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bei der Beschreibung der israelitischen Sittlichkeitsstufe gerecht beurteilen. Andererseits ist aber das Verfahren ungerecht, das Maurer selbst zur Abschätzung der israelitischen Sittlichkeit einschlagen will. Denn nach den Strafandrohungen des Kriminalgesetzbuches kann der kulturelle Zustand eines Volkstums nicht gerecht bestimmt werden. Die Strafandrohungen müssen im Gesetzbuche enthalten sein, wenn auch verschwindend wenige Individuen sie verdienen.

Ferner ergibt sich auch aus den Materialien, die Stade (Alttestl. Theologie, Bd. 1, 1905, 199) vorbringt, kein richtiges Bild von der Kulturstufe des älteren Israels. Denn abgesehen von den Handlungen Abrahams und Jakobs, die oben in § 18, 2 kritisiert worden sind, bringt er in erster Linie Fälle aus dem Kriegsleben, und doch kann die moralische Höhenlage einer Nation selbstverständlich nur sehr indirekt aus so aufgeregten Zeiten, wie Kriegsperioden es sind, erkannt werden. Außerdem ist auch über Israels Verhalten im Kriege Stades Urteil extrem hart.

Denn freilich haben auch die Hebräer ihren Sieg oft schonungslos verfolgt. Aber erstens ist dies gegenüber Völkerschaften geschehen, an denen wegen ihrer grenzenlosen Depravation die Weltgeschichte endlich zum Weltgericht werden mußte, wie bei den zu vielen sittlichen und religiösen Greueln neigenden Kanaanitern (Gen 195, Lev 18 28 usw.). Zweitens geschah es solchen Feinden gegenüber, die dem aus tyrannischer Knechtschaft entfliehenden Volke Israel hinterlistig in den Rücken gefallen waren, wie die Amalekiter auf der Sinaihalbinsel (1 Sam 15 2. 6), oder die den durchziehenden Truppen Nahrungsmittel verweigert hatten, wie die Bewohner von Sukkoth (Richt 86). Ferner ist in 2 Sam 12 31 nach richtiger Lesart gesagt,,und er ließ die Gefangenen arbeiten mit der Ziegelform" (G. Hoffmann in ZATW II, 66). Endlich ist ein Herabstürzen der Feinde vom Felsen als Akt der Wiedervergeltung gegen die Edomiter erwähnt (2 Chron 25 12), weil diese so oft grausam an dem Bruderstamm Israel gehandelt hatten (Am 1 11 usw.). Andererseits wird erwähnt, daß israelitische Könige in dem Rufe standen, gegen ihre Feinde mild oder loyal zu verfahren (1 Kön 20 31), und ausdrücklich ist geboten, daß fruchttragende Bäume in Feindesland geschont werden sollen (Deut 20 19 f.). Wenn aber der Prophet Elisa die Vernichtung aller Fruchtbäume der Moabiter befohlen hat (2 Kön 3 19), so steht dies mit den Fällen auf gleicher Stufe, in denen wegen höchstgradiger Strafbarkeit eines Subjektes der Vollzug des Bannes an demselben geboten wurde.

Welch ein Bild aber entrollt sich, wenn wir darauf achten, wie von den Babyloniern und Assyrern im Kriege gegen Pflanzen und Menschen gewütet worden ist! Denn in einer Inschrift Nebukadnezars I. von Babylonien um 1130 wird es ja als ein besonderes Privilegium eines Gebietes erwähnt, wenn die königlichen Beamten seine „Haine und Dattelpflanzungen nicht

