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raturforschung, daß poetische Texte die frühesten Bestandteile der auf uns gekommenen Literaturen sind. Schon einige scharfsinnige Forscher des Altertums hatten dies erkannt (Ed. Norden, Antike Kunstprosa 1898, 32 ff.), in der neueren Zeit aber ist diese Erkenntnis noch genauer aus der Geschichte der indischen, griechischen, deutschen, arabischen und babylonischen (Winckler, Die bab. Weltschöpfung 1906, 18) Literatur gewonnen worden. Dieses Ergebnis darf doch also auch zugunsten des Alters der poetischen Abschnitte sprechen, die in die Überlieferungen Israels über die älteren Perioden seiner Geschichte eingeflochten sind.

Man denkt ja zunächst z. B. an die Sprüche des Segens Moses (Dt 33), oder an den Spottgesang über das im Kriegswetter eingeäscherte Hesbon (Num 21 27-30), oder das „Brunnenlied" (17 f.), oder die sogenannten Signalworte,,Steh doch auf, o Jahve usw.!" (10 35 f.), oder an den mosaischen Segen,,Jahve sei mit euch usw.!" (6 24-26), oder an das Triumphlied nach Überschreitung des Schilfmeeres (Ex 15 1b-18) wenigstens seiner Grundlage nach, oder an die Abschiedssprüche Jakobs, wenigstens zunächst die Sätze über Simeon und Levi (Gen 49 5-7), deren nachmosaischer Ursprung mir im Hinblick auf Ex 32 26-29 undenkbar erscheint. Schließlich gehören auch Sprichwörter hierher, denn auch sie prägen sich wegen ihrer knappen und formelhaften Ausdrucksweise leicht dem Gedächtnis ein: Man denke z. B. an Wie Nimrod ein Beuteheld vor Jahve" (Gen 10 9), und man wußte ja auch von ,,Sprichwörtern der Alten" (1 Sam 24 14). Solche Sentenzen aber und grundlegende kurz formulierte Rechtsprinzipien, wie z. B. die zehn Worte" (Ex 34 28, Dt 4 13 10 4), sind nicht wesentlich verschieden.

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Dazu kommt zunächst weiter die Tatsache, daß zwei alte Quellenschriften ausdrücklich in der uns vorliegenden althebräischen Literatur erwähnt sind: „das Buch des Frommen oder Redlichen" (Jos 10 13 und 2 Sam 118) und ,,das Buch von den Kriegen Jahves" (Num 21 14), d. h. das Buch von den Kämpfen, die unter der unsichtbaren Führung des Ewigen (Ex 17 11 ff.; Jos 5 14 usw.) und für dessen Volk ausgefochten worden sind.

Die erstere von diesen beiden Quellenschriften war nun mindestens zum Teil aus Poesien gesammelt, wie sich schon aus den beiden Stellen ergibt, wo dieses Buch des Frommen zitiert ist, denn auch jener Spruch Josuas „Sonne, stehe still zu Gibeon, und du, o Mond, im Tale Ajjalon!" (Jos 10 13) ist nach seiner doppelten Anrede und seiner symmetrischen Formulierung ebenso ein poetischer Text, wie Davids ergreifende Elegie auf Saul und Jonathan (2 Sam 1 18 ff.). Dieses Buch war also eine poetische Anthologie, und in dieser Blütenlese von Dichtungen können sehr leicht solche poetisch geformte Stücke gesammelt worden sein, wie sie im vor

hergehenden Absatze beispielsweise angeführt worden sind. Die andere von den beiden alten Quellenschriften war nach ihrem Titel ein Buch von Kriegsgeschichten, und darin kann z. B. die Erzählung von jenem Heldenzug gestanden haben, den Abraham zur Errettung seines Neffen Lot aus den Händen des ostländischen Eroberers Kudur-la-gamar unternahm. Jene alte Quellenschrift kann wenigstens die Grundzüge des eigenartigen und von vielen späteren Deutungen durchzogenen 14. Kapitels der Genesis enthalten haben. Für dessen historische Grundlage hat ja auch E. Sellin in der Neuen kirchl. Zeitschr. 1905, 929 ff. viel Material aus den neuesten Ausgrabungsfunden beigebracht.

