit Ansätze einer entgegengesetzten Richtung, die ersten mir bekannten: Lepsius, Denkmäler III, 10.

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Abb. 61 gegebene Darstellung betrachtet, in welcher das Königspaar neben einander so gezeichnet ist, daß man nur aus wenigen parallelen Strichen die Absichten des Künstlers erraten kann, so fühlt man deutlich, daß hier doktrinäre Kunst demonstriert werden sollte.

Staunend müssen die Zeitgenossen des Königs damals vor den Bildern gestanden haben, in welchen der Pharao und seine Familie nicht anders aufgefaßt wurde als die Untertanen. Während

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Abb. 62: Amenophis IV. - Echnaton und seine Familie (Kalkstein). Berlin.

früher der König steif und unnahbar auf dem Throne dargestellt wurde, sitzt er jetzt bequem auf einem weichen Kissen (s. Abb. 62), und wo er im Kreise der Seinigen erscheint, entwickelt der Künstler ein genrehaftes Familienbild. Ja der kürzlich in das Berliner Museum gelangte Entwurf eines Bildhauers (s. Abb. 63) ist in allem und jedem ein Protest gegen den Geist der alten Hofkunst. Am auffallendsten aber ist die Auffassung des Königs. Gewiß war sein Äußeres kein schöner Vorwurf für einen Künstler.

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