niederhauen“ dürfen (Keilinschriftl. Bibliothek III, 1, 169), und Nebukadnezar II. (604-561) betet um,Zerstörung des Landes seiner Feinde" (III, 2, 45. 69). Welch ein Kommentar zu Jes 14 8: ,,Auch Cypressen haben sich über dich, d. h. deinen Sturz, gefreut, die Cedern vom Libanon: seitdem (so sprachen sie gleichsam) du darniederliegst, steigt nicht mehr herauf (aufs Gebirge), der auf uns loshaut"! Weiter liest man in den Kriegsberichten der Assyrer, wie ihre Könige sich z. B. folgender Taten rühmen: „Dreitausend Gefangene verbrannte ich im Feuer" (Keil. Bibl. I, 69. 71) oder Viele Männer nahm ich lebendig gefangen: den einen schnitt ich Hände und Arme, den andern Nasen und Ohren ab, vielen Männern stach ich die Augen aus" (I, 71. 93. 113), oder „riß ich die Zungen aus" (II, 193. 257) oder „ich schnitt ihnen die Lippen ab" (II, 197) usw. Wo aber ist bei den Babylonier-Assyrern ein solches Gesetz, wie es oben aus Deut 20 19 f. erwähnt worden ist, zu lesen? Dies gegen Delitzsch, Babel und Bibel III (1904), 56!

2. Die wirklich vorhandenen und auch bei den hebräischen Geschichtsschreibern keineswegs verschwiegenen Abirrungen von den Grundwahrheiten und Zielpunkten des Gottesreiches aber, die während dessen zweiter Periode stark in den Vordergrund traten, lassen sich aus folgenden Gesichtspunkten begreifen und sind aus folgenden Anlässen zu erklären.

Gegenüber der Patriarchenzeit nahm der Abfall von den Ideen und Normen des Gottesreiches insofern naturgemäß breitere Dimensionen an, weil in einer ganzen Nation die Geistesrichtungen weit mehr, als in einem engeren Kreise, auseinander gehen. Aber nicht daraus allein erklären sich die dunklen Flecken des Bildes, das in den alttestamentlichen Geschichtsbüchern von dem Verhalten Israels zu den göttlichprophetischen Forderungen gezeichnet ist. Zur Erklärung

dieser dunklen Stellen muß auch weiter zunächst die Natürlichkeit der Spannung in Betracht gezogen werden, die zwischen dem Ideal und seiner Verwirklichung so oft in der Menschenwelt beobachtet wird. Denn die führenden Geister einer Kulturbewegung haben fast stets auf einsamer Höhe gestanden. Wie hätte es da den Männern, die Israels geistige Führer waren, anders gehen können? Will man etwa in Israel, aus dessen Geschichte sonst das Außerordentliche verbannt werden soll, das kulturgeschichtliche Wunder eines. allgemeinen Anschlusses an die Prinzipien seiner auserlesensten Männer erwarten?

Wie begreiflich, wenn auch noch so beklagenswert, ist es ferner, daß viele Glieder des Volkes Israel gern zu religiösen

Vorstellungen und gottesdienstlichen Gebräuchen hinneigten, die der Enge des gewöhnlichen Menschenhorizontes entsprachen und der weitverbreiteten menschlichen Sinnlichkeit große Konzessionen machten! Nun standen aber die Gottesvorstellungen der Kanaaniter, die hauptsächlich eine Personifikation des Sonnengestirns (den Bá al,Herr, Gebieter, Gemahl") und eine Personifikation des Venussterns (die Astarte, die Göttin der Fruchtbarkeit) verehrten, dem menschlichen Vorstellungskreis viel näher, als die Vorstellung von einer über die Sinnenwelt ganz erhabenen Gottheit. Dazu kam der ganz außerordentliche Umstand, daß die Klänge des sinnenschmeichelnden Kultus der Kanaaniter mit seinen Tempeldirnen (kedēšā: Gen 38 21f., Deut 23 18 usw.) das Volk Israel Jahrhunderte lang mit sirenenhafter Aufdringlichkeit umrauschten. Wie begreiflich ist da das lebhafte Echo, das diese Töne in manchen Gemütern Israels hervorlockten (Hos 49-14!)! Auch die zunehmende Viel weiberei der meisten Könige steht hierzu in entfernter Beziehung, und ihre Verheiratung mit ausländischen Prinzessinnen und die daraus entspringende Begünstigung fremder Kulte (1 Kön 11 1ff.) leitet zu dem nächsten Punkt hinüber.

