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Uebrigbleibende Fragen.

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gar nicht auf die alte Kirche zurückzugehen, von der es thöricht wäre zu behaupten dass ihr jene Realitäten nicht gewiss gewesen wären, während sie allerdings über das Verhältniss derselben zu einander es zu einer Klarheit nicht gebracht hat. Auch die Reformationszeit, die evangelisch-lutherische Kirche hat, wie die desfallsigen Lehrstreitigkeiten beweisen, über jene Verhältnissstellung geschwankt, und es wäre eine Ungerechtigkeit, Denen welche dem Verhältniss einen unrichtigen Ausdruck gaben darum die Gewissheit über die Realitäten selbst und damit den christlichen Charakter abzusprechen. Ist doch selbst bis in die Gegenwart hinein trotz der Fülle neuer und tieferer Erfahrung sowie einer ihr sich anschliessenden Erkenntniss, welche in diesen Stücken durch die Reformation der Kirche geschenkt ward, das Verhältniss zwischen dem Sein und dem Werden der Gerechtigkeit in dem Christen Gegenstand wiederholter Versuche gewor den das thatsächlich Gewisse in eine der christlichen Erfahrung immer entsprechendere Form einzukleiden, und muss es, wenn der Fortschritt der Kirche und der Theologie ein gesunder sein soll, auch fernerhin bleiben. Es handelt sich dabei abgesehen von den objectiven Vorbedingungen der Schuldfreiheit, von welchen wir hier noch nicht zu reden haben, insbesondere um die Frage, wie was unabhängig von dem Christen da ist, so zwar dass sein sittliches Werden gerade auf dieser Unabhängigkeit, dieser objectiven Gesetztheit, beruht, doch wiederum, um für den Christen zu sein was es ist, in Abhängigkeit von einer sittlichen That desselben gesetzt erscheint, so dass es aufhört für ihn zu sein wenn diese That cessirt. Denn Nichts ist unrichtiger als die Rechtfertigung des Christen auf ein vorangehendes sittliches Thun zu gründen, und Nichts ist irriger als den Eintritt der Schuldfreiheit für den Menschen von dem Momente zu scheiden, wo er sich ihrer durch den Glauben, durch die Hinkehr zu jenem an sich seienden Verhältniss bemächtigt. Neben dieser Frage ist es die andere, hinsichtlich deren die christliche Gewissheit in ihrem dermaligen Stande noch nicht zum Abschluss gelangt ist, wie in der Einheit der Person des Christen die Duplicität des alten und des neuen Ich nicht bloss der Genesis und dem Sein, sondern

insbesondere dem Werden nach sich stelle, insofern ja diese Duplicität nicht als gleichbleibende, sondern nothwendig als verschwindende gesetzt sein muss, und überdem die Acte des natürlichen Wollens und Erkennens formell betrachtet beiden gemein sind. So weit es uns für die hier vorliegende Aufgabe nöthig erschien haben wir unser Urtheil über diese und verwandte Fragen bereits in der positiven Setzung der Gewissheit abgegeben, und die gesonderte Discussion derselben würde uns in das Gebiet der Dogmatik überführen, welcher es im Unterschied von unsrer Disciplin zukommt die dem Christen gewiss gewordenen geistlichen Realitäten in ihrem objectiv-causalen Zusammenhange und in ihrer hieraus sich ergebenden Beschaffenheit darzulegen.

§. 30. Die Unkenntniss der normalen Stellung des Menschen, in die er als Christ principiell eingerückt ist, bedingt für den Rationalismus trotz äusserlicher Uebereinstimmung mit der Setzung zu erzielender Vollkommenheit und eines über den Tod des Leibes hinausreichenden, ewigen Lebens den Widerspruch gegen die christliche Gewissheit hinsichtlich der dritten Art der immanenten Glaubensobjecte, einen Widerspruch, welcher, namentlich in der Annahme unendlicher Vervollkommnung des Menschen und in dem abstracten Satze von der Unsterblichkeit der Seele zur Erscheinung kommt. Indem der Christ aus der Natur dieser rationalistischen Hoffnung es begreift, dass sie dem Andrang der auch wider sie hervorgetretenen Gegensätze nicht hat Stand halten können, bewährt sich ihm zugleich die Grundlage seiner eigenartigen Christenhoffnung an welche jene Gegensätze nicht hinanreichen gegen die Einsprache des Rationalismus selbst.