Was aber ist die Anlegung alter Quelleninschriften anderes, als eine Betätigung des Sinnes für die Pflege der alten Erinnerungen! Diese Beobachtung führt also naturgemäß dazu, die Frage aufzuwerfen, ob es nicht noch andere Symptome der Lebendigkeit dieses geschichtlichen Sinnes im alten Israel gibt. Wenn aber diese Frage einmal gestellt ist in Wirklichkeit freilich ist sie von der bisherigen Geschichtsforschung über Israel nicht gestellt worden, dann fehlt es auch keineswegs an Materialien zu einer bejahenden Antwort. Denn Israel zeigt sich nicht wenig darauf bedacht, sich konkrete Stützen seiner Erinnerung zu schaffen.

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Schon von Abraham wird ja erzählt, er habe Altäre gebaut und eine Tamariske zu Beerseba gepflanzt (Gen 128 usw. 21 33), und wenn auch dieser Baum vielleicht zunächst eine Kultstätte markieren sollte, so diente der immergrüne und langdauernde Baum doch zugleich als eine Stütze des Gedächtnisses. Als Beweise für den Sinn Israels, sich Haltpunkte der Erinnerung zu schaffen, kommen ja ferner auch die Grabeshöhle bei Hebron, der,,Stein des Zeugnisses", der Krug mit Manna usw., die Gesetzestafeln, die Steine aus dem Jordan usw. in Betracht (Gen 23 17 usw. 31 47, Ex 16 33 34 35 40 20 usw., Num 17 10, Jos 4 6 ff. 8 30 ff.; vgl. die Mahnung zur kontinuierlichen Einprägung der Passahtradition usw. Ex 13 11 usw., Dt 33 10 usw.). Ein besonders lebendiges Zeugnis für Israels Sinn, alte Tatsachen durch sichtbare Denkmäler zu befestigen, ist aber der Altar, der von den ostjordanischen Stämmen am Westufer des Flusses als Herold ihrer nationalen und religiösen Zugehörigkeit zum Volke des in Moses Tagen so leuchtend hervorgetretenen Gottes erbaut wurde (Jos 22 26 ff.). Wie hell strahlt ferner auch die Inschrift auf dem Siegesdenkmal zu Mißpa (1 Sam 7 12): „Eben Ezer" (Stein der Hilfe)! Nationaltrophäen ferner hing auch Israel im Heiligtum auf: Goliaths Schwert zu Nob (1 Sam 219). Höchst vielsagend ist doch auch, was über Absalom ausdrücklich gemeldet wird, daß eine Säule seines Namens Gedächtnis bewahren sollte, weil er keinen Sohn hatte (2 Sam 18 18)! Typisch ist doch jedenfalls auch dies, daß Jeremia eine Kaufurkunde in ein tönernes Gefäß legen ließ, damit sie lange vor dem Einfluß der Feuchtigkeit geschützt bleibe (Jer 32 14), denn er ver

fuhr also gerade so, wie der kanaanitische König von Ta'anach (Jos 12 21 usw.), dessen Archiv in,,einer großen Tonkiste" aufgefunden worden ist (Sellin, Abhandlungen der Wiener Akademie, philosophisch-hist. Kl., Bd. L, IV, 1904, 98).

Dazu treten aber noch mehrere Reihen von Notizen und Tatsachen, welche in direkte Anzeichen der Lebendigkeit des Sinnes genannt werden können, mit der das Volk Israel den Gang seiner Geschichte beobachtete.