Denn bei diesem vorbereitenden Überblick muß gleich noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß die politische Not mancher Zeiten gewissen Kreisen in Israel, die den höchsten kulturgeschichtlichen Orientierungspunkt ihres Volkes verloren hatten, den Gedanken nahe legte, durch Anschluß an die Weltmächte ihre staatliche Selbständigkeit retten zu wollen, und daher auch der Kultur dieser Weltmächte mit Einschluß ihrer religiösen Anschauungen sich zuneigten (2 Kön 167-13).

Der aus den alttestamentlichen Quellen so oft hervortauchende Abfall eines kleineren oder größeren Teiles der Nation Israel von der prophetischen und im sinaitischen Bundesschluß anerkannten Verehrung des ewigen Gottes läßt sich aber nicht so ableiten:

J. Fromer meint in,,Das Wesen des Judentums" (1905), S. 71: ,,Da nur die Ethik herrschen sollte, hatten sie einen Kampf gegen die ästhetischen und logischen Anschauungsweisen aufzunehmen, die den Menschen eigen sind."

Aber gegen die Logik verstößt der Gottesgedanke der prophetischen Religion des AT gar nicht. Im Gegenteil, welche Weltanschauung entspricht dem Denken des Menschen voller, als die, daß die in ihren Phasen wechselnde und doch innerlich beharrende Welt

König, Gesch. d. Reiches Gottes.

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(Ps 102 26-28) auf ein über die vergängliche Materie erhabenes Geistreale hinweist, daß von diesem ewigen Geiste (Jahve!) die der Schwerkraft unterworfene Materie ihre Bewegung habe, und daß von diesem ewigen Geiste kein ihm adäquates Bildnis geschaffen werden könne? Welcher Logik sollte die Frage,,Wem wollt ihr Gott vergleichen und welches Gebilde ihm gegenüberstellen ?“ (Jes 40 18) nicht einleuchten?

Sodann die berechtigten Forderungen der Ästhetik sind in den Prinzipien der prophetischen Religion Israels keineswegs verkannt worden. Dies ist von mir nicht nur schon oben in § 25, 4, b nachgewiesen worden, sondern dies könnte auch noch weiter aufgezeigt werden. Denn eine besondere Untersuchung über die Ästhetik als Norm der Menschenwürdigung hat mich beobachten lassen, wie oft die Schönheit nicht etwa bloß bei Frauen, sondern sogar bei Männern von den alttestamentlichen Schriftstellern mit Wohlgefallen hervorgehoben worden ist, wie ja auch die Naturschönheit in der Poesie Israels eine begeisterte Verherrlichung gefunden hat (z. B. in Ps 104 12 f. und Hohel. 2 10-13). Fromer möge doch sich hüten,,,ästhetische Anschauungsweisen" mit sinnlichen Neigungen und wollüstigen Begierden zu verwechseln! Die strenge Ethik der prophetischen Religion des Alten Testaments ist selbstverständlich ein Anlaß für manche Leute gewesen, von dieser Religion wegzustreben.

Aber was an dieser Religion zu diesem Wegstreben etwa beitragen konnte, die Erhabenheit ihres Gottesgedankens, die Geistigkeit ihres Kultus und die Reinheit ihrer sittlichen Forderungen, das eben legt von ihrem höheren Ursprung Zeugnis ab, und die tieftraurige Tatsache des so vielfachen Wegstrebens der Nation Israel von der prophetischen Religion enthält für den Betrachter der Religionsgeschichte doch auch wieder einen aufrichtenden Gedanken. Denn indem Israel, in völliger Abweichung von den andern Nationen (Jer 2 10-13), während der Zeit des vollen Gottesglaubens überhaupt so oft von der ererbten, väterlichen Religion abgefallen ist, ist auch ein Tatbeweis dafür geliefert worden, daß diese Religion nicht aus dieser Nation selbst erwachsen, daß sie nicht das Produkt von Israels Denken, Fühlen und Streben, nicht etwa die köstlichste Blüte seiner Volksindividualität gewesen ist.