1. Fassen wir das menschliche Subject, wie wir es an dieser Stelle des Systems noch müssen, für sich ins Auge, ohne hinzuzunehmen was ihm als Auctorität so oder anders von Aussen her entgegentritt, so ist leicht ersichtlich, dass die Hoffnung einer Vollendung des gegenwärtigen irdischen Lebens, die Erwartung einer Fortdauer der Persönlichkeit noch hinter dem zeitlichen

Die allgemeine Basis der Hoffnung einer Vollendung.

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Tode behufs jener Vollendung, wesentlich bedingt ist durch den gegenwärtigen Besitz, durch die dermalige Beschaffenheit des Menschenwesens, von wo aus die Linien nach dem Jenseits hinübergezogen werden. Ist es doch nicht der abstracte Gedanke des unbestimmten Fortlebens an sich, an welchem die Hoffnung der Zukunft wie vielgestaltig sie sonst immer sei haftet, ein Gedanke, der als solcher mindestens eben soviel Abschreckendes wie Anziehendes für den Menschen haben würde, sondern die Erfüllung eines Zweckes, die Befriedigung eines Bedarfes, welche man von solchem Fortleben erwartet. In einem Gespräche zwischen Kant und Jachmann, seinem nachmaligen Biographen, wurde wie uns dieser erzählt die Frage aufgeworfen, was ein vernünftiger Mensch mit voller Besonnenheit und reifer Ueberlegung wohl wählen sollte, wenn ihm vor seinem Lebensende ein Engel vom Himmel, mit aller Macht über sein künftiges Schicksal ausgerüstet, erschiene und ihm die unwiderrufliche Wahl vorlegte und es in seinen Willen stellte, ob er eine Ewigkeit hindurch existiren oder aber mit seinem Lebensende gänzlich aufhören wolle. Kant war der Meinung, dass es höchst gewagt wäre, sich für einen völlig unbekannten und doch ewig dauernden Zustand zu entscheiden und sich willkürlich einem ungewissen Schicksal zu übergeben, das ungeachtet aller Reue über die getroffene Wahl, ungeachtet alles Ueberdrusses über das endlose Einerlei und ungeachtet aller Sehnsucht nach einem Wechsel dennoch unabänderlich und ewig wäre (S. 121). So ist es in der That, und wenn uns von Kant weiter berichtet wird, dass er einst in einer Gesellschaft versicherte, er würde es für kein übles Zeichen seines künftigen Wohnortes ansehen, wenn ihm sein Diener Lampe (den er freilich nachmals wegen Untreue zu entlassen sich genöthigt sah) und andere ihm ähnliche ehrliche Menschen entgegenkämen (S. 123): so ist dieses bescheidene Mass der Anforderung an den jenseitigen Zustand doch schon ein Beweis für die Richtigkeit der Aussage, dass die Idee, die Erwartung, die Hoffnung eines Fortlebens nach dem Tode sich gründet auf den gegenwärtigen Besitz und Bedarf. Der Trieb der Selbsterhaltung, insofern er mit der Hoffnung eines Fortlebens oder Wiederauflebens nach dem Tode

in Verbindung steht und sie nährt, kann Letzteres doch nur, wenn es eine vita vitalis ist an die er sich anklammert, oder wenn ein Mangel dieses Lebens zum Bewusstsein kommt, dessen Aufhebung den Gegenstand der Hoffnung bildet. Es giebt keine Erfahrung und keine Erkenntniss des zukünftigen Zustandes als solchen, und darum muss die gegenwärtige Erfahrung dazu dienen, Beides die Hoffnung der Realität desselben zu verbürgen und ihn auszustatten mit Qualitäten und Gütern, welche ihn der Hoffnung werth erscheinen lassen. Nach dieser Seite betrachtet ist der Weg, auf welchem das christliche Subject zur Setzung jener Realität und ihrer Beschaffenheit gelangt, Dem analog, wie in dem allgemein menschlichen Bewusstsein jene Hoffnung und die Art derselben zu Stande kommt.