Diese Reihen beginnen mit den häufigen Bemerkungen des AT über den Wechsel der Ortsnamen (Gen 14 2b usw,), der Monatsnamen (1 Kön 6 38 usw.), der Benennung des Propheten (1 Sam 9 9), der Gottheit (Ex 62f., 1 Sam 13 usw.) usw. Diese Reihen setzen sich fort in den Notizen über den Termin, wo eine Stadt erbaut wurde (Num 13 22), oder wo eine Volkssitte aufkam (1 Sam 30 25) usw. (vgl. auch 1 Kön 16 34). Diese und andere Reihen von hierhergehörigen Angaben des althebräischen Schrifttums hier vollständig zu entfalten, ist unnötig und unmöglich, weil sie schon in meinem Schriftchen,,Glaubwürdigkeitsspuren des AT" (1903 bei Edw. Runge) vollständig gesammelt worden sind. Ein Umstand aber, in welchem sich der geschichtliche Sinn der Israeliten in besonderem Grade widerspiegelt, muß doch hier noch ausführlicher besprochen werden. Dieser Umstand ist die Tatsache, daß Israel eine vormosaische Periode seiner Geschichte unterschieden hat. Denn wie natürlich wäre es gewesen, wenn der Ruhm Moses als des Begründers der nationalen Unabhängigkeit Israels und des Vermittlers bei der umfassenden Fundamentierung seiner kulturellen Eigenart dazu verleitet hätte, die Anfänge Israels überhaupt von Moses Auftreten an zu datieren! Wennn die Erinnerungen Israels so wenig alt und begründet gewesen wären, wie es in neuerer Zeit hie und da dargestellt wird, so hätte es ganz nahe gelegen, die Existenz Israels einfach von Mose an beginnen zu lassen, ihn also zum sogenannten Heros eponymos zu machen, wie z. B. Achaios bei den Achäern ein solcher war. Aber aller Glanz, in welchem die mosaische Periode als die Jugendzeit (Hos 11 1) des israelitischen Volkes strahlte (Jer 2 a usw.), hat doch nicht das Licht erbleichen lassen, das aus den vormosaischen Tagen in die Erinnerung Israels herüberfunkelte. Über der Sonnenhöhe des Tages hat man das Dämmern des Morgens nicht vergessen. Das Bewußtsein der israelitischen Nation, daß ihre Anfänge über Moses Zeit hinaufreichten, daß schon Jakob und Abraham die Träger ihrer wahren kulturgeschichtlichen Mission waren (vgl. z. B. Gen 20 11 E!), ist nicht ausgelöscht worden, und die vormosaische Geschichte Israels ist auch nicht etwa zu seiner Verherrlichung ersonnen worden. Denn welches Volk dichtete sich selbst eine Periode der Schmach, wie die Zeit der ägyptischen Knechtschaft, in seine Geschichte hinein! Wenn ferner die Gestalt eines Abraham vom Volke ausgesonnen worden wäre, so würde er nicht als ein bloß geduldeter Kolonist, der mit seinen Nachbarn um die Brunnen streiten und um eine Grabstätte betteln mußte (21 25 ff. 23 4 ff.), charakterisiert worden sein. Man weiß, was für

Gestalten entstehen, wenn die Phantasie zu Pinsel und Palette greift und an ihr Werk geht, und von der späteren Tradition ist ja Abraham zu einem Könige von Damaskus gemacht (Justinus, Historiarum XXXVI, 2; Jos., Antiqu. I, 8) und ist sein Leben mit astrologischen Beziehungen zu Nimrod ausgestattet worden (A. G. Wähner, Antiquitates Ebraeorum VI, § 93. 95 etc.). Die in der althebräischen Literatur vorliegende Unterscheidung der vormosaischen Periode ist übrigens um so bemerkenswerter, als dieser Unterschied in den späteren Darstellungen, wie z. B. in dem „Buche der Jubiläen" und in dem altjüdischen Kommentar zur Genesis,,Bereschith rabba", verwischt ist, und endlich läßt sich jene althebräische Unterscheidung der Perioden auch nicht als das Produkt späterer Schematisierung einer einzelnen Quelle hinstellen, wie dies namentlich von seiten Wellhausens geschehen ist. Denn Unterscheidung der Perioden findet sich auch im Elohisten-Jahvisten (Gen 4 17 b. 19-21 etc. Ex 3 13 f.), wie in EP (Ex 62f.), und so ist dies gegenüber Wellhausens These noch weiter im einzelnen in dem erwähnten Schriftchen,,Glaubwürdigkeitsspuren des AT" (1903), 49 ff. nachgewiesen worden.

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Und dürfen denn etwa auch nur die vormosaischen Hebräer als eine illiterate Horde" angesehen werden? Wir wollen also nicht von Moses Zeit sprechen und an die TellAmarna-Briefe (von ca. 1450) oder an die altkanaanitischen Schriftfunde erinnern, die ganz neuerdings hauptsächlich in Taanach (vgl. Sellin, Abh. d. Wiener Ak. 1905, Bd. LII, Heft III, 36ff.) gemacht worden sind. Nein, wir wollen nur darauf hinweisen, daß Abraham aus einer Gegend kam, wo schon lange vorher schriftliche Aufzeichnungen üblich waren und wo in der Nähe seiner Lebenszeit die erst 1902 gefundene Gesetzessäule des altbabylonischen Königs Chammurabi aufgestellt wurde. Aber nicht genug, daß schon die Aufstellung dieser Gesetzesinschrift die Kenntnis der Schriftzüge mindestens bei einem Teile der Untertanen voraussetzt, auch innerhalb dieses Gesetzeskodex wird die Anwendung der Schrift als bekannt und gebräuchlich erwähnt. Denn z. B. in § 151 heißt es: Wenn ein Weib, das im Hause eines Mannes lebt, ihren Mann sich hat verpflichten lassen, daß ein Gläubiger sie nicht mit Beschlag belegen darf, und sich eine Urkunde darüber hat geben lassen, so darf, wenn jener Mann, bevor er das Weib nahm, eine Schuld hatte, der Gläubiger sich nicht an Frau halten." So werden vermögensrechtliche und überhaupt geschäftliche Kontrakte noch in § 171. 177 usw. erwähnt. Durch diese Funde der neuesten archäologischen Forschungen ist auch der Siegelring des Juda (Gen 38 18) begreiflicher geworden (vgl. noch die Notiz bei Herodot 1 195 über die Baby

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lonier: Ein Siegel [oppnyida] hat jeder"), und auch diese Funde dürfen nicht unbeachtet gelassen werden, wenn es sich um die Frage handelt, ob die Israeliten nicht bloß konkrete Anhaltspunkte für die Erinnerung an die ältesten Zeiten ihres Volkes, sondern auch schriftliche Notizen besessen haben können.

Aber selbst wenn dies unbedingt bestritten werden könnte und die Kunde der Hebräer über die vormosaische Periode ausschließlich als Pflegling der mündlichen Überlieferung zu betrachten wäre, so müßte auch inbezug darauf noch berücksichtigt werden, daß das menschliche Gedächtnis bei den Generationen, die sich noch allein oder fast ganz auf dasselbe verlassen mußten, viel elastischer und ausdauernder war, als in den späteren Zeiten. Wie begreiflich ist dies doch auch schon vom psychologischen Gesichtspunkt aus! Wie deutlich ist dies aber auch schon von einem so scharfsichtigen Manne, wie Julius Cäsar, ausgesprochen worden! Er sagte nämlich, die menschliche Erinnerung nehme im Vertrauen auf das Geschriebene ab (De bello Gallico VI, 14, 4). Wie reichlich kann dies aber endlich auch noch durch literaturgeschichtliche Tatsachen belegt werden! Denn einzelne amerikanische und mongolische Stämme können noch jetzt ihre Heldengedichte aufsagen und über ihre religiösen Gesetze sichere Auskunft geben (Flöckner, Über den Charakter der alttestamentlichen Poesie 1898, S. IIIf.). Ferner der Text z. B. des indischen Rigveda mit seinen 1017 oder 1028 Strophen ist sicher jahrhundertelang durch das Gedächtnis vererbt worden (F. Max Müller, Vorlesungen über Ursprung und Entwicklung der Religion, S. 176 f.). Ebendasselbe ist inbezug auf die Homerischen Gedichte geschehen (Grote, History of Greece I, p. 526f.). Einer von den arabischen Rezitatoren, Namens Hammad, konnte dreitausend lange Gedichte aus der vormohammedanischen Zeit aufsagen (Davidson, Biblical and Literary Essays 1902, p. 268) usw.

Auch ohne daß noch außerdem auf die Bestätigung hingewiesen wurde, die den althebräischen Nachrichten von ägyptischer und babylonischer Seite her zuteil geworden ist (vgl. W. Spiegelberg, ägyptologische Randglossen zum AT 1904, 13f. u. Heyes, Bibel und Ägypten 1905, 23 f.; Winckler, KAT 1903, 16. 44. 178. 266), konnten demnach viele Tatsachen und Gesichtspunkte geltend gemacht werden, wodurch

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