Mit dieser auch bei dieser Gelegenheit aufs neue begründeten Erkenntnis wird man die Wendungen im Verhalten Israels und die Wechselfälle seines Schicksals, die nun weiter darzustellen sind, am besten zu verstehen und zu würdigen vermögen.

IV. Wechselbeziehungen der Gottesleitung, des Verhaltens und der Schicksale der Gottesreichsbürger.

§ 28. Verhalten und Schicksale der Gottesreichsbürger vom Sinaibund bis zum Ende der Wüstenwanderung.

1. Während der Prophet Jahves nach der Überlieferung damit beschäftigt war, seinem Volke im Verkehr mit der

Gottheit einen Gottesdienst zu verordnen, der es auch seinerseits zu seinem heiligen, d. h. ausgesonderten und gottangehörigen Volke stempeln sollte (vgl. Ex 31 13 EP), dachte dieses Volk daran, sich einen Kultus nach Art der andern Völker zu verschaffen (Ex 321-29 JE, vgl. Deut 97-21). Wie bei der ersten Sünde des ersten Menschen, so half auch bei der ersten Sünde des gottgeweihten Volkes ein äußerer Anlaß dazu, daß die sarkische d. h. selbstsüchtige und sinnliche Natur des Menschen aktiv wurde. Diesmal war dieser Anlaß die Abwesenheit des Gottespropheten und speziell ein unerwartetes langes Verweilen desselben auf dem Berge der Gotteserscheinung.

Übrigens ging dieser Wunsch, einen kleinen goldenen Stier als ein Sinnbild der Gottheit zu besitzen, nach allem, was wir wissen, auf ägyptische Anregung zurück. Denn die Ägypter hatten, wie doch nicht mehr geleugnet werden kann, auch Tierbilder als Symbole ihrer Gottheiten (V. von Strauß, der altägyptische Götterglaube I, 30f. u. II, 332), und H. Brugsch (Steininschr. usw., 2. Aufl. 205) erwähnt,,ein silbernes Kalb, geweiht dem Gotte Tum", mit dem ja der Stadtname Pithom (Ex 111) zusammenhängt. Also läßt sich doch nicht der Einwand erheben,,,die Verehrung lebender Stiere habe Israel nie nachgeahmt". Wenn Oettli (Gesch. Isr. 1905, 129) wieder kanaanäischen Ursprung des Stiersymbols annimmt, so spricht dagegen zunächst folgendes: Im AT ist ein Stierbild Baals nicht erwähnt, wie übrigens auch bei den Ausgrabungen zu Tell el-Ta'ánnek zwar neunzehn Astartefiguren, aber keine Baalsdarstellung gefunden worden ist (Sellin 1904, S. 106).

Auch ist,,die Sünde Jerobeams" aufs schärfste von der Einführung des Baalskultus durch Ahab unterschieden (1 Kön 1631f.). Ferner mit tn Bάaλ (Tob 15), worauf Benzinger in der Encyclop. Bibl. col. 632 sich beruft, ist am wahrscheinlichsten die weibliche Erscheinungsform des Baal (die Astarte) gemeint gewesen, erst später aus Verkennung des Sinnes ein τy dauάhε „der Kuh" hinzugesetzt und schließlich in einer anderen Handschrift to uóoyo,,dem Kalbe“ dafürgesetzt worden. Jedenfalls muß in Tob 15 eine Zusammenfassung von Bilderdienst und Götzendienst, eine Vergröberung der Tradition angenommen werden. Nach den älteren Berichten ist mit der Besiegung des Baalskult noch nicht der Bilderdienst beseitigt gewesen, usw.

2. Mose bewährte sich als Mittler. Denn als Vertreter seines Volkes hat er gleich Abraham (Gen 18 23 ff. J) und Jakob (32 27 J) mit Gott im Gebete gerungen, bis dieser das Strafmaß verminderte (Ex 32 11-14, vgl. Deut 9 18-20), aber auch als Vertreter Gottes hat er die trotzdem noch gebliebene Strafe durch Zertrümmerung der ersten Bundesurkunden (32 19), durch Vernichtung des Gottesbildes (V. 20, Deut 9 21), durch

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