2. Ist es mit der Grundlage der auf die Fortexistenz der menschlichen Persönlichkeit gerichteten Hoffnung so bewandt und ist es überhaupt an Dem, dass diese Hoffnung durch das Sein und Sosein des Menschenwesens sich verbürgen lässt, so wird bei solcher Verbürgung nicht weniger als Alles darauf ankommen, ob man jene Grundlage richtig fixirt habe, und der Mangel in dem einen Stücke muss sofort den Mangel und die Verfehlung in dem andern nach sich ziehen. Wir verkennen nicht, dass es immerhin etwas Bedeutendes war, wenn der Rationalismus von seiner Betonung der sittlichen Seite des Menschenwesens her zur Forderung der sittlichen Vollendung desselben in dem Jenseits gelangte wir dürfen auch dies ein Stück des Erbes nennen, welches er obschon unbewusst aus der vorangegangenen Zeit des ungebrochenen christlichen Glaubens überkommen, und der spätere Fortschritt des antichristlichen Gegensatzes auch über diese Hoffnung hinaus kann nur dazu dienen den Werth dieses Erbtheils zu steigern: aber bei Alledem war es doch lediglich der von den christlichen Realitäten in das nächste Stadium nach Verlust der christlichen Gewissheit hineingeworfene und allmählich verschwindende Schatten, und das gebrochene Fundament vermochte den Ueberbau der Hoffnung auf die Länge nicht zu tragen. Weil der Rationalismus keine Erfahrung und keine Gewissheit hatte von dem Charakter der sittlichen Restitution des

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Die Begründung der Hoffnung im Rationalismus.

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Menschen wie sie durch Wiedergeburt und Bekehrung sich vollzieht, weil darum der gegenwärtige Besitz für ihn keine Bürgschaft und kein Angeld sein konnte für den Besitz der Zukunft, deswegen musste er um diese Hoffnung festzuhalten andere Bürgschaften suchen, und da er keine andern hatte als die durch seine fehlsame Erkenntniss des dermaligen Menschenwesens dargebotenen, so musste sich der Irrthum und die Unsicherheit in der Voraussetzung in dem Irrthum und der Haltlosigkeit seiner Hoffnung reflectiren. Man stellte sogenannte Beweise für die Unsterblichkeit der Seele auf, deren Aufstellung und deren Beschaffenheit selbst ein thatsächlicher Beweis dafür war, dass die eigenthümliche christliche Gewissheit, welche nur eine Verbürgung der Hoffnung durch Thatsachen kennt, verloren gegangen war. Daher denn schärfer denkende Männer wie Lessing sofort den Eindruck welchen diese Beweise auf sie hervorbrachten dahin aussprachen, sie hätten die Unsterblichkeit der Seele nie mehr bezweifelt, als wenn sie dieselbe in solcher Weise hätten beweisen hören. Es ist charakteristisch und dient zur Bestätigung unsres Verständnisses der rationalistischen Position, dass gerade Kant, welcher den Satz von dem radicalen Bösen und die Forderung einer radicalen Umwandlung, einer Wiedergeburt des Menschen aufgestellt hatte, nun auch hier bei der Frage nach der Fortdauer der menschlichen Persönlichkeit insofern näher an die christliche Wahrheit herankam, als er auf die Beweise für die Unsterblichkeit der Seele überhaupt verzichtete und das an ihre Statt gesetzte Postulat auf das Engste mit dem sittlichen Charakter des Menschen wie er ihn verstand zusammenschloss. Aber freilich ein Postulat, wenn es Nichts weiter ist als dieses, vermag die fehlende Gewissheit nicht zu restituiren, und Niemand hat sich weniger darüber getäuscht als Kant selbst: nur wenn mit der Setzung des Gegenwärtigen, in der Gegenwart Realen, zugleich die des Zukünftigen gegeben, darin enthalten ist, wenn das Zukünftige sich thatsächlich, seiner Substanz nach, abdrückt in dem Gegenwärtigen und eine Behauptung des Letzteren gar nicht möglich ist ohne Festhaltung auch des Ersteren, dann ist die Gewissheit des Glaubensobjectes im christlichen Sinne vorhanden